M.s Problem

[Erhard Gratz]

M.s Problem

M. wollte ein Feuer löschen
und fuhr deshalb nach Klein Göschen,
stieg auf eine Feuerleiter,
sprach: Jetzt seh‘n wir erstmal weiter.

M.s Gemahlin blieb zu Hause,
freute sich auf eine Sause
in der Kneipe nebenan
ohne ihren Ehemann,

der inzwischen auch erkannte,
dass in Göschen gar nichts brannte.

M.s Gemahlin ist nicht fleißig,
sie ist auch erst neununddreißig,
doch wir hoffen sehr, sie wird sich
bessern, ist sie erst mal vierzig.

* * *
Fazit:
Hin und wieder Verse funkeln,
doch ihr Sinn, der bleibt im Dunkeln.

[Ilka-Maria]

Lieber Erhard,

die erste Strophe holpert und poltert, da ließe sich am Metrum ein bisschen arbeiten. Dazu müsste man ein paar Wörter ändern und das eine oder andere Wort einbauen:

M. strebte, einen Brand zu löschen,
und raste deshalb nach Klein-Göschen,
dort stieg er auf die Feuerleiter
und sprach: Jetzt seh'n wir einmal weiter.

Die zweite Strophe wechselt vom Jambus in den Trochäus, deshalb sind die Zeilen kürzer. Kann man machen, wirkt aber oft auf den Leser "hämmernd". Hier gilt abzuwägen, ob dieser Takt zum Inhalt passt. In Jamben könnte die Strophe so lauten:

Die Ehefrau blieb nicht zu Hause:
Sie freute sich auf eine Sause
in der Kaschemme nebenan,
befreit von ihrem Ehemann.

Den nun folgenden Einschub hätte ich nicht mit einem Komma von Strophe zwei getrennt, sondern mit einem Punkt und dann diesen Einschub mit einem Großbuchstaben = neuen Satz begonnen, um ihn als neuen Gedanken hervorzuheben.

Strophe drei passt inhaltlich nicht mehr zu dem Text davor. Hier hätte ich Ms. Rückkehr und eine Reaktion auf die Sause seiner Gemahlin erwartet. Statt dessen geht die Perspektive vom personalen Erzähler (der aus Ms. Sicht berichtet) auf den auktorialen Erzähler über (der als allwissender Erzähler auch alles über Ms. Ehefrau weiß). Solche Perspektivwechsel irritieren den Leser.

Was das Fazit mit den Versen zu tun haben soll, bleibt tatsächlich ein Geheimnis. Eigentlich müsste die Erkenntnis doch sein, eine unzuverlässige Ehefrau besser nicht aus den Augen zu lassen.

Vielleicht kannst du mit meinen Gedanken zu deinem Gedicht etwas anfangen.

Besten Gruß
Ilka