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Alt 01.02.2007, 19:18   #1
Doska
 
Dabei seit: 12/2004
Beiträge: 113


Standard Das Licht der Hajeps II - Zarakuma -

Prolog

Nein - das war aber gar nicht gut.
Margrit stellt überrascht fest, dass sie keinen Menschen sondern einen Hajep vor den Hajeps "gerettet" hat!
Wie kann sie ihm jetzt noch entkommen?
Und Munk, sonst eigentlich ein recht robuster Kater, hat - nuuuur weil er so ein winziges kleines Bisschen mit einem der komischen außerirdischen Geräte des Feindes gespielt hatte - plötzlich sämtliche Haare verloren. Eine nackte Katze - schrecklich! Kann er sich noch sehen lassen?
George scheint sich in eine Hajepa verknallt zu haben. Seine Freunde sind verwirrt und Gesine heult, denn George ist doch ihre heimliche Liebe!
Auch die übrigen Freunde und Familienmitglieder haben inzwischen mehr oder weniger schöne Erfahrungen mit den Hajeps gemacht, die vor etwa zwanzig Jahren die Erde eroberten und fragen sich: wie soll das jetzt weitergehen?
Na, schauen wir mal, dennn hier kommt Band II. - Zarakuma - Leute!
Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen!

1. Kapitel

Oh Gott, was war plötzlich los? Womit - zum Kuckuck - sollte sie denn beginnen? Margrit starrte den Hajep bewegungslos an, wagte nicht, ihn irgendwie weiter darüber auszufragen, in der Furcht, zu guter letzt doch noch etwas falsch zu machen.
´Komisch´, dachte sie, ´zuerst hatte doch seine Stimme ziemlich zuversichtlich geklungen, dann überraschen¬derweise sogar zu Tode betrübt, und schließlich war er sehr abrupt in einen kalten, energischen Befehlston über¬gewechselt.´
Sie schluckte und forschte stumm weiter in diesem Hajepgesicht.
Er schluckte und forschte stumm weiter in diesem Menschengesicht. Bei sämtlichen Göttern des Alls, warum sagte sie nun kein einziges Wort mehr? Er kam nicht umhin, sich plötzlich zu fragen, ob es am Ende günstiger gewesen wäre, hätte ihn diese Lumanti weiterhin für seinesgleichen gehalten. Nein, das wäre wohl kaum möglich gewesen, denn sie hatte ihn ja in Wahrheit schon lange durchschaut. Er war der Vermutung nachgegan¬gen, dass sie sich rasch an sein Äußeres gewöhnen würde, zumal sie ja über das Leid einer völlig fremden Spezies, den Trowes, sogar hatte Tränen vergießen können. Diese Gemütsäußerung konnte er selbst zwar nicht so recht begreifen, aber sie hatte ihm sehr gefallen! Das waren nicht nur Tränen sondern auch ganz große Gefühle gewesen ... Gefühle, um die das Volk der Hajeps die Menschen insgeheim beneidete, weswegen sogar die Wissenschaftler Hajeptoans das Regierungssystem bisher daran gehindert hatten, diese Spezies vollständig auszurotten.
Xorr, was für ein Reichtum also, nicht nur selbst etwas zu erleben, sondern auch noch mit anderen Wesen mitempfinden zu können. Bei Ubeka, um wie viel mehr würde man dann wohl selbst lebendig sein! Er wollte endlich leben und daher diese Gefühle - ja, er hatte jetzt kein anderes Wort dafür - HABEN! Doch er wusste noch nicht, wie er das anstellen sollte. Trotzdem war er fest entschlossen, hierfür eine Lösung zu finden und zwar heute noch! Er atmete nun tief und beruhigt durch, nachdem er das alles so gründlich durchdacht hatte. Dann sah er wieder in diese reichlich ängstlichen Augen und ahnte, dass er wohl eine zeitlang Geduld haben müsste ... hm ... die hatte er eigentlich noch nie in seinem langen Leben nötig gehabt! Er runzelte die Stirn.
Sie runzelte die Stirn. ´Show me the way to the light´, hatte er vorhin zu ihr gesagt. Herr im Himmel, die Sonne schien, also gab es auch genügend Licht! He, und von wegen sein Volk könne nicht schlafen! Dann wären ja längst sämtliche Hajeps daran zugrunde gegangen und die Menschheit hätte keinen Ärger mehr mit denen! Sie atmete unwillkürlich bei dieser eigentlich recht erquicklichen Vorstellung auf.
Er verschränkte nun die Arme vor der Brust und sein Zeh wippte ungeduldig in dem weichen Stiefel. Warum tat sie denn nichts, damit er wieder ihre Gefühle studieren konnte? Er hatte ihr das doch befohlen. Hm, hm, er musste wohl irgendwie ´nett´ zu dieser Lumanti werden, auch wenn es ihm schwer fiel ... hich, war ja nur vorü¬bergehend! Das Dumme daran war, er wusste nicht mehr so genau, wie die Sache mit dem ´nett sein´ ging! Er schluckte angespannt.
Sie schluckte angespannt, denn sie konnte jetzt richtig spüren, wie diese Kreatur damit beschäftigt war, einen gewiss fiesen Plan zu entwickeln. Sein Blick krallte sich dabei an ihre Knie. Schön und gut, die zitterten ein bisschen, aber musste er gleich dermaßen drauf starren? Ihr Magen beantwortete diese Frage irgendwie nervös.
Er hörte diesen primitiven Bauch rumpeln, während er jene ausgesprochenen hässlichen und ausgebeulten Hosen eingehend musterte. Nun ja, die Menschen waren hässlich, also war deren Mode es natürlich auch. Ob diese Geschöpfe wohl auch stanken? Ihm wurde ein wenig übel bei diesem Gedanken, denn er hatte schon so einiges darüber gehört und schnüffelte daher vorsichtig in ihre Richtung.
Margrit sah, wie diese drei Nasenlöcher plötzlich zuckten und dabei auch noch leise schnaubten und ihre Schul¬tern fuhren hoch, aber die Knie waren schlagartig ruhig.
Bei den Göttern Hajeptoans, immerhin hatte er die Sache mit den Knien schon mal hingekriegt. Er wusste zwar nicht wieso, aber irgendwie war er doch darauf ziemlich stolz. Tja, er konnte eben mit Menschen richtig gut umgehen. Xorr, nun musste nur noch etwas nettes zu ihr sagen. Die Frage allerdings dabei war, was klang irgendwie nett? So weit er sich zurück entsinnen konnte, war er eigentlich noch nie zu irgend jemandem nett gewesen. Er fletschte ein wenig die Zähne, während er angespannt darüber nachdachte, rieb sie ein bisschen gegeneinander, was er immer tat, wenn er mit seinen Gedanken nicht so recht voran kam und sich beruhigen wollte. Hm ... hmmmm, aber er kam trotzdem zu keinem besonderen Ergebnis.
