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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten.

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Alt 19.08.2022, 09:27   #1
weiblich Donna
 
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Beiträge: 406

Standard Durch Sumpf und Wälder

Es nagt die Zeit, so der Experte
dem Biber gleich an uns mit Härte.
Wir können laufend uns vergessen
und alles, was wir je besessen.

Dann bleibt die Zeit oft staunend stehen,
derweil wir wandernd weitergehen
durch Sumpf und Wälder dieser Welt...
und irgendwann sind wir gefällt.
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Alt 27.08.2022, 10:20   #2
männlich Ex-Tristanhirte
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Moin Donna, mich wundert, dass hier noch niemand kommentiert hat. Das ist ein sehr schönes, konzises und in seiner Direktheit sicher etwas schmerzhaftes (für manche vermutlich etwas zu schmerzhaft) und den Alltagsschein auflösendes, dadurch aber umso wertvolleres Gedicht. Sehr schöne Bilder, die die eigentliche Drastik in ihrer scheinbaren Harmlosigkeit, da Natürlichkeit und somit die Prozedur als unausweichlich erscheinen lassend sehr eindringlich auf bildlicher Ebene konterkarieren, inhaltlich aber übereinstimmen und somit einen kleinen Schockeffekt bewirken (irgendwie auch putzig mit dem Biber, es birgt einen gewissen leichten ironischen Unterton, auch mit dem Experten).

Lieben Gruß
hirte
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Alt 27.08.2022, 11:36   #3
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Tristanhirte Beitrag anzeigen
Moin Donna, mich wundert, dass hier noch niemand kommentiert hat.
Was gibt es zu kommentieren? Das Gedichtchen ist eine Binse: Wir werden älter, und wenn uns uns nichts passiert, richtig alt, und dann sterben wir. Punkt. Weshalb die Zeit stehenbleiben und darüber staunen sollte, erschließt sich mir nicht, aber das mag jeder sehen, wie er mag.

Muss man für diese Erkenntnis ein Experte sein?

Ganz nett geschrieben. Tut niemandem weh.
__________________

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Alt 27.08.2022, 12:03   #4
männlich Ex-Tristanhirte
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Ich weiß, du bist da recht kühl ^^
Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Das Gedichtchen ist eine Binse: Wir werden älter, und wenn uns uns nichts passiert, richtig alt, und dann sterben wir.
So gesehen wäre ja eigentlich jedes Gedicht eine Binse...

Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Weshalb die Zeit stehenbleiben und darüber staunen sollte, erschließt sich mir nicht, aber das mag jeder sehen, wie er mag.
Gerade wegen dieser Passage finde ich den Text sehr interessant, er lädt zu Assoziationen ein und ist irgendwie putzig: die Vorstellung, die Zeit würde in ihrer Allherrschaft ignoriert und sei davon ganz verdattert, das hat was.
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Alt 27.08.2022, 12:36   #5
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Tristanhirte Beitrag anzeigen
So gesehen wäre ja eigentlich jedes Gedicht eine Binse...
??

Ich weiß nicht, was du liest, aber in meinen Gedichtbänden und den vierzig Bänden meiner Frankfurter Anthologie befindet sich keine Binse. Allenfalls ist mal ein Gedicht dabei, das nicht zum Hochglanz gehört ... aber banal ist kein einziges.
__________________

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Alt 27.08.2022, 13:56   #6
männlich MonoTon
 
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Beiträge: 1.107

Zitat:
Was gibt es zu kommentieren?
Je nach Kompetenz findet man sicher etwas, das es lohnt besprochen, diskutiert oder hervorgehoben zu werden anstatt alles an Inhalt ins unnötige abzuschieben.

Während man auf "Binsen" hinweist, wäre vermutlich ein "mit wenig viel gesagt" ebenso richtig, aber vermutlich ist diese Äußerung Tagesabhängig oder Personenbedingt anzuwenden.

