Der Gang der Dinge

[Ottilie]

Junge Männer, junge Frauen
Voller Sehnsucht, Liebe. Schon
Wächst die Gier auch, und sie schauen
Auf die Welt voll Spott und Hohn.
Einmal werden sie sich trauen,
Einmal das, was hemmt, zerhauen.
Und dann heißt‘s – Revolution!

Ach, sie sind ja sehr bescheiden,
Voller Ideale noch!
Ach, das Volk, seht nur, muss leiden!
Die Elite – ab ins Loch!
Auf geht’s in die bessren Zeiten,
Auf zu neuen Höhen, Weiten!
Wer dagegen: kriecht und kroch.

Und dann gibt’s im Mai Entschlüsse
Unter einem Lindenbaum.
Man verliest Programmergüsse,
Heiligt neuen Lebenstraum,
Plant fürs Volk jetzt Liebesküsse,
Lohnzulagen, Wohnbau, Raum.
Und im Juni – fallen Schüsse.

Junge Herren, junge Damen:
Im August schon an der Macht.
Und das Volk – kennt ihre Namen,
Keiner mehr, der sie auslacht.
Neue Regeln, neuer Rahmen,
Ansporn für die Faulen, Lahmen,
Wer nur hätte das gedacht!?

Dann im Herbst, die Blätter fallen,
Bleiben Lohnzulagen aus.
Leerer werden die Kaufhallen,
Mancher hockt lieber zu Haus.
Neue Herren, Damen schwallen,
Welche trinken, saufen, lallen,
Leben gut in Saus und Braus.

Zähe, lange Jahre später:
junge Herren, Damen: alt.
Und das Volk nennt sie: Verräter.
Herzlos, gierig, dumm und kalt.
Leise planen Attentäter,
Sehr geheim, ohne Gezeter
Einen Staatsstreich, und zwar bald!

Junge Männer, junge Frauen:
Sind’s die Attentäter schon?
Ja, die Wut wächst, und sie schauen
Auf das Land voll Spott und Hohn.
Bald schon werden sie sich trauen,
Bald schon das, was stört, zerhauen.
Wieder heißt’s:…