Oh Go-ott? Margrit starrte auf diese weißen, prächtigen Zähne. Waren Hajeps etwa Kannibalen? Sie hatte schon so einiges darüber gehört. He, vielleicht konnte sie ja ihre Lebenszeit noch ein bisschen verlängern, wenn sie ihn rasch beschäftigte - irgendwie! Ihr Herz hämmerte. Ob sie wohl einfach in seiner Sprache mit ihm zu reden anfing? Nein, so gut wie George war sie darin leider noch nicht. Sie konnte zwar schon einer Menge verstehen, doch selber die Sätze bauen, das gelang ihr nur sehr holperig und womöglich war es für später ganz nützlich, wenn er nicht wusste, dass sie seine Sprache verstand.
“Warum sprechen wir nicht Deutsch?" brachte sie mit zittriger Stimme hervor.
Er fuhr innerlich zusammen. Hich, leider hatte er ausgerechnet diese gar nicht hübsche, weil unmelodische Spra¬che ein bisschen sehr schlecht gelernt!
"We`ll speaking German?" hakte er nach. Na ja, konnte doch sein, dass er sich verhört hatte!
Sie nickte.
Er schaute zur Seite, damit er ihr Nicken nicht gesehen hatte.
Sie lief genau zu jener, wohin er blickte und sagte: “Yes, we`ll ...”
Er drehte den Kopf in die andere Richtung und sie wandte sich auch in diese und spähte in sein Gesicht.
”Du ... du kannst es nämlich ganz gut!”
Er drehte sich mit dem ganzen Körper auf dem Absatz herum, doch schon stand sie wieder vor ihm. “Denn ich habe oft in Deutsch geantwortet und du hast es verstanden. So wie eben und du ... “ Margrit brach ab, holte tief Atem und sagte dann laut: “...du beherrschst Deutsch!”
Er warf sich mit einer geschmeidigen - katzenhaften Bewegung - seine Jacke über die Schulter.
"We can speak!“
“Oh Gott, ich danke Ihnen!” entfuhr es ihr total erleichtert.
“You can ...” erklärte er.
Sie tippte sich an die Brust. ”Iiiich darf Deutsch sprechen?”
“Yes, you!”
“Äh ... hm ...und DU?” fragte sie. Er schien irgendwie Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache zu haben. Gut, dann war er mit dem Formulieren von Sätzen schon mal beschäftigt.
„France!“ sagte er ziemlich eingebildet.
„Ach nö!“
„Spanish?“ fragte er.
„Nö!“ Donnerwetter, der schien sogar noch zwei weitere Menschensprachen zu beherrschen.
„Rusk!“ sagte er jetzt im Befehlston.
Puh, das Kerlchen schien nicht gerade unintelligent zu sein und sehr zäh, wenn es darum ging sich durchzuset¬zen. Ihr Herz begann schneller zu schlagen. „Nö, nö!“
„Italian, Greek, Turkish ...“schnaufte er wütend.
Oha, er konnte noch weitere Sprachen? Jedenfalls versuchte er sie einzuschüchtern. „D...Deutsch!“
Seine schrägen, roten Augen blitzten. „Chinese, Japan, Arabien, Indonese ...“ zählte er weiter an den Fingern und dann noch so etwa vierzig Sprachen nacheinander auf, wobei Margrit kaum noch mit dem Kopfschütteln nachgekommen war. He, sie hatte gar nicht gewusst, dass es überhaupt so viele Sprachen auf der weiten Welt gab!
Nach Margrits letztem Kopfschütteln stampfte er mit dem Fuß auf. Als das keinen besonderen Eindruck hinter¬ließ, fuhr seine Hand zum Tjumo, um diese freche Kreatur zu erschießen. Im letzten Moment fiel ihm jedoch ein, dass Leichen sehr schlecht irgendwelche Gefühle herüberbringen konnte und so bremste er sich doch.
„Okay“, sagte er schließlich matt. „Germ ... deutsch!“
Sie lächelte erleichtert, seine Brauen schnellten deshalb hoch und er starrte fasziniert auf diesen Mund. Bei den Göttern, lächeln war wirklich das Schönste an diesen Geschöpfen! Xorr, wie die sich aber auch freuen konnten! Ach, am liebsten hätte er ihr deswegen diese Lippen abgerissen und in sein eigenes Gesicht gesetzt. Doch er wusste ja, dass dieses Freudegefühl nicht von irgendwelchen Lippen ausging, sondern ... tja ... wo kam es eigentlich wirklich her?
Komisch, irgendetwas musste ihm so sehr an ihr gefallen, dass er sich ziemlich viel von ihr gefallen ließ. „Ha, die Beutel!“ sagte sie deshalb und lief einfach Richtung Mülltonne, denn das war ebenfalls ein guter Gedanke, falls es ihr doch noch gelingen sollte ihm zu entkommen. Sie bog ab, er schaute ihr wieder stirnrunzelnd hinter¬her und sie begab sich zu der Mülltonneneinfassung, öffnete deren Tür, schob den Schemel heran an die große Tonne, bückte sich, hangelte sich tief in die Tonne hinein, doch es war wie verhext, sie erreichte nicht einen Beutel. Sie ächzte, stöhnte und ihr Kopf wurde hochrot, ihre Augen suchten schließlich nach ihm.
Er war noch immer dort, wo sie ihn zurückgelassen hatte, am Ende des Weges, kurz vorm Tor, mitten auf dem schmalen, von Unkraut überwachsenen Weg.
Nach einem prüfenden Blick auf seinen starken, muskelbepackten Körper - er schnippte sich wohl gerade ein welkes Blatt von seiner Schulter – sagte sie. „Könntest du mir wohl ein kleines bisschen helfen?"
„Isch?“ fragte er und tippte sich dabei an die breite, zum Teil auch nackte Brust, denn sein Hemd war nicht ganz geschlossen, wehte noch immer um ihn herum.
„Ich sehe weiter niemanden!“ erwiderte sie.
Er schaute sich prüfend um. „Stimmet!“ stellte er fest.
„Also könntest du ...?“ Sie wies auf die Tonne.
Er blickte angewidert auf diesen seltsamen Behälter. „Könnter isch“, erklärte er.
