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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen. |
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02.12.2022, 12:14 | #1 |
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Lob der Dichtkunst
Wortgeklingel, Satzgeläute
dazu Herz- und Schmerzgebimmel: Damit zieht man Pappgebäude hoch hinauf zum Lyrikhimmel, reitet Pegasus zuschanden, denn, von Göttern auserkoren zählt man zu der Dichter Granden, ist als Sprachgenie geboren, und beweist der ganzen Welt, was die Kunst am Laufen hält. Wozu Buch und Zeitung lesen? Selber schreiben ist Devise, wenn auch grob wie mit dem Besen mangels jeder Expertise. Irgendwelche dumpfen Backen kosten gern die fade Brühe und verlieren keinen Zacken, Lob zu muhen wie die Kühe. Muss die Welt zugrunde gehen, soll es anspruchslos geschehen. |
02.12.2022, 14:11 | #2 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879
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Liebe Ilka-Maria,
ich füge deinem Stoßseufzer meinen hinzu. Liebe Grüße, Heinz |
02.12.2022, 15:59 | #3 | |
Zitat:
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06.12.2022, 15:45 | #4 | |
Zitat:
da ich eher zu den "Lobenden" gehöre, muhe ich auch Deinen Zeilen meine Anerkennung. Natürlich, ebenfalls, weil ich sie gerne gelesen habe (kreative und anspruchsvolle Begrifflichkeit). Beides ist wichtig: Kritik - um den Schreibenden zu verbessern, Lob - um zu Motivieren und das Gute und Richtige in der Präsentation hervorzuheben (damit derjenige darauf aufbauen kann). Ich persönlich hinterfrage mich ständig, daher ist für mich ein gelegentliches Lob meistens effektiver als eine Kritik (obwohl ich eine differenzierte und wohlgemeinte Kritik ebenfalls schätze). Und so halte ich es auch mit meiner Umgebung: Erst mal freundlich sein...meckern kann man später immer noch... Grüße von georg Geändert von Georg C. Peter (06.12.2022 um 17:24 Uhr) |
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06.12.2022, 17:10 | #5 |
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Ihr lieben drei Mitstreiter,
zu den meisten Beiträgen schreibe ich nichts, nur wenn es zu arg wird, "maße" ich mir die "Selbstherrlichkeit" an, jegliches "Fingerspitzengefühl" über den Jordan gehen zu lassen und mir die Finger zu verbrennen; denn die Brandblasen sind weniger schmerzhaft als das Leid, das dem Leser angetan wird. Aber wer hätte schon jemals in diesem Forum einem malträtierten Leser sein Mitgefühl ausgesprochen? Vielmehr treten die Retter der Enterbten auf den Plan und verteidigen die Stümper, die geschwätzige Texte mit einer fehlerhaften Orthografie, einer skandlösen Grammatik und Syntax, Füllwörter bis bis Überlaufen und Holper-Stolper-Verse, rücksichtslos kumuliert in einem einzigen Text, präsentieren. Ich rede nicht von jungen Leuten, die noch zur Schule gehen und von denen man aus vielerlei vernünftigen Gründen nicht zu viel erwarten darf. Es geht vielmehr um die Altersklassen zwischen 40 und 80 Jahren. Ich rede auch nicht von einzelnen Tippfehlern oder einem misslungenen Ausdruck, wie er jedem einmal unterlaufen kann. Es geht um Texte, die in jeglicher Hinsicht das Äquivalent der Goldenen Himbeere verdienen - und vielleicht nicht einmal das. Die Frage, die sich mir dabei stellt: Wieso haben so viele Menschen so wenig Sprachgefühl? Und warum schreiben sie Lyrik, wenn schon an den ersten Versen erkennbar ist, dass sie sich nie ernsthaft mit dieser Literaturgattung befasst haben? Warum glauben sie, schreiben zu können, weil das eine ganz einfache Sache sein muss, denn wie sonst könnte es massenhaft Bücher auf dem Markt geben? Wieso glauben sie, etwas zu können, das sie nie gelernt und geübt haben, egal ob mit Lehrer oder autodidaktisch? Mit ist das ein Rätsel. Mir würde niemals einfallen, mich als Opernsängerin zu bewerben und vorzusingen im Gottvertrauen darauf, dass mir außer von der eigenen Mutter oder der besten Freundin Beifall geklatscht wird. Weil ich weiß, dass ich es NICHT kann. Das musste mal raus. Und danke für das Feedback. |
06.12.2022, 18:50 | #6 | |
Die Diskrepanz zwischen qualitativer und quantitativer Kritik ist durchaus erkennbar.
