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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen. |
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22.06.2017, 09:06 | #1 |
Gast
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Freiheitswahn
Freiheitswahn
©Hans Hartmut Karg 2017 Er wollte immer attraktiv ins Leben gehen Und eigene Pflege nur vorrangig sehen. Als Manager glitt deshalb hin sein Sinn Zur Gottesebenbildlichkeit mit viel Gewinn. Er aß wenig, er trank nur starken Tee Im Wohnmobil ging's hin zum ersten Schnee Und schließlich wog er nur noch 70 Kilo Und war darüber happy – wie ein Floh! So glaubte er, den Frauen zu entrinnen, Sich ganz bequem in den Kokon einspinnen, Weil niemand seinen Standort wissen sollte, Damit nur lief, was er von sich aus wollte. Doch hatte er das Virtuelle übersehen, Er glaubt', frei seinen eigenen Mann zu stehen, Doch holte ihn das Smartphone mächtig ein Und dabei blieb er daddelnd doch allein. Wer glaubt, er könnte sich durch Flucht befreien, Der wird am Ende nach Beziehung schreien, Denn Seelenkräfte werden sich erheben, Will man die Freiheit nur allein ausleben. * |
22.06.2017, 10:46 | #2 |
R.I.P.
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Lieber Dr.Karg -
Nur wer innerlich frei ist, kann in Freiheit leben.
Darüber denke ich oft nach - denn es lohnt sich. Lieben Gruß von Thing |
22.06.2017, 14:18 | #3 |
Forumsleitung
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Freiheit gibt es nicht, weder äußerlich noch innerlich. Dazu ist der Mensch zu verletzlich. Ohne Bindung kann er nicht überleben, also muss er sich in ein soziales Gefüge einfinden und sich den Normen - Verhaltensweisen, Regeln und Gesetzen - anpassen. Ein in die Wildnis ausgestoßener Mensch geht zugrunde.
Freiheit wird i.d.R. mit Menschenrechten verwechselt. Gerade diese Menschenrechte, die jeder gerne für sich proklamiert, schränken die Freiheit ein, nämlich jene Pseudo-Freiheit, die in Willkür gegenüber anderen Menschen ausartet. Freiheit ist das Letzte, was die Menschheit zusammenhält, denn sie würde bedeuten, dass jeder tun kann, was er will, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. Wer will das wirklich als ein Ideal ansehen? Nicht einmal die Gedanken sind frei, denn die Denkweise jedes Menschen wird im Laufe seiner Sozialisierung beeinflusst. Auch die Loslösung von altem Gedankengut bis hin zu einem völligen Umdenken untersteht sozialen Einflüssen. Der Klassiker lautet: Ich erziehe meine Kinder anders, als meine Eltern mich erzogen haben. Solch ein Entschluss fällt nicht vom Himmel. Nicht zuletzt ist der Mensch ein dualistisches Wesen: Er strebt zu sich selbst und sucht nach geraumer Zeit wieder die Zweisamkeit. Die moderne Sucht, jeder neuesten Technik nachzujagen, alle zwei Jahre ein neues Automodell zu fahren, von einer Wohnung in die nächste zu ziehen oder die dritte, vierte Ehe einzugehen - kurz gesagt: in einem bestimmten Rhythmus Veränderungen herbeizuführen -, sind nichts weiter als die Kompensation für einen ruhigen Hafen, an dessem Kai anzudocken man (noch) nicht bereit ist. |
22.06.2017, 15:09 | #4 |
Karg erzählt in seinem aus meiner Sicht etwas dürftigen Gedicht die Geschichte eines Menschen der die Freiheit in der Isolation sucht, diese aber nicht findet weil dies laut Conclusio nicht möglich ist.
