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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 26.08.2024, 15:48   #1
männlich Hossa
 
Dabei seit: 07/2024
Ort: Hannover
Beiträge: 40

Standard Wenn Herzen heimlich sterben

Sommertage sperren ihre Hitze in die Straßen.
In der Nacht kriecht sie hinaus aus Teer und dem Asphalt.
Diese Stadt frisst Träume und sie zeigt gewissermaßen,
jedes Herz hier passt sich an und wird allmählich kalt.

Ungeachtet dessen, schiebt die Sonne sich gelassen,
übers Dach des Bahnhofs und sie färbt die Gleise rot.
Erste Menschen jagen Busse, die sie meist verpassen,
Tauben fliehen und entkommen nur mit knapper Not.

Müde schließe ich den Spalt der offenen Gardinen,
lausche deinen Träumen, stehe stumm auf dem Parkett.
In der Ferne tönt ein Zug und rattert über Schienen,
schmachtend steige ich nochmal zurück zu dir ins Bett.

Vorsichtig und langsam nur, damit ich dich nicht wecke,
zieh ich dich in meinen Arm, es ist ein wenig kalt,
zähle meine Sorgen an der weißen Zimmerdecke,
lauschend einer Symphonie von Reifen auf Asphalt...
Hossa ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 31.08.2024, 15:35   #2
männlich Faber
 
Benutzerbild von Faber
 
Dabei seit: 10/2022
Beiträge: 423

Hallo Hossa,

eine Liebesgeschichte verwoben mit der Beschreibung einer hektischen und überhitzten Stadt. Du zeichnest hier ein stimmiges Bild. Irgendwie musste ich beim Lesen an die Great Gatsby Verfilmung von Baz Luhrmann denken (die anderen habe ich nicht gesehen und auch den Roman nicht gelesen).

Gefällt mir.

LG
Faber
Faber ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 31.08.2024, 21:33   #3
männlich Hossa
 
Dabei seit: 07/2024
Ort: Hannover
Beiträge: 40

Hi Faber,
danke dir. Das ist ein schönes Kompliment. Ich hoffe, ich konnte die Atmosphäre und das Gefühl einigermaßen einfangen.

Viele Grüße
Hossa ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.09.2024, 13:02   #4
männlich Flocke
 
Benutzerbild von Flocke
 
Dabei seit: 12/2016
Ort: Großraum Münster
Beiträge: 205

Hallo Hossa,

schön, dass ich deine Zeilen und auch deine anderen Gedichte gefunden habe. Ich finde sie wirklich gelungen.
Ich möchte ein paar Dinge über die Metrik sagen, insb. zu der in deinem Gedicht.
Ein vorgegebenes Metrum einzuhalten, gilt dem einen als Muss und als unverzichtbares Qualitätsmerkmal, dem anderen als aufgezwungen und als Unterdrückung des individuellen Ausdrucks.
Natürlich stimmt beides nicht.
Für mich ist das Metrum
a) ein ausgezeichnetes Mittel, ein Gedicht zu konzipieren und genauer im Ausdruck zu werden. Idealerweise spiele ich gerne mit den Metren, ich arbeite nicht: ich spiele (Ähhmmm: manchmal jedenfalls).
b) andererseits ist es auch feines Analysegerät, wenn wir wirklich verstehen wollen, wie Gedichte funktionieren, also auch deins: Wenn Herzen heimlich sterben (Cave: Alliteration), gibt das Metrum Anntworten.

Mir gefällt der "Ton", (wie gelingt dir diese Qualität?) mit dem dein Protagonist von diesem intensiven Moment berichtet, indem er sich beider Welten verbunden(?) und/oder vereinahmt (?) fühlt,

dort:
der zerstörerischen Leben in der Stadt:
- Strophe 1 und 2
Hitze aus Teer, frisst Träume, Herz kalt

und auf der anderen Seite:
dem Jetzt verbunden(?) und vereinahmt (?)
- Strophe 3 und 4
persönliche Welt, in der er sich fühlt,
authentisch ist, Liebe und Zärtlichkeit:
müde schließt er den Spalt
ich lausche deinen Träumen
ziehe dich in ... Arm

Der Länge deiner Zeilen (14 Silben) verlängert die Aufmerksspanne, für die sich ein Augenblick Zeit nimmt. Scheinbar verlangsamt sich der Zeitfluss, der Text geht Schritt auf Schritt voran. Die Betrachtungen des Lyr.Ichs fast meditativ, eingängig. Suggeriert beides: Gelassenheit und Betroffenheit!
Dein Gedicht ist ... cool!
Vieleicht magst du dem Link folgen
https://www.google.com/search?client...h=772&dpr=1.25

Du hast dir lange Strophenzeilen und 8 abfallende Hebungen gewählt, dieses untergelegte Metrum heißt ja 8-hebriger (Daktylus) => X x.

Sommertage sperren ihre Hitze in die Straßen.
In der Nacht kriecht sie hinaus aus Teer und dem Asphalt.
Diese Stadt frisst Träume und sie zeigt gewissermaßen,
jedes Herz hier passt sich an und wird allmählich kalt.

