|
|
Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten. |
|
Themen-Optionen | Thema durchsuchen |
07.03.2023, 07:16 | #1 |
gesperrt
|
Paar Zeilen Glück
In Märzberlin, wenn die
Bäume noch keine Schatten werfen in die gleißende Sonne der Straßen, wenn erstes Ahnen in der Luft, krokusübersät die Parkwiesen ihre verborgene Pracht offenbaren, die Schritte der Menschen kindliche Leichtigkeit vermuten lassen, erwärmt sich deine Winterseele; auch die laute Stadt hat ihre stillen Viertel, benommen läufst du dir zu, hoffst noch einmal auf März, spürst dein Menschsein bis in die Finger, dass da etwas ist, wofür dir Worte fehlen, der Einfachheit halber nennst du es Glück. |
07.03.2023, 07:25 | #2 |
Forumsleitung
|
Guten Morgen, Rumpelstilz,
was du in dieser Strophe schreibst, kann man von dir nicht sagen: Du verstehst es, mit Worten umzugehen. Ich predige seit Jahren immer wieder in diesem Forum: Leute, greift in die Wortschatzkiste, macht euch Mind Maps, spielt mit den Begriffen herum, und ihr werdet sehen, was an sprachlichem Reichtum in euch schlummert! Das kann sogar Spaß machen. Statt dessen meine ich, bei der Mehrheit ein Verkümmern der Sprache festzustellen, trotz der Aufnahme vieler neumodischer und ausländischer Begriffe. Dabei gibt es so viele positive Beispiele, wie man sich ihren Reichtum zunutze machen könnte. Dein Gedicht ist eins davon. Besten Gruß Ilka |
07.03.2023, 18:04 | #3 |
gesperrt
|
Paar Zeilen Glück
Liebe Ilka-Maria,
danke fürs Reinsehen. Ja, das ist ein generelles Problem heutzutage, besonders bei jungen Leuten, diese Spracharmut. Liegt an der Schule, wenn alles digital gemacht wird. Oder das Smartphone. Wenn ich Straßenbahn fahre, sitzen um mich herum nur Leute, die sich damit beschäftigen und völlig abwesend sind. Ich weiß ja nicht, wie heute Literatur gelehrt wird, aber ich denke, das ist nicht so dolle. Ich gehöre ja noch zu der Generation, wo in der Schule Literatur sehr wichtig war. Man kann nur immer wieder sagen, dass es nötig ist, auch Gedichte bekannter Lyriker zu lesen. Ich habe da eine Idee: Eine laufende Datei, in der du bestimmte Autoren empfiehlst, ein, zwei Gedichte von ihnen einstellst. Kann ja sein, dass jemand neugierig wird. Wenn du findest, gute Rezensionen. Oder vielleicht mal im Wochenrhythmus ein, zwei Gedichte in einer Extra-Rubrik einstellen für alle Autoren, und dann zur Diskussion auffordern. Das ist natürlich alles mit Arbeit verbunden, danken wird es dir wohl kaum jemand. Möglich, dass es dann hier doch etwas munterer wird. Einfach mal probieren. Wenn keiner mitmacht, lässt du es sein. Was sonst noch gemacht werden könnte, weiß ich nicht. Zoom können wir hier ja nicht machen, ist ja alles schriftlich. Wenn ich Zeit habe, würde ich mitmachen. Und vielleicht würden sich dann auch andere Interessierte beteiligen. Lieben Gruß, Rumpelstilz |
07.03.2023, 18:47 | #4 | |
Forumsleitung
|
Zitat:
