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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 17.12.2022, 08:20   #1
männlich Heinz
 
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Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879

Standard Einsicht

Aller Mut mir entschwand nach dem Lesen der Nänie von Schillers
Versen über den Tod, weinend gesteh ich mir ein:
Niemals wirds dem eifernden Schüler gelingen, die Dichtkunst
so zu beherrschen wie er; keins meiner Werke berührt
alle Herzen, all meine Mühe gleicht vergeblichem
Haschen nach Wind und gewiss scheitert der nächste Versuch,
auf dem Rücken des flügelbewehrten Gefährten zu reiten,
aufwärts zum Hort, näher den Musen zu sein.
Nie wird Apoll seiner Leier zarte Töne entlocken und
klagen hör ich im Chor nicht nur Erato mit Weh.
Hör nur! es weinen die Musen, es weint auch Apollo mit ihnen,
Tränen rinnen dem Gott über die Wangen und Trost
spendet nur die Gewissheit, Klaglied zu sein auf den Lippen
göttlicher Wesen, die lächelnd dem Stümper verzeihn.


Die "Einsicht" ist, was die Form angeht, eine Nachahmung eines der schönsten Gedichte Schillers (Nänie), der die Form des Distichons (Hexameter/Pentameter) gewählt hat. Ein paar Erläuterungen: Nänie = Klagelied, der "flügelbewehrte Gefährte" ist Pegasus, das geflügelte Pferd,
der Hort der Musen ist der Parnassos, Sitz Apollons und der Musen in der Nähe von Delphi/Peleponnes, die Leier ist ein Instrument und Namensgeber der Lyrik, Apollo = Gott der Dichtkunst, Erato = Muse der Liebesdichtung.
Die Nänie Schillers:

Auch das Schöne muss sterben! Das Menschen und Götter bezwinget,
Nicht die eherne Brust rührt es des stygischen Zeus.
Einmal nur erweichte die Liebe den Schattenbeherrscher,
Und an der Schwelle noch, streng, rief er zurück sein Geschenk.
Nicht stillt Aphrodite dem schönen Knaben die Wunde,
Die in den zierlichen Leib grausam der Eber geritzt.
Nicht errettet den göttlichen Held die unsterbliche Mutter,
Wann er, am skäischen Tor fallend, sein Schicksal erfüllt.
Aber sie steigt aus dem Meer mit allen Töchtern des Nereus,
Und die Klage hebt an um den verherrlichten Sohn.
Siehe! Da weinen die Götter, es weinen die Göttinnen alle,
Dass das Schöne vergeht, dass das Vollkommene stirbt.
Auch ein Klaglied zu sein im Mund der Geliebten, ist herrlich,
Denn das Gemeine geht klanglos zum Orkus hinab.

Geändert von Heinz (17.12.2022 um 13:58 Uhr)
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