Poetry.de - das Gedichte-Forum
 kostenlos registrieren Forum durchsuchen Letzte Beiträge

Zurück   Poetry.de > Gedichte-Forum > Düstere Welten und Abgründiges

Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

Antwort
 
Themen-Optionen Thema durchsuchen
Alt 12.06.2022, 21:30   #1
Ex-Pennywise
abgemeldet
 
Dabei seit: 12/2020
Beiträge: 599

Standard Der Letzte macht das Licht aus

Das Leuchten im Neon der knalligen Werbung
kaschiert dieser Stadt jene graue Tristesse,
die ohne die nächtliche Wochenendfärbung
nicht eine Sekunde die Straßen verlässt.

Für Blicke der Augen aus tausend Gesichtern
bin ich unerreichbar und nicht existent.
Ich stehe im Dunkel von grellbunten Lichtern
und hege Gefühle, die sonst keiner kennt.

Kurz hört man ein Splittern von Glas und auf Steinen
verteilen sich Scherben, nervös wird gelacht...
Alleine sucht in dem Gewimmel aus Beinen
zerzaust eine Taube ihr Futter bei Nacht.

Schon strömen die Massen aus Kinos und Kneipen
nach Hause, dann schimmert des Morgens Gestalt
im rötlichen Mantel, begleitet vom Pfeifen
des einsamen Kehrmanns auf leerem Asphalt.

Den restlichen Schatten entfliehe ich leise,
geh still meiner Wege, schon bald kommt mein Zug.
Ich lege mich müde auf rostige Gleise
und mach meinen Frieden mit all dem Betrug.
Ex-Pennywise ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.06.2022, 11:46   #2
weiblich Ilka-Maria
Forumsleitung
 
Benutzerbild von Ilka-Maria
 
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City
Beiträge: 31.082

Guten Morgen, Pennywise,

ich bin einigermaßen verblüfft. Kaum hatte ich mich mit Walthers Gedicht (Amphibrachys) befasst, stoße ich auf dieses hier und finde den gleichen Rhythmus vor. Ist das Zufall, oder war Walthers Gedicht für dich eine Herausforderung?

Wie ihm, so ist es auch dir gelungen, das Versmaß kontrapunktisch zum Inhalt zu setzen. Beeindruckend, wie du die düstere Atmosphäre in Sprache umgesetzt hast.

Gut gemacht!

LG
Ilka
__________________

Workshop "Kreatives Schreiben":
http://www.poetry.de/group.php?groupid=24
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.06.2022, 14:21   #3
Ex-Pennywise
abgemeldet
 
Dabei seit: 12/2020
Beiträge: 599

Moin Ilka,
nein, an dem Gedicht habe ich seit drei Tagen gebastelt. Düster sollte es sein. Da bin ich schon mal zufrieden. Die Herausforderung war, in einer pulsierenden Stadt, die Einsamkeit und Verzweiflung zu beschreiben, die einzelne Menschen überkommt. Hier in Form eines letzten Tests, ob man doch nochmal vom Leben mitgenommen wird. Ohne Happy End.
In Amphibrachys sind seit ungefähr einem Jahr so 70% meiner Gedichte verfasst. Walthers Werk war da nicht die Vorlage. Allerdings war vor ca. einem Jahr ein anderes Gedicht von Walther Inspiration für meinen aktuellen Schreibstil. Ich habe hier also wirklich etwas gelernt und konnte meinen Horizont erweitern. Ich glaube, das erste wirklich ernsthafte Werk in der Form mit viel investierter Zeit war "Das stumme Telefon". Keine Ahnung, ob Du es kennst. Aber danach war ich diesem Stil verfallen. Somit bin ich Walther dankbar und auch mir selbst, weil ich hier in manchen Zeiten wirklich einiges lese.

Hab mir jetzt gerade nochmal Walthers "Auf Dornen gebettet" durchgelesen. Es unterscheidet sich minimal. Walter hat stets gleichlange Verse genommen. Bei mir ist Vers zwei und vier jeweils eine Silbe kürzer. Wie man das jetzt fachlich nennt... Da bin ich ja fast schon wieder raus. Und meines ist kein Sonett. Das klassische Sonett mit all seinen Regeln ist mir zu kompliziert.
Ex-Pennywise ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.06.2022, 14:57   #4
weiblich Ilka-Maria
Forumsleitung
 
Benutzerbild von Ilka-Maria
 
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City
Beiträge: 31.082

Zitat:
Zitat von Pennywise Beitrag anzeigen
Hab mir jetzt gerade nochmal Walthers "Auf Dornen gebettet" durchgelesen. Es unterscheidet sich minimal. Walter hat stets gleichlange Verse genommen. Bei mir ist Vers zwei und vier jeweils eine Silbe kürzer. Wie man das jetzt fachlich nennt...
Die eine Silbe weniger liegt an den wechselnden Kadenzen, das ist völlig normal.

