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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 16.10.2022, 22:17   #1
Hera Klit
 
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Beiträge: 193

Standard Schattencafé

Schattencafé

Café Bormuth im Schatten.
Ein typisches Rentnercafé auf dem Marktplatz.
Stuhl und Einzeltisch kippeln auf dem Kopfsteinpflaster.
Eine Tasse Kaffee und vielleicht noch ein Stück Käsekuchen,
man muss erst mal nachschauen, was noch da ist.
Ich akzeptiere das letzte Stück Käsekuchen mit Früchten.
Gegenüber liegen die angesagten Cafés in der prallen Sonne.
Dort saßen wir immer.
Du hattest etwas Südländisches und brauchtest unbedingt Sonne.
In der Toskana fragten dich Einheimische nach dem Weg.
Ich lese in der gerade erstandenen Italienischen Reise.
Der Alte ging nie so an mich, außer seinem Faust und ein paar Gedichten.
Ich versuche mich ihm erneut zu nähern, obwohl er Hölderlin und Kleist blockierte.
Altersmilde macht mich verzeihbereit.
Womöglich suche ich Antworten,
die nur würdevoll gereifte Dichter zu geben vermögen.
Altvertraute Wege und Plätze waren mir heute ganz neu erschienen.
Die Stadt hat sich verändert und ich auch.
Wir beide bewahrten Altes und ließen Neues zu.
Am Nebentisch erklärt ein maximal Betagter
einem anderen den Ukrainekrieg.
Auf dem Gehsteig vor mir beschimpft eine Greisin
einen betrunkenen Rempler als Besoffenen.
Sie mosert ewig weiter, der Kerl ist längst weg.
Aber, wenn man schon mal im Recht ist.
Ich zahle gleich, dann kann ich eventuell schnell weg.
Der Kellner ist digitalisiert, ich bekomme keine Quittung.
Es ist der fünfte Oktober zwanzig zwanzig und ich habe heute Abend nichts vor.
Goethe war am Abend des fünften Oktobers siebzehn achtundsechzig in der „Elektra“
Das Stück fand er abgeschmackt und es langweilte ihn.
Ich bestelle noch einen Kaffee und der Kellner
erkennt digital, dass ich schon gezahlt hatte.
Ich weise darauf hin, dass ein Beleg sicherer gewesen wäre.
Er beruhigt mich und sagt: „Nein, nein, ich finde alles.“
Hera Klit ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.10.2022, 09:03   #2
männlich MonoTon
 
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Beiträge: 1.109

Zu wenig Füllwörter im Prosatext für mein Empfinden.
Und wer bitte isst denn Käsekuchen mit Früchten? Barbarisch.
In Italien ist der 5.Oktober ein gesetzlicher Feiertag, der Tag des behindertengerechten Bauens und Madmäusele sitzt in nem Café auf ner Hitlerstraße und wundert sich warum es keinen Kassenbon gibt.
Hinzukommt dass Frollein derart Einheimisch aussieht das Einheimische denken sie fragen mal wo sie selber noch gleich wohnen könnten. Bildhaft schön.
Man muss also nur in einem geschlossenen Café sitzen und alle wissen, dass man da behindertengerecht hin gehört.

Zitat:
Er beruhigt mich und sagt: „Nein, nein, ich finde alles.“
Welch Ironie, wäre er blind und arbeitete dort nur 1 Tag im Jahr.
Mich hatte ja schon der Käsekuchen mit Früchten irritiert.

Bezieht sich die Überschrift auf ein Café im Schatten oder ist der Schatten eher Personenbezogen und dieser betreibt das Cafè? Also ein maximal Schattierter sozusagen.
MonoTon ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.10.2022, 09:23   #3
Hera Klit
 
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Dabei seit: 12/2021
Beiträge: 193

Ich möchte nur kurz erwähnen, dass dieses Gedicht, in anderen Foren als ausgezeichnet gefeiert wurde, sogar von Moderatoren.


Liebe Grüße
Hera
Hera Klit ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.10.2022, 09:29   #4
männlich MonoTon
 
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Dabei seit: 04/2021
Beiträge: 1.109

Ich bin ja auch nirgendwo anders
MonoTon ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.10.2022, 09:59   #5
weiblich Ilka-Maria
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Ort: Arrival City
Beiträge: 31.134

Guten Morgen,

diese Szenerie, atmosphärisch dicht geschildert und detailliert beobachtet, ginge bei mir eher als Epik statt als Lyrik durch. Aber darüber kann man debattieren. Jedenfalls liest es sich flüssig und interessant.

Käsekuchen mit Früchten? Kein Problem, diese Produkte - mit Mandarinenscheiben oder mit Schattenmorellen - gehören zum Standardprogramm der Großbäckereien. Wer will schon sein ganzes Berufsleben lang immer den gleichen Großmutter-Quarkkuchen anbieten? Das Volk klebt zwar am Gewohnten, aber beim Essen will man Abwechslung haben.

Mir fehlt jedoch ein bisschen der Typ des Alten, der die berüchtigte Altersmilde zeigt. Alte sind nicht nur Nörgler und Besserwisser, sondern werden eigentlich eher gelassener und gemäßigter. Es sind die jungen Idealisten, die mit dem Kopf durch die Wand wollen. Aber wahrscheintlich trifft man sie nicht in so "altbackenen" Straßencafés.

Hat Spaß gemacht, den Text zu lesen. Er kam genau richtig, um mich aufzuheitern, bevor mich nachher die Zahnärztin in ihrer Folterkammer behandelt.

LG
Ilka
__________________

Workshop "Kreatives Schreiben":
http://www.poetry.de/group.php?groupid=24
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Alt 17.10.2022, 10:16   #6
Hera Klit
 
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Beiträge: 193

Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Guten Morgen,

diese Szenerie, atmosphärisch dicht geschildert und detailliert beobachtet, ginge bei mir eher als Epik statt als Lyrik durch. Aber darüber kann man debattieren. Jedenfalls liest es sich flüssig und interessant.

Käsekuchen mit Früchten? Kein Problem, diese Produkte - mit Mandarinenscheiben oder mit Schattenmorellen - gehören zum Standardprogramm der Großbäckereien. Wer will schon sein ganzes Berufsleben lang immer den gleichen Großmutter-Quarkkuchen anbieten? Das Volk klebt zwar am Gewohnten, aber beim Essen will man Abwechslung haben.

Mir fehlt jedoch ein bisschen der Typ des Alten, der die berüchtigte Altersmilde zeigt. Alte sind nicht nur Nörgler und Besserwisser, sondern werden eigentlich eher gelassener und gemäßigter. Es sind die jungen Idealisten, die mit dem Kopf durch die Wand wollen. Aber wahrscheintlich trifft man sie nicht in so "altbackenen" Straßencafés.

Hat Spaß gemacht, den Text zu lesen. Er kam genau richtig, um mich aufzuheitern, bevor mich nachher die Zahnärztin in ihrer Folterkammer behandelt.

LG
Ilka
Vielen Dank, liebe Ilka und für nachher alles Gute.

Liebe Grüße
Hera
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