Zumal liegt es aber auch daran, dass das qualitative gerne mal verlacht wird, oder als klugscheißen abgestempelt wird und ihm somit kein ernst mehr zuteilwird. Nicht selten auch von denjenigen die eigentlich auf Qualität achten. Ich bin in der Lage, wie auch einige andere, Qualität zu erkennen und dementsprechend bin ich auch in der Lage Argumente zu enttarnen, oder im Stillen zu belächeln (so böse das klingen mag) Auch Absichten hinter einem Text sind mitunter erkennbar. Wenn mir jemand weiß machen will, er/sie sei der/die beste/tollste Dichter/in des 21. Jahrhunderts, dann habe ich schon im Vorfeld und im Erst Post erkannt auf welchem Stand des Handwerks und der dichterischen Fertigkeit die Person steht. Das mag überheblich klingen, aber ist leider eine Tatsache. Jemand anderes benannte dies als "intrinsisches Gefühl" und ich mag den Klang des Wortes, allerdings halte ich von dem Wort als Argument nichts, denn eigentlich deutet es nur auf die Tatsache hin, dass sich jemand Ausgiebig und umfassend mit einer Thematik befasst hat und dessen Grundsystem versteht und einzuordnen vermag. Schubladendenken sozusagen. Ich mag Schubladendenken, da es kategorisierend ist und mich befähigt, Qualität von Quantität zu trennen. Wenn mir also jemand klar machen will, dass er einen Geniestreich geschafft hat, mit Worten und dessen Formgebung, muss derjenige erstmal mein "antrainiertes" intrinsisches Gefühl für Wertsysteme ansprechen. Dennoch leide ich oft an Selbstzweifeln bei meinen Äußerungen, da diese oft aus der Situation heraus entstehen. Ich bin mir bewusst, dass ich ein Autodidakt bin, der sich eventuell zu sehr selbst überschätzt. Aber ich habe oft das Gefühl mich mitteilen zu müssen, weil andere es nicht tun. Als Beispiel nehme ich den Text von Maggy unter deren Text ich vor Wochen einmal kritisch, aber auch dezent sarkastisch klang. Ich las ihre Antwort darauf und war hellauf begeistert wie sie mit meiner Kritik umging. Sie nahm sich die Kritik an und bedankte sich. Des Weiteren zeigt sie bisher großes bemühen und hat sich jetzt sogar an einem Sonett versucht, ohne konkret zu wissen was ein Sonett ist, da sie sich der Form bedient. Ich habe da Respekt vor und erkenne das an, vor allem weil die Hoffnung ihrerseits vermutlich besteht eine Ernsthafte und lehrreiche Kritik darauf zu erhalten. Ich sehe nur leider noch niemanden der hiesigen Sonettschreiber darauf reagieren... Ihr Wille in Hinsicht auf Verbesserung ist erkennbar. Es fehlt nur der passende Kommentator/Kritiker. Zitat:
Manchmal ist es nicht einfach, wenn man sich von allen Personen im Leben, die einem mal ein ernstes Wort zukommen ließen, getrennt hat, weil man die Wahrheit nicht hören wollte und sich davon verletzt fühlte. Solchen Menschen ist Selbstverwirklichung und Ego lieber, als liebgemeinte Ehrlichkeit die vor Fehlern bewahrt wie, nur ein grobes Beispiel, sich eine Gitarre umzuschnallen und zusammenhanglose Worte auszuscheiden. Und dann gibt es auch Kinder die von klein auf lernen, dass sie etwas erschaffen haben, das in Porzellan gerahmt liegt und es nun auf große Reise gehen muss, weil Trennung zum Leben gehört. |
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07.12.2022, 14:40 | #7 |
Die lobende Antwort von Georg erscheint mir sehr angemessen.