https://www.poetry.de/showthread.php...ghlight=Kaleko So ist es mit allen Fäden, die sich allgemein mit Literatur anderer Autoren befassen. Lediglich der Faden "Welches Buch lest ihr gerade?" ist bis heute aktiv, wird aber nur von wenigen Usern genutzt. Entweder sie lesen kaum Bücher, oder es macht ihnen zu viel Mühe, eine Rezension zu schreiben. Kurz gesagt: Bemühungen dieser Art finden anfangs ein wenig Gefallen, schlafen aber mit der Zeit ein. So ist es auch mit dem "Workshop Kreatives Schreiben" in den Interessengemeinschaften (Link unten in meiner Signatur). Dort hat sich eine stattliche Anzahl Mitglieder angemeldet, aber kaum jemand nimmt teil. Inzwischen gibt es nur noch sporadisch Beiträge, die beiden letzten von Silbermöwe und mir. Und das war's. Die Arbeit an solchen Projekten würde mir nichts ausmachen, denn ich kann mich ohne viel Überlegen ausdrücken und bin ein schneller Schreiber auf der Tastatur. Aber andere User haben offensichtlich nicht die Zeit für eine derartige Aktivität, und manchen Äußerungen zufolge wollen sie auch keine Meinung äußern, um nicht in eine Debatte involviert zu werden. Wer es trotzdem versuchen will, einen Faden aufzumachen, wie du ihn vorschlägst, hat das Recht, jederzeit in diesem Sinne aktiv zu werden. Ich habe hier keine Exklusivrechte, darüber zu entscheiden, und niemand, dem die Sache eine Herzensangelegenheit ist, braucht mich dazu. LG Ilka |
|
08.03.2023, 10:38 | #5 |
gesperrt
|
Paar Zeilen Glück
Liebe Ilka-Maria,
naja, so neu ist meine Idee ja auch nicht. Ja, was du beschreibst, ist das Übliche. Jeder muss eben an sich selbst alleine arbeiten. Die Schule hilft da nicht, das gründlichste Fach nicht nur heutzutage ist Gehorsamkeit, wenn die Bildung immer weiter gekürzt wird. Da werden Viertelgebildete produziert. Aber dann studieren wollen. Armes Deutschland. Lieben Gruß, Rumpelstilz |
08.03.2023, 11:24 | #6 |
Forumsleitung
|
Gehorsamkeit zeigen Schüler schon lange nicht mehr. Ich würde es auch eher Disziplin und Respekt vor dem Lehrer nennen. In den Augen heutiger Schüler ist er ein dämlicher Hampelmann. Soll ein Schüler nicht versetzt werden, klagen die Eltern und setzen gerichtlich durch, dass ihr Kind in die nächste Klasse kommt. Auch Empfehlungen der Lehrer, wozu ein Kind geeignet ist und wozu nicht, werden einfach zur Seite gewischt, denn irgendwelche Ideologen haben versichert: Jedes Kind ist hochbegabt und befähigt, zu studieren.
Inzwischen gehen die Lehrer mit 50 Jahren in den Vorruhestand, weil ihre Nerven blank liegen, und Nachwuchs fehlt, weil sich niemand mehr diesen Beruf antun will. Anfang der Woche meldete die Presse, dass in den deutschen Bundesländern fünf bis sechs Prozent der Schüler ohne Hauptschulabschluss die Schule verlassen und die meisten davon nie eine Chance haben werden, einen Ausbildungsvertrag zu bekommen. Da müssten alle Alarmglocken angehen. Aber kein Politiker weiß, wie er die Kuh vom Eis bekommt nach mittlerweile sechzig Jahren vermurkster Bildungspolitik. Daran allein kann man es aber nicht festmachen. Auch in den Elternhäusern laufen viele Kinder nur nebenbei mit, mit Smartphone in der Hand und eigenem Fernsehgerät und Computer im Kinderzimmer. So ist man die Gören und Racker los. Es wird nicht mehr viel miteinander gesprochen, es wird nichts mehr vorgelesen und kaum noch etwas gemeinsam unternommen oder miteinander gespielt. Spielplätze? Kann man vergessen, dort geht kein Kind mehr hin, man kann ja zu Hause daddeln. Das Stadtbild ist weitgehend frei von Kindern, wenn nicht gerade Schulschluss ist und sich Grüppchen an der Bushaltestelle sammeln oder die Kinder von ihren Müttern mit dem Auto aufgelesen werden. Undenkbar, dass man heute einem dieser Weicheier zumuten könnte, wie ich früher vierzig Minuten lang mit einer schweren Tasche zu Fuß in die Schule zu gehen. |