@karg: * Warum kann der, der alleine ist, nicht glücklich sein und sich frei fühlen? * Ich habe ich Eindruck, dass das Smartphone als "Schlecht" dargestellt wird? Siehst du das so, oder ist es nur ein schlechter Ersatz für Gesellschaft? * Was willst du mit den ersten beiden Strophen sagen? Ist die Arbeit als Manager ein Zwang der in Kontrast zum Eremitenleben steht? Können sich disziplinierte Manger von Großkonzernen auch frei fühlen? @Ilka: Freiheit ist ein Empfinden und kann keine allgemeingültige Definition haben. Was für den einen Freiheit ist, z.B. sich in Zeiten des Terrors beschützt zu sehen, ist für den Anderen eine Einschränkung der Persönlichkeitsrechte. Was Thing aus meiner Sicht sagen will ist (Bitte um Korrektur wenn falsch), dass nur der ein subjektives Freiheitsgefühl erlangen kann, der sich von eigenen Zwängen lösen kann, die ihn in subjektiv unfreie Verhaltensmuster drängen. Wo nimmst du nur deine Weisheit her, Ilka? |
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22.06.2017, 15:28 | #5 |
Forumsleitung
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Hmm ... in dem Wort "subjektiv" ist bereits die Unterwerfung angelegt. Im Englischen sind die Untertanen "subjects". Wie also kann ein Freiheitsgefühlt "subjektiv" (= unterwürfig) sein? Und was ist Freiheitsgefühl gegen wirkliche Freiheit (so es sie tatsächlich geben sollte)?
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22.06.2017, 15:47 | #6 |
Subjektiv:
"nur von der eigenen Meinung, Erfahrung geprägt, unsachlich." Gehört eigentlich ins Philosophieboard: Was ist deiner Meinung nach "richtige" Freiheit und warum ist sie besser als empfundene Freiheit? |
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22.06.2017, 15:59 | #7 |
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Das muss ich nicht definieren, weil nach meiner Auffassung "richtige" Freiheit - also im Sinne von totaler Freiheit - nicht existiert.
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23.06.2017, 08:58 | #8 |
Gast
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Re: Freiheitswahn
Liebe Dichterfreunde,
wenn wir ins Philosophische gehen, wird manches vielleicht sogar schwieriger. Schiller meinte: "Der Mensch ist frei und wär' er in Ketten geboren." Er unterstellt dem Menschen eine angeborene Freiheit. Aber gilt das für jeden Menschen und auch für das gesamte Menschengeschlecht und für die Phylogenese? Und Kant meinte, indem er AUFKLÄRUNG definierte: "Aufklärung ist die Befreiung des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit." Kann sich der Mensch selbst wirklich befreien, qua mit dem eigenen Willen und der Eigenmacht aus seinem selbst verschuldeten Sumpf herausziehen....? Das sind nur zwei Ansätze, auf Freiheit zuzugehen. Habe Eure Kommentare gern gelesen! Danke dafür! LG H. H. Karg |
23.06.2017, 13:59 | #9 |
Dabei seit: 07/2015
Ort: Aschbach-Markt, wo alle Säufer der Welt einst geboren wurden und wohin sie auch wieder zurückkehren.
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Beiträge: 351
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Ich bin selbst ein Geistmensch und stelle so ziemlich alles in Frage, doch manchmal frage ich mich, was einen Intellektuellen eigentlich daran hindert sich das Leben zu nehmen, wenn sowieso alles auf unromantischste Biologie herabgestuft wird, weil Freiheit existiert ja nicht und Liebe auch nicht und ach..eigentliche hasse ich jede Sekunde meines tierischen Daseins..
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23.06.2017, 14:07 | #10 | |
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Zitat:
Ich dachte bisher, es seien gerade die Vertreter der Romantik gewesen, die ihr Heil in der Selbsttötung suchten. Das muss eine ziemlich "ungesunde" Epoche gewesen sein. |
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23.06.2017, 14:19 | #11 |
Dabei seit: 07/2015
Ort: Aschbach-Markt, wo alle Säufer der Welt einst geboren wurden und wohin sie auch wieder zurückkehren.
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Redefreiheit gibst also doch noch, oder wie?
