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Alt 12.04.2025, 08:56   #1
weiblich DieSilbermöwe
 
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Standard Ausflug im Hochmoor

Belgien/Deutschland, Frühling 1972, im Hochmoor*

Nebel lag am frühen Morgen über der flachen, moosigen Landschaft, teilweise so dicht, dass die Sicht auf den Boden verdeckt war. Aus weiter Ferne erklang ein Rufen, das an Vogelgeschrei erinnerte - vielleicht ein Rotmilan, der hier beheimatet war. Kilian sah durch sein Fernrohr, doch er konnte keinen Vogel ausmachen. Wahrscheinlich ist es selbst denen zu einsam hier, dachte er.
Im Zelt hinter ihm regte sich etwas. Der Reißverschluss wurde aufgezogen, und Lutz krabbelte aus dem Zelt.
„Moje", gähnte er. „Bess de schun lang op?"
„Övver en Stond, ävver esu honger hätt ech nit jedon.“
„Jod geschlof?"
„Wéi en Murmeltier", sagte Lutz.. „Fit för öse Wanderung?"
„Kläär", bestätigte Kilian. „Ers es mo jet fröhschecke, dann geiht et aff. Mir müße de Daach usnutze."
Und das mussten sie wirklich. Es war das letzte Wochenende, das die beiden Freunde unbeschwert zusammen verbringen konnten, daher hatten sie diesen Ausflug mit Übernachtung im Zelt geplant. Sie waren im gleichen Eifeldorf aufgewachsen, als Kinder zusammen zur Schule und jeden Sonntag zusammen zur Kirche gegangen. Lutz hatte vor kurzem das Abitur auf dem Gymnasium in Monschau bestanden und würde bald in Aachen Pharmazie studieren. Er wollte sich später dort niederlassen, Apotheker werden und eine eigene Apotheke eröffnen. Kilian arbeitete bei seinem Vater auf dem Hof, den er einmal übernehmen sollte. Er konnte sich gar nicht vorstellen, ein anderes Leben zu führen. Was gab es Schöneres als die Landwirtschaft? Wie konnte man das Leben in der Großstadt vorziehen? Er verstand nicht wirklich, was seinen Freund dazu trieb.

Nach dem Frühstück bauten sie das Zelt ab und verstauten es in Kilians Rucksack.
„Nit zo schwäär?“, fragte Lutz, als Kilian den Rucksack auf seinem Rücken festzurrte.
„Nää, wohrum och? Ech ben jo schwäär Aarbeet jewöhnt. Dat mät mir nix us. Ech ben doch ke Prinzessin op dr Ärbs."
„Wess ech doch! Mach nit su en ährnstes Jeseech! De Sonn schingk, et es Fröhjohr, un mir han dat janze Wocheend för uns! Loss jonn! Mir könne uns met dr Trägerei och affwächsele."
„Kütt janz sicher nit en Fråch, dat sech en Jelährter su placke muss", sagte Kilian und beide lachten laut. Ein Gelehrter war schließlich jemand, der ein Studium aufnahm, darum hatte Kilian Lutz den Spitznamen gegeben.
Nun ging es flott vorwärts. Lutz trug in seinem Rucksack den Proviant, Getränke und die Wanderkarten. Zwar waren beide schon oft im Hohen Venn gewesen, trotzdem unterschätzten sie nicht die Gefahr, sich verirren zu können. Keiner von ihnen wäre ohne eine solche Ausrüstung aufgebrochen. Lutz' Rucksack war keineswegs leichter als der von Kilian, aber er hätte sich nie im Leben vor Kilian darüber beschwert. Der Freund sollte ihn nicht für einen Schwächling halten.