09.03.2023, 08:30 | #7 |
gesperrt
|
Paar Zeilen Glück
Liebe Ilka-Maria,
das ist leider alles wahr, was du schreibst. Stell dir vor, was ich neulich im Wartezimmer beim Arzt gesehen habe: Ein etwa vierjähriger Junge bekam vom Vater das Smartphone in die Hand gedrückt, weil er gesagt hatte, es ist langweilig. Und wie ich dann sehen konnte, bediente dieser Vierjährige das Smartphone wie ein Erwachsener! Ich war völlig von den Socken. Das ist es, was heute herangezüchtet wird. Da kann ich nur wieder sagen: Armes Deutschland. Lieben Gruß, Rumpelstilz |
09.03.2023, 10:01 | #8 | |
Zitat:
also ich kann mich eher an Predigten von dir erinnern, in denen gesagt wurde, man sollte auf Adjektive und Füllwörter verzichten. Da obiges Gedicht jede Menge davon aufweist, bin ich irritiert. Ich hätte nämlich ein solches Gedicht genau deshalb nicht geschrieben: „In Märzberlin, wenn die Bäume noch keine Schatten werfen (Füllwort) in die gleißende Sonne der Straßen,(Adjektiv) wenn erstes Ahnen in der Luft, (Adjektiv) krokusübersät die Parkwiesen (Adjektiv) ihre verborgene Pracht offenbaren, (Adjektiv) die Schritte der Menschen kindliche (Adjektiv) Leichtigkeit vermuten lassen, erwärmt sich deine Winterseele; auch die laute Stadt hat ihre stillen (Adjektive) Viertel, benommen läufst du dir zu, (Adjektiv) hoffst noch einmal auf März, (Füllwort) spürst dein Menschsein bis in die Finger, dass da etwas ist, wofür (Füllwort) dir Worte fehlen, der Einfachheit halber (Füllwort) nennst du es Glück." LG DieSilbermöwe |
||
09.03.2023, 10:18 | #9 |
Forumsleitung
|
Wenn jemand daherkommt wie der Gehirnforscher Manfred Spitzer und den Leuten sagt, was sie ihren Kindern antun, wird er als reaktionär diffamiert.
https://www.youtube.com/watch?v=MRrPbNLhEuQ&t=146s Dabei scheint Deutschland tatsächlich zu verblöden. Man sollte sich mal den Vortrag es ehemaligen Schulrektors Josef Kraus anhören: https://www.youtube.com/watch?v=kHA6VtA5fsw&t=197s |
09.03.2023, 11:42 | #10 |
gesperrt
|
Paar Zeilen Glück
Hallo Silbermöwe,
du machst den Fehler, das Thema formal zu betrachten. Es geht auch nicht um Adjektive, sondern um Adverbien, die man vermeiden sollte. Faustregel: Wenn ein Adjektiv das Substantiv nicht näher erläutert, sondern nur aufplustert, ist es überflüssig. Solche Adjektive oder gar Adverbien findest du in diesem Gedicht nicht. Behaupte ich mal, ich kenne nämlich die Regel. Weis mir ein Adjektiv nach, das überflüssig ist für das Verständnis, oder ein Adverb. Aber hast du sonst keine Meinung zu diesem Gedicht? Liebe Grüße, Rumpelstilz |
09.03.2023, 12:12 | #11 | |
Forumsleitung
|
Nun, Mark Twain hat mit seiner bekannten Regel "When you catch an adjective, kill it!" nicht jedes Adjektiv gemeint, sondern dasjenige, dessen Eigenschaft in dem Substantiv, das es begleitet, bereits vorhanden ist oder das einer Beschreibung nichts Wesentliches beifügt. So ist es z.B. unsinnig, von einem heftigen Sturm zu sprechen, denn ein sanfter Sturm wäre kein Sturm. Es sind diese unsinnigen Adjektive, die sich - leider - großer Beliebtheit erfreuen, weil unerfahrene Schreiber meinen, damit besonders auschauliche Texte zu kreieren. Dann wird der Leser mit einem Wust dieser Zuschreibungen regelrecht erschlagen, denn er weiß selber, dass Raben schwarz sind und Schweiß nass ist und dass bei "bereits schon" eines der beiden Wörter verzichtbar ist.
