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#1882 | |
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https://www.youtube.com/watch?v=YlZhA61qtvQ https://www.youtube.com/watch?v=Nsy_OeksCSE |
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#1883 | |
Dabei seit: 09/2022
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#1884 |
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Auf mehrfache Empfehlung habe ich mir "Megathreats - The ten trends that imperil our future, and how to survive them" von Nouriel Roubini vorgenommen.
Roubini geht der Ruf voraus, mit seinen Prognosen immer richtig gelegen zu haben. Umso enttäuschter bin ich bislang , in seinem Buch - ungefähr nach der Hälfte - nur das gelesen zu haben, was mir jede seriöse Zeitung oder Nachrichtenagentur Tag für Tag liefert. Fazit: Nichts Neues unter der Sonne. Alle Kapitel laufen auf die eine Erkennis zurück: Zu billiges Geld macht auf lange Sicht jede Finanzwirtschaft eines Staates kaputt, wenn niemand davon Gebrauch macht, indem er Kredite aufnimmt und investiert, sondern sein Geld lieber parkt und dafür Parkgebühr bezahlt. Dann stehen alle Räder still, und irgendwann kommt der große Crash, aber niemand kann sagen, wann genau. Das hätte ich auch ohne dieses Buch gewusst. Kurz gesagt: Muss man nicht gelesen haben. |
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#1885 |
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Michael Caine: "What's It All About? His Autobiography."
Caine ist in meinen Augen nicht nur einer der erfahrensten und besten Schauspieler des angelsächsischen Kinos, sondern, wie ich seiner fast 600 Seiten schweren Autobiografie entnehme, auch ein brillanter Schreiber: flüssiger Stil, geschliffener Ausdruck, feinster britischer Humor, ein charmantes Augenzwinkern auf die großen und kleinen Katastrophen seines Lebens und somit reinstes Lesevergnügen. Auszug aus dem Einbandrücken: "Written with just the right mix of warmth and candour, and in a prose style that is the literary equivalent of his easy-going, up-front persona, this is hugely enjoyable. (Sunday Express) Ich kenne bereits sein Buch "Weniger ist mehr" über Techniken der Schauspielkunst, das mir mehr gegeben hat als die Bücher, die sich mit den Schulen von Strasberg, Stanislavski und Stella Adler befassen. Was Caine zu vermitteln hat, ist ein Gewinn für Cineasten - und vor allem für junge Schauspielschüler. |
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#1886 |
Dabei seit: 10/2022
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Eine Doppelbiographie über Gauß und Humboldt. Biographische Begebenheiten werden meist anekdotenhaft und sehr überspitzt dargestellt. Ich habe bisher bei wenigen Romanen so häufig schmunzeln müssen wie bei diesem. Ironie und Kleinod auf fast jeder Seite des Buches. Eine sehr intelligent geschriebene (fiktive!) Biographie.
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#1887 |
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Roland Kaehlbrandt: "Deutsch - Eine Liebeserklärung - Die zehn großen Vorzüge unserer erstaunlichen Sprache"; Piper München, 2022/2023.
In zehn Kapiteln räumt der Autor mit dem Urteil auf, die deutsche Sprache sei kompliziert und deshalb schwer zu erlernen. Mit Beispielen untermauert er, das Deutsche sei einfühlsam und ausdrucksstark, könne durch geschmeidige Wortbildung (er meint die unzähligen Möglichkeiten von Komposita) einen riesigen Wortschatz bilden, wobei sich jedes neue Wort inhaltlich von selbst erschließe, eigne sich hervorragend als Literatursprache, sei in der Welt weiter verbreitet, als man sich vorstellen mag, und eigne sich hervorragend dafür, Begriffe aus anderen Sprachen aufzunehmen und zu integrieren. Kaehlbrandt verteidigt sogar den vielgeschmähten Gebrauch von Füllwörtern, wobei sich seine Beispiele jedoch auf die gesprochene Alltagssprache, nicht auf das Schriftdeutsch beziehen. Denn, so meint er, in der Umgangssprache klinge vieles mit Wörtern wie "denn", "nur", "bloß" nicht nur weniger harsch, sondern enthalte auch Bedeutungsnuancen. So sei es ein Unterschied, ob jemand "wo bleibt sie denn?" frage als "wo bleibt sie bloß?" oder ganz unverbindlich "wo bleibt sie?". Das Taschenbuch ist nicht nur kurzweilig zu lesen, sondern vor allem in hervorragendem, fehlerfreiem Deutsch geschrieben. Das schafft beim Leser Vertrauen. |
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#1888 |
Klingt interessant. Mal schauen, ob es das auch als E-Book gibt.
