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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

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Alt 28.01.2023, 11:46   #1
männlich Erhard Gratz
 
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Standard Die Krone

Die Krone

Der Mensch sei die Krone der Schöpfung, er mag sie gebrauchen,
so sagt es die Bibel: er mach’ sich die Welt untertan.
Was einst nur Appell war, zeigt nun sich schon lang’ als Vollendung
der Heiligen Schrift, die wohl mündet im menschlichen Wahn.

Da naht schon der Zweifel: Der Mensch, lediglich eine Krone?
Und damit schon abgetrennt, nicht mehr ein Teil der Natur?
Er sieht sich als Ziel, als Vollendung unendlicher Reihen
und nennt, was er tut, dann mit Stolz in der Stimme: Kultur.

Für wahr, seit der Schöpfung Beginn vor Äonen von Jahren
erstritt sich der Mensch seine Allmacht vor allem Getier.
Er hegte sich ein und er führte sich selbst zur Gewissheit,
dass göttlich er sei und er nannte sich selbst eine Zier.

Was scheidet den Menschen vom Tiere? Für wahr, er kann sprechen
und denken und kennt auch das Ende von Raum und von Zeit.
Er kann auch ein Mitleiden fühlen für Nächste und Fernste
und fühlt sich berufen zu enden ein jegliches Leid.

Er kennt auch die Kräfte, sich selbst und die Welt zu verderben,
gebraucht sie nur sparsam, denn Sinn seines Lebens sei Glück;
Glück für alle und jeden, so sagt er mit Stolz und Behagen.
Kommt Zweifel auf, weist er ihn streng und beharrlich zurück.

Vor Jahren jedoch überkam ihn empörende Einsicht:
Auch er sei ein Wesen wie andere: nur Kreatur!
Ein Sturz von den Höhen des Glaubens hinab ins Profane,
er dankt es dem Manne, der einst nach Galapagos fuhr.

Ein Tier unter Tieren nur. - Abermals schleicht sich der Zweifel
heran in des Menschen blasiertes, gekränktes Gemüt:
Denn wo in der Welt sonst gelingt es dem einen Geschlechte,
dem andren zu schaden, so dass ihm der Untergang blüht.

Den Lemmingen gleich ist der Mensch im Bemüh’n sich zu mehren.
Der Lemming jedoch unterliegt dem profunden Gesetz:
Droht Frost ihm im Übermaß, schwindet der Wunsch sich zu paaren.
Die Menschheit gefällt sich derweil im profunden Geschwätz.

Der Mensch glaubt, er habe den Tod selbst besiegt und getötet
und sorglos und spielerisch treibt er’s im Jetzt und im Hier.
Die Kämpfe der Zukunft, man ahnt sie und muss sie verdrängen.
Und nach uns die Sintflut! - Oh Menschheit, mir graust es vor dir.
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