Zitat:
So gesehen wäre ja eigentlich jedes Gedicht eine Binse...
Trifft mE auf jedes Gedicht ohne künstlerischen Tiefgang und Ausdruck vollkommen zu.
Sogenannte offene Briefe, oder Alltagsschilderungen sind keine Gedichte, nur weil sie Strophen aufweisen. Ihnen fehlt es an Dichte.
Einkaufszettel sind ebenso künstlerisch Wertvoll, manchmal sogar durchdachter, da man selten 5 mal am selben Regal steht aufgrund der eigenen Wegfindung.


-------------------


Zitat:
Es nagt die Zeit, so der Experte
dem Biber gleich an uns mit Härte.
Wir können laufend uns vergessen
und alles, was wir je besessen.
xXxXxXxXx
xXxXxXxXx
xXxXxXxXx
xXxXxXxXx

Der Reim "Experte-Härte" bedient sich dem Äquivok, oder dem Endsilbenreim, er assoziiert Gleichlaut, trotz seines verwendeten Umlautes.
Das Füllsel "gleich" ist zugunsten des Metrums gewählt worden.
Ebenso sind manche Sätze derart konstruiert, dass sie an Anaphern grenzen oder an ein Hyperbaton erinnern, durch einen gewissen Anteil an Inversion.
Das ganze wirkt als solle es "Kindgerecht" serviert werden, trotz der Hyperbatonen Satzstellungen.

Zitat:
Dann bleibt die Zeit oft staunend stehen,
derweil wir wandernd weitergehen
durch Sumpf und Wälder dieser Welt...
und irgendwann sind wir gefällt.
xXxXxXxXx
xXxXxXxXx
xXxXxXxX
xXxXxXxX

Abermals wie zu beginn der S1 endet hier diesmal im Umkehrschluss die S2 im Endsilbenreim "Welt-fällt"
Auffällig sind die männlichen Kadenzen die durch diesen Endreim enstehen. Sie wirken, dem Inhalt zugrunde liegend, ein abgehacktes oder abfälliges bemerken, bzw brechen mit dem Gewohnten.

Alliterationen wie "staunend stehen" und "wir wandernd weitergehen" finde ich immer sehr angenehm, tragen aber zum vorher genannten kindlichen Charakter des Gedichtes bei. Ebenso der Paarreim, der mal sauber, mal Endsilbenbezogen daher kommt.

LG Mono
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Alt 27.08.2022, 14:24   #7
männlich Ex-Tristanhirte
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Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
??

Ich weiß nicht, was du liest, aber in meinen Gedichtbänden und den vierzig Bänden meiner Frankfurter Anthologie befindet sich keine Binse. Allenfalls ist mal ein Gedicht dabei, das nicht zum Hochglanz gehört ... aber banal ist kein einziges.
Also banal finde ich das hier nicht unbedingt. Sicher auch nicht komplex, aber es fächert auf engem Raum eine eindimensionale Lebensperspektive in eine subjektive und objektive auf, wobei letztere am Ende eben wegen der subjektiven Verdrängung nicht kausal überraschend, aber doch für das Subjekt unerwartet die Oberhand behält. Die subjektive Verdrängung der eigenen Lebenszeit wurde in deiner Aufzählung ja ausgelassen, schlägt hier am Ende aber umso härter zurück (Daher mein Kommentar: wenn man ein Gedicht immer nur auf seinen allerelementarsten Topos runterbricht und die umrahmenden Gegenperspektiven und Gestaltungsweisen ignoriert, bleibt nun mal eine Binse übrig). Es ist sicher etwas kindlich, wodurch es für mich jedoch einen gewissen Charme mit sich bringt, und technisch nicht perfekt, aber durchaus originell.
Ex-Tristanhirte ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.08.2022, 22:08   #8
weiblich Donna
 
