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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt. |
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02.04.2013, 18:26 | #1 |
Schuldgefühle
Das nachstehende Gedicht ist ein Experiment, es soll eine Stimmung beschreiben, die sich in Albträumen abspielt. Hintergrund ist ein tragischer Fall, der mir von einem Bekannten geschildert wurde, dessen Freund sich nach langen Jahren der Seelenqual das Leben genommen hat. Er hatte den Tod eines Kindes verschuldet und dessen Vater verfolgte ihn in seinem abgrundtiefen Hass mit einem jahrelangen Psychoterror.
Zum Teufel, weicht, elende Schuldgefühle! Mein Dämon will euch aus den Tiefen locken, ergreift in wildem Zorn den Strang der Glocken in meiner Seele morschem Turmgestühle. Wie oft sah ich ihn schon dort oben hocken, verzerrt die Fratze, an den Händen Schwielen, mit Augen, die fast aus den Höhlen fielen, in seinem Arm ein Kind mit goldnen Locken. Sein Liebstes war es und ich hab's genommen. Er klagt mich an seit Tausenden von Jahren, lässt nachts Medusen mir in Träume fahren und Riesenmantas aus den Meeren kommen. Ich weiß, sie werden niemals von mir weichen. Kein Spachtel kann die Seele glättend streichen. |
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02.04.2013, 19:56 | #2 |
R.I.P.
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Lieber Fridolin -
das dreht mir das Herz im Leibe rum.
Ein (verzeih!) extrem starkes und tiefes Gedicht, selten habe ich etwas so Eindringliches und wie Hämmerndes gelesen. Ist das die englische Sonettform? Lediglich der Ausdruck "Spachtel" wirft mich etwas aus der Gefühlsbahn. Aber im Moment - obwohl ich andre Ausdrücke im Kopf habe - kann ich nichts Bestimmtes dazu leisten. Irgendwie möchte ich mich an "Wachs" aufhalten, auch, weil das religiös besetzt ist. Du hast mit Deinem Gedicht sehr tiefen Eindruck auf mich gemacht. Thing |
02.04.2013, 22:13 | #3 |
Forumsleitung
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Das ist ja schrecklich! Ein Albtraum, den niemand erfahren möchte, schon gar nicht, wenn es sich um ein Kind handelt. Die innere Qual kommt hervorragend zum Ausdruck, könnte sogar noch höllischer sein. An die Stelle des Spachtels könntest Du "Engel" setzen.
LG Ilka |
03.04.2013, 08:29 | #4 |
Hallo Thing,
auf der Suche nach Infos zur Verslehre bin ich im Internet auf eine interessante Veröffentlichung der Universität Bamberg gestoßen. Über die Gedichtform "Sonett" wird dazu folgendes ausgeführt: Sonett: Ursprünglich aus der italienischen Renaissance (Petrarca) stammende Gedichtform, die in die deutsche Literatur übernommen wurde und dort eine lange und beständige Tradition ausgebildet hat. Das Sonett ist ein 14-zeiliges Gedicht aus i.U. zwei Quartetten und zwei Terzetten mit je nach Herkunftsland variierender Reimverschränkung. Im deutschen Barock ist das vorherrschende Versmaß der Alexandriner. Es gibt die italienische Sonettform(Petrarca-Sonett) mit folgenden Reimschemata: abab / abab / cdc / dcd oder: abba / abba / cdc / dcd oder: abba / abba / cde / cde Daneben gibt es die französische Sonettform mit folgenden Reimschemata: abba / abba / ccd / eed oder: abba / abba / ccd / ede Das deutsche Sonett stellt Abwandlungen der italienischen und der französischen Form dar. In den älteren und strengeren Formen gibt es in den Quartetten nur zwei Reime, in den neueren Formen dagegen auch vier. Schließlich gibt es noch das englische Sonett (Shakespeare-Sonett) mit folgender Strophen-und Reimstruktur (drei kreuzgereimte Quartette, ein paargereimtes Couplet): abab / cdcd / efef / gg http://www.uni-bamberg.de/fileadmin/...rikanalyse.pdf Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren. Die Sprache ist für meine Leser sicher ungewohnt, und ich war auch nicht sicher, wie so ein Gedicht aufgenommen wird und ob ich mich an einem solch ernsten Thema nicht verhebe. Über den Spachtel muss ich noch nachdenken. Ilka-Maria, vielen Dank auch dir. LG Fridolin |
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03.04.2013, 09:05 | #5 |
Lieber Fridolin,
das Bild des Glöckners mit dem Kind ist gut gewählt. Es wirkt intensiv. Ich fühle unmitelbar den aus dem Schlaf Gerissenen. Ein Verfolgter, der nicht wieder einschlafen kann, zermürbt in den nächsten Tag geht, in den übernächsten usw. LG gummibaum |
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