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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken. |
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30.03.2007, 17:49 | #1 |
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Am Tag der Flut
Und so entstand das Meer,
verschloß die Wellentäler mit rauschend weißer Gischt. Und es verschwand das dunkle Heer, man erschoß die Menschenquäler, ganz so, als ob man schwarze Schafe fischt. Doch wo die Tränen fließen und wo das Zittern Tage frißt, dort, wo die feuchten Schluchten wasserlassend fallen, seht: senken Lämmer Wölfe in den schmalen Spalt des Lichts. Vergiss das Kleid aus Blutwolle, versiegle den schmalen Fluß auf Gerbgestein, versieh mein Haar mit Blütenstaub, Liebste, pflanz ein Veilchen in den Hang. |
30.03.2007, 18:04 | #2 |
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Das Gedicht gefällt mir.
Wegen der harmonischen schönen Sprache. Die Begriffe sind von erstklassiger Qualität. "Wo das Zittern Tage frisst" - absolute Spitzenklasse. Bisschen Gemecker? Gerne: "das Meer verschloß die Wellentäler" Wellentäler und Wellenberge bilden das Meer. Das Meer kann keine Wellentäler verschliessen, sie sind das Meer. http://home.vrweb.de/corazon/images/hotkiss5.gif |
30.03.2007, 18:12 | #3 |
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Danke für das Lob.
Die Wellentäler sind übrigens (im übertragenen Sinne) nicht das Meer, sie stehen für die Tiefen der Vergangenheit, die Wellen(täler) der Gewalt (->Massenmorde, [selbstausgehobene] Massengräber in Weissrußland und anderswo...), die das Meer aus Blut erst entstehen liessen... Das läßt sich meiner Ansicht nach aber auch aus dem Kontext der Strophen lesen, oder hab ich da zu sehr verdichtet? P.S. der Schlußsatz ist als Anspielung auf Celans "goldenes Haar" zu verstehen... |
30.03.2007, 18:20 | #4 | |
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Zitat:
Darkskin |
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04.04.2007, 07:56 | #5 |
Einfach nur klasse.Liest sich wie als wenn man eine Sinfonie hört. Sehr gut ausgedrückt. Kann ich nur loben SUPER
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05.04.2007, 11:16 | #6 |
Hallo Sateb Deis Rhi,
deine Naturvergleiche zur Befreiung vom dunklen Heer machen den befreienden Hass und die Sehnsucht nach Liebe gut spürbar. Woran ich aber ein wenig kaue, ist die Unschärfe mancher Bilder z. B. im ersten Vers: „Und so entstand das Meer“ erinnert an die Schöpfungsgeschichte, du meinst aber ein bestimmtes Meer, ein Blutmeer. „verschloss die Wellentäler / mit rauschend weißer Gischt“ damit bleibst du zwar in der Bildebene des Meeres, weichst aber weit vom eigentlichen Gedankenbild, dem Auffüllen der Vergangenheitstäler mit dem Blut der Quäler ab. Vorschlag: Und so entstand ein Meer, füllte die Wellentäler mit schäumend roter Gischt. Gut gefällt mir „wo das Zittern Tage frisst“, gar nicht dagegen „wo die feuchten Sch(l)uchten wasserlassend fallen“ hat doch einen etwas urinösen Beigeschmack (gewollt?). Insgesamt ein gutes Stück Lyrik, das aber noch „poliert“ werden könnte. LG Perry |
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05.04.2007, 13:31 | #7 |
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Danke für die differenzierte Kritik.
Die Gischt bleibt weiss. Sie stammt aus den Gewehrläufen der Exekutoren. Das Wasserlassen in der Schlucht bezieht sich auf, die in das Grab steigen und sich vor Angst in die Hose machen. Genau wie später auf den Kommandanten, den Wolf, der von den "Lämmern" aufgeknüpft wird. (Bevor er einen letzten Brief an seine Liebste [Magarethe mit dem goldenen Haar] schreibt und dann wasserlassend in die Schlucht [Klappe des Galgens] fällt - seine Schlucht ist eine andere, die Schlucht seiner Opfer stürzte zusammen, feucht vom Blut, bedeckte man sie mit Erde...) Die auf den ersten Blick scheinbar total unnaturgesätzmäßige Metapher der ersten Strophe spiegelt sich im Denken der Betroffenen wieder: sie wissen nicht was geschieht, weshalb sie sich sammeln müssen. Als dann der Befehl zum Ausheben eines Grabens ausgeht, dämmert es ihnen, und sie sehen, dass ihr Wasser zurückweicht, ein Wellental ohne Meer entssteht: die riesige Woge des Todes im Nacken, näherkommend - Gischt: rotes stilles Meer. So wird ihrem Humanismus übel mitgespielt. Wie dem naturgesetzlichen Verständnis des Lesers. |