„Und?“ fragte sie.
„Will abar nisch.“
Puh, er schien nicht gerade einer der Arbeitseifrigsten zu sein. “Hi, hi! Nettes Witzchen!“ kicherte sie, beugte sich nochmals vor und fiel in die Tonne hinein.
Er hatte es rumpeln gehört und als letztes ihre Beine in der Tonne verschwinden sehen. Dann fiel der Deckel darauf und die Tonne kippte in die Einfassung zurück. Er zuckte nur kurz mit den Achseln und lief dann einfach weiter Richtung Tor, kaum ihr Husten und erst recht nicht ihre Hilferufe beachtend, bis er schließlich doch stoppte und kehrt machte, denn ihm war wieder eingefallen, dass er ohne die lästige Lumanti wohl heute kaum die facettenreichen Gefühle der Menschheit näher kennen lernen würde. Dazu musste er sich leider, leider mit ihr beschäftigen! War ja nur für ganz kurz! Es würde ja gleich mit ihr vorbei sein.
Er seufzte, als er den grässlichen Stinkebehälter erreicht hatte - wozu der wohl gebraucht wurde ? - hielt sich mit dreien seiner verkrüppelten Finger die Nasenlöcher zu. Mit dem anderen Arm griff schließlich er beherzt in die Tonne und zu seiner Verblüffung hatte ihm die komische Lumanti einen merkwürdigen Behälter nach oben gereicht. Das war eine echte Frechheit! Er hielt nun das weiche Aufbewahrungding mit zwei Fingern bei den Henkeln ins Licht, betrachtete es gründlich und ließ es dann neben sich fallen. Es schepperte, einige alte Metall¬behälter kollerten heraus – komische Dinger! Wozu brauchten Lumantis denn sowas? Es kostete ihn reichliche Überwindung, abermals in die dreckige Tonne zu greifen. Aber was tat man nicht alles für die Wissenschaft und Godur würde richtig neidisch sein, wenn er dem erst einmal seine Ergebnisse vorlegte. Xorr, die neuesten Erkenntnisse über Lumantis, die ... hich? ... noch so ein weicher, unpraktischer Aufbewahrungsartikel! Er runzelte die Stirn, musterte den ebenfalls, schüttelte den Kopf und ließ den auch zur Erde plumpsen. Abermals blechernes Scheppern! Na ja, was sollte es schon anderes sein. Nach dem vierten Beutel jedoch wurde er ein wenig ärgerlich, stampfte sogar wieder mit dem Fuß auf. War doch langweilig das Ganze! Bei Ubeka, wenn die Beutel interessanter als die Lumanti gewesen wären, hätte er ja den Deckel der Tonne und auch die Einfassung schließen können, aber so ... hm ... dass er diese armselige Kreatur sooo sehr brauchte, machte ihn irgendwie noch wütender. Er linste deshalb schnaufend in die Drecktonne hinein. Das war ja die Höhe! Er meinte, im Dunkeln tatsächlich zu erkennen, dass ihm die Lumanti noch mehr dieser unnützlichen Dinge entgegen hielt. Hatte die wohl alle da unten gefunden! Hich, wie ekelig! Sein Magen rülpste leise. Xorr, er durfte jetzt einfach nicht daran denken. .
„Denda ... hm ... NEIN!“ fauchte er dennoch scharf. „ Jitzt ... jetzt nür du!“
Sie blinzelte zu ihm hoch ins Licht. He, he, gutes Deutsch sprach der hier wirklich nicht. „War ja nur `n Scherz!“ entgegnete sie trotzdem kleinlaut und versteckte dabei noch einige der Dinge schnell in ihrer Weste. Traurig schaute sie auf den Rest, der leider in der Tonne bleiben sollte, denn schon hatte der Hajep Margrit von hinten beim Kragen gepackt. Nur mit einem Arm hob er sie aus der Tonne. Sie keuchte überrascht. Boah, war der stark!
Während sie wie ein nasser Sack an seinem Arm hing, betrachtete er sie genauso eingehend wie zuvor die Beutel, sich dabei immer noch die drei Nasenlöcher zuhaltend, dann ließ er sie ebenfalls los.
„Autsch!“ ächzte sie. „Der Sanfteste bist du zwar nicht ...“, sie richtete sich taumelnd auf und rieb sich ihr schmerzendes Hinterteil. Dabei sah sie aus dem Augenwinkel, wie er kurz – etwa Sauerstoff? - aus einem klei¬nen Behälter inhalierte und dann seine behandschuhten Finger mit einem wabbeligen Gerät auf das Eiligste sauber zu putzen begann. „... aber trotzdem Danke!“ fügte sie noch hinzu.
Er nickte ihr ziemlich hochnäsig und sehr flüchtig zu.
„He, durch dich hab` ich sogar auch noch alle meine Beutel wieder!“ Sie schaute ihm nun wirklich sehr dankbar und glücklich ins Gesicht.
Er starrte wieder auf diese lächelnden Lippen, hörte deshalb sogar für einen Moment mit seiner Reinigungsarbeit auf. „Wosu dieser komischten Bautel bräuchst?“
Ihr Lächeln erstarb. Eigenartig! Kaum grinste sie, schien er die Welt um sich zu vergessen! „Na ja, äh, weil ... da sind Dinge drin, die ich bei einem Händler gegen andere Dinge, die für mich wichtiger sind, eintauschen will!“
Er starrte noch immer gedankenversunken auf diesen Mund. „Gut“, knurrte er, „gehän wir täuschen! Macher schnell! Isch hab` wenisch zeitig!“
Verdammt, der wollte mitkommen? Einfach nur so? Warum? Was war nur mit diesem komischen Außerirdi¬schen los? Irgendwie tickte der doch nicht richtig! Und außerdem ... der arme Händler, den zog sie wohl auch noch mit in diese ganze Sache rein? Nein, das durfte einfach nicht passieren, oh ... oh Gott, schon wieder runzelte er die Stirn.
´Schnell etwas sagen ... nur irgend etwas!´ gemahnte sie sich, ihre Zunge fuhr über ihre trockenen Lippen.
„Du, hm ... also ich ... äh ... hab` noch ein paar Sachen gefunden ...“, plapperte sie einfach drauf los, als habe sie vorhin seinen Unmut über diesen alten, schmutzigen Kram nicht bemerkt. Sie holte eine kleine Thermoskanne aus ihrer Weste. „... die der Händ ... äh ... Quatsch ... ich womöglich zusätzlich gebrauchen kann.“
Schon hatte er ihr die Kanne entrissen.