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Beiträge: 406

Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Was gibt es zu kommentieren? Das Gedichtchen ist eine Binse: ... Weshalb die Zeit stehenbleiben und darüber staunen sollte, erschließt sich mir nicht.
Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
...in meinen Gedichtbänden und den vierzig Bänden meiner Frankfurter Anthologie befindet sich keine Binse. ... banal ist kein einziges.
Das ist ja der Hammer, liebe Ilka, vierzig Bände Frankfurter Anthologie, und keine einzige Binse dabei, wow. Das nenn ich mal ein unschlagbares Argument, was einen schier sprachlos und betröppelt zurück lässt.
Meine Tante z.B. hat eine Erstausgabe von Pippi Langstrumpf in Schweinsleder gebunden. Die werde ich erben, wenn sie "gefällt" ist, hat sie gesagt. Würde dir gewiss auch gefallen. An einem Tausch interessiert?
Kurz zum Text. Kennst du das nicht, wenn die Zeit für dich stehen bleibt, weil du staunend genießt und deine Sinne von Farben Gerüchen und Bildern überwältigt sind?
Nun ja, ist vielleicht nicht jedermanns Sache, aber danke für deinen freundlichen Experten- Kommentar,
L.G.Donna

Zitat:
Zitat von MonoTon Beitrag anzeigen
Während man auf "Binsen" hinweist, wäre vermutlich ein "mit wenig viel gesagt" ebenso richtig, aber vermutlich ist diese Äußerung Tagesabhängig oder Personenbedingt anzuwenden.
das vermute ich auch

Zitat:
Zitat von MonoTon Beitrag anzeigen
Das Füllsel "gleich" ist zugunsten des Metrums gewählt worden.
Nein, lieber MonoTon, weil "gleich" in diesem Kontext kein "Füllsel" darstellt.

Zitat:
Zitat von MonoTon Beitrag anzeigen
Ebenso sind manche Sätze derart konstruiert, dass sie an Anaphern grenzen oder an ein Hyperbaton erinnern, durch einen gewissen Anteil an Inversion.
Das ganze wirkt als solle es "Kindgerecht" serviert werden, trotz der Hyperbatonen Satzstellungen.
??? Super Satz, aber lässt sich dieses Konstrukt auch "kindgerecht" ausdrücken?

L.G.Donna

Lieber Tristanhirte,

das Gedicht entstand nach einer Wanderung im Schwalmbruch an der Niederländischen Grenze. Wenn man die Bilder dieses Premium Wanderweges aufruft, lassen sich meine Assoziationen vielleicht ein wenig nachempfinden. Die Wanderung war für mich ein sinnliches und meditatives Erleben, und die Zeit schien stehen zu bleiben. Danke für dein empathisches Hineinbegeben in den Text.
L.G.Donna

Geändert von Donna (28.08.2022 um 07:42 Uhr)
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Alt 27.08.2022, 22:13   #9
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Donna Beitrag anzeigen
Meine Tante z.B. hat eine Erstausgabe von Pippi Langstrumpf in Schweinsleder gebunden. Die werde ich erben, wenn sie "gefällt" ist, hat sie gesagt. Würde dir gewiss auch gefallen. An einem Tausch interessiert?
Nee. Konnte nie verstehen, was die Gören an der Pippi interessant fanden. Schon der Name klingt für mich wie das Gelbe im Klo.

Die Helden meiner Jugend hießen anders.
__________________

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Alt 27.08.2022, 22:59   #10
männlich Ex-petrucci
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Zitat:
Zitat von Donna Beitrag anzeigen



??? Super Satz, aber lässt sich dieses Konstrukt auch "kindgerecht" ausdrücken?
Du solltest dem nicht zu viel Aufmerksamkeit zukommen lassen.

Gute Nacht!
Ex-petrucci ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.08.2022, 23:51   #11
männlich MonoTon
 
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Zitat:
Du solltest dem nicht zu viel Aufmerksamkeit zukommen lassen.
richtig
und das hat er noch wohlwollend ausgedrückt
MonoTon ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.08.2022, 23:57   #12
weiblich Donna
 
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Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Die Helden meiner Jugend hießen anders.
Christian Anders?

Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Schon der Name klingt für mich wie das Gelbe im Klo.
Zitat:
Zitat von MonoTon Beitrag anzeigen
richtig
und das hat er noch wohlwollend ausgedrückt
Zitat:
Zitat von petrucci Beitrag anzeigen
Gute Nacht!
dann gute Nacht, Donna
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