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#1889 |
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„Nachts schlafen die Ratten doch“ ist eine Kurzgeschichte des Schriftstellers Wolfgang Borchert, die im Jahr 1947 erschien. Der Autor schildert auf zwei Seiten die Begegnung zwischen einem Jungen und einem alten Mann in den Trümmern einer deutschen Stadt unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Junge bewacht seinen verschütteten Bruder, da er Angst hat, die Ratten könnten den toten Körper seines Bruders fressen. Der Mann schafft es, dem Jungen ein Stück Hoffnung und kindliche Begeisterung zurückzugeben, indem er ihm von seinen Kaninchen erzählt. |
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#1890 |
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Klingt berührend. Ich habe von dem Autor bislang nur "Draußen vor der Tür" gelesen. Ist aber schon lange her, kann mich kaum noch an den Inhalt erinnern. Ich glaube, da ging es auch um Kriegsheimkehrer. Das schien ein zentrales Thema bei Borchert gewesen zu sein.
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#1891 |
abgemeldet
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Wolfgang Borchert ist einer meiner Lieblings-Autoren.
"Draußen vor der Tür" kenne ich auch. Habe mehrere seiner Bücher hier. Er ist nur 26 Jahre alt geworden (1921–1947). Er wird beschrieben als " Einer der bekanntesten Autoren der Trümmerliteratur". |
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#1892 |
Habe heute die fünf Bände "Die Inkarnation der Unsterblichkeit" von Piers Anthony durch. Der Mann kann Fäden spinnen, einfach herrliche Märchen mit gutem Ausgang. 1983 kam der erste Band und die ersten fünf wurden auf deutsch übersetzt, fehlen mir jetzt noch drei Bände.
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#1893 |
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Habe mal in sein Programm geschaut, weil mir der Autor unbekannt gewesen ist. Das ist wahrlich ein Vielschreiber. Scheint in den Bereich des Fantasy hineinzugehören. Da wünsche ich weiterhin viel Spaß beim Lesen.
LG Ilka |
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#1894 |
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Samira El Quassil & Friedemann Karig: "Erzählende Affen - Mythen, Lügen, Utopien: Wie Geschichten unser Leben bestimmen", Ullstein TB, 2. Aufl. 2023.
Eigentlich wollte ich keine Bücher mehr über die Struktur des Geschichtenerzählens und über die klassische Heldenreise lesen, denn damit hatte ich mich in den letzten Jahren mehr als ausführlich befasst und etliche dieser Werke - vor allem die Standardwerke - im Forum vorgestellt. Mehr oder weniger steht in allen das gleiche drin. Nur zweimal hatte ich Werke dabei, die einen anderen Ansatz verfolgten, sich aber auf das Schreiben von Drehbüchern konzentriert hatten. Jetzt bin ich meinem Vorsatz untreu geworden und habe mit obengenanntes Buch zu Gemüte geführt. Was ist an diesem anders als an den Werken von Campbell und Vogler? Die beiden Autoren beschränken das übliche Narrativ der Heldenreise nicht auf Fiktion (Erzählung, Märchen und Sage, Roman und Film), sondern beleuchten, inwieweit es auch im realen Alltag eingesetzt wird, nämlich zur Erzeugung von Denkmustern in der Politik, in der Werbung, im sozialen und ökonomischen Verhalten usw. Natürlich kommen die Autoren auch auf Edward Bernays zu sprechen, einem Neffen Sigmund Freuds, der ein Gespür dafür hatte, wie Marketing und Manipulation durch "Geschichtenerzählung" funktioniert. Dass mit dem "erzählenden Affen" im Titel des Buchs der Mensch gemeint ist, dürfte auf der Hand liegen. |
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#1895 |
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Rüdiger Safranski: "Einzeln sein - Eine philosophische Herausforderung", TB, Fischer Frankfurt, 2023.