Gegen Mittag machten sie Rast. Die Sonne hatte sich durchgesetzt und beschien mit freundlichen Strahlen die Wiese, auf der sie die Picknickdecke ausgebreitet hatten und es sich mit gutem Appetit schmecken ließen.
„Wi wor d’ Abiturfeier?“, fragte Kilian mit vollem Mund.
„Janz jrueß Klaas,“ antwortete Lutz, „jing bes en Öör morjens.“
„Un häs de d’ Mädcher och jehüss?“ wollte Kilian wissen und wartete gespannt auf die Antwort. Er hatte noch nie ein Mädchen geküsst, obwohl er ein Jahr älter war als Lutz. Aber das war nicht der Grund, warum er die Frage stellte.
„Klaa,“ sagte Lutz, der mit der Frage nichts anfangen konnte, „allesamt, wie se do waare, eene noh dä anner!“
„Schwere Nööter!“ Kilian sagte es halb streng, halb bewundernd.
„Dat wor doch nit ernst gemeent! Mir han doch ke Orjie jefeiht, mir han bloß vill jelacht!“
„Öm de Meedcher ze kösse, gehsde leever noh Oochen, hätt ech recht?“
„Son Blödsinn! Ech jeh noh Oochen zum Studéiere, sons nix!“
„Wer söll dat dann jläuve? Ech nit! Woför wellsde vun hei fott? Fott us ösem Dörp! Et kann nirjendwo su scheen sin wie hei! Pillen dräie es e Berof för ool Männer, nit för sonne junge Kall wie dich! Awer bisde endlech en Apothekerkittel ahn häs, besde sowieso ool, övver drissisch un häs alles verpass, de Danze em Mai all Johr un de Prozession un alles, wo mir immer zesamme hingange sin!“
Kilian hatte sich in Rage geredet. Das hatte er seinem Freund schon lange sagen wollen.
„Do! Do könns jo och noh Oochen jonn, wann de wells, ävver do mäss leever ne Bauer maache! Dat es doch keen Levve hei, bloß Kieh un Schwien un su jet! Wells immer bloß met Mist ze donn han? Daach för Daach, Woch för Woch, 365 Daach em Johr!“ Auch Lutz war jetzt in aufbrausender Stimmung. „Un dat de et wees, e Meedche wäeds de nimols fenge! Hüggderdaachs nit mieh! Keine will mieh op ne Baurehoff levve! Wann se merke, dat se em Stall packen solle – hui, su schnell kanns de nit kieke, wie se fott sin! Wat solle se och met nem Kall, der no Mist stinkt?“
Bei den letzten Worten war Kilian zusammengezuckt.
„Ich gehe weiter", war seine knappe Antwort, jetzt auf betontem Hochdeutsch, während er die Vorräte zusammenpackte, sie in die Picknickdecke einrollte und selbige zu Lutz hinüber warf. „Ich will auf dem nächsten Zeltplatz sein, ehe es dunkel wird. Kannst ja hier bleiben, wenn ich dir zu viel nach Mist stinke."
„Kilian ..." Lutz Stimme nahm einen bittenden Ton an. „Es tut mir leid, das wollte ich nicht sagen."
„Warum hast du es dann?", fragte Kilian grimmig. „Ich will nix mehr hören. Ich geh jetzt zum Zeltplatz. Komm mit oder lass es bleiben, ist mir egal."
Er lud sich seinen Rucksack auf und schritt geradeaus, ohne sich auch nur nach Lutz umzudrehen. Dieser presste die Lippen zusammen. Warum hatte er sich so hinreißen lassen? Und hatte er das richtig herausgehört aus Kilians Vorwürfen: Er wollte nicht ohne seinen Freund im Dorf zurückbleiben? Hastig packte er die Decke samt Vorräten und stopfte alles in seinen Rucksack. Er bemerkte nicht, dass eine der Wanderkarten herausfiel und auf der Wiese liegenblieb.

