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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

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Alt 07.08.2022, 11:56   #34
weiblich Ilka-Maria
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Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City
Beiträge: 31.091

Guten Morgen, Ottilie,

das, was du zitierst, ist alles richtig - aber trotzdem nicht (mehr) ganz. Ausgrenzung aus der Gruppe/dem Stamm bedeutete in früheren Zeiten den sicheren Tod. Das ist heute nicht mehr der Fall, es sei denn, man bekommt dadurch ein psychisches Problem, so dass man sich lieber mit Alkohol oder Schlaftabletten oder einem Sprung vom Hausdach aus der Einsamkeit verabschiedet, als weiter unter ihr zu leiden.

Heute leben wir in Gruppen (Gesellschaft, Gemeinde, Nachbarschaft, Arbeitskollegen usw.) und können trotzdem alleine und sogar anonym bleiben, wenn wir das wollen. Es gibt aber auch - und darüber schreiben heutzutage auch einige Psychologen wie z.B. Reinhard Haller - einen Trend zur Einsamkeit, was etwas anderes ist als das Alleinsein.

Ab wann bilden Menschen eine Gruppe? Im Grunde ist alles, was mehr als zwei Leute mit gleichen Interessen oder Zielen zusammenbringt, bereits eine Gruppe. Wenn ich ins Kino gehe und mich zu den anderen Zuschauern im Saal setze, ist das auch eine Gruppe mit gleichem Interesse, obwohl ich nicht einen davon zu kennen brauche und kein Wort zu ihnen sagen muss. "Gruppe" ist also nicht zwangsläufig mit einem "intimen" Zusammensein verbunden. Der moderne Mensch ist nicht mehr, wie in Zeiten der Horden und Stämme, auf eine feste Gruppe angewiesen.
__________________

Workshop "Kreatives Schreiben":
http://www.poetry.de/group.php?groupid=24
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Alt 08.08.2022, 07:20   #35
weiblich DieSilbermöwe
 
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Alter: 60
Beiträge: 6.711

Zitat:
Zitat von Ottilie Beitrag anzeigen
Nochmal ein kleiner Versuch, meine Gedanken verständich zu machen: Eine Psychologin (nicht ich, ich bin nur die Verfasserin belangloser Textchen) schreibt Folgendes zur Frage Gruppenzugehörigkeit:

Ein Hauptbedürfnis der Menschen ist es, nicht isoliert zu sein. Wir wollen nicht völlig alleine sein, denn wir sind Sippenwesen und deshalb instinktiv darauf ausgerichtet, zur Gruppe dazuzugehören. In der Gruppe fühlen wir uns sicher, geschützt und anerkannt. Anthropologen wissen, dass Menschen darauf angewiesen sind und waren, in der Gemeinschaft zu leben. In früheren Zeiten (bis hin zur Steinzeit) war es überlebenswichtig, in einer Gemeinschaft zu leben. Alleinsein bedeutete Risiko und sogar Tod.

Daher rührt auch heute noch unsere unbegründete Angst vor dem Alleinsein, die letztlich eine stammesgeschichtlich bedingte Angst vor dem Tode ist.


Der Wunsch, zu den anderen zu gehören, ist also evolutionsbiologisch in uns verankert. Unser Bedürfnis nach Zugehörigkeit geht so weit, dass wir uns bei der Ausrichtung von Werten, Verhaltensweisen und wie wir uns nach Außen zeigen streng an den Menschen orientieren, zu denen wir dazu gehören wollen (Familie, beste Freunde, Gemeinschaften aller Art). Selbst „schlechte“ Gewohnheiten werden übernommen, um ja nicht ausgegrenzt zu werden.
Hallo Ottilie,

den fett markierten Satz finde ich sehr aufschlussreich. Er trifft absolut zu - die meisten Menschen haben Angst vor dem Alleinsein, dass es heutzutage gar keinen Grund mehr dafür gibt - jedenfalls keinen überlebenswichtigen -wird ihnen gar nicht richtig bewusst. Dass dies evolutionsbiologisch bedingt ist, ist eine sehr schlüssige Erklärung.
Vielen Dank für diesen interessanten Hinweis!

LG DieSilbermöwe
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