„He ... eeeh?“ keuchte sie verblüfft.
Er hielt den merkwürdigen Behälter nur mit dem Daumen und Zeigefinger, drehte und wendete ihn, während seine schwarz umrandeten Augen ihn sehr gründlich begutachteten. „Wozü man bräucht solschis?“ hörte sie seine heisere, schlechte Aussprache.
“Um heiße oder kalte Getränke darin aufzubewahren!“ erklärte sie und entriss ihm einfach wieder die Kanne, denn schließlich hatte sie die zuerst gefunden.
Nun zog er die Augenbrauen in einer wirklich sehr bedenklichen Weise über der Nasenwurzel zusammen.
Sie hielt den Atem an.
Aber dann hatte er sich schon wieder in der Gewalt, nur die Wangenmuskeln zuckten noch ein wenig.
„Komik“, brummte er recht lässig, „warüm machert ihr Flussigkait nisch hitzig oder kält, erst wann trinkern wöllt?“ Und dabei hatte er sich die Kanne einfach wiedergeholt, schraubte sie sehr interessiert auf, hob sie ein wenig an -etwa wie ein Fernrohr- und lugte nur mit einem Auge hinein. „Mal sichtin, wie vonne innin gebaut is!“ erklärte er. Ein Tröpfchen uralter Brühe rollte ihm dabei direkt in die schwarze Nickhaut. „Pwiiih ... daffst komischte Termnusspanne behaltinn!“ keuchte er, rieb wie verrückt an dem Lid herum, das offensichtlich keinerlei Fähigkeiten hatte zu tränen, drückte Margrit die Kanne wieder in die Hand, schüttelte sich gleichzeitig, hüpfte laut ächzend auf einem Bein im Kreise.
Er schien irgendwie blind auf dem linken Auge geworden zu sein, denn es glänzte nicht mehr, es war vollständig trüb. Er japste nach Luft. Offensichtlich war er gegen Schmutz hochallergisch! Jetzt holte er mit fahrigen Fingern nicht nur den weichen Reinigungsbehälter hervor, sondern wohl auch ein paar Augentropfen. Er flüch¬tete sich - dabei in einem fort niesend - unter einen Baum. Vergeblich mühte er sich die lindernden Tropfen ins Auge zu bekommen, seine Hände zitterten viel zu sehr und er schrie deshalb wütend und völlig undiszipliniert auf.
Margrit war wie vom Donner gerührt! Aber dann begriff sie. Das war ihre Chance! Erst wollte sie ohne die Beutel los, aber dann fiel ihr wieder das Leid von Julchen, Muttsch und Tobi ein. Nein, sie sollten endlich befreit sein und solche kostbaren Dinge bekam sie gewiss nicht so schnell wieder in ihre Hände. Ihr Herz schlug wie rasend als sie in sekundenschnelle überlegte.
´Mit allen vier Beuteln zu langsam! Welchen jetzt nehmen? Keine Zeit in jeden hinein zu schauen. Welcher war aber der, der die wertvollsten Dinge enthielt? Der braune da oder der beigefarbene ?´
Sie griff kurzentschlossen den beigefarbenen und sauste los. Schon war sie am Feind vorbei, drückte die Klinke vom Tor hinunter. Es quietschte. Sie fuhr zusammen. War der Hajep aufmerksam geworden? Sie blickte sich kurz um. Nein, immer noch mit sich selbst beschäftigt. Das linke Auge war inzwischen dick geschwollen und lila verfärbt. Er konnte inzwischen wohl gar nichts mehr sehen, weil auch das zweite Auge in Mitleidenschaft gezogen und völlig trüb war.
Ein sehr wichtiger Gedanke kam Margrit plötzlich. Ob sie ihm wohl noch kurz eins über die Rübe zog? Dann war sie ihn für längere Zeit los. He, wo gab es hier einen Ast? Nur nicht zu lange machen! Sie hielt Ausschau nach allen Seiten. Oh Gott, sie konnte ihn aber auch erschießen! Das war wohl noch besser, denn dann kam er ihr gewiss entgültig nicht mehr hinterher. Sie schluckte beklommen bei dieser Vorstellung. Aber dann musste sie noch einmal an ihm vorbei den langen Gartenweg entlang bis zur Terrasse des Hauses, um dort nach ihren Waffen zu suchen, die sie irgendwohin ins hohe Gras oder Gebüsch geworfen hatte. Nein ... denn auch seine Huster wurden jetzt immer seltener, das Atmen ging besser, also schien er langsam zu sich zu kommen. Also bloß nichts wie weg!
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Alt 18.02.2007, 13:20   #2
Doska
 
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„He, was ist denn jetzt los George?“ Gesine hatte gerade den Eingang zu den westlichen unterirdischen Gängen der Maden verlassen und war überrascht mitten auf dem großen Platz stehen geblieben.
„Was soll schon los sein?“ murrte George und hinkte, sich dabei auf einem kräftigen Ast stützend, weiter Rich¬tung der getarnten Jambutos. “Hast du mich etwa noch nie zu einen Jambuto laufen sehen?“
„Erstens läufst du nicht, du hinkst und es ist jetzt Abendbrotzeit“, murrte sie. „Martin hat mich los geschickt! Soll dich zum Essen holen!“
„Ja und? Komme nicht!“ Nur von hier aus konnte George das helle Metall der fünf Jambutos unter den herab hängenden Platanenzweigen erkennen. Wirklich, diese Transporter waren sehr schön getarnt.
„Okay, willst wohl unbedingt noch dünner werden als du schon bist!“
„Ich bin doch nicht dünn!“ brummte er verärgert. Schon hatte er den ersten Jambuto erreicht.
„Du willst doch wohl nicht mit dem kaputten Fuss diesen Lieferwagen fahren?“ Sie kam ihm halb neugierig, halb empört hinterher.
„Doch, mein Fuß ist sehr hübsch verbunden, was dagegen?
„Also, du bist doch wohl vollständig behämmert George!“ Gesine trommelte sich wild gegen ihre hübsche Stirn. „Der eine Unfall, den du fabriziert hast, genügt dir wohl nicht, was? Und das alles nur wegen dieser ... dieser dämlichen Tussi!“
„Erstens ist sie nicht dämlich“, George reckte sich, machte große Anstrengungen, um die Fahrertüre aufzuschlie¬ßen, denn der Jambuto war sehr hoch gebaut, „sondern eine hochintelligente Frau und zweitens ist sie keine Tussi!“
„Die alte Ziege und intelligent? Ha ,ha, ich lach` mich kaputt!“
„Ach, Gesine“. er ächzte, denn endlich hatte er die Tür auf. Keuchend stützte er sich wieder auf den Ast, dann schaute er sich nach ihr um. „Du siehst richtig süß aus, wenn du so wütend bist!“
„Und du bist unwahrscheinlich doof! Das Döfste was ich kenne!“ zischelte sie mit knallrotem Kopf.
