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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen. |
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20.05.2024, 15:20 | #1 |
Der alte Fremdenlegionär
Im Spiegel sieht er das Gesicht des Alten,
durch Wetter, Wind und die Gefahr gegerbt. Das Gesicht durchziehen seine Falten, und jede ist ihm die Erinnerung wert. Fürs Waffen tragen hat er sich entschieden, für ein völlig fremdes, nicht sein Vaterland. Am Ende ist vom Eifer nichts geblieben - tot sind Kameraden, die er manchmal fand. Im Krieg verlor er seine Illusionen von großem Heldentum und großer Ehr. Mit Orden wollten sie ihn belohnen, wie viel es waren - weiß er nicht mehr. „Marchons! Marchons!" So tönt die Marsaillaise in bangen Altersträumen ihm lange nach: Es ging um Kampfesruhm und um die Ehre. Und ganz leise, leise wartete das Grab. |
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22.05.2024, 06:50 | #2 |
2. Fassung
Im Spiegel sieht er das Gesicht des Alten,
durch Wetter, Wind und die Gefahr gegerbt. Der Anblick ist durchfurcht von vielen Falten, und jede ist ihm das Erinnern wert. Zum Waffen tragen hat er sich entschieden, für ein fremdes, nicht das eigene Vaterland. Von jungen Träumen ist nicht viel geblieben - tot sind Freunde, die er manchmal fand. „Marchons! Marchons!" So klingt die Marseillaise in bangen Altersträumen ihm lange nach: Es ging um Ruhm und Sold und um die Ehre. Und immer, immer wartete auf ihn das Grab. Geändert von DieSilbermöwe (22.05.2024 um 17:20 Uhr) |
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22.05.2024, 09:35 | #3 |
Forumsleitung
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Strophe 1:
Der erste Vers liest sich merkwürdig, als handele es sich um zwei Personen: Eine davon steht abseits und sieht das alte Gesicht einer Person, die vor dem Spiegel steht. Statt "das Gesicht" könnte man "sein Gesicht" schreiben, um den Bezug persönlicher zu machen. Füllwörter wie "so" stören. In Vers drei wiederholt sich das Wort "Gesicht" und fällt zudem aus dem Rhythmus, wie auch die gesamte Zeile weiterholpert. Hier wäre "Antlitz" eine Lösung gewesen. Der letzte Vers holpert ebenfalls. Hier hätte man anstatt mit einem Substativ ("Erinnerung") mit einem substantivierten Verb arbeiten können ("das Erinnern"). Vorschlag: Er sieht im Spiegel sein Gesicht, des Alten, durch Wetter, Wind und die Gefahr gegerbt: Dies Antlitz ist zerfurcht von vielen Falten, und jede ist ihm das Erinnern wert. Strophe 2: "Waffentragen" wird zusammengeschrieben. Vermeidbar ist, die beiden ersten Verse mit "für" beginnen zu lassen. Vers 2 wechselt in den Trochäus, und der letzte Vers fällt völlig aus dem Rhythmus, hier schafft ein vielsilbiges Wort wie "Kameraden" ein Problem. Seine Aussage ist fragwürdig, denn ein fremdes Land ist nicht das Vaterland. Vorschlag: Zum Waffentragen hat er sich entschieden, für eine Großmacht, nicht fürs Vaterland. Von jungen Träumen ist nicht viel geblieben, getötet sind die Freunde, die er einstmals fand. Strophe 3: Einen Söldner hätte ich nicht auf Anhieb mit der Französischen Revolution in Verbindung gebracht. Berufssoldaten gab es immer, egal für welche Macht. Aber in der Französischen Revolution gingen alle Menschen auf die Straße und wurden zu Berserkern, für das eigene Land und ohne Sold, woher das Wort "Söldner" kommt: Kein Geld, kein Dienst, kein Kampf. "Marseillaise" und "Ehre" reimen sich nicht. Der letzte Vers klingt erzwungen, als wisse der Autor nicht, wie er die Strophe zu Ende bringen soll. Auch reimen sich "nach" und "Grab" nicht. Kurz gesagt: Die letzte Strophe passt nicht zu den ersten beiden, die ich eher in der Antike verortet hätte. Oder im Kolonialismus. Aber gut. Vorschlag: „Marchons! Marchons!" So klingt die Marseillaise in Altersträumen ihm noch lange nach: Es ging um Ruhm, um Sold und um Mimese und dass der Feind im Feld zusammenbrach. Dass der Söldner immer am Rand seines Grabes stand, müsste man in einer eigenen Strophe unterbringen. |