Er hatte Mühe, mit Kilian Schritt zu halten, so schnell stürmte dieser jetzt voran und hielt nicht einmal an, als sie an eine Weggabelung kamen, sondern bog einfach, ohne sich zu orientieren, nach links ab.
„He! Warte! Wir müssen schauen, wo wir hin müssen! Ich muss die Wanderkarten rausnehmen. Bleib stehen!", rief Lutz ihm hinterher.
Doch Kilian antwortete nicht und verringerte sein Tempo nicht. Er tat, als hätte er ihn gar nicht gehört. Lutz blieb nichts anderes übrig, als ihm hinterherzulaufen. Endlich, nach ca. einer Stunde, hielt Kilian an.
„Jetzt bist du aus der Puste, was? Ja, schnelles Laufen ist nix für Pillendreher!" Er sah
seinen Freund trotzig an.
„Komm, hören wir auf zu streiten", sagte dieser versöhnlich. Er war schon immer der Besonnere von beiden gewesen. „Schauen wir lieber nach, wo wir überhaupt sind.“
„Wo wohl? Im Hohen Venn natürlich“, gab Kilian bissig zurück.
„Ja, aber wir wollten ursprünglich zum Felsen, zu Kaiser Karls Bettstatt. Da waren wir nicht. Du bist falsch abgebogen vorhin.“
„Klar, ich mach ja immer alles falsch. Bin halt kein Gelehrter wie gewisse andere Leute.“
„Ach, sei doch nicht so kindisch, Kilian. Du weißt doch, dass wir hier in der Gegend am Arsch sind, wenn wir bis zum Dunkelwerden nicht wissen, wo wir sind?“
Kilian gab keine Antwort. Lutz nahm seinen Rucksack, stellte ihn auf den Boden, kniete sich daneben, nahm eine der Wanderkarten heraus und entfaltete sie umständlich, dann stutzte er. „Moment – das ist die falsche, das ist eine von der belgischen Seite“, sagte er stirnrunzelnd. „Ich bin aber sicher, dass ich die richtigen Wanderkarten eingepackt habe.“ Er wühlte in seinem Rucksack, und Kilian konnte sich ein verächtliches Schnauben nicht verkneifen.
„Bist schon so richtig dusselig, wie ein zerstreuter Professor“, sagte er spöttisch, änderte aber seinen Tonfall, als er Lutz‘ unglücklichen Gesichtsausdruck sah.
„Du hast wirklich nicht die richtigen dabei“, stellte er sachlich fest.
Lutz schüttelte den Kopf.
„Macht nichts, wir werden schon den Zeltplatz finden. Gehen wir einfach geradeaus weiter, es werden ja wohl ein paar Schilder aufgestellt sein.“
„Ich glaube, das ist keine gute Idee“, sagte Lutz, während er die Wanderkarten im Rucksack verstaute. „Am besten gehen wir zurück bis zur Weggabelung und orientieren uns da.“ Er stand auf und schickte sich an, in die Richtung zu gehen, aus der sie gekommen waren.
„Das kostet uns eine Stunde Zeit“, brummte Kilian, „das ist Blödsinn. Ich gehe geradeaus weiter, wir sind ja nicht im Urwald.“
Lutz warf einen prüfenden Blick zum Himmel. Wolken hatten sich vor die Sonne geschoben. „Das Wetter sieht nicht gut aus“, bemerkte er. „Kann sein, dass es am frühen Abend wieder Nebel gibt. Es ist am vernünftigsten, zurückzugehen. Du weißt selbst, dass das Hohe Venn im Nebel tückisch sein kann.“
Kilian gab nach. „Gut, gehen wir zurück."

Sie liefen anderthalb Stunden, ohne an eine Weggabelung zu kommen.
„Komisch“, sagte Lutz, „hier hätte die Abzweigung längst sein müssen. Andere Wanderer habe ich auch nicht gesehen. Das ist seltsam.“
„Stimmt“, sagte Kilian, „außer uns war niemand unterwegs. Da fällt mir eine Geschichte ein, die mein Opa früher erzählt hat. Angeblich gibt es einen Weg hier, den nur verirrte Seelen benutzen, die nicht mehr heimfanden. Sie starben, konnten nicht ins Himmelreich, weil sie nicht wussten, wohin, und deswegen spuken sie immer noch hier durch das Moor.“
„Oh, hör auf!“ Lutz hielt sich in gespieltem Entsetzen die Ohren zu. „Was für ein Quatsch! Solche Ammenmärchen haben uns noch gefehlt!"
„An solchen Geschichten ist manchmal ein wahrer Kern", brummte Kilian.

