|
|
Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt. |
|
Themen-Optionen | Thema durchsuchen |
15.05.2017, 00:51 | #1 |
streifen am himmel
streifen am himmel
meine städte haben sie zerstört meine straßen und wege zerfahren meine brücken alle gesprengt meine felder und wälder verwüstet mein volk haben sie gemordet und meine heimat mir geraubt zwar hat man neue häuser gebaut aber es sind nicht mehr meine alten städte gewiß doch die fahrbahnen sind breiter und glatter erstanden aber sie führen mich zu anderen ufern ja ich weiß man hat die brücken alle längst ersetzt aber meine alten verbindungen bleiben zerrissen natürlich wachsen alle jahre bäume und früchte aber damals litten wir hunger und froren freilich neue völker wurden inzwischen geboren aber meine toten liegen noch immer in ihren gräbern ja doch ich habe ein neues heim aber heimatlos bin ich noch immer und jetzt zerkratzen sie mir noch meinen himmel meinen schönen blauen himmel der mir als einziges erbe blieb als erinnerung an die zeit da der himmel noch blau die sonne noch gelb die dächer noch rot die bäume noch grün die blumen noch bunt und die erde noch braun war bald bringen sie wieder blut und tränen |
|
15.05.2017, 10:28 | #2 |
Dabei seit: 10/2016
Ort: in einem sagenhaften Haus
Alter: 42
Beiträge: 5.271
|
Lieber Peter,
ich lese schieres Entsetzen und Unverständnis in deinen Zeilen.
und jetzt zerkratzen sie mir noch meinen himmel meinen schönen blauen himmel Hier erlebe ich einen Menschen, der sich nicht dem Fortschritt verschreiben kann/will. Ganz deutlich kommt der Appell bei mir an, Schönes zu erhalten und mit in die neue Zeit zu nehmen. In dieser unserer schnellen Welt lässt einen die Umgestaltung keine ruhige Minute, alles verkompliziert, selbst ein gut geführter Dialog scheitert am Blick des Gegenübers aufs Mobiltelefon. Im mittleren Abschnitt wird deutlich, wie rasant alles von statten geht. freilich neue völker wurden inzwischen geboren aber meine toten liegen noch immer in ihren gräbern In ein paar Jahrzehnten, verändert sich ein Landstrich so gravierend. zwar hat man neue häuser gebaut aber es sind nicht mehr meine alten städte gewiß doch die fahrbahnen sind breiter und glatter erstanden aber sie führen mich zu anderen ufern ja ich weiß man hat die brücken alle längst ersetzt aber meine alten verbindungen bleiben zerrissen Und nicht immer schafft dies Zufriedenheit. ja doch ich habe ein neues heim aber heimatlos bin ich noch immer Der ertse Abschnitt fällt mir gerade erst richtig auf, da habe ich jetzt schon minutenlang über den Rest sinniert. Jetzt erst verstehe ich, nicht der Fortschritt nahm die alten Strukturen, sondern Krieg. Trotzdem möchte ich stehenlassen, was ich zuvor schrieb, weil ich es so auch verstehen möchte. Eine Heimat ist nicht zu ersetzen, sie setzt sich nur im Herzen fest. Und wenn nichts mehr ist, wie es war, sucht man ewig danach. Wenn kein Platz bleibt, an den man sich erinnern kann, fühlt man sich auch nicht zugehörig. Ich kann dein Gedicht nachvollziehen. Mir nahm kein Krieg meine gewohnte Umgebung, mir fehlt ein ganzer Staat. Zu meiner Tochter sage ich immer, ich wurde in einem Land geboren, das es nicht mehr gibt. Dann möchte sie gern dort hinreisen, dann sage ich immer, wir sind schon da, aber du kannst es nicht mehr sehen. Unar |
20.05.2017, 16:54 | #3 |
streifen am himmel
Grüß Dich, weise Unar, und ein Dankeschön Deinen fleißigen Zeilen! Du hast ja recht: Ein Feind des Fortschritts, so kann man's auch lesen. Wie wär's so: Ein schöner Tag mit blauem Himmel, ein Blick hinauf: Voller Kondenzstreifen kreuz und quer! Schon rattert die Festplatte im Hirn: Sirenen, B-17, Lancaster, T-34, Sherman, bolschewistische Bestie, schikanierende und räubernde Pollacken. Und schließlich die Bilder von vorher mit der Furcht von heute. Du bist ja am Ende auch darauf gekommen und hast da schöne Gedanken entwickelt. Eine gute Zeit Dir! Servus, P v G .
|
|
21.05.2017, 00:25 | #4 |
Dabei seit: 07/2006
Ort: Mauritius, stella clavisque maris indici
Beiträge: 4.889
|
Interessant. Wenn alles andere schon klagend abgehandelt ist regt man sich eben über ein paar harmlose Kondensstreifen auf. Irgendwie albern. Als ob man sonst keine Sorgen hätte...