Schön, wenn du weiter rhythmisch so souverän wie mutig bleibst.

LG FLOCKE
Flocke ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.09.2024, 00:04   #5
männlich Hossa
 
Dabei seit: 07/2024
Ort: Hannover
Beiträge: 40

Lieber Flocke,
ich möchte dir einfach mal danken, weil eben solche User wie du, die sich soviel Mühe mit der Analyse von Texten machen, hier das Salz in der Suppe sind. Und wenn sie dann selber noch kreativ sind und gut schreiben, dann ist das der Jackpot. Ich bin ein ganz schlechter Kommentator. Und daher finde ich sowas immer sehr beeindruckend. So, das mal eben dazu...

Vielen Dank für Dein Lob.
Ich glaube, es wurden zig Gedichte über sterbende Liebe geschrieben. Was soll man da großartig neues über die Gefühle sagen? Ich wollte das Bild zeichnen, dass der Protagonist schon früh wach ist, am Fenster steht und die erwachende Stadt beobachtet, um schließlich zur (noch) Geliebten zurück ins Bett zu gehen und dort den Moment festzuhalten, ohne den Kopf ausschalten zu können.
Du gehst auf den Rhythmus ein. Ganz ehrlich: Ich bin sehr rhythmusversessen. Was die Qualität betrifft, kann ich da nicht viel zu sagen. Außer danke...
Bis ich so einen Text geschliffen habe, dauert es aber auch echt lang. Von daher... Wenn ich richtig gut wäre, würde ich wohl mehr schaffen. Da fehlt aber noch ein bißchen was.

Danke dir, Flocke und einen schönen Abend.
Hossa ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.09.2024, 12:12   #6
männlich damastia
 
Dabei seit: 07/2024
Ort: Dresden
Alter: 41
Beiträge: 50

Sehr schön!

dama

PS: "Was soll man Neues bzgl. der Liebe sagen?"

Nichts Neues. Nur andere Wege finden, es auszudrücken.
Rad muss nicht zweimal erfunden werden.
Die Sprache der Lyrik hingegen ist von unerschöpflichem Reichtum.
damastia ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.09.2024, 17:57   #7
männlich Hossa
 
Dabei seit: 07/2024
Ort: Hannover
Beiträge: 40

Hi Dama,
so sehe ich das auch. Daher baut man dann halt noch eine Szenerie drum herum.

Liebe Grüße
Hossa ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.09.2024, 09:51   #8
männlich Nöck
 
Benutzerbild von Nöck
 
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.691

Hallo Hossa,

sehr anschaulich hast du die Gefühlswelt des LI beschrieben, Trostlosigkeit und Resignation machen sich nach und nach breit. Ein Schicksal wie viele.

LG Nöck
Nöck ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.09.2024, 13:40   #9
männlich Hossa
 
Dabei seit: 07/2024
Ort: Hannover
Beiträge: 40

Danke dir Nöck,
ein Stückchen Realität ist es wohl.
Dir einen schönen Tag.
Hossa ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.09.2024, 14:28   #10
männlich MonoTon
 
Benutzerbild von MonoTon
 
Dabei seit: 04/2021
Beiträge: 1.128

Mir gefällt das Gedicht auch.

Lg Mono
MonoTon ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.09.2024, 08:41   #11
weiblich DieSilbermöwe
 
Benutzerbild von DieSilbermöwe
 
Dabei seit: 07/2015
Alter: 61
Beiträge: 6.892

Hallo Hossa,

das ist ein wunderschönes Gedicht. Wie du schreibst, hast du viel Arbeit hineingesteckt. Ich denke immer, den Leuten, die gut dichten, fliegt das einfach so zu, weil sie es halt können ... scheint aber nicht so zu sein.

Zitat:
. Ich glaube, es wurden zig Gedichte über sterbende Liebe geschrieben. Was soll man da großartig neues über die Gefühle sagen? Ich wollte das Bild zeichnen, dass der Protagonist schon früh wach ist, am Fenster steht und die erwachende Stadt beobachtet, um schließlich zur (noch) Geliebten zurück ins Bett zu gehen und dort den Moment festzuhalten, ohne den Kopf ausschalten zu können.
Mir hätte es eigentlich noch besser gefallen, wenn der Protagonist mit der Geliebten immer noch glücklich wäre . Aber das ist irgendwie nicht „in."

LG DieSilbermöwe

Hallo Flocke,

vielen Dank für deine Erläuterungen zu Hossas Gedicht!

LG DieSilbermöwe
DieSilbermöwe ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.09.2024, 20:30   #12
männlich Hossa
 
Dabei seit: 07/2024
Ort: Hannover
Beiträge: 40

Hallo liebe Alle,
danke für die Resonanz. Freut mich sehr, dass es gelesen wurde.

Liebe Grüße
Hossa ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.09.2024, 08:23   #13
Trembalo
 
Dabei seit: 03/2014
Beiträge: 757

Hossa,

aus dem Leben gegriffen,
gefällt mir sehr.

Gruß
Trembalo ist offline   Mit Zitat antworten
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