G€LD.

[klaatu]

G€LD.

Der Stoff,
aus dem die Träume
und die Albträume sind.

Das Baumaterial,
aus dem man sein Lebenswerk
zu errichten versucht.

Die Füllung für die Leere,
die es selbst erst erschaffen hat.

€€€

Offen gesagt:
Ich weiß nicht,
wie man ohne existiert.

Niemand hat es mir je beigebracht
und jeder meiner Versuche,
es zu erlernen,
wurde bereits im Keim erstickt.

Die Lösung für egal was:
Kaufe dies, kaufe das!

Schon als Kind
hat man mich zum Junkie gemacht
und jetzt sitze ich
satt und sittsam gekleidet im Warmen,
während ich mich trotzdem
nackt, frierend und hungrig fühle.

€€€

Alles,
was meine Hände je gelernt haben,
wenn sich lebenserhaltende Zwänge
mal wieder drängend äußerten:

In die Tasche greifen
und das Portmonee zücken.

Lieber hätte ich erlernt,
wie man Feuer ohne Feuerzeug entfacht,
wie man jagt, fischt, Feldfrüchte erntet,
eine Holzhütte baut,
ohne sie im Baumarkt zu kaufen
oder sich Land aneignet,
ohne dafür verhaftet zu werden.

§§§

Was man mir hingegen
mehr als deutlich beibrachte, ist,
dass Zahlen auf einem Bildschirm
mehr wert sind
als Bilder in einem Schädel;

dass Körper und Geist,
wenn sie keine Zinsen mehr abwerfen,
so wertlos sind wie das Papier,
auf denen Banknoten gedrückt werden;

dass ich im Notfall nicht mehr wert bin
als mein eigenes Gewicht in Schweinefleisch;

und dass ein negativer Kontostand
ein schlechtes Kochrezept ist.

€€€

G€LD.

Der Stoff,
aus dem die Träume
und die Albträume sind.

Der einzig wirksame Schutz gegen jene,
die nach nichts anderem mehr streben.

Die Dämmung gegen das Dröhnen,
das durch sein Dasein erst erzeugt wird.

€€€

Meine bloße Existenz
kostet bereits mehr
als ich verdiene
und die einzige Lösung,
die man mir nahelegt:

Mehr verdienen
oder weniger existieren.

Selbst nach meinem Tod
werden sie noch an meinem Grab klingeln
und Kohle dafür verlangen,
dass sie mir das Sterben ermöglichten!

Aber alles,
was bei mir
Netto vom Brutto
übrigbleibt,

ist A n g s t.

€€€

[Donna]

Hallo klaatu,

der €uro ist ja nicht das einizge G€ld. Zum Glück gibt es noch G$ ld, G£ ld und vor allem Gold. Wenn du jedoch insgesamt Schwierigkeiten mit dem schnöden Mammon hast, weil du Schiss hast und bevor du es heimlich verbrennst, bin ich dir gerne mit meiner Kontonummer behilflich,
lG Donna

[Ilka-Maria]

Zitat von klaatu

Aber alles,
was bei mir
Netto vom Brutto
übrigbleibt,

ist A n g s t.

So gehört es sich für einen guten Deutschen: Angst muss er haben. Nicht Furcht oder Sorgen, sondern nackte, überwältigende, seine Sinne verzehrende Angst.

Was bedeuten eigentlich die Paragrafen-Symbole in dem Gedicht?

LG
Ilka

[klaatu]

@ Donna

Immer her mit deinen Kontodaten! Die bekommt man im Netz sicher gut los.

@ Ilka-Maria

Ich bin kein ängstlicher Mensch. Es gibt eigentlich nichts, vor dem ich mich übermäßig fürchte. Aber seit einiger Zeit, seitdem ich Verantwortung für andere Menschen übernehmen muss, empfinde ich, was meine finanzielle Zukunft (und Gegenwart) angeht, manchmal wirklich nackte Angst. Und das geht beileibe nicht nur mir so.

Die Paragrafen sollten für etwas Abwechslung sorgen und passten m.M.n. ganz gut zu dem darauf folgenden Absatz.

LG
k

[Ilka-Maria]

Zitat von klaatu

Aber seit einiger Zeit, seitdem ich Verantwortung für andere Menschen übernehmen muss, empfinde ich, was meine finanzielle Zukunft (und Gegenwart) angeht, manchmal wirklich nackte Angst. Und das geht beileibe nicht nur mir so.

Jetzt verstehe ich den Hintergrund deines Gedichts, da fließt also Persönliches mit ein. Stimmt, es geht vielen so wie dir. In dieser Situation war ich auch einmal, aber die politische und wirtschaftliche Situation war damals anders, man hatte noch gute Chancen, aus dem Loch rauszukommen. Man wurde noch nicht in puncto Sozialleistungen, im Miet- und Verbrauchssektor und vom Gesundheitssystem dermaßen abgezockt wie heute. Ich "predige" schon seit vielen Jahren, dass ein Staat, der reich bleiben will, eine reiche Bevölkerung braucht. Das scheinen unsere Politiker aber nicht zu verinnerlichen. Deutschland wird permanent reich geredet, aber vielen Menschen reicht trotz Doppelbeschäftigung das Geld nicht mehr bis zum Monatsende, geschweige denn für die Bildung von Rücklagen.

Ich will deine Angst nicht schüren, klaatu, aber ich sehe auch, wie Deutschland zu Tode gewirtschaftet wird. Aber was willst du machen, wenn diejenigen, die uns in den Ruin treiben, nicht nur immer wieder an die Regierung gewählt werden, sondern von den Wählern obendrein noch Zulauf bekommen? Vielleicht stimmt es ja, dass jedes Volk die Regierung bekommt, die es verdient.

[klaatu]

Es ist ja nicht nur in Deutschland so, das scheint ja ein allgemeiner, "westlicher" Trend zu sein, dass "die fetten Jahre" vorbei sind und so schnell auch nicht wiederkommen werden. Und ja, jedes Volk bekommt die Regierung, die es verdient (von ein paar Diktaturen mal abgesehen), aber leider bekommt nicht jede Regierung vom Volk, was sie verdient.

Allgemein scheint es mir aber kein Problem zu sein, das ausschließlich von Regierungen oder politischen Systemen verursacht wird, sondern eines, das tief im Mensch selbst wurzelt - und somit noch viel schwieriger zu lösen ist.

LG
k