Safranski Bücher zu lesen ist immer ein Gewinn. In "Einzeln sein" geht es darum, wie Menschen mit der Spannung, die sich aus dem Streben nach Individualität und dem gleichzeitigen Wunsch nach Teilnahme an der Gemeinschaft ergibt, umgegangen sind. Als Fallbeispiele dienen Größen der Ideengeschichte wie Montaigne, Luther, Rousseau, Diderot, Stendhal, Kierkegaard, George, R. Huch, H. Arendt, Jaspers, Heidegger, Sartre und Jünger. |
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#1896 |
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Den Juli über hatte ich mich mit Werner Faulstichs "Grundkurs Filmanalyse"" befasst (UTB, 3. Aufl., 2013). Die meisten Kapitel waren mir nicht neu, aber allein das 6. und letzte Kapital war das Buch wert. Darin geht es um die Filmanalyse nach Normen und Werten, u.a. bezogen auf biografische, soziologische, genrespezifische und transkulturelle Interpretationen. Wenn ich jedoch gefragt würde, welches Buch über Filmsprache, Filmtechnik, Mis-en-scène, usw. sich zu lesen lohne, würde ich eher James Monacos Standardwerk "Film verstehen" sowie "Making Movies" von Sidney Lumet empfehlen, was Schauspielkunst betrifft, das Büchlein "Weniger ist mehr" von Sir Michael Caine.
Danach begann ich mit dem Roman "Madame Picasso" von Anne Girard, Aufbau Verlag, 2015/2021. Vom Namen der Autorin sollte man sich nicht täuschen lassen, der Roman ist eine Übersetzung aus dem Amerikanischen. Ob sie eine französische Herkunft hat, konnte ich nicht herausfinden. Eine angebliche Website von ihr existiert nicht, sondern ist als annegirardauthor.com lediglich zum Kauf als Domain angeboten. Mir liegt der Verdacht nahe, dass es sich um ein Pseudonym handelt, das vom Namen der Schauspielerin Annie Girardot hergeleitet ist. Die Autorin schreibt neben etlichen Kolleginnen für den Verlag Romane, in denen historische Frauengestalten in eine fiktive Welt hineingesetzt werden, wie die Buchtitel verraten, u.a. "Coco", "Madame Piaf", "Marlene und die Suche nach Liebe" (klar definierbar ist mit der Frau in Hosen, die auf dem Buchcover vor dem Brandenburger Tor steht, Marlene Dietrich gemeint), "Frida Kahlo" usw. Das ist eine Masche, die zu laufen scheint. Indessen kann ich den Roman von Anne Girard, bei dem ich jetzt in der Mitte angekommen bin, nicht empfehlen, denn stilistisch ist er unausgereift und eine eigene Sprache der Autorin darin nicht erkennbar. Da muss man mitunter Sätze ertragen, wie "Sie hatte das Gefühl, jeden Moment vor Peinlichkeit zusammenzubrechen" oder "Eva konnte nicht mehr denken, da das Geräusch ihres Herzschlags ihre Ohren erfüllte." Man darf raten, ob das die Schuld der Autorin oder einer schlechten Übersetzerin ist; jedenfalls verstehe ich unter "füllen" und "erfüllen" etwas Verschiedenes. Mit den Dialogen sieht es nicht besser aus, sie strotzen vor Gleichförmigkeit und geben keiner der Figuren eine eigene Charakeristik. Ach ja, die Figuren: Die Autorin hat kaum einen Namen ausgelassen, der die Belle Époque mehr oder weniger prägte. Von Gertrude Stein bis Apollinaire, von Utrillo bis (natürlich!) Braque ist der Roman das reine "name dropping". Jeder darf mal auftreten und ein paar Belangloskeiten von sich geben. Ich hatte gegen meinen Grundsatz verstoßen, mich von einem Cover locken zu lassen, erst recht, wenn jemand Paris als Ort des Geschehens präsentiert und einem Verlag nichts Abgedroscheneres dazu einfällt, als ein Bild vom Eiffelturm aus der Sicht des Trocadéro aufdrucken zu lassen. Es war meine Liebe zu dieser Stadt, die mich neugierig machte und zu diesem Mißgriff verleitete. Kein Buch zum Behalten, falls ich es überhaupt zu Ende lesen werde. |
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#1897 |
Ich habe die über 1400 Seiten des Romans „Es" von Stephen King jetzt ausgelesen, aber es lässt mich noch lange nicht los. Sehr spannend, ich habe in jeder freien Minute gelesen (gelobt sei mein E-Reader, in den so viele Bücher passen), auf dem Hin- und Rückweg im Bus zur und nach der Arbeit und in der Mittagspause. Ich schaffte es gerade so, nicht auch noch beim Überqueren der Straße zu lesen.