22.05.2024, 12:49 | #4 | |
Hallo Ilka,
vielen Dank für deine Anmerkungen. Ich werde später noch ausführlicher darauf eingehen, nur kurz zum Holpern: Ich habe mir das Gedicht gefühlt hundertmal vorgesprochen. Eigentlich holperte da nichts ... dachte ich. Deinen Vorschlag finde ich aber gut mit Antlitz, mal schauen. Zitat:
Fremdenlegionäre kämpfen für ein fremdes Land. Später mehr. LG DieSilbermöwe |
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22.05.2024, 13:38 | #5 |
Forumsleitung
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Eben. Deswegen kann ein fremdes Land kein fremdes Vaterland sein. Kann man aber durchgehen lassen, weil es verständlich ist.
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22.05.2024, 16:29 | #6 | ||||
Ich fand den Ausdruck „Sterben für ein fremdes Vaterland" hier, direkt in der Überschrift:
https://www.deutschlandfunk.de/mytho...rland-100.html Zitat:
Zitat:
Zitat:
Edit: Hab nachgeschaut und nichts darüber gefunden. Aber ich glaube nicht, dass es zusammen geschrieben wird. Bart tragen wird auch nicht zusammen geschrieben. Ach so, ja, ich habe nicht „zum" geschrieben, weil ich dachte, der Vers rutscht dann in den Trochäeus. Zitat:
(Bei dem Wort „Marseillaise" wird das „se" am Ende ausgesprochen. Somit ist „Ehre" eigentlich eine Assonanz darauf.) Ich werde erstmal ein paar Sachen ändern und später noch dran basteln. LG DieSilbermöwe |
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22.05.2024, 18:43 | #7 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Ob ein Wort zusammen oder getrennt geschrieben wird, ergibt sich aus seinem Kontext. Wenn es substantiviert ist, wird es zu einem Wort. Es ist ein Unterschied, ob ich schreibe: "Mutter verdonnert mich dazu, das Geschirr zu spülen" oder "Mutter verdonnert mich zum Geschirrspülen". Mit deinem Beispiel "Bart tragen" kann ich nichts anfangen, weil es keinen Kontext hat. Ich würde jedenfalls schreiben: "Serkan entscheidet sich zum Barttragen." Oder: "Serkan entscheidet sich, einen Bart zu tragen." Der Anglizismus, im Deutschen die Wörter auseinanderzureißen, greift um sich und verunsichert immer mehr. Dem sollte man freiwillig nicht die Tore öffnen. |
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23.05.2024, 07:42 | #8 | ||
Zitat:
Tja, die mittlerweile unverbindlichen „Regeln" zur deutschen Rechtschreibung verunsichern halt, und wenn z. B.ein solch schreckliches Wort wie „Krankenwägen" auch immer öfter in den Nachrichten benutzt wird, wenn es um zwei Krankenwagen geht, denkt man irgendwann, ist doch sowieso egal, kümmert ja eh keinen, was richtig ist. Sogar „Beringstraße" wurde in der Tagesschau (an der Wand hinter dem Nachrichtensprecher) vor noch gar nicht so langer Zeit mit „h" geschrieben. Ich dachte, das darf ja wohl nicht wahr sein. Haben die keinen Lektor? Deswegen bin ich eigentlich sehr froh, dass du hier immer darauf hinweist. Du hast natürlich recht (und die Autokorrektur schreibt hier „recht" immer groß, obwohl ich das nicht will, weil es falsch ist). Nochmal zurück zum Gedicht: Zitat:
Und warum das mit dem Grab in einer eigenen Strophe unterbringen, diesen Gedanken im Hinterkopf zu haben gehört doch für das Leben eines Fremdenlegionärs jeden Tag dazu. |
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23.05.2024, 09:45 | #9 |
Forumsleitung
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Das Deutsch der Österreicher: Wägen, frägt, haltet. In Wien ist das völlig normal und richtig.
