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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 05.07.2022, 15:36   #1
weiblich Ilka-Maria
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Standard Vergib!

Schwer ist es, sich Verzeihung zu erbitten,
zu sagen: Ich empfinde tiefe Reue,
dass ich vom rechten Pfade weggeschritten:
Vergib den Bruch der einst gelobten Treue.

Ich glaube, an den Worten zu ersticken,
doch muss ich sie in deine Augen sprechen
und meine Botschaft ehrlich an dich schicken:
damit nicht alle Brücken zu dir brechen.

Verzeih, vergib! Behalte mich im Herzen!
Nie wieder will ich dich so tief verwunden
und taktlos über deine Tränen scherzen.
Lass mich an deinem Edelmut gesunden.

05.07.2022
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Alt 07.07.2022, 11:09   #2
männlich Georg C. Peter
 
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Beiträge: 833

Hallo Ilka,

das ist ein sehr ehrliches und authentisches Gedicht.
In Reimkunst und Form - wie immer - makellos.

Aber speziell in diesen Zeilen merkt der Leser,
dass Du etwas von Deinem Inneren nach Außen gekehrt hast.

Und das rührt an!

Grüße von Georg
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Alt 07.07.2022, 13:00   #3
männlich Heinz
 
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Beiträge: 7.877

Liebe Ilka-Maria,

die Antwort des "Geschädigten" könnte so lauten:

Bei allem Edelmut, den du mir heute zugestehst
und trotz der tausend Schritte, die du gen Canossa gehst,
vermag ich nicht, Vergebung reinen Herzens zu gewähren;
zu schmerzhaft hast du mich verletzt, verspottet meine Zähren.

Jetzt wird es grundsätzlich: Bleibt, bei allen Beteuerungen der Nachsicht und des Willens zum Verzeihen nicht doch ein Stachel des Misstrauens zurück?
Ist ein Treuebruch wirklich verzeihlich? Und - in Deinem Gedicht kommt ja noch erschwerend hinzu, dass "sie" ihn auch noch ausgelacht hat. Selbst wenn er beteuert, großherzig zu verzeihen, bleiben bei mir ganz weit im Hinterkopf Bedenken.
Als Opernfan fällt mir der Text der Arie ein: "Und fragst du täglich aufs neu/ob dir dein Liebschen auch treu:/Hör nur von ferne den Gondoliere/ - la donna e mobile!
Ansonsten - Georg hat zu dem gedicht schon das Richtige gesagt.
Liebe Grüße,
Heinz
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Alt 07.07.2022, 13:16   #4
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Heinz Beitrag anzeigen
Ist ein Treuebruch wirklich verzeihlich? Und - in Deinem Gedicht kommt ja noch erschwerend hinzu, dass "sie" ihn auch noch ausgelacht hat. Selbst wenn er beteuert, großherzig zu verzeihen, bleiben bei mir ganz weit im Hinterkopf Bedenken.
Lieber Heinz,

von "auslachen" steht nichts in meinem Gedicht, das wäre ziemlich hart. Dort steht "scherzen", was eher dem Versuch einer Verharmlosung entspricht. Auch ist nicht klar, ob ein Mann oder eine Frau um Vergebung bittet.

Nein, ein Treuebruch ist - wie jede andere Art des Verrats - nicht verzeihbar, jedenfalls nicht für die meisten Menschen. Interessant ist, dass es einen Unterschied zwischen den Begriffen "verzeihen" und "vergeben" gibt. So habe ich es einmal aus einem Gespräch auf dem Schweizer Philosophiekanal erfahren. Danach ist "Vergebung" ein Geschenk ("Gabe"), sozusagen eine zweite Chance, jedoch heißt das nicht, dass der Verrat jemals vergessen gemacht wird. Anders beim "Verzeihen", das die totale Auslöschung des Fehltritts bedeutet und zugesteht, bei Null neu zu beginnen. Ich habe in meinem Gedicht beide Begriffe gewählt, aber vielleicht entscheidet sich das Lyrische Du für keinen von beiden, sondern tut das, was am Vernünftigsten ist, nämlich die Tür für immer zuzuschlagen. Wer nämlich einmal mit Verrat durchkommt, beginnt ihn meistens wieder, weil es sich um einen labilen Charakter handelt.