Du verwechselst da was mit Sturm und Drang.. |
23.06.2017, 14:23 | #12 | |
R.I.P.
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Das darf doch nicht wahr sein...
Zitat:
Kleist ist lediglich durch miliärische und literarische Quälerei getrieben worden. Von Goethe milde abgeurteilt zu werden, war ein künstlerisches Todesurteil. Und der Romantiker Kleist war mutig genug zu diesem Doppelselbstmord. Wäre es besser gewesen, er wäre in einer Bettengruft gelähmt, von Insekten gequält, von Freunden verlassen , wie dieser Heinrich gestorben? Und ich gestehe keinem in Deutschland gelandeten Ausländer zu, über Deutschland oder seine Fahne herzuziehen. Ich bin vom Thema etwas abgewichen, lieber Dr.Karg - das macht villt. die Hitze oder auch, daߟ ich mit steigendem Alter deutschlandverbundener werde. Nestbeschmutzer find ich fürchterlich. Aber der Urteiltext wird wohl bleiben. Lieben Gruß von Thing |
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23.06.2017, 14:29 | #13 |
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23.06.2017, 14:36 | #14 |
Dabei seit: 07/2015
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Nichts für ungut. Mich stören so Aussagen nur irgendwie, auch wenn sie vermutlich wahr sind, aber mich hat so spießiges "wir sind alle nur Sklaven unserer Triebe und gesellschaftlichen Normen"-Gerede immer schon unangenehm berührt, weil ich als ehemaliger Trinker (ehemalig dumm gesagt, die Krankheit hat man sein Leben lang) den Gedanken immer schon gehasst habe, nicht fei zu sein.
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23.06.2017, 14:46 | #15 | |
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Zitat:
Das ist aber nicht, was ich meine, wenn ich sage: Es gibt keine totale Freiheit. Die Tatsache, dass der Mensch auf soziale Bindungen angewiesen ist, schränkt seine Freiheit ein. Er muss Kompromisse machen. Wenn wir dazu nicht bereit sind, können wir uns eigentlich nur noch gegenseitig die Schädel einschlagen und gespannt sein, wer übrig bleibt. |
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23.06.2017, 14:52 | #16 |
Dabei seit: 07/2015
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Dem kann ich nicht widersprechen, Kompromisse müssen geschlossen werden, da unsere Gesetzeslage (wird in Dtld nicht viel anders sein als in Ö) versucht, die größtmögliche Freiheit für die größtmögliche Anzahl an Menschen zu garantieren. Dass es immer wieder Individuen geben wird, die dadurch eingeschränkt werden und sich anarchistischen Ideologien zugetan fühlen, ist nun einmal schwer vermeidbar. Der Staat sollte allerdings gut einschätzen können, ab wann zu viel Freiheit aufgegeben wird um mehr Sicherheit zu schaffen, Schlagwort Überwachung etc
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23.06.2017, 15:02 | #17 | |
R.I.P.
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Zitat:
Die Freiheit, unsere Triebe (die schlechten), dank Solzialisierung kanalisieren zu können - das lies mal Massenmördern, die es bis zu Professorentiteln brachten! vor - Wir haben die normale Sklaverei, zu finden bei den Niedriglohnarbeitern. Wenn wir nicht dazu bereit sind, Gutes gut zu nennen und Schlechtes schlecht, nach humanitären und gesellschaftlichen Normen - wird es keinen Frieden geben. Auch in Foren nicht. |
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23.06.2017, 15:11 | #18 |
Forumsleitung
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"... normale Sklaverei" ist anders definiert als durch Niedriglöhne. Sie kennt keine Menschen, sondern Waren, die gekauft und verkauft werden, deren Eigentümer sie rechtmäßig körperlich züchtigen, vergewaltigen und sogar töten dürfen, die in Hals-, Hand- und Fußketten gehalten werden, minderwertige Nahrung erhalten und - natürlich - überhaupt keinen Lohn gezahlt bekommen, denen die Kinder weggenommen werden, die Fluchtversuche bestenfalls mit dem Verlust von Gliedmaßen bezahlen und für die es keine Sozialämter gibt, an die sie sich wenden können, wenn sie nicht wissen, wovon sie leben sollen.