Für ein paar Minuten waren beide still. Auf einmal war ein leises Wimmern zu vernehmen.
„Was ist das? Kommt von dahinten", Kilian wandte den Kopf nach links und spähte in die Richtung, aus der er das Geräusch vermutete. „Schauen wir lieber nach. Vielleicht ist es ein Tier, das in einer Falle steckt."
Sie gingen ein Stück weiter. Nachdem sie eine Baumgruppe passiert hatten, erstreckte sich unmittelbar eine Lichtung vor ihnen. Das Wimmern wurde lauter. Kilian blieb stehen, nahm das Fernrohr aus seinem Rucksack und ließ den Blick schweifen.
„Da liegt etwas auf dem Boden, was nicht hierhin gehört. Sieht aus wie eine Decke und bewegt sich. Da ist was Lebendiges drin eingewickelt."
Sie schlichen vorsichtig näher, bis sie die Decke erreicht hatten.
„Ich werd verrückt. Das ist ein Baby." Lutz nahm die Decke samt Kind hoch.
„Das gibt es doch nicht. Wer lässt ein Baby allein im Wald?" Kilian war fassungslos.
„Es hat sicher Hunger", sagte Lutz. „Wir müssen es ins Krankenhaus bringen." Während er redete, ging das Wimmern des Kindes in ein lautes Schreien über. Lutz strich ihm leicht über das Gesicht. Das Kind schnappte mit dem Mund seinen Finger und saugte daran. Die beiden jungen Männer sahen fasziniert zu.
„Mir fällt gerade etwas ein." Kilian kramte in seinem Rucksack und förderte einen Kompass zutage. „Damit finden wir zur Straße und halten ein Auto an. Hab ganz vergessen, dass ich den dabei hatte."
„Dann nichts wie los. Ich trage das Kind."
Mit Hilfe des Kompasses gelang es ihnen, sich in kurzer Zeit zu orientieren. Kilian ging voran.
„Wenn wir weiter nach Süden gehen, müssen wir irgendwann auf die Straße stoßen. Die Sonne kommt von da drüben, das passt", sagte er. Tatsächlich hatte sich die Sonne inzwischen wieder hervorgewagt.
Nach einer Dreiviertelstunde Laufen hörten sie in der Ferne ein Geräusch - ein Auto! Nach einer kurzen Strecke öffnete sich der Wald vor ihnen.
„Die Straße! Endlich!" Lutz atmete erleichtert auf. Das Kind hatte zu schreien aufgehört. Er drückte es sanft an sich und wiegte es in seinen Armen.
Die Straße war schmal, es herrschte kaum Verkehr. Kilian trat beherzt auf die Fahrbahn und hob die Arme, als ein olivgrüner Lada in gemächlichem Tempo auftauchte. Der Fahrer hielt an, öffnete die Tür und schimpfte. „Himmelherrgott, biste nicht ganz bei Trost! Willst du überfahren werden?"
„Wir haben ein Baby im Wald gefunden. Wir müssen ins Krankenhaus!", rief Lutz. Der Mann starrte ihn verblüfft an, dann verstand er. „Los, rein mit euch! Ich fahre euch hin."
Im Krankenhaus ging alles schnell, nachdem sie an der Rezeption atemlos ihre Geschichte erzählt hatten. Eine junge Ärztin kam und nahm Lutz das Baby ab.
„Wir haben das Kind im Wald gefunden", erklärte er, „vor etwa drei Stunden."
„Wissen Sie, wie lange es dort gelegen hat? Oder wie es dorthin gekommen ist?"
Lutz schüttelte den Kopf.
„Wir werden uns darum kümmern. Bleiben Sie bitte hier, wir müssen Ihre Personalien aufnehmen."
„Wird es durchkommen?", fragte Lutz besorgt.
„Ich denke schon. Wir werden es aufpäppeln." Die Ärztin verschwand mit dem Kind im Arm hinter einer Tür, auf der „Kein Zutritt" stand.