Er lachte sich schief, während er versuchte, sich dabei von unten aus in den Fahrersitz zu schwingen und wäre dabei fast hingeschlagen.
Nun war Gesine am Lachen. „Hä hä, George, ich find`s einfach toll, dass du nun auch versuchst, dir die Beine zu brechen. He, ich glaub` ich geh` jetzt lieber und esse mit den anderen Abendbrot!“
„Gute Idee!“ sagte er und nahm den nächsten Anlauf. “Sag` Renate, sie soll meine Portion verspeisen und auch dem Baby etwas davon abgeben!“
„Wie aufopferungsvoll!“ Gesine schüttelte den Kopf, wandte ihm den Rücken zu, lief los und schaute sich schließlich doch nach George um. George hatte sich diesmal zwar etwas geschickter mit seinem kranken Fuß angestellt, aber es war ihm dennoch nicht geglückt nach oben in den Sitz zu kommen.
„Das sieht echt lustig aus, George!“ Sie war wieder stehen geblieben.
„Schön, dass ich dir so einfach Freude bereiten kann!“ keuchte er. Auch der nächste Versuch missglückte ihm.
„In diesem Lieferwagen ist doch das Spielzeug“, erklärte er schnaufend und nahm dabei abermals alle Kraft zusammen, “das wir Pommi verkaufen wollten!“ Er stützte sich auf den Ast, etwa wie ein Stabspringer und plötzlich saß er zu Gesines Verblüffung tatsächlich hinter dem Steuer. Die Schmerzen und die Anstrengungen waren jedoch so groß gewesen, dass er sich erst einmal nach hinten gegen die Rückenlehne vom Sitz warf und keuchend verschnaufen musste.
„Also“, begann er schließlich von neuem, “Pommi kann Spielzeug sehr gut in Karlstadt verhökern, weil das in dieser Gegend die einzige Stadt ist, wo noch alles recht gut funktioniert.“ Er hielt inne, schluckte, weil er plötz¬lich eine völlig ausgetrocknete Kehle hatte. „Also, helfe ich euch doch nur!“
„Das wollte Martin morgen tun! Keiner verlangt so was von dir, George! Du wirst, falls du unser Auto nicht zu Schrott fährst, außerdem `ne Menge Diesel verfahren.“
„Ja, denn ich werde vorher nach Margrit suchen!“ gab er bereitwillig zu.
„Du bist doch verrückt, George“, zischelte sie. „es können überall noch Hajeps oder Jisken sein. Du wirst Margrit nie finden. Gib`s doch endlich zu, dass du so wahnsinnig in sie verschossen bist, dass du kaum noch klar denken kannst. Und es ist unser Diesel!“ Die letzten Worte hatte sie fast hinaus geschluchzt.
George Wangen röteten sich nun auch etwas. “Ich bin nicht in sie verschossen!“ nuschelte er undeutlich. „Jeden¬falls nicht so wie ihr alle denkt. Es ... es ist nur rein kameradschaftlich ... na ja ...vielleicht verehre ich sie so`n bisschen!“ räumte er noch undeutlicher und sehr leise ein.
„Was? Ich habe dich kaum verstanden. Du lässt ja auch immer wieder den Motor an. Klappt wohl nicht so rich¬tig mit diesem Füßchen, was?“
„Gesine, ich danke dir für deine kleinen, wonnigen Bemerkungen!“ knirschte er und versuchte abermals, den kranken Fuß auf das Gaspedal zu bekommen. Endlich sprang der Motor an. „Willst du mir nicht wenigstens aus dem Weg gehen?“
Sie warf ihre langen, blonden Zöpfe trotzig über ihre Schultern und stemmte die Hände in die Hüften. „Ich denke nicht daran!“
„Also, Gesine!“ brüllte er fassungslos. „Was geht nur in dir vor?“ Er fuhr jetzt zickzack über den breiten Platz und nietete dabei beinahe eine der vier Platanen um.
„Hö, hö ... könntest im Zirkus auftreten George!“feixte sie einfach weiter.
Nachdem er den Wagen abgefangen hatte bremste er knapp vor ihr und kurbelte das Fenster hinunter. „Deine Bemühungen sind völlig aussichtslos!“ keuchte er schmerzerfüllt. “Ich werde losfahren und so lange nach Margrit suchen bis ich umfalle! Hast du mich verstanden?“
Er hatte Schweißausbrüche, so sehr schmerzte ihm der Fuß, als er losfuhr. Auch rutschte er immer wieder ab und so bremste er häufig ziemlich abrupt. Da hörte eine helle Frauenstimme hinter sich.
„Okay, okay, ich komme ja mit!“
Es war Gesine. Die Zöpfe fielen mal hier und mal da über ihre schmalen Schultern, während sie hinter ihm her rannte und ihr Haar schimmerte golden in der Abendsonne. Die großen, hellen Augen funkelten zornig aber zugleich entschlossen zu ihm hinauf. „He, guck nicht so entgeistert, George, sonst überleg ich`s mir noch! Mach hinne! Verzisch dich endlich vom Steuer!“
Er öffnete die Wagentür, rutschte artig auf den Beifahrersitz und lächelte, als sie neben ihn ins Auto sprang
„He, grins nicht so!“ Ihre wasserblauen Augen funkelten ihn an. “Vielleicht fahr ich dich ja auch nur zurück?“
Er starrte ihr entsetzt ins Gesicht und sie brach in Lachen aus. Dann gab sie Gas und erleichtert stellte er fest, dass sie wirklich nicht zurück sondern über die Wiese fuhr, direkt zur alten Hauptstrasse. „Weiß doch wie dick¬köpfig du bist!“ knurrte sie, als sie seine erleichterte Miene sah. „Dir trau ich sogar zu auch noch mit dem Kopf unter dem Arm Jambuto zu fahren. He, es geht mir dabei natürlich nicht um dich ... NUR um diesen Jambuto, verstehst du?“
„Verstehe!“ grinste er.
„Und wo suchen wir nun zuerst?“ lenkte sie ein. „Was hast du dir so vorgestellt?“
Er schwieg und dachte kurz nach.