LG
Ilka

Falls das Gespräch interessiert:
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Alt 07.07.2022, 13:19   #5
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Georg C. Peter Beitrag anzeigen
Aber speziell in diesen Zeilen merkt der Leser,
dass Du etwas von Deinem Inneren nach Außen gekehrt hast.
Danke, Georg, fürs Reflektieren. Aber nein, mein Gedicht ist nicht authentisch und hat mit meinem Inneren nichts zu tun. Ich bin nämlich nicht der Typ, der die Beziehung zu einem Menschen durch Verrat in den Sand setzt. Jemandem die Treue zu brechen wäre für mich ein Bankrotterklärung, denn es würde bedeuten, nicht mehr Herr im eigenen Haus zu sein, und gegen derartige Versuchungen, die sich letztendlich nur schlecht anfühlen können, bin ich gefeit.

LG
Ilka
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Alt 07.07.2022, 13:37   #6
männlich Heinz
 
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Beiträge: 7.877

"und taktlos über deine Tränen scherzen" -

Liebe Ilka-Maria,
sollte eine "Sie" über die Tränen scherzen, dann zeig mir den Mann, der sich dann nicht ausgelacht fühlt.
Im umgekehrte Fall: Ein Mann, der über die Tränen einer Frau scherzt, nimmt die Tränen wohl nicht so ernst.
Vergeben - halte ich auch für eine vergebliche Bemühung. Er/sie sagt, dass er/sie vergibt - doch wie's da drinnen aussieht geht niemand was an.

Liebe Grüße,
Heinz
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Alt 07.07.2022, 14:55   #7
männlich Nöck
 
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Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662

Ein starker Text, der sicher einigen die Ohren klingeln lässt, Chapeau!

Zitat:
Zitat von Ilka-Maria
Verzeih, vergib! Behalte mich im Herzen!
Diese Zeile sagt mir, dass das LI nicht an eine Wiederbelebung der Beziehung glaubt, sondern dass es lediglich auf Versöhnung hofft.

LG Nöck
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Alt 07.07.2022, 15:16   #8
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Nöck Beitrag anzeigen
Ein starker Text, der sicher einigen die Ohren klingeln lässt, Chapeau!
Danke für das Blumenkörbchen, Nöck.

So schnell klingeln bei niemandem die Ohren, denn wer einen Treuebruch begeht, nimmt zunächst an, dass nichts davon herauskommt. Dabei verrät schon die Körpersprache, dass ein Störfaktor vorliegt. Außerdem ist es auf Dauer anstrengend, sich seine Verheimlichungen und Lügen zu merken, um ein Verplappern zu vermeiden.

Die Konsequenzen dieses kurzen Vergnügens sind Leuten, die zu wenig eigenen Willen haben, um ihre Triebe steuern zu können, nicht klar: Sie glauben, die Situation zu kontrollieren und geraten in Panik, wenn der One-night-stand oder das Objekt ihres Techtelmechtels plötzlich zu Hause anruft oder gar an der Wohnungstür steht. Oder wie in einem Fall aus meinem Freundeskreis der Ehemann plötzlich mit Verdacht auf eine Geschlechtskrankheit untersucht werden musste und Rotz und Wasser heulte aus Furcht, er könne seine Frau bereits angesteckt haben, auf jeden Fall aber mit der Wahrheit rausrücken musste.

Muss man sich und der Familie so etwas antun, statt sich auf seine Aufgabe zu besinnen, sie vor äußeren Einflüssen zu schützen?
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