Es geht um Ereignisse in Derry, einer fiktiven Stadt in den USA. Mehrere Morde an Kindern passieren, Verantwortlicher ist „Es", das auch in der Gestalt von Pennywise, einem Clown auftritt. Der Club der Verlierer, wie sich selbst nennen - im Buch elfjährige Kinder, die sich nach den Ereignissen zusammenfinden - wollen „Es" zur Strecke bringen. Es gelingt nicht vollständig, und nach 27 Jahren schlägt „Es" wieder zu. Einer trommelt die inzwischen erwachsen gewordenen Freunde von einst zusammen und sie stellen sich „,Es" erneut. Wie King hier die beiden Zeitebenen vermischt - 1958 und 1985 - ist absolut fantastisch ( im Sinne von genial). Und obwohl das Buch aus der auktorialen Perspektive erzählt wird, ist es nie langweilig. Die Horrorelemente schocken mich als Horrorfan nicht wirklich, aber mich hat beeindruckt, wie subtil sie geschildert sind. Eine Szene gibt es, die kommt dem, was wir uns unter „Hölle" vorstellen, schon sehr nahe... Und ich war sehr beeindruckt. Dann gibt es natürlich noch irdische Antagonisten, hier hat es mich etwas geärgert, dass der Anführer dieser Gruppe dann doch einfach nur „verrückt" sein sollte und Stimmen hört. Damit kann man ja nun alles erklären ... Was mich absolut fasziniert hat, war die Szene, in der es - ich umschreibe es mal so - nur um „Liebe und Verlangen" zwischen Beverly und den sechs Jungs geht (alle gehören zum Club der Verlierer, also der „Guten".) Im Film kommt die Szene natürlich nicht vor, hätte mich auch gewundert. Also, verstanden habe ich die Szene nicht. Fasziniert war ich trotzdem. Wollte King damit provozieren, um nachher sagen zu können, über die Kindermorde im Buch regt sich keiner auf, über Sex in einer solchen Form aber jeder? Keine Ahnung. Auf alle Fälle hat sie mich mehr aufgewühlt als die Horrorelemente. Zum ganzen Buch: Wow, einfach nur unglaublich fantastisch gut. |
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#1898 |
Dabei seit: 09/2022
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Eurotrash von Christian Kracht, verrückt die Ansichten in mir keinen Meter; was mich hier dazu verleitet euch ein Buch mit
so vielen Nuancen des Scharfsinns im Nebensatz zu empfehlen. Nein, die Ansichten müsst ihr selbst spüren… |
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#1899 |
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Hört sich an wie zugeklappt.
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#1900 |
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ja, hier geht es auch um Vorurteile...
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#1901 |
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Zwischen etliche Wälzer von bis zu 650 Seiten, die noch auf meine Aufmerksamkeit warten, habe ich eine Novelle von Patrick Süskind eingeschoben: "Die Geschichte von Herrn Sommer", Diogenes Verlag Zürich, 1991 (Lizenzausgabe für Bertelsmann Club GmbH). Der Text umfasst knapp 130 Seiten und ist in lockig-flockiger, aber meisterhafter und sehr detailliert beschreibender Sprache, aber trotz des ernsten Themas - Bewältigung der Probleme eines Heranwachsenden - humorvoll geschrieben und für geübte Leser in etwa einer Stunde zu bewältigen.
Vordergründig geht es um Herrn Sommer, einem rastlosen Menschen, der pausenlos und ohne Ziel durch die Landschaften wandert, kaum mit jemandem spricht und dessen Motive für seine Rastlosigkeit niemand recht herausfindet. Wie der Leser ahnt, handelt es sich jedoch bei dieser Figur um eine Metapher für die Befindlichkeiten des Erzählers, eines Jungen (der seine Erinnerungen aus der Perspektive eines Fünfzigjährigen von seiner Schulzeit bis zum sechszehnten Lebensjahr erzählt), der mit seinem sozialen Umfeld nicht zurechtkommt und sich mit seinen Problemen alleingelassen fühlt. Vor allem zwei Ereignisse stechen hervor: Einmal die Auseinandersetzungen mit seiner Klavierlehrerin, einer autoritären, cholerischen Matrone, sowie seine erste unglückliche Verliebtheit in eine Klassenkameradin, was ihn in Suizidphantasien treibt. Zur Selbsttötung kommt es nicht, wohl aber zur heimlichen Beobachtung, wie Herr Sommer seine Rastlosigkeit beendet, indem dieser sich in einem Waldsee ertränkt. Was das Büchlein neben seiner hochklassigen Schilderungen reizvoll macht, sind die zahlreichen kolorierten Zeichnungen von Sempé ("Le petit Nicolas"). Kurz gesagt: Eine Perle. |
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#1902 |
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Gerade ausgelesen: "Als die Welt zerbrach" von John Boyne, Piper München, 2022.