„Oh, Go-ott?” ächzte sie plötzlich. „Was ist das? Der Wagen holpert ja mit einem Male so komisch?“

#

Gulmurs grün behaarte Pranke tastete suchend nach dem Messer. Bei Ubeka, es steckte noch im Gürtel, also hatte er es während der ganzen Hast doch noch nicht verloren. Dankbar schaute er sich noch einmal nach Boktafton um. Der Jisk hatte ihm das Messer geschenkt, damit auch er sich wehren konnte. Es war schon schlimm, denn sie schienen, seit sie dem Villenviertel näher kamen, verfolgt zu werden. Es hörte sich jedenfalls an wie schleichende Schritte! Boktafton, Oktikilta und Nobajapal waren zwar auf das Modernste ausgerüstet, doch es war ihnen nicht möglich gewesen, herauszufinden, wer außer ihnen noch durch diese tote Stadt schli¬chen.
Xorr, bald würden sie ja angekommen sein. Xuraduton, ein Kamerad Nobajapals, der ebenfalls in diesem Häusermeer vergessen worden war, hatte sich nämlich vor etwa einer viertel Stunde über sein leider schlecht funktionierendes Kontaktgerät bei ihnen gemeldet und behauptet, den Oten höchst persönlich von seinem Versteck aus beobachten zu können.
Konnte doch gar nicht sein, dass ausgerechnet der Oten sich noch immer im Vordergarten genau jener alten Villa aufhielt, in welcher seine Familie von den Hajeps überfallen und gefangenen genommen worden war! Außerdem hatte Gulmur gerade von seinen neuen Freunden, den drei Jisken, gehört, dass der Oten diesmal wirklich einem Attentat zum Opfer gefallen wäre. Nicht nur lotekische, auch jiskische Spione hätten sogar der kurzen Trauerze¬remonie beigewohnt. Und nun sollte der schreckliche Gottkönig doch leben? Hatte der denn inzwischen nicht einmal Ehrfurcht vor den uralten Zeremonien sämtlicher Völker Raik-somtes? Hatte er es wirklich wieder einmal fertig gebracht, nicht nur die Jisken sondern auch sein eigenes Volk irre zu führen, nur um seinen eigenen göttlichen Kopf zu retten? Bei sämtlichen Göttern des Alls, es war außerdem kaum glaubhaft, dass ein Oten seine Regierungsgeschäfte vernachlässigte, nur um sich in aller Ruhe mit einer schmutzigen Lumanti zu unter¬halten und sich dabei auch allerlei noch viel schmutzigere und hässliche Dinge zeigen zu lassen. Gulmur verzog bei dieser Vorstellung angespannt die harten, schmalen Lippen. Irritiert suchten seine kleinen, gelben Augen die Umgebung ab. Nein, er sah wirklich keine Gefahr. Die drei Jisken nickten ihm zu, waren also der gleichen Meinung und so verließen sie ihre Verstecke.
Sie liefen nun ganz offensichtlich den Bürgersteig entlang. Dabei ging Gulmur die Sache mit dem Oten nicht mehr aus dem Kopf. Würden sie den tatsächlich bald hier finden? Xorr, Ruhm ohne Ende demjenigen, der den Kopf des Oten an seinem Gürtel tragen konnte. Nicht nur Jisken und Hajeps schätzten Schrumpfköpfe, auch Trowes. Man konnte den Göttern wirklich nicht genug danken, dass Xuradutons Waffen vollständig zerstört worden waren. So hatte es Xuraduton für klüger gehalten, lieber in der Villa versteckt zu bleiben und auf die Kameraden zu warten. Wieder schüttelte Gulmur tief in Gedanken sein Haupt, denn er konnte es einfach nicht begreifen, weshalb ein derart mächtiges Oberhaupt der Hajeps derart unsinnig handeln konnte, sich hier ohne jeden Schutz aufzuhalten. Hatte der Agol womöglich bereits den Verstand verloren, was nicht gerade selten bei diesen Gottkönigen vorkam? Das wäre gewiss sehr günstig nicht nur für die Jisken, denn die Hajeps taten sich immer recht schwer mit der Wahl ihrer nächsten Oberhauptes. Plötzlich war Gulmur richtig froh. Ja, das konnte er wirklich sein und daher erschien es ihm auf einmal nicht mehr allzu kompliziert, den Oten einfach zu erlegen wie etwa ein Stück Wild. Leider hatte Xuradutons Kontaktgerät vollständig seinen Geist aufgegeben und so waren sie nicht genügend informiert. Xorr, er musste jetzt aufpassen, denn Boktafton hatte ihm ein Zeichen gegeben, sich erneut zu verstecken. Was war geschehen?
Doska ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.03.2007, 13:03   #3
Doska
 
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Beiträge: 113


Puh, selbst dieser eine Beutel war mächtig schwer! Margrit musste ihn kurz absetzen, um für einen Moment den schmerzenden Arm zu entlasten. Ach, eigentlich taten ihr beide weh, da sie ja immerzu abgewechselt hatte. Sie hob schließlich die Arme, um sie ein wenig hin und her schlenkern zu lassen, damit sich auch die Schultern besser entspannten, als sie plötzlich einen Ast oder ... etwa F...Ffffinger an ihrem Rücken zu spüren glaubte! Entsetzt behielt sie erst mal die Arme oben, denn sie meinte nun auch die typisch heisere Stimme hinter sich zu hören: „Pist aba mäschtisch langzaam Lumanti!“
Sie keuchte. Verdammt! Wieso hatte sie der Hajep so schnell eingeholt? „Na ja, ich trage ja auch schwer!“ brachte sie möglichst ruhig hervor, doch der Puls hämmerte in ihren Schläfen.
„Trotzdämm langzaam!“ sagte er ziemlich überheblich. „Kippt ja auch altiss Sprechwört bei eusch Meschinn, heißert: Geschwintischkait iiis Hexeraiiii!“
Sie dachte fieberhaft nach, komisch, er schien ihr gar nicht böse zu sein darüber, dass sie weggelaufen war.
„... ist KEINE Hexerei!“ verbesserte sie ihn möglichst ruhig und senkte die Arme. Dann ergriff sie mit zitternden Fingern den Beutel. Weshalb hatte er sie eigentlich in diesem Häusermeer finden und vor allem so schnell einholen können? Das war ihr wirklich ein Rätsel. “Du hast dieses Sprichwort nicht ganz korrekt gelernt!“ setzte sie in gleicher Tonlage noch hinzu, wieder sehr dabei achtgebend, dass ihre Stimme nicht bebte.