„Es et e Jong oder e Meedche?“, fragte Kilian.
„Ech han mech nit jetraut nohzekiecke“, antwortete Lutz. „Ech wollt die Deck nit opmaache, dat et nit verfriert.“
„Jo – dat wor vernünftig.“
Ene Moment lang saßen sie still. Dann grinste Kilian. „Für e Pillendreher kanns de joot loufe.“
Lutz musste lachen. Aber eine schlagfertige Antwort fiel ihm nicht ein.

Dann setzen sie sich nebeneinander auf die Stühle im Warteraum und warteten geduldig darauf, was kommen würde - mit dem Gefühl, dass nichts mehr ihre Freundschaft erschüttern könnte.

*Die Dialoge in Eifeler Platt hat mir die KI übersetzt. Die Geschichte habe ich aber selbst geschrieben.

Geändert von DieSilbermöwe (12.04.2025 um 13:22 Uhr)
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Alt 13.04.2025, 08:30   #2
weiblich Ilka-Maria
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Guten Morgen, Silbermöwe,

die Story hast du gut erzählt, sie liest sich geschmeidig. Es fehlt allerdings am Spannungsbogen. Eine kleine Verstimmtheit zwisch zwei Freunden ist zu dünn für einen Konflikt, und einen Säugling in der Klinik abzuliefern, ist zu kurz gegriffen. Das in der Pampa ausgesetzte Kind ist ein Fall für die Staatsanwaltschaft, die hätte gerufen werden müssen.

Irritierend für den Leser ist bei den Dialogen - die übrigens inhaltlich gelungen sind - der Übergang von Mundart in Hochdeutsch. Bei einer so kurzen Geschichte scheint es mir zumutbar zu sein, die Mundart beizubehalten.

Zitat:
Im Zelt hinter ihm regte sich etwas. Der Reißverschluss wurde aufgezogen, und Lutz krabbelte aus dem Zelt.
Diese beiden Sätze sind Beispiele, wie man es nicht machen sollte. Es regt sich etwas im Zelt, aber was? Der Reißverschluss wird aufgezogen, welch Wunder! Der Leser muss darüber nachdenken, was gemeint ist: Aha, Lutz ist aufgewacht, räkelt sich und zieht den Reißverschluß des Zeltes auf. So meine Lösung. Wie es wirklich gemeint ist, weiß ich nicht.

Auch die Sache mit dem Irrelaufen mag mir nicht recht schmecken. Heutzutage hat jeder so ein Spielzeug namens Smartphone in der Tasche, mit dessen Hilfe man sich orientieren kann. Das kann man umgehen, indem man der Geschichte ein Datum vor der Smartphone-Ära gibt.

Gut finde ich die Nennung von Ortnamen. Vielleicht liegt es daran, dass ich Monschau und Aachen kenne. Es ist immer überzeugend, die Charaktere einer Geschichte zu verwurzeln, denn es verleiht ihnen Leben.

Insgesamt gehört der Geschichte ein dickes Plus.

Liebe Grüße
Ilka
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Alt 13.04.2025, 11:43   #3
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Zitat:
Heutzutage hat jeder so ein Spielzeug namens Smartphone in der Tasche, mit dessen Hilfe man sich orientieren kann. Das kann man umgehen, indem man der Geschichte ein Datum vor der Smartphone-Ära gibt.
Hallo Ilka,

hat sie doch.
Über der Geschichte steht:
Zitat:
Belgien/Deutschland, Frühling 1972, im Hochmoor*
Es ging mir ja genau darum, eine Geschichte zu erzählen, in der man noch keine Smartphones kannte und es viel schwieriger war, sich zurechtzufinden. Auch wenn man sich heute noch im Hohen Venn verirren kann.

Edit: jetzt zu den weiteren Aspekten:

Zitat:
die Story hast du gut erzählt, sie liest sich geschmeidig.
Dankeschön.

