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12.03.2012, 12:21 | #1 |
Freitag morgen
Freitag morgen
7.30 Uhr Die ganze Fresse voller Pusteln. Dicke, von selber platzende Geschwüre. Für jedes, das explodiert, entstehen zwei neue. Mein ganzes Gesicht ist mit irgendeiner Masse überzogen. 8.15 Uhr Sitze beim Arzt. Alle schauen mich an, als hätte ich eben ein lebendiges Krokodil verschluckt. “Wollen sie mal anfassen?” Die älteren Damen gehen nach vorne und lassen sich einen Termin für nächste Woche geben. Das Zeug tropft an meinem Kinn runter, sammelt sich vorne auf dem T-Shirt. Ich höre wie die kleinen Explosionen sich ausbreiten. Der Fleck auf meiner Brust wächst. 8.35 Uhr “Herr Lüttke, bitte.” Ich bin dran, gehe rein. Ich werde gebeten, mich zu setzen. Eine Arzthelferin sieht mich an und übergibt sich spontan auf meine Hose. Der Doktor kommt rein stellt sich vor mich. “Mein Gott, was ist das denn?” Die nächste Eruption ist größer und spritzt ihm genau ins Gesicht. Er gerät in Panik, hält seinen Kopf unter den Desinfektionsspender. 8.55 Uhr Der inzwischen informierte Katastrophenschutz trifft ein. Zwei Männer. Der größere wirft aus etwas Abstand ein Tuch über mich, dann stürzen beide auf mich. Ich merke, dass ich rausgetragen werde. Man steckt mich in ein Auto, das sofort losrast. Ich höre kein Blaulicht. Komisch, denke ich noch. 9.30 Uhr Der Wagen hält an. Ich höre wie die beiden sich unterhalten: “Mach du das, ich kann so was nicht.” “Auf keinen Fall, ich war letztes Mal dran.” Sie öffnen den Wagen, zerren mich raus. Ich höre Schiffe und Wasser. Wir sind wohl an einem Fluss. Man macht mir Gewichte an die Füße. “Aber du schmeißt ihn rein.” “Wieso denn immer ich?” Sie streiten. Ich kann nichts erkennen. Dann startet der Wagen und sie fahren weg. 10.15 Uhr Ich habe mich irgendwie von dem Laken befreit. Es ist im Gesichtsbereich durchnässt. An meinen Fußgelenken sehe ich zwei ca. 100 kg schwere Betonstücke. Ich stehe am Rhein. Ich binde die Sachen los und gehe nach Hause. Unterwegs höre ich es weiter explodieren. Manchmal zischt es auch nur. 12.00 Uhr Komme zu Hause an und lege mich aufs Bett. Schreibe dieses hier in mein Tagebuch. Ich mache den Fernseher an. Selbstmordattentat im Irak. Na Klasse. Ich mache mir einen Kaffee und gehe ins Bad. Ich sehe mich im Spiegel an. Echt zum Kotzen. 12.15 Uhr Ich gehe wieder in die Küche. Auf dem Tisch liegt Flubby ( frei ab 12 Jahren ) und Knisterbrause. Sieht aus wie mein Gesicht. Ich gehe mit den Fingern durch mein Gesicht und lecke den Finger ab. In meinem Mund fängt es an wie wild zu knallen. Es schmeckt nach Erdebeere. Ich gehe zurück ins Bad, wasche mir den Mist ab. Der Abfluss röchelt noch ein paar Minuten, dann ist Ruhe. 13.15 Uhr Meine Tochter kommt aus der Schule. Sie schaut mich belustigt und erwartungsvoll an. Würde wohl gerne wissen, wie ihr Spaß ankam. Aber ich lasse mir nichts anmerken. Ich mache ihr einen Kakao und drücke sie ganz fest. “Ich hab’ dich lieb, Süße.” Wie soll ich ihr auch erklären, dass sie fast Halbwaise geworden wäre. |
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12.03.2012, 12:37 | #2 |
Forumsleitung
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Klasse geschrieben! Die Übertreibungen sind so komisch, daß das Lesen richtig Spaß gemacht hat.
Besten Gruß Ilka |
13.03.2012, 21:44 | #3 |
kurz und bündig. knapper und harter ausdruck. die satirisch sich stück für stück erhöhende darstellung des geschehens und die anschließende rückführung in die "realität" sind sehr gelungen.
die gesellschaftskritik, die du intendierst, kommt hervorragend an! lg zwieleuchter |
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