Deshalb sagte Mark Twain weiter: "No, I don't mean utterly, but kill most of them—then the rest will be valuable. They weaken when they are close together. They give strength when they are wide apart." Dabei muss man allerdings zwischen Prosa und Lyrik unterscheiden. In der Prosa hat man viel mehr Raum zum Beschreiben und kann bestimmte Wortarten weiter verteilen als in der Lyrik. Wenn es in einer knappen lyrischen Form wie einem Gedicht um die Beschreibung von Stimmungen geht, wird es schwierig, ohne Adjektive auszukommen. Letztendlich ist es eine Sache, ob man Sprachgefühl entwickelt und merkt, wann ein Adjektiv verzichtbar oder überflüssig ist - oder sogar völlig daneben, weil der Autor seine Wortbedeutung falsch erfasst hat. So hatte ich einmal auf einer Internet-Seite über die Bio eines Filmkomponisten gelesen: "Er starb nach kurzweiliger Krankheit." Darauf, dass eine Krankheit so viel Spaß macht, dass man sie als kurzweilig empfindet, muss man erst mal kommen. Ich hatte die Verfasser des Artikels daraufhin angeschrieben, und sie haben den Satz geändert. Im übrigen enthält die letzte Strophe von Rumpelstilz' Gedicht weder ein Adjektiv, noch ein Füllwort. Aber schauen wir uns mal die erste Strophe an, ob es darin wirklich überflüssige Wörter gibt: Zitat:
Wie also sollte man den Inhalt dieser Strophe formulieren, dass er keine Adjektive mehr enthält, aber dieselbe Aussage und Stimmung erhalten bleibt? |
|
09.03.2023, 14:19 | #12 | |
Zitat:
wie auch immer ich das Gedicht betrachte, kann das Betrachten so oder so kein Fehler sein denn ich kann es ja betrachten, wie ich will, das steht dem Leser frei. Mir ging es aber hier um ganz was anderes, nämlich darum, dass Ilka die sparsame Sprache heutzutage bemängelt hat, die ich mir aber genau deswegen angewöhnt hatte, weil Adjektive immer kritisiert wurden. So hat Ilka jetzt mal im letzten Beitrag beantwortet, was ich schon immer wissen wollte. Mir ging es nicht darum, dein Gedicht schlechtzureden, falls du das glaubst. Mir ging es um Ilkas Stellungnahme zu Adjektiven. Und jetzt werde ich mich auch mal trauen, Adjektive zu verwenden. Hallo Ilka, vielen Dank für den ausführlichen Beitrag über die Adjektive. LG DieSilbermöwe |
||
09.03.2023, 14:33 | #13 | |
Forumsleitung
|
Zitat:
Gleichzeitig mit stilistischen Redundanzen wird der Wortschatz der jungen Leute immer geringer. Laut Statistik hat er sich bei Schülern im Vergleich zu ein bis zwei Generationen davor und im selben Alter der Wortschatz mittlerweile halbiert. Das ist eine Entwicklung, die Alarm auslösen sollte. |
|
09.03.2023, 19:03 | #14 |
gesperrt
|
Paar Zeilen Glück
Nein, Silbermöwe, das habe ich auch gar nicht angenommen, dass du mein Gedicht schlechtreden willst. Ob es gut oder nicht, wer weiß das schon.
Nein, ich hatte nur bemerkt, dass du zu eng ans Thema gehst. Aber nun ist die Sache ja geklärt. Lieben Gruß, Rumpelstilz |
Lesezeichen für Paar Zeilen Glück |
|
Ähnliche Themen | ||||
Thema | Autor | Forum | Antworten | Letzter Beitrag |
Paar neue Zeilen | Ecrix213 | Eigene Liedtexte | 0 | 14.10.2019 13:17 |
Ein Paar Zeilen | Biradial | Nutzer-Neuvorstellungen | 0 | 09.02.2019 13:14 |
Nur ein paar zeilen | broken-love | Eigene Liedtexte | 0 | 19.05.2017 14:20 |
Das Glück hängt vom Glück ab! | Karl Lauer | Die Philosophen-Lounge | 32 | 09.01.2015 01:01 |
Vier Zeilen voller Glück | Mindrunner | Humorvolles und Verborgenes | 3 | 07.12.2013 21:00 |