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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt. |
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04.03.2024, 19:20 | #1 |
Forumsleitung
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Die neue Selbstgerechtigkeit
Ich bin der Wächter der Moral,
der Grundbesitzer alles Guten die Sittsamkeit ist mir ein Gral, wer danach tritt, verdient zu bluten, ihm zeig ich, wie die Sense schwingt und sie das Lied des Anstands singt. Von meinem Land verschenk ich gern Parzellen an die Tugendbanden, die skrupulös zum Genderstern, zum Unterstrich und Schluckser fanden, und die den alten weißen Mann belehren, was man sagen kann. Moral baut die Gesellschaft um, ich bin ihr dabei dienstbeflissen. Nicht Volkes Will? Wer schert sich drum? Wer aufmuckt, der wird weggebissen, denn ich gehör zu den Gerechten, Protestler jedoch zu den Schlechten. 04.03.2024 |
05.03.2024, 12:42 | #2 |
Liebe Ilka,
auch ich bekenne mich zu Moral und Gleichberechtigung, mag aber den Gender-Stern nicht so recht leiden. Insofern gefällt mir Dein Gedicht, lediglich die letzte Zeile kann ich nicht einordnen: Wer sind die "Protestler?" Grüße von Georg |
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05.03.2024, 12:59 | #3 |
Forumsleitung
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Na, diejenigen, die wie du den Gender-Stern nicht leiden können und dagegen protestieren; die "Hinterwäldler", "alten weißen Männer" und "Ewig-Gestrigen", eben die Unverbesserlichen, die partout am Altbewähren festhalten wollen, anstatt das Kind mit dem Bad auszuschütten.
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08.03.2024, 19:44 | #4 | |
Liebe Ilka-Maria,
ich finde das Gedicht gut gereimt und witzig, es regt mich auch zum Nachdenken an. Was es mit Moral zu tun hat, weiß ich aber nicht genau. Zitat:
Dennoch bin ich sicher nicht ewiggestrig, ich möchte nur die Sprache vor selbsternannten Sprechdiktator*innen beschützen. Soweit ich das mitbekommen habe, sind die Sprachwissenschaftler uneins, ob der sprachgeschlechtlich männliche Plural Frauen einschließt oder ausschließt. Nach meinem Erkenntnisstand ist eine "Bäuerin" die Frau vom Bauern. Google Translator sagt: "Farmer's wife". Das ist nicht dasselbe wie "female farmer." Die Endung -in beschreibt traditionell im Deutschen die Zugehörigkeit zum Mann ohne selbst dessen Beruf auszuüben. Es ist also sprachlich völlig verkehrt, wenn ich von Bäuerinnen spreche, denn das bedeutet, dass ihre Männer Bauern sind, sie selbst aber nicht. Liebe Grüße, Lee |
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08.03.2024, 21:12 | #5 |
Forumsleitung
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Ich verstehe deinen Kommentar nicht so recht, denn mein Gedicht ist bewusst überspitzt in Ton und Inhalt und soll zwischen Ironie und Sarkasmus schweben. Um deine Haltung zu diesem Thema geht es explizit sowieso nicht, mit gutem Grund habe ich das Gedicht aus der Perperspektive des Lyrischen Ichs geschrieben, also in der Ich-Form, um niemanden direkt einzubeziehen.
Ich weiß nicht, wie ich es noch mehr überspitzen soll, damit zum Ausdruck kommt, dass man diese Gender-Kohlköpfe im Grunde nur auslachen sollte. Mit ihnen zu diskutieren bringt nichts, Ideologen kann man keine Mauern umstoßen. Wäre auch Energie- und Zeitverschwendung. Bedauerlich, dass du dich hast hinreißen lassen, selber deinen Kommentar mit Genderstern zu verhunzen. Ist auch gegen die Forenregeln, wir wollen hier klare und übersichtliche Schriftbilder haben. Ich weiß zwar, dass dieser Stern aus Gründen der Ironie gewollt ist, aber es gibt User, die das anders auffassen und nachahmen (hatten wir nämlich schon). Und das soll die entsprechende Forenregel verhindern. |
08.03.2024, 22:01 | #6 |
Ja, dieser Stern ist aus Gründen der Ironie da. Aber sag mal, wenn dich die Meinung der Leser zu bestimmten Themen nicht interessiert oder du mir hier explizit und persönlich den Mund verbieten möchtest, muss ich mich schon wundern, was für eine Art Diskussionskultur das sein soll.