Zitat:
Zitat von Pennywise Beitrag anzeigen
Das klassische Sonett mit all seinen Regeln ist mir zu kompliziert.
Da kommst du vielleicht noch hin. Es gibt ja viele verschiedene Formen des Sonetts, und heutzutage gehen die Lyriker damit viel freier um als früher.
__________________

Workshop "Kreatives Schreiben":
http://www.poetry.de/group.php?groupid=24
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.06.2022, 15:05   #5
Ex-Pennywise
abgemeldet
 
Dabei seit: 12/2020
Beiträge: 599

Ja, vielleicht überkommt es mich ja irgendwann mal. Aber ich will ja auch schon ewig Ungereimtes schreiben. Ich glaube, das hat auch was mit Spaß und Freude zu tun. Ich vergleiche es mittlerweile mit dem Musizieren. Irgendwann legt man sich auf etwas fest. Zumindest die meisten. Klassik, Pop, Rock, Blues.... Selten deckt jemand alles ab. Schätze, so ist es bei mir im Moment auch. Was mir da allerdings wichtig ist, sind die unterschiedlichen Inhalte. Sowohl bei mir, als auch bei Leuten, von denen ich immer mal wieder gerne etwas lese.

Liebe Grüße

Pennywise
Ex-Pennywise ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.06.2022, 15:29   #6
weiblich Ilka-Maria
Forumsleitung
 
Benutzerbild von Ilka-Maria
 
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City
Beiträge: 31.082

Zitat:
Zitat von Pennywise Beitrag anzeigen
Irgendwann legt man sich auf etwas fest. Zumindest die meisten. Klassik, Pop, Rock, Blues.... Selten deckt jemand alles ab.
Ganz richtig. Jeder findet seine eigene Stimme, entwickelt seinen eigenen Stil und legt in seine Werke, auch bei unterschiedlichen Themen, seine Grundhaltung hinein. Deshalb werden in der professionellen Literaturszene die bekannten Autoren, wenn sie anonym veröffentlichen, letztendlich doch aufgedeckt. Der Stilistiker Prof. Donald W. Foster ist z.B. so eine Meister-Spürnase.
__________________

Workshop "Kreatives Schreiben":
http://www.poetry.de/group.php?groupid=24
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.06.2022, 12:55   #7
männlich Perry
 
Benutzerbild von Perry
 
Dabei seit: 11/2006
Alter: 71
Beiträge: 3.762

Standard Hallo Pennywise

die Verlorenheit bis hin zur Selbstaufgabe ist in den Zeilen gut zu erspüren.
Was die gewählte Form anbelangt kann ich als eher freier Schreiber wenig sagen, außer wer suchet wird irgendwann auch seine Art zu schreiben finden.
LG
Perry
Perry ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.06.2022, 17:09   #8
Ex-Pennywise
abgemeldet
 
Dabei seit: 12/2020
Beiträge: 599

Moin Perry,

danke für Deinen Besuch. Freut mich, dass ich das Gefühl scheinbar rüberbringen konnte. Auch wenn es kein erstrebenswertes Gefühl ist.
Was den Stil betrifft. Ich kann bei Deinem Stil auch eher nur intuitiv bewerten, weil ich mich mit dieser Art zu schreiben immer schwer getan habe. So habe ich meinen schreiberischen Sinn in den Reimen -bevorzugt in Amphibrachys- gefunden. Das ist die Zone, in der ich mich im Moment am Liebsten bewege.
Wenn ich etwas von Dir lese, dann geht es mir um die Bilder, die Du transportierst. Da achte ich gar nicht auf die Technik. Ich brauche ein Gefühl. Ich brauche Bilder. Sowohl, wenn ich schreibe, aber auch vor Allem wenn ich etwas lese. Sonst bin ich nach zwei Versen raus. Bei Dir trifft das für mich zu. Bilder, Gefühl und ein gewisser Rhythmus. Das ist Lyrik. Der Stil kann unterschiedlich sein.

Einen angenehmen Resttag

Pennywise
Ex-Pennywise ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen für Der Letzte macht das Licht aus

Themen-Optionen Thema durchsuchen
Thema durchsuchen:

Erweiterte Suche


Ähnliche Themen
Thema Autor Forum Antworten Letzter Beitrag
mach doch das Licht aus dr.Frankenstein Sonstiges Gedichte und Experimentelles 0 08.12.2021 23:15
Das letzte Licht der schweren Abendsonne Briefmarke Gefühlte Momente und Emotionen 5 29.09.2017 22:58
Der Tod macht Engel aus uns allen Maresa Griasdi Gefühlte Momente und Emotionen 30 11.11.2015 23:41
Das letzte Licht BlackLotus Düstere Welten und Abgründiges 2 05.02.2015 23:29
Licht der Macht HansSchnier Geschichten, Märchen und Legenden 2 02.04.2007 11:43


Sämtliche Gedichte, Geschichten und alle sonstigen Artikel unterliegen dem deutschen Urheberrecht.
Das von den Autoren konkludent eingeräumte Recht zur Veröffentlichung ist Poetry.de vorbehalten.
Veröffentlichungen jedweder Art bedürfen stets einer Genehmigung durch die jeweiligen Autoren.