Was bleibt

[Flocke]

Als ich im Spiegel meine Augen fand,
den Blick gebrochen, stumpf, mir fremd geworden,
riss meine Maske wie ein mürbes Band.
Ich konnte sehen, zu viel Leid lässt morden.

Wie kann man sein Gehirn in Stücke hauen
und ohne Angst erinnern, wer man ist?
Wie kann man sprachlos einfach so ergrauen,
wie Wissen schützen, das man sonst vergisst?

Versteht ihr noch mein Sprechen, meine Laute?
Rief ich die Pest und hab es nicht erkannt?
War es nur Fleisch, das sich wie Plastik kaute?
Verreck ich würdig ohne den Verstand?

Bleibst du, wenn ich vergesse, wer du bist?
Ich weiß nicht mal, bin ich das, der jetzt ist?



© Flocke

[Flocke]

Vgl. https://www.poetry.de/showthread.php?t=75346
Es ist bis auf die Überschrift dasselbe Gedicht. "Demenz" vs "Was bleibt".
Es gab damals eine Auseinandersetzung, ob ein "dementes" lyrisches Ich sich so beredt über seine Krankheit ausdrücken kann, oder ob es das nicht können darf (weil dement) und das Gedicht damit nicht stimmig wäre.
Ich habe keine Erinnerung mehr, warum ich es "Demenz" nennen wollte, ein Titel, der in eine falsche Richtung führte. Ich denke, dass der neue Titel "Was bleibt" weniger einschränkt. Jeder kennt Ängste vor einem geistigen Verfall und hat sich wohl Gedanken gemacht, wie ein solches Leben aussehen mag.

Grüße Flocke

[MiauKuh]

Hallo Flocke,

der Inhalt des Gedichtes ist nicht identisch.
Unterschiede in "fett" von mir markiert.

Demenz

Als ich im Spiegel meine Augen fand,
den Blick gebrochen, stumpf, mir fremd geworden,
riss meine Maske wie ein mürbes Band.
Ich konnte sehen, zu viel Leid lässt morden.

Wie kann man das Gehirn in Stücke hauen
und ohne Angst erinnern, wer man ist?
Wie kann man sprachlos einfach so ergrauen,
das Wissen schützen, das man sonst vergisst?

Versteht ihr noch mein Sprechen, meine Laute?
Rief ich die Pest und hab es nicht erkannt?
War es nur Fleisch, das sich wie Plastik kaute?
Verreck ich würdig ohne den Verstand?

Bleibst du, wenn ich vergesse, wer du bist?
Ich weiß nicht mal, bin ich es, der jetzt ist?

Was bleibt

Als ich im Spiegel meine Augen fand,
den Blick gebrochen, stumpf, mir fremd geworden,
riss meine Maske wie ein mürbes Band.
Ich konnte sehen, zu viel Leid lässt morden.

Wie kann man sein Gehirn in Stücke hauen
und ohne Angst erinnern, wer man ist? // hier würde ich "sich ohne" schreiben.
Wie kann man sprachlos einfach so ergrauen,
wie Wissen schützen, das man sonst vergisst?

Versteht ihr noch mein Sprechen, meine Laute?
Rief ich die Pest und hab es nicht erkannt?
War es nur Fleisch, das sich wie Plastik kaute?
Verreck ich würdig ohne den Verstand?

Bleibst du, wenn ich vergesse, wer du bist?
Ich weiß nicht mal, bin ich das, der jetzt ist?
----------------------------

Schlusszeile vielleicht auch?
Ich weiß noch nicht mal: Bin ich, der jetzt ist?

Mir gefällt das Gedicht, weil es ein paar ziemlich passende Fragen zur Thematik stellt. Ich mag aber keine größere Diskussion darüber beginnen, sondern finde einfach das Gedicht gut gelungen

Liebe Grüße

[Ilka-Maria]

Ziemlich heftig. Das Gedicht hallt in mir nach, es macht Eindruck.

Mitreden kann ich allerdings beim Thema "Demenz" nicht, weil ich davon in zu vielen Facetten konfrontiert bin. Meine Mutter hat Wahnvorstellungen, die wegen ihres Alters durch eine Demenz im Anfangsstadium verstärkt auftreten. Die Frau meine Ex-Bosses litt bereits im Alter zwischen 50 und 60 Jahren an der Levy-Körperchen Krankheit. Bei meiner Großmutter wurde paranoide Schizophrenie festgestellt, wegen ihres Alters natürlich auch mit einhergehender Demenz. In allen Fällen unterschieden sich die Symptome jedoch fundamental voneinander und hatten bei näherer Untersuchung immer mit Erfahrungen aus der Vergangenheit und damit verbundenen Ängsten zu tun.

Was mir inzwischen jedoch klar ist: "Demenz" ist nicht gleich "Demenz". Es gibt viele Formen des geistigen Verfalls, die meistens mit anderen psychischen Störungen einhergehen. Im Volk kursiert die Angst davor, an "Alzheimer" zu erkranken; aber das alleine ist es nicht. Die Forschung steht hier noch am Anfang.

Wir sollten uns über eins klar sein: Alt zu werden fordert einen Preis. Körperlich und geistig. Noch nie waren wir besser in der Lage, bis ins hohe Alter in beiden Bereichen fit zu bleiben. Aber nicht zum Nulltarif. Man muss etwas dafür tun.

Zum Beispiel, bessere Gedichte schreiben.

[Flocke]

Hallo Miaukuh,

Wiki: "unter Miaukuh versteht man einen polyglotten wiederkäuenden Paarhufer" (Vgl. auch Brehms Tierleben. 4. Ausgabe. Band 13: Die Säugetiere. Neubearbeitet von Max Hilzheimer und Ludwig Heck.)

kaum 20 Minuten hast du gebraucht, um die kleinen Unterschiede in den Texten zu finden.
Gerade vor diesen "kleinen" Worten wie :
bin ich das - bin ich es,
wie Wissen - das Wissen;
saß ich wirklich lange vor und änderte sie immer wieder. Es sind nur Nuancen, aber jede Variante ändert die Stimmung zumindest die der betreffenden Zeile.
Die Formulierung "sich ohne Angst erinnern, wer man ist" würde ich gerne von dir übernehmen.

Hallo Ilka-Maria!
"Zum Beispiel, bessere Gedichte schreiben" Ein hehres Ziel!
Erst mal gilt es, überhaupt ein Gedicht hinzukriegen.

Grüße Flocke

[MiauKuh]

Hallo Flocke,

oha, die MiauKuh hat es in ein Wiki geschafft!? Ich bin .. entfantasiert.
Herrjemine.

:-) Schön, dass ich mit dem Kommentar dir irgendwas mitgeben konnte.

Liebe Grüße und bis bald!