![]() |
|
|
Fantasy, Magie und Religion Gedichte über Religion, Mythologie, Magie, Zauber und Fantasy. |
![]() |
|
Themen-Optionen | Thema durchsuchen |
![]() |
#1 |
![]()
Im Moor, wo dichter Nebel wallt,
versumpft ein Greis, der Unsinn lallt: "Das Leben ist ein Narrenspiel, der Weg alleine ist das Ziel!" So predigt er den Sumpfohreulen, die mit ihm um die Wette heulen. Wir blenden einmal kurz zurück zu Tagen voller Glanz und Glück: Da sitzt er stolz auf seinem Thron als Vater, zwar von keinem Sohn, doch zweier Töchter, ganz entzückend, durch Anmut und Talent berückend, die Goneril und Regan heißen, sich sehr um seine Liebe reißen. Da wäre noch Cordelia. Sie lispelt unschuldsvoll: "Papa, ich hab dich lieb, so wie ich soll." Der Alte rast darauf wie toll: "Du naseweise kleine Göre! Das ist nun alles, was ich höre? Nun gut - ich will mich eh beeilen, mein Reich hier unter euch zu teilen. Ihr beiden Hübschen kriegt zwei Hälften - und du ziehst aus zum 1.11.! Du schiffst dich ein ins Franzenland. Der König wirbt um deine Hand." Das nun verbliebene Terzett teilt weiter Thronsaal, Tisch und Bett, doch nun verwandeln sich die Schwestern. Die Tochterliebe, die war gestern. Gemeinsam sind sie unausstehlich. Der Vater wird hier nicht mehr selig. Er läuft des Nachts bei Sturm und Graus aufs blitzumzuckte Moor hinaus, um zwischen windzerzausten Haseln das schon erwähnte Zeug zu faseln. Des Geistes ist er halb entblößt, als ein Gefährte zu ihm stößt, der sich bescheiden Edgar nennt und japsend um sein Leben rennt, nach welchem ihm sein Bruder trachtet. Der hat den Vater frisch entmachtet, nachdem, im falschen Bett gezeugt, ihn, Edmund, jeder schief beäugt. Graf Gloster streift durchs Heidekraut, als frisch der junge Morgen taut, kennt nicht den Sohn, weil der gezielt in seiner Not den Narren spielt. Er bringt zu dieser frühen Stunde dem alten Lear die neue Kunde: Cordelia ist schwer bewehrt mit ihrem Gatten heimgekehrt. Es wird, das Herz voll banger Fragen, vorerst der Heimweg eingeschlagen. Im heimatlichen Sündenpfuhl steht Gloster vor dem Richterstuhl. Man prüft den Fall auf Herz und Nieren, erkennt: Er wollte konspirieren, ein Reich sich heimlich einverleiben und unbefugt Geschichte schreiben. Es ist zwar menschlich sehr betrüblich, doch in Britannien leider üblich: Wer wandelt auf Verräters Füßen, muss mit dem Augenlicht es büßen. Im Moore wird es wieder finster. Der Wind zerrupft den Besenginster. Der blinde Graf von Gloster schreitet, vom einst verschmähten Sohn geleitet, an ihrer Seite König Lear, durchs glucksend feuchte Froschrevier. So irren sie, vereint im Leide, auf sturmgepeitschter öder Heide. Nun läutet Edmunds große Stunde. Er scheint mit Ares wohl im Bunde. Des Schicksals Lauf lässt Albion siegen und Frankreichs Freunde unterliegen. Selbst Goneril und Regan müssen die kalte Hand des Todes küssen. Mit Gift und Dolch und eben zeitig ermorden sie sich gegenseitig in einem Blutbad ohnegleichen. Auch Edmund legt sich zu den Leichen: "O blindes Fatum, dich verhöhn ich!" An Lear bleibt jeder Zoll ein König. Die schwerste, süße Last zu tragen obliegt nun seinen alten Tagen: Cordelia, die nie geheuchelt - auf Edmunds Weisung hin gemeuchelt. Lear scheidet hin in Raserei, gedenkt bei seinem letzten Schrei, was jüngst der edle Edgar sagte, als ihm das Licht der Wahrheit tagte: "Man kommt und geht von dieser Welt, wird abgeholt und nicht bestellt, und sammelt uns das Schicksal ein wie Früchte, heißt es: Reif zu sein." |
|
![]() |
![]() |