He, vielleicht gab es ja noch eine Chance, wenn sie ihm zum Beispiel diesen Beutel blitzartig gegen seinen Dickschädel knallte! Fast gleichzeitig fiel ihr jedoch ein, was man ihr so alles über Hajeps erzählt hatte und daher drehte sie sich langsam und vorsichtig zu ihm um. Sie blinzelte unsicher zu ihm hinauf. Wie der schon dastand, breitbeinig und die Arme vor der mächtigen Brust verschränkt, als ob er etwas ganz Besonderes wäre.
„Habbe isch gelärnet nisch ganselisch korrekt?“ fragte er und hielt den Kopf schief. Er hatte sich zwar die Schirmmütze tief ins Gesicht gezogen, doch sie konnte trotzdem erkennen, dass das eine seiner roten, schrägen Augen noch nicht ganz abgeschwollen war. Aber ansonsten hatte sich dieser Hajep – leider, leider - recht gut erholt.
„Gänzlich!“ verbesserte sie ihn etwas atemlos. Du meine Güte, wenn sie jetzt jemand von den Maden so sehen würde, wie sie einem hochgefährlichen Hajep einfach nur Deutsch beibrachte, der würde das gewiss für einen irren Traum halten.
Er nickte und danach hatte er die Nase wieder ziemlich hoch erhoben, als er sagte:. „Verständer, gänselisch komet nix von Gans sondern vonne Gänse!"
Seltsam, trotz aller Angst konnte sie ein kleines Kichern nicht unterdrücken. “Nein, nein, mit diesen Schnatter¬tierchen hat das nichts zu tun...“, quiekste sie. Verdammt, er starrte wieder mit diesem gewissen Blick auf ihren Mund, “ ... sondern ...“, schwatzte sie deshalb einfach weiter, „... mit so was ähnlichem wie: total, restlos ... verstehst du?“
Er nickte.
“So, hm ... ich werde jetzt mal sehen, wie wir am besten aus dieser Stadt hinaus kommen!“
Sie kramte dabei aus ihrer Hosentasche den ziemlich erbärmlich aussehenden Plan. Der Hajep hob die Brauen, trat hinter sie, blickte interessiert über ihre Schulter, während sie das Papier entfaltete und betrachtete die Skizze mit den Straßen der Stadt, die ihr Martin, kurz bevor sie in den Jeep gestiegen war, aufgezeichnet hatte. Ihr Finger fuhr nun all die Linien suchend entlang, um einen möglichst kurzen Weg zur Stadt hinaus und dann zum Händler zu finden.
“Plann kack is!" murrte der Hajep.
“Aber ich kenn` mich hier leider nicht so richtig aus, weißt du!" erklärte sie ihm unsinnigerweise.
"Isch misch auch nisch!"
"Na fein!" Sie lachte heiser, hielt sich aber diesmal die Hand über ihre Lippen und er guckte deshalb enttäuscht.
"Da werden wir beide ja ungemein gut klar kommen."
“Akir, gut und gemein ... ha, ha ,ha ,ha!" hörte sie ihn. Das klang sehr seltsam, da er offensichtlich wirklich nicht lachen konnte. Margrit starrte verdutzt auf diese reichlich verkniffenen Mundwinkeln.
„Aber das Straßenschild“, ächzte sie und schaute dabei immer noch auf seinen Mund, „kommt mir bekannt
vor!"
„Mir auch!" Er nickte abermals und wieder so von oben herab.
„Wieso dir auch?“ fragte sie verblüfft.
"Wenn du täuschen willigst bei din Handeler, din meiner ISCH, dann isch meiner, wirr musen DA lange!” Der Hajep wies mit einer königlichen Geste nach rechts in eine kleinere Straße.
Sie schüttelte den Kopf. „Da laufen wir ja ewig!“
Er schüttelte den Kopf. “Nö, nö!“ sagte er.
Komisch, aber womöglich gab es hier noch einen Schwarzhändler? War ihr allerdings neu.
„Wie heißt denn dein Händler?“
Er verschränkte wieder die muskulösen Arme vor der Brust. „Heißert Pomatte-Achsel!“
Margrit prustete los und er fuhr deshalb nicht nur zusammen, seine Hand tastete zitternd nach der Sulmaki, einer kleinen, sehr praktischen Laserwaffe, denn solch ein Lippengeräusch hatte er noch nie gehört.
„Du meinst wohl eher Pomadenmaxe!“ Sie wischte sich die Lachtränen weg und gluckste dabei noch immer in sich hinein. Er starrte sie deshalb mit weit aufgerissenen Augen an und keuchte möglichst unauffällig.
“Wir nennen ihn übrigens Pommi!“ ächzte sie.
„Rischtik!“ bestätigte er und achtete darauf, dass er endlich aufhörte zu schnaufen. Und dann tat er so, als ob er nur irgendetwas an seinem Gürtel gesucht hätte. “Hinterhaltiger Fatusa und verraterischer Metowan warin mitte miiir bei Kolläge vonne Ponni, bei Feddi und habben dort bekommen grässlische Jacke und schracklische Schimmutze!“ Er tippte beides kurz mit den Fingern an.
"Ach - und da lebt er noch?" entfuhr es ihr verblüfft, während sie den Zettel in ihrer Hosentasche verschwinden ließ. "Oh, uh, Verzeihung!" stammelte sie und schlug sich mit der Hand auf den Mund. "Wollte ich natürlich nicht gesagt haben!"
“Hast aber gezagt!“ stellte er fest. „ Hm Pomatte-Achsel ... hm ... Ponni lebt, doch Feddi nisch mehr ... ama, kleina Feddi, Schnüpf!” Er rieb sich die roten Augen.
”Du ... du brauchst dir gar keine Mühe zu machen!” rief sie fassungslos. “Du kannst nämlich gar nicht weinen, da deine Augen nicht tränen können.“
“Ach nein?” Er schob seine Mütze aus der Stirn und schaute sie jetzt richtig fies an. “Handelerer wischtick for
Hajeps ... darom er lebt ... NOCH!" Er streckte die Hand aus und berührte ganz leicht Margrits Kinn. "Du auch wischtick ...VIELLEISCHT!” Er hielt wieder fragend den Kopf schief. ”Wer weissis?“ Er lehnte den Kopf nun
zur anderen Seite. “Isch nischt! Hm, hmmm ... hast etwa ... Moment, Moment ... guckser glaisch nach.“ Er ließ zu ihrer Überraschung dabei ein kugelförmiges Gebilde aus dem Ärmel in seine Handfläche rollen. „Isch über¬setzerer Zeit for disch.“ Er wedelte angespannt mit dem Zeigefinger. „Hich!“ rief er überrascht. „Schonn ruhm? Sexund halb Minüten nach ungenauig menschlichter Zeitenrechnerung.“
„Wie? Ich habe sechs Minuten Zeit?” keuchte sie. Verdammt, was kam denn nach diesen Minuten? Bestimmt nichts Gutes, so wie der jetzt dreinschaute?
