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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen. |
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03.01.2024, 19:44 | #1 |
Phrasen
Phrasen
Man merkt es - die Alten, Die reden hohle Phrasen. Weshalb? Weil es nichts gibt - Ahnen die alten Hasen. Was war früher besser? Dass man an Worte glaubte. Unbarmherzige Zeit, Die das Vertrauen raubte. Die Geschichten haben Keinen Anfang, kein Ende. Wie ahnungslose Tiere Sind die tätigen Hände. |
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03.01.2024, 21:57 | #2 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Die "alten Hasen" sehen das völlig anders und hätten auch jede Menge Argumente vorzutragen, weshalb die Nachkriegsjahrzehnte bei weitem nicht so rosig waren, wie das heutige Nostalgiker glauben. Vielleicht ist das mit dem Gedicht aber gar nicht gemeint. Die Frage "Was war früher besser?" steht ziemlich herrenlos im Raum, ihr fehlt die direkte Anbindung an die erste Strophe. Dort gibt es nämlich keinerlei Hinweis, in welche Richtung die "Phrasen" der Alten deuten. Schließlich kann jeder Mensch alles, was ihm nicht zu seiner eigenen Meinung passt, als Phrase abschmettern. Für einen Flacherdling ist die Behauptung, die Erde sei eine Kugel, sicherlich nichts anderes als die Phrase eines Naivlings. VG Ilka |
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03.01.2024, 22:27 | #3 | |
Zitat:
Hallo Ilka, vielen Dank für deine Nachricht. Ich stimme Dir bezüglich deiner Feststellung zur Generation Z und den vermeintlichen hohlen Phrasen der Alten ausnahmslos zu. Das Gedicht basiert auf einer Erinnerung: Anfang 30, vor etwas mehr als 10 Jahren, verbrachte ich mehrere Abende in einer recht spärlichen Dorfkneipe, und da saß regelmäßig eine Runde älterer Herren, die fast ohne Worte Bier trank. Das Bild bin ich nicht losgeworden. Dieser Verstummung unterstelle ich in dem Gedicht folgende Ursache: Dass alle - oder doch zumindest fast alle Sätze, alles was sagbar ist, als Phrase enttarnt und begriffen wurde. Und besser ist dann nur noch: Die schöne Vergangenheit, in welcher man die Phrasen nicht für Phrasen hielt. Du sprichst ja in deinem Kommentar auch von Aussagen, die nicht zur eigenen Meinung passen, und die man dann als Phrase abschmettert. Aber wie peinlich werden uns unsere eigenen vergangenen Meinungen, und wie oft begreife ich, dass ich - früher - an Phrasen glaubte, dass ich sie mit viel Kraft und Vehemenz verteidigte. Eine Argumentation wie: Das Gute findet sich stets zwischen zwei Extremen (salopp zitiert, Aristoteles (denke ich)) steht ja im Zentrum jeglicher Debatte, in welcher man mit Abstrakta zu einem vermeintlich richtigen Begriff von: Demokratie, Emanzipation, Nachhaltigkeit, ... gelangen will. Aber was ist, den der durch Worte erreichbare Raum viel kleiner ausfällt - als eine unbekannte Realität? Und was wäre, wenn die alten Herren dies geahnt hätten? Liebe Grüße, Max |
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03.01.2024, 23:05 | #4 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Mich erinnert das Thema an die letzte Szene der alten, zweiteiligen "Buddenbrooks"-Kinoverfilmung: Ein kleiner Junge zog in der Familienchronik einen Strich unter den letzten Eintrag des Familienoberhaupts, und als dieser fragte, weshalb er das getan habe, antwortete das Kind: "Ich dachte, da käme nichts mehr." Man nennt das "die Bilanz ziehen". Übrigens: Man sollte Phrasen nicht mit Floskeln verwechseln. Ich halte das Thema für wichtig, denn ich kenne hautnah zwei Fälle von Konflikten zwischen Jung und Alt, die offensichtlich darauf beruhen, sich in den jeweils anderen nicht hineindenken zu können. In dem einen Fall ist ein Vater von seinem Sohn enttäuscht, weil dieser sein Potential nicht ausgeschöpft, sondern das Studium kurz vor dem Examen geschmissen und sich auf ein Leben "von der Hand in den Mund" entschieden hatte. Das ging recht gut, denn die Kohle und das Erbe hatte der Vater herangeschafft. Worauf der Sohn aber gar nicht spekuliert hatte. Dennoch steht dieser Vater ihm übermächtig gegenüber, und der Sohn, der eine Familie haben wollte, nahm natürlich für seine Kinder alles an, was der Vater ihm finanziell zu bieten hatte. Nun stehen sich diese beiden Männer sprachlos gegenüber, der eine, weil er sich trotz all seines Fleißes und seiner Liebe zur Familie als Versager fühlen muss, der Vater, weil er nie ein Wort der Anerkennung dafür erhalten hat, was er ihm bieten konnte und was er ihm eines Tages hinterlassen wird. Der Sohn wird ein Millionär sein. Der andere Fall: Der Sohn redet ständig seinen Vater schlecht. Das tat er bereits, als der Vater noch lebte. Auch diese beiden hatten sich nichts zu sagen, was sich darin äußerte, dass der Sohn nie seine Karten auf den Tisch legte, sondern dem Vater immer ein anderes Leben vorgaugelte, als das, was er führte. Das Erbe dieses Vaters nahm er nach dessen Tod allerdings gerne an, nachdem sich der Vater geweigert hatte, es ihm bereits zu Lebzeiten zu überschreiben. "Jetzt habe ich die Kohle", sagt der Sohn und führt, frühzeitig in den Ruhestand gegangen, ein flottes Leben. Seinen Vater, der herangeklotzt hatte, putzt er immer noch als ein Charakterschwein herunter. Nie hat er sich auch nur den vagesten Gedanken gemacht, ob sein Vater nicht auch seine Enttäuschungen im Leben hatte und von seinen Söhnen - es gibt noch einen jüngeren Sohn - enttäuscht war. Oder was es mit seiner Psyche gemacht hatte, als junger Soldat, Anfang zwanzig, ein Bein im Krieg verloren zu haben. Es wurde geredet, viel geredet, aber eigentlich doch nicht, nämlich immer aneinander vorbei oder in Form von Witzelei und Blödelei. Jedenfalls hat man sich so wenig in den anderen hineindenken können, dass man auch die Klappe hätte halten können. Mit dem Reden ist das so eine Sache. Man kann viel reden, und trotzdem hat man sich nichts zu sagen. Oft ist das Schweigen mitteilsamer als alle ausgesprochenen Worte. So, das ist eine Litanei geworden. Aber das musste ich zum Jahresanfang einmal loswerden, weil es ein Thema ist, das mich schon längere Zeit beschäftigt. Weil auf mich immer wieder Menschen zukommen, die genazu dieses Thema bekümmert und die mich um meine Meinung dazu fragen. Liebe Grüße Ilka P.S.: Jetzt siehst du, was dein kurzes Gedicht ausgelöst hat. Sprachlos? |
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Stichworte |
phrasen, vertrauen, worte |
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