Na ja, ich weiss nicht, wo ich herkomme ist es üblich die Toten in ihren Gräbern ruhen zu lassen. Ich weiss nicht, was du für Wünsche bezüglich der Leichen hast. Wieder ausbuddeln? Eigenartig... |
24.05.2017, 19:53 | #5 |
streifen am himmel
Auch Dir Gruß und ein Dankeschön Deinen Zeilen! Leider hast Du wohl, scheint's, mein Liedel nicht richtig verstanden. Es geht ja gar nicht um Kondensstreifen: Die lösen ihm doch bloß ungewollt böse, böse Erinnerungen aus! Und es geht auch nicht um ausgebuddelte Leichen: Die Neugeborenen können ihn halt nicht trösten, denn die Trauer über seine Toten wird durch solche Anstöße noch immer wieder gegenwärtig! Mach's gut! Servus, P v G .
|
|
25.05.2017, 00:43 | #6 |
abgemeldet
|
Hallo Peter.
Ich glaube, wir hatten noch nicht das Vergnügen. Ich habe Dein Gedicht gerne gelesen, weil es schlau geschrieben ist. Nicht ganz mein Stil und meine Wortwahl aber - und das mag ich an Gedichten - mit einer klaren Intention, die mich zum Nachdenken und Bilder in meinen Kopf brachte. Danke dafür. Richard |
25.05.2017, 15:23 | #7 |
Dabei seit: 07/2006
Ort: Mauritius, stella clavisque maris indici
Beiträge: 4.889
|
|
01.06.2017, 00:02 | #8 |
streifen am himmel
Grüß Euch, Richard 42 und Corazon d P, und ein Dankeschön Euren Zeilen! Ja, Richard, mag sein. Ich lese viel, was die Kameraden so an Neuem bringen. Immer interessant, was sich da oft auch außerhalb meines Stils so alles tummelt an Themen. Mag auch besonders klare Aussagen, denen man Zeile für Zeile gut folgen kann, weniger kryptische Gedanken, die nur aufhalten. Freut mich, daß mein Liedel bei Dir Anklang gefunden hat! Muß doch auch mal bei Dir schnuppern! Und Victim, ja, das paßt schon! Geht mir auch oft so. Ist ja so viel zu lesen, und die Zeit ist so knapp. Macht's gut, Ihr beiden! Servus, P v G .
|
|
01.06.2017, 00:02 | #9 |
Wirklich gern gelesen und starke Intention!
Beste Grüße GK |
|
04.06.2017, 00:34 | #10 |
streifen am himmel
Grüß Gott, Gotenkönig! Ein herzliches Dankeschön Deinen netten Zeilen! Wünsch Dir weitere schöne Entdeckungen und eine gute Zeit! Servus, P v G .
|
|
04.06.2017, 12:09 | #11 | |
Dabei seit: 07/2006
Ort: Mauritius, stella clavisque maris indici
Beiträge: 4.889
|
Zitat:
danke für dein Verständnis. Gerade ist mir das wieder passiert. Ich lese den Titel und bin ganz perplex, weil ich "Steifen am Himmel" lese. Erst als ich neugierig den Text lese, bemerke ich meinen Lesefehler. Die "Streifen am Himmel" kannte ich ja schon. Peinlich, sowas. Bei mir übrigens heute weder das eine noch das andere am Himmel |
|
Lesezeichen für streifen am himmel |
|
Ähnliche Themen | ||||
Thema | Autor | Forum | Antworten | Letzter Beitrag |
Streifen | susann grote | Lebensalltag, Natur und Universum | 0 | 14.02.2017 21:07 |
So war es mir, als ob der Himmel | Laie | Gefühlte Momente und Emotionen | 0 | 31.05.2015 00:06 |
Gaza-Streifen | Ex-Erman | Zeitgeschehen und Gesellschaft | 4 | 05.08.2014 18:30 |
Streifen wagen | Inline | Sonstiges Gedichte und Experimentelles | 0 | 04.05.2007 19:12 |
Ein schmaler Streifen | Princess-of-Anywhere | Lebensalltag, Natur und Universum | 2 | 19.09.2006 19:53 |