Zitat:
Es fehlt allerdings am Spannungsbogen. Eine kleine Verstimmtheit zwisch zwei Freunden ist zu dünn für einen Konflikt, und einen Säugling in der Klinik abzuliefern, ist zu kurz gegriffen. Das in der Pampa ausgesetzte Kind ist ein Fall für die Staatsanwaltschaft, die hätte gerufen werden müssen.
Ja, aber das ist nicht die Aufgabe von Lutz und Kilian. Das Krankenhaus muss die Polizei informieren, zumal es ja 1972 noch keine Handys gab, mit denen sie die Polizei hätten anrufen können. Das Kind zu retten war wichtiger.

Eigentlich geht es nicht nur um eine Meinungsverschiedenheit, sondern darum, dass die Wege der beiden Freunde sich trennen werden, sozusagen um Abschied vom bisherigen Leben. Aber vielleicht kommt das nicht gut genug heraus.

Zitat:
Irritierend für den Leser ist bei den Dialogen - die übrigens inhaltlich gelungen sind - der Übergang von Mundart in Hochdeutsch. Bei einer so kurzen Geschichte scheint es mir zumutbar zu sein, die Mundart beizubehalten.
Gut, das werde ich mir für die nächste Geschichte merken.

Zitat:
Diese beiden Sätze sind Beispiele, wie man es nicht machen sollte. Es regt sich etwas im Zelt, aber was? Der Reißverschluss wird aufgezogen, welch Wunder! Der Leser muss darüber nachdenken, was gemeint ist: Aha, Lutz ist aufgewacht, räkelt sich und zieht den Reißverschluß des Zeltes auf. So meine Lösung. Wie es wirklich gemeint ist, weiß ich nicht.
Ursprünglich hatte ich den Absatz so geschrieben:
Zitat:
. Er befand sich vor dem Zelt, das sie gestern Abend aufgebaut hatten. Lutz hatte auf diesem gemeinsamen Ausflug mit seinem besten Freund bestanden, sozusagen als Abschiedstrip nach seinem bestandenen Abitur. Er würde bald aus dem kleinen Eifeldorf Hinterhecken nach Aachen ziehen, um dort Pharmazie zu studieren, mit dem Ziel, Apotheker zu werden. Danach würde es nicht mehr so einfach sein, zusammen zelten und wandern zu gehen, wie sie es seit ihrer Jugend oft zelebriert hatten. Sie waren zusammen in Hinterhecken aufgewachsen, zur Schule, zur Kommunion und als Kinder jeden Sonntag zur Kirche gegangen. Kilian konnte sich gar nicht vorstellen, dass Lutz aus der Dorfgemeinschaft verschwinden würde. Kleines Dorf Hinterhecken hier, großes Aachen dort. Aachen hatte mehr als 200.00O Einwohner. Dort kannte nicht jeder jeden wie in Hinterhecken. Ob Lutz sich in der Großstadt wohlfühlen würde?
Im Zelt hinter ihm regte sich etwas.
Das war mir dann alles viel zu ausführlich, und ich wollte kürzen. Aber was ist so schlimm daran, zu schreiben, dass der Reißverschluss vom Zelt aufgezogen wurde? Anders kommt man doch nicht heraus. Meiner Meinung nach ist eher klar, dass jemand im Zelt aufgewacht ist, wenn sich im Zelt etwas regt.

Danke für deinen Kommentar!

LG DieSilbermöwe
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Alt 13.04.2025, 14:16   #4
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Zitat:
Aber was ist so schlimm daran, zu schreiben, dass der Reißverschluss vom Zelt aufgezogen wurde? Anders kommt man doch nicht heraus. Meiner Meinung nach ist eher klar, dass jemand im Zelt aufgewacht ist, wenn sich im Zelt etwas regt.
Weil das Aktiv dem Passiv immer vorzuziehen ist. Das Passiv ist umständlich und ungenau.