Auch wenn dein Gedicht aus der Ich-Perspektive geschrieben ist, greift es doch Menschen mit anderer oder differenzierterer Meinung an und stellt sie ein bisschen einseitig als Moralisten dar. Darum geht es denen aber nicht, sondern um die Sichtbarmachung von Frauen und Diversen, was ja auch nicht kompletter Schwachsinn ist. Mit Menschen zu diskutieren bringt immer was, nämlich Erkenntnisgewinn. Wenn man so ein Gedicht schreibt, muss man damit rechnen, dass der Leser sich Gedanken über Sprachgeschlechter und dergleichen macht oder darüber, ob der weibliche Plural inklusiver ist als der männliche. Es darf jeder sprechen oder schreiben, wie er oder sie oder es will. Anderen Vorschriften zu machen ist übergriffig, finde ich. Sternchenverbot genauso wie Sternchenzwang. Wenn Sternchenverwender in diesem Forum sowieso nicht vertreten sind, ist es außerdem ein wenig seltsam, sich über sie lustig zu machen, weil sie nicht dagegen argumentieren können, wenn sie nicht da sind. Das nennt man Bashing. Liebe Grüße, Lee |
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08.03.2024, 22:24 | #7 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Und nein, mein Gedicht erklärt nicht andere Menschen zu Moralisten, sondern das Lyrische Ich benennt sich selbst so und spielt sich deshalb, nämlich aus dieser moralischen Perspektive, zum Erzieher der Menschheit auf. Wieso ist das derart misszuverstehen? Schon ist der ersten Zeile steht doch deutlich: "Ich bin der Wächter der Moral ...". Ergo haben die anderen, die nicht der Meinung des LY sind, eben keine Moral, und weil sie diese nicht haben, können sie keine "Moralisten" sein. Wenn das unlogisch sein sollte, muss ich etwas falsch gemacht haben. |
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08.03.2024, 23:23 | #8 |
Nun, vielleicht habe ich es auch falsch verstanden. Das LI ist der Wächter der Moral, der Leute lobt und mit Parzellen beschenkt, die alte, weiße Männer mit Sternchen bewerfen und der - gegen Volkes Willen - Kritiker weg pustet und Protestler (also Sternchenverweigerer wie uns) schlecht findet.
Das LI vertritt also nicht deine Meinung, sondern deine Anti-Meinung, es ist Ironie und darum auch lustig. Aber ich frage mich eben, was z.B. die Verwendung oder Nicht-Verwendung von Sternchen eigentlich mit Moral zu tun hat. Nichts, aber es ist sprachwissenschaftlich interessant, finde ich. Aber du schreibst: "Um deine Haltung zu diesem Thema geht es explizit sowieso nicht." Warum denn nicht? Das Thema "Das Wortgeschlecht ist asexuell" ist ein beliebter Zankapfel. Nur gar kein moralisches Thema wie zum Beispiel Prostitution oder stehe ich auf dem Schlauch? Die Sternchenverwender und ehemaligen Unterstrichbanausen, die alte, weiße Männer belehren wollen, verweisen auf eine bestimmte Personengruppe, der ich mich genau so zugehörig fühle wie den Protestlern, weil ich zwischen Sprachverwendung und politischer Tätigkeit trenne. Da bin ich wohl in einem moralischen Dilemma, vielleicht ist das der Zusammenhang oder ich habe eine andere Definition von Moral als "Ethik" oder ich habe es einfach nicht kapiert oder ich sehe es zu differenziert, weil ich zu tief in der Sternchendebatte stecke? Ich werde beruflich diskriminiert, weil ich keine verwende und die Hüter der "Moral" mir Vorschriften machen. Das ist aber keine Moral, sondern nur eine politische Meinung. Sie hüten den Klugscheiß-Gral. Liebe Grüße, Lee |
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