Der Roman ist die Fortsetzung von "Der Junge im gestreiften Pyjama". Ich kenne weder das Buch noch die Verfilmung, was aber für das Verständnis der Fortsetzung kein Hindernis ist. Im Mittelpunkt steht Gretel, die Schwester des drei Jahren jüngeren Bruno, der am Zaun des KZ-Lagers Auschwitz Kontakt zu dem jüdischen Jungen Schmuel pflegt, schließlich durch den Zaun schlüpft und, weil unmittelbar danach eine Selektion durchgeführt wird, mit Schmuel zusammen ermordet wird. In der Fortsetzung erzählt Gretel aus der Perspektive einer Neunzigjährigen, wie seitdem ihr Leben verlaufen ist und wie sie dabei versucht hat, mit ihrer Mitschuld an Brunos Tod fertigzuwerden. Dabei springt der Roman zwischen den Zeiten und Orten vor und zurück und hin und her. Da der Autor jedoch die Kapitel kurz gehalten hat - die meisten umfassen vier bis sieben Seiten -, ist es für den Leser kein Problem, den Anschluss zu halten. Auch mit der Vielzahl an Personen kommt man gut zurecht. Der Spannungsaufbau macht das Buch zu einem "Pageturner", jedenfalls ist dieser Roman seit längerer Zeit einer von jenen gewesen, die ich in kurzer Zeit gelesen habe, weil ich ihn kaum aus der Hand legen wollte. |
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#1903 |
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Ich habe mir mal wieder Vitus Dröscher, den Verhaltensforscher, reingezogen und zwar "Mich laust der Affe" und "Weiße Löwen müssen sterben". Da wird mit manchem Vorurteil über Tierverhalten - was auch menschliches Verhalten betrifft - aufgeräumt, z.B., dass sich immer der Stärkere durchsetzt und die verführbare Masse blindlings ins Verderben rennt. Das Gegenteil ist der Fall: Die Leitiere glänzen vor Freundlichkeit, während der Vize die Strafen verteilt und sich unbeliebt macht, selber also nie Nummer Eins werden kann. Und die Masse weiß sehr wohl, wem sie Vertrauen schenkt.
Beim Kampf um die Hackordnung gewinnt auch nicht der Stärkste, sondern der in der Reihe der Auseinandersetzungen auf die günstigsten Voraussetzungen trifft. Wenn der Protzigste im Nest sich im Geäst verheddert und auf den Schnabel fällt, hat er verloren. Kurz gesagt: Eine Sache des Glücks. Aus der Verhaltensforschung geht klar hervor: Wer führt, muss Vertrauen erwerben. Geht es ihm verloren, wendet sich die Masse ab und sucht sich einen neuen Führer. Und auch er braucht seinen Vize, der ihm die Drecksarbeit abnimmt. Jetzt wartet noch ein drittes Dröscher-Buch auf mich: "Ein Krokodil zum Frühstück". Ach du dickes Ei! |
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#1904 |
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Bin mal wieder beim Thema "Kino":
Charlton Heston: "In the Arena - The Autobiography", HarperCollings 1995. Das Buch ist ein Schinken von ca. 560 Seiten. Heston schildert sehr detailliert seinen Werdegang und seine Arbeit beim Film, so dass man sich als Leser fragt, ob jede Information wirklich notwendig ist. Andererseits: Wer sich für die Arbeit eines Schauspielers auf der Bühne und vor der Kamera interessiert, bekommt einen gründlichen Einblick in diese Welt und lernt eine Menge an Fachjargon kennen. Vom Stil her hat Heston bewiesen, dass er neben seinen darstellerischen Qualitäten auch schriftstellerisches Potential vorzuweisen hatte (dass er ein begabter Karikaturist war, wusste ich bereits). Kein Buch für Leser, die auf Unterhaltung aus sind, aber eine Fundgrube für Film-Freaks. |
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