Zitat:
Im Zelt hinter ihm regte sich etwas. Der Reißverschluss wurde aufgezogen, und Lutz krabbelte aus dem Zelt.
Hier ist weder klar, um was es sich bei "etwas" handelt, noch wieso sich bei einer Regung hinten im Zelt der Reißverschluss aufgezogen wird, der sich meiner Vorstellung nach vorne befindet. Klarer wäre eine Satz wie: "Lutz streckte und erhob sich, zog den Reißverschluss auf und krabbelte aus dem Zelt."

Mit der Jahreszahl hast du natürlich recht, die hatte ich übersehen.
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Alt 14.04.2025, 05:31   #5
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Zitat:
Hier ist weder klar, um was es sich bei "etwas" handelt, noch wieso sich bei einer Regung hinten im Zelt der Reißverschluss aufgezogen wird, der sich meiner Vorstellung nach vorne befindet.
Wo steht denn in der Geschichte, dass sich „hinten* etwas regt? Kilian steht vor dem Zelt, deswegen regt sich im Zelt hinter ihm etwas. Allerdings hatte ich da noch die erste Fassung im Kopf, als Kilian sich vor dem Zelt befand, das sie am Abend zuvor aufgebaut hatten. In der endgültigen Fassung ist es dann tatsächlich etwas missverständlich. Besser wäre gewesen, das kurz zu erwähnen: „Kilian stand vor dem Zelt und sah durch sein Fernrohr" z. B. Danke für den Hinweis.

Zitat:
Weil das Aktiv dem Passiv immer vorzuziehen ist. Das Passiv ist umständlich und ungenau.
Dass ich den Satz im Passiv geschrieben hatte, hat den Grund, dass der Leser noch nicht weiß, wer im Zelt ist. Sozusagen Auftritt Lutz. Wenn ich geschrieben hätte: „, Lutz zog den Reißverschluss auf und krabbelte aus dem Zelt", würde sich der Leser doch fragen, wer das ist und wo er herkommt, weil der Name vorher noch gar nicht gefallen war.
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Alt 14.04.2025, 05:50   #6
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Zitat:
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Dass ich den Satz im Passiv geschrieben hatte, hat den Grund, dass der Leser noch nicht weiß, wer im Zelt ist. Sozusagen Auftritt Lutz. Wenn ich geschrieben hätte: „, Lutz kam aus dem Zelt", würde sich der Leser doch fragen, wo er herkommt, weil der Name vorher noch gar nicht gefallen war.
Könnte man völlig anders formulieren, um das Passiv zu umgehen. Aber darüber will ich nicht streiten, wenn du vom Lesefluss überzeugt bist. Ich selber meide das Passiv, wann immer es geht; hab's halt so gelernt, weil es als unschöner Stil gilt. Außerdem kann man durchaus schreiben "Lutz kam aus dem Zelt", es ist nämlich völlig egal, wann zum ersten Mal der Name fällt. Der Zuschauer fragt sich nicht, woher Lutz kommt, denn es steht ja da, dass er aus dem Zelt krabbelt.

Aber bei einer Sache komme ich nicht recht mit: Wenn Kilian vor dem Zelt steht, um durch sein Fernrohr zu schauen, wie ist er rausgekommen, wenn erst Lutz den Reißverschluss aufzieht? In der Story steht weder etwas von zwei Zelten, noch von einem besonders großen Zelt mit zwei Reißverschlüssen. Wäre es groß, müsste Lutz nicht krabbeln. Nur mal so nachgefragt, welches Bild du beim Schreiben vor Augen hattest.
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Alt 14.04.2025, 05:52   #7
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Hast du schon mal gezeltet?

Das Zelt hat vorne einen Reißverschluss. Jeder, der raus will, muss ihn von innen aufziehen, krabbelt raus und zieht ihn dann von außen hinter sich wieder zu, damit das Zelt nicht offen bleibt, denn dann wird es erstens kühl und zweitens könnten auch Tiere reinkommen.