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23.05.2024, 13:13 | #10 |
Waren aber die deutschen Nachrichten, nicht die aus Österreich. Mit deutschen Nachrichtensprechern.
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01.06.2024, 11:24 | #11 |
Hallo Silbermöwe,
in der Jugend das riskante Spiel mit möglichen Blessuren, im Alter zeugen davon die Falten. Abenteuer "Leben" in Verantwortungslosigkeit. Freundliche Grüße ganter |
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04.06.2024, 17:22 | #12 |
Hallo ganter,
ich habe lange über deine Antwort nachgedacht, aber ich verstehe sie nicht. Wieso Verantwortungslosigkeit? Das Leben eines Fremdenlegionärs ist doch kein Spiel. LG DieSilbermöwe |
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05.06.2024, 09:01 | #13 |
Guten Morgen Silbermöwe,
kein Spiel, aber individuelle Entscheidungen. Ich erinnere an den früheren Fremdenlegionär Porst (Foto Porst) oder ehemalige SS-Leute, die dort nach dem Krieg Unterschlupf fanden.
Kämpfen ohne Verantwortung, einfach gemäß Befehl. -ganter- |
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05.06.2024, 17:15 | #14 | |
Zitat:
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06.06.2024, 11:49 | #15 |
in der Ukraine machen das eine menge freiwillig. ohne befehl auf eigene initiative. in Myanmar auch.
https://www.spiegel.de/kultur/serhij...b-57808aeb9201 Geändert von Walther (06.06.2024 um 14:11 Uhr) |
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07.06.2024, 07:10 | #16 | |
Hallo Walther,
danke für den Link und die Informazionen. Es ist immer gut, sich eine Sache aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten, und das wusste ich noch nicht. Aber auch zur Fremdenlegion geht man freiwillig. Wenn die Fremdenlegionäre oder Soldaten kämpfen sollen, müssen sie das aber alle auf Befehl machen, auch wenn sie sich freiwillig zum Dienst gemeldet haben. Das wollte ich mit meiner Antwort an ganter ausdrücken. Oder anders ausgedrückt: Hat man sich entschieden, kann man nicht mehr zurück, und „Kämpfen auf Befehl" hat mE nichts mit Verantwortungslosigkeit zu tun. In einer Armee entscheidet eben der Oberbefehlshaber, wann und wie gekämpft wird. Ich weiß auch nicht, warum mich das Thema Fremdenlegion und der Fall von Dien Bien Phu, der ja schon lange her ist, so beschäftigt. Einmal natürlich in geschichtlicher Hinsicht und wie alles dann zum Vietnamkrieg führte und zum Ende des französischen Kolonialismus. Und zum anderen vielleicht, weil die Weit der Fremdenlegion Frauen ziemlich verschlossen bleibt. LG DieSilbermöwe Hallo ganter, Zitat:
Hier ein interessanter Link: https://www.welt.de/geschichte/artic...Waffen-SS.html Mein Gedicht benennt übrigens überhaupt keine Nationalität des beschriebenen Fremdenlegionärs. Es handelt nur von einem alten Fremdenlegionär. LG DieSilbermöwe |
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07.06.2024, 09:45 | #17 |
Liebe Silbermöwe
Abseits aller Logik und Fakten und Tatsachen und..........................
Deine Zeilen können ein Gefühl erzeugen, eine Tragik, eine verzweifelte Suche vermitteln und das, und nichts weiter zählt für mich. Poesie muss die Seele erreichen, der Rest ist geschenkt. Gruß Blade |
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07.06.2024, 17:28 | #18 |
Vielen Dank, Blade.
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