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24.06.2017, 08:55 | #19 |
Gast
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Re: Freiheitswahn
Liebe Dichterfreunde,
mein Gedicht möchte gezielt darauf hinweisen, dass Freiheit allein und für sich noch nicht automatisch Befreiung bedeutet. Man denke nur an den Satz in der amerikanischen Verfassung vom "Streben nach Glück", das bisweilen nicht mehr und nicht weniger bedeutet, als die Selbsttötung durch Rauschgift. Freiheit muss den Menschen nicht unbedingt zur Mitmenschlichkeit und/oder zur Kreativität hin befreien. Und die Einsamkeit muss dadurch auch nicht aufgehoben sein. Liebe Grüße! H. H. Karg |
24.06.2017, 09:41 | #20 |
R.I.P.
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Ist der Begriff Freiheit denn überhaupt definiert?
Was ich darunter verstehe, weiß ich. |
24.06.2017, 09:49 | #21 |
Gast
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Re: Freiheitswahn
Liebe Thing,
mit Definitionen ist das so einen Sache. Man will ja da alles hineinpacken, was es zum Begriff überhaupt zu sagen gibt. Da Begriffe jedoch an den Rändern ausfransen (wie alles, was Wort ist und nicht von vornherein als Definition festgelegt), besteht nur die Möglichkeit, sich von verschiedenen Seiten an den Begriff anzunähern. Was den Begriff FREIHEIT betrifft: Da ist es möglicherweise noch schwerer, ihn in eine Definition zu fassen. In meinem Gedicht konnte ich daher nur ein bestimmtes Freiheitsmoment darstellen. Was Freiheit zur Freiheit macht wäre eine andere Denkrichtung. Es ist und bleibt nicht leicht, sich aus seiner "selbst verschuldeten Unmündigkeit" auch als Dichter zu befreien.... Herzliche Grüße DIR! H. H. Karg |
24.06.2017, 09:51 | #22 |
Lieber Dr. Karg,
ich habe mit “fortgeschrittenem Alter" so langsam erkannt was ich will und wer ich bin. Mit diesem Wissen hole ich aus den gesellschaftlichen, materiellen und sonstigen Zwängen, denen man unterliegt, das Bestsmöglichte für mein Dasein heraus. Und ich fühle mich frei. Dass das nur ein Gefühl ist, sei dahingestellt. Aber darauf kommt’s für mich an. Ich bin auch in der Lage meine Freiheit im Zuge wechselnder Lebensumstände neu zu definieren. Ich fühle mich frei und glücklich. Da bekomme ich heutzutage schon fast ein schlechtes Gewissen, angesichts der finsteren Gesamtlage. Liebe Grüße Schnulle |
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25.06.2017, 08:40 | #23 |
Gast
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Re: Freiheitswahn
Schnulle Köhn,
sind wir heute denn schon wieder so weit, dass wir uns für Freiheit und für Glück entschuldigen oder BEIDES sogar verstechen müssen? LG H. H. Karg |
25.06.2017, 09:19 | #24 | |
R.I.P.
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Zitat:
Und es ist nicht nur die materielle Freiheit, die Flügel wachsen läßt. |
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28.06.2017, 08:47 | #25 |
Gast
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Re: Freiheitswahn
Liebe Thing, lieber Schnulle Köhn,
mit dem Wandel und der Veränderung der Lebensverhältnisse kann sich ein höheres Maß an Freiheit einstellen. Das muss aber nicht so sein. Die Bedingungen der Möglichkeiten von Freiheit sind noch nicht die umgesetzten Möglichkeiten der Freiheit selbst. Nicht der Glaube an die Freiheit allein ist schon Freiheit! Das kann auch bloße Fiktion sein. Das wollte mein Gedicht ausdrücken. Herzliche Grüße EUCH! H. H. Karg |