“Akir, UND nöch eine halbe!” bestätigte er möglichst freundlich und warf den Kopf wieder zur anderen Seite hin.
“Nur? “ ächzte sie zu Tode erschrocken.
“NOCH!” verbesserte er sie, hob den Fingerstumpen und wedelte damit. ”Zei nisch zo mistig ... hm ...
PESSImistig!” Nun stand er wieder völlig gerade da. ”Sei Ottimist!“
“Nein ... NEIN!” keuchte sie.
“Doch ... DOCH! Essis bekannt, dass eine ottimistige Denkinnnsweise verlangert das Lebinn!” sagte er sehr professoral.
“Hirnrissiges Gequatsche!” fauchte sie.
“Was du zacktis?”
“Ach, nichts!” Margrit traten Tränen in die Augen und er sah es.
Ubeka, er hatte soeben die kostbaren - jetzt waren es nur fünfeinhalb Minuten, und die waren in sofern kostbar, da es um SEINE Zeit ging - sich selber verkorkst! Wie konnte er nur alles wieder schnell zurechtbiegen? Dabei hatte er an diesem Geschöpf hart gearbeitet, sich bei diesem ganz reizend eingeschmeichelt! Er hatte sogar mit Schmutz hantiert und wäre daran beinahe schwer erkannt. Xorr, warum mochte er nur so ehrlich geworden sein? Lag sicher an dem Beruhigungs- und dann an dem Aufputschspray, von dem er vorhin bestimmt zuviel inhaliert hatte, um das anstrengende Geschöpf einzufangen.
Er fletschte wieder freundlich die Zähne, rieb diese noch zusätzlich so ein bisschen hin und her, sodass dieses typische anheimelnd schabende Geräusch entstand. Xorr ... was anderes fiel ihm tatsächlich in diesem Moment nicht ein. Hajeps beruhigte das jedenfalls ... vielleicht auch Menschen?
Aha, er grinste also, sollte das zumindest darstellen. Wenigstens kam Margrit mit seinem ausgesprochen knap¬pen Mienenspiel endlich klar und das gab ihr jetzt irgendwie Mut. Sie riss sich zusammen, atmete tief durch, wisperte trotzdem viel zu leise: "Hast du etwa vor, mich nach diesen ...diesen ... äh ... sechseinhalb Minuten ...”
“Jitzt sinds nür nöch draii und vierzicke Zekundinnen!” Er hob wieder gemahnend den Zeigefinger und blickte dabei auf seine komische Kugel.
Der ... der Kerl war völlig korrekt, das musste man ihm jedenfalls lassen!
„Also ... wirst du mich dann ...”, sie brach plötzlich ab. Verdammt, sie hatte plötzlich keine Spucke mehr im Mund und ihre Zunge klebte am Gaumen. ´TÖTEN?´ hatte sie eigentlich sagen wollen, aber das brachte sie einfach nicht über die Lippen, denn vielleicht war es besser, wenn man einfach weiter so tat, als wäre nichts besonderes. Hatte doch bisher immer ganz gut geklappt, oder?
“Ja, was?“ fauchte er wieder mal ausgesprochen ungeduldig und wippte auf den Zehen. “Warüm du sprechst nisch mehr weiterererer?” Er brach ab und schluckte, weil ihm zuviel Spucke im Munde zusammengelaufen war und Margrit merkte, dass sich seine roten Augen ganz erheblich weiteten und heftig zu glänzen begonnen hatten. ”Loss ... isch will hörin Ende diesiss Satziss!” Xorr, er wollte jetzt ihre Angst sehen, wenn sie stotterte: ´Mi ... mich T ... TÖTEN? Ihren gebrochenen Blick genießen, wenn sie diese Worte hinauskrächzte. Sich daran ergöt¬zen, wie sie die totale Hoffnungslosigkeit flüsternd preisgab, beobachten, wie sich dabei dieser typische Schleier über ihre elenden Menschenaugen legte! Ja, es überkam ihn also, endlich ... ENDLICH wieder dieses langer¬sehnte Gefühl, das Erbe seiner Gattung, die Lust zu vernichten!
Verdammt, er schien ihre Angst zu spüren, sie förmlich zu riechen, denn sein Gesicht hatte sich mehr und mehr in eine widerwärtige, blaue Fratze verwandelt. Himmel, die negativen Gemütsäußerungen beherrschten Hajeps aber perfekt! Sie musste wohl oder übel diesen Satz zu Ende bringen, darum riss sie sich zusammen und sagte mit fester Stimme: “Mich streicheln?“ Sie wagte ein kleines Lächeln. „Vielleicht so.“ Sie hob ihre Hand und berührte die enorm tiefe Narbe an seiner Wange. “Wer hat dir das angetan?” sagte sie und streichelte sanft darüber.
Er schlug auf diese Menschenhand und war erschrocken ... nein, eher verwirrt ... ja, er trat sogar einen Schritt vor ihr zurück und starrte die Lumanti heftig keuchend an. Bei Ubeka, dieser Kreatur war es tatsächlich geglückt, ausgerechnet IHN zu überraschen. Sämtliche Grausamkeit wanderte aus seinem kalten, außerirdischen Gesicht und die roten Augen begannen warm, fast zärtlich den kleinen Menschen anzufunkeln. Bei den Göttern des Alls, das hier war wirklich kein uninteressantes Geschöpf! Es lohnte sich doch, noch etwas mehr Zeit dafür zu investieren.
Margrit sah nun, dass sich zwar die Miene des Hajeps wieder verhärtet hatte, in etwa so, als wäre nichts weiter besonders gewesen, jedoch senkte er dabei ganz leicht den Zeigefinger auf das kleine lilafarbene Sensorenfeld seiner weichen kugelförmigen Uhr.
“Isch werrde deiner Frager nischt beantwörten“, brummte er ziemlich beiläufig. „Und du bräuschst dafür meiner Frager auch nischt merr beantwörten, poko? Pisst du damit einverständen?“
„Poko!“ sagte Margrit mit fester Stimme, auch wenn ihr das Herz dabei bis zum Halse schlug.
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