Ich habe in meiner Jugend öfters gezeltet. Es gibt auch Zelte, die nicht so groß sind, dass man drin stehen kann, aber man kann trotzdem zu zweit oder sogar zu mehreren drin schlafen. Ein großes Zelt darf es sowieso nicht sein, sonst könnte Kilian es später nicht im Rucksack tragen.
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Alt 14.04.2025, 06:02   #8
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Zitat:
Zitat von DieSilbermöwe Beitrag anzeigen
Hast du schon mal gezeltet?

Das Zelt hat vorne einen Reißverschluss. Jeder, der raus will, muss ihn aufziehen, krabbelt raus und zieht ihn dann hinter sich wieder zu, damit das Zelt nicht offen bleibt, dann wird es erstens kühl und zweitens könnten auch Tiere reinkommen.
Nein, noch nie. Wenn das so ist, wie du es erklärst (und was ich mittlerweile fast vermutet habe), warum beschreibst du es dann nicht entsprechend, damit sich für den Leser ein korrektes Bild ergibt? Er kann nicht alles wissen, und Zelten ist beileibe nicht jedermanns Sache. Genauso wenig weiß ich, was man braucht, wenn man mit einem Wohnwagen unterwegs sein will. Ein Autor kommt um Ausführlichkeit und Genauigkeit nicht herum, wenn er Leser erreichen will, die davon, was er schreibt, keine oder nur wenig Ahnung haben. Man kann es sich nicht zu einfach machen, indem man gewisse Dinge als Allgemeinwissen voraussetzt.
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Alt 14.04.2025, 06:05   #9
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Zitat:
warum beschreibst du es dann nicht entsprechend, damit sich für den Leser ein korrektes Bild ergibt? E
Okay, ich verstehe. Ich hatte tatsächlich nicht daran gedacht, dass ein Leser, der noch nie gezeltet hat, das gar nicht wissen kann. Es ist interessant, welche Aspekte dabei herauskommen, wenn man eine Geschichte bespricht.

In unserer Gegend zeltet die Jugend z. B. immer über den 1. Mai. Da gibt es kaum einen, der Zelten nicht kennt. Ich habe nicht darüber nachgedacht, dass das nicht überall so ist.
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Alt 14.04.2025, 06:18   #10
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Zitat:
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Okay, ich verstehe. Ich hatte tatsächlich nicht daran gedacht, dass ein Leser, der noch nie gezeltet hat, das gar nicht wissen kann.
Ich habe zudem eine andere Leseerfahrung. Als die Karl-May-Welle durch Deutschland rollte, veröffentlichte Lex Barker in der BRAVO seine Biografie und schrieb u.a. über seine Dreharbeiten zu den Tarzan-Filmen. Man drehte vor Ort, also in Afrika. Nachts schlief er in einem Zelt. Einmal wachte er unruhig geworden auf, denn es schien etwas nicht zu stimmen. Er machte Licht - Öllampe, Kerze, was auch immer - und sah sich einer Schwarzen Mamba gegenüber, die ihn fixierte. Eine Stunde lang saß er reglos auf seinem Feldbett, dann sah sein Boy, wie man das Dienstpersonal damals nannte, das Licht im Zelt, und kam herein, um nach Lex Barker zu sehen. Die Schlange biss zu, und der Junge starb binnen weniger Minuten.

Damit war Lex Barker von Tarzan wie auch vom Zelten bedient. Wie die Schlange zu ihm hineinkommen konnte, ist mir nach deinen Erklärungen ein Rätsel. Entweder waren die Zelte damals nicht so perfekt wie heute, oder es war purer Leichtsinn bei der Handhabung gewesen.
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Alt 24.04.2025, 10:51   #11
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Standard hallo Silbermöwe

... der Dialekt verlangsamt den Lesefluss ungemein, aber insgesamt bin ich mit der Story gut klar gekommen.
Konnte keine Irritationen feststellen. Bin allerdings Laie und Dilettant.

wsT
dT
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Alt 24.04.2025, 16:25   #12
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Hallo dunkler Traum,

freut mich, dass dir die Story gefallen hat.

LG DieSilbermöwe
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