Denn der gnadenlose Kritikus hat viel zu bedenken. Und hier im Forum stellt sich ihm eine besonders schwere Aufgabe, liebe Ilka, ich kanns gut nachvollziehen. Es ist schon einige Zeit her, als mir jemand vielsagend ein unbekanntes Gedicht auf einem geheimnisvollen Zettel präsentierte, als wäre es eine lyrische Offenbarung. "Hier, für Dich". Hm, das waren offensichtlich keine Gedanken eines Kindes. Ich habs kurz durchgelesen und in einer ersten Reaktion gelacht, mit einem spontanen Verriss nach Art, wie es auch hier gerne mal üblich ist. Habe mir, um es direkt vorwegzunehmen, dabei ordentliche Brandblasen zugezogen. Ich dachte, das ganze wäre ein Witz. Wollte jemand wirklich meine ehrliche Meinung zu diesem kruden Geschreibsel wissen? Gerne, nur zu, ich nehme kein Blatt vor den Mund, bin offen und ehrlich. Es ging um Sonne, Licht, Blumen, Vögelchen und Herzschmerz , trallala, hatte es nach dem Lesen eh wieder vergessen, da mich beim Lesen sofort gestört hatte, wie diletantisch das ganze Gedicht aufgezogen war, dahingerotzt, platt, langweilig mit abgegriffenen holzschnitzartigen Plattitüden etc., zudem äußerst fehlerhaft, unsaubere Reime und unprofessionell mit der krakeligsten Kinderhandschrift, die man sich nur vorstellen kann. Sollte der Leser beleidigt werden? Da hatte zudem jemand auf großen, gewichtigen Dichter machen wollen und nur Zeilen von großer Peinlichkeit erzeugt. Ein Wortgeklingel, Satzgeläute, Herz- und Schmerzgebimmel vom Feinsten. Die formvollendete Vorlage für einen Kritiker. Du hättest bestimmt deine schiere Freude daran gehabt, liebe Ilka. Aber was sollte daran nun so besonders und erwähnenswert sein? Es war das späte Ergebnis einer harten jahrelangen Arbeit. Vorausgegangen waren frustrierende Zeiten von Selbstzweifel, Selbsthass, suizidale Episoden, Verzweiflung und Selbstaufgabe, diverse Reha- Maßnahmen, Ergotherapie und Logopädie etc... Endlich hatte er es geschafft! Endlich war er aus seinem Loch herausgeklettert und hatte wieder von Sonne Licht und Vögeln geschrieben, hatte sich mit Eifer eine neue Perspektive entwickelt. Er hatte sich nach seiner Aphasie im Schreiben wieder eine kleine Möglichkeit erarbeitet, um sich anderen mitzuteilen, frohe, gewichtige Gedanken, geschrieben von meinem halbseitig gelähmten Onkel, der vermutlich sehr lange gebraucht hatte, um mir seine Gedanken zu Papier zu bringen, hochmotiviert, begeistert, intrinsisch - wie auch immer. Ich war ihm diesen Brief wert. Mit solch einem Erlebnis im Hintergrund lässt es sich manchmal nur erahnen, was einem Gedicht vorausgegangen ist. Wer bemüht ist, sich mit seinem Missbrauch, Depression, seiner schweren Trennung, einem Tod oder Gewalt zu arrangieren und in Lyrik umzuwandeln, arbeitet i.d.Regel hart an seiner eigenen Katharsis, Genesung oder Wandlung. Welch unerschöpfliche Quelle entsteht bei Leid, Dissonanz, Unrecht oder Schmerz. "Wenn die Welt klar wäre, gäbe es keine Kunst" schreibt Camus, und hat damit recht. Auch das Forum ist ein kleines Therapiezentrum, ob man es wahrhaben will oder nicht. Die Kunst beschreibt viele Zustände. Sich also vor dem möglichen Hintergrund eines Werkes zu verschließen, es losgelöst ohne Kontext zu betrachten erscheint nicht viel diletantischer als das Werk selbst. "Denn die meisten großen Taten, die meisten großen Gedanken haben einen belächelnswerten Anfang" schreibt Camus weiter, und dem kann ich mich nochmals anschließen. Was ist schon die Klarheit eines Verrisses, wenn nicht ordentlich nachgefragt wird. Diese Recherche um die Person kann bei anonymen Avataren in einem Forum natürlich nicht geleistet werden. Um dem Werk aber gerecht zu werden, um eine werkimmanente Kritik in angemessener Weise zu verfassen, bedarf es unbedingt der besonderen Sensibilität und Achtsamkeit, die solche Gedanken einbezieht. Mit Lob ist man wohl am nächsten dran und auf der sicheren Seite. Echtes Lob ist eine Kunst. LG Donna |
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03.02.2023, 13:49 | #8 |
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Lob der Dichtkunst
Ach, Ilka-Maria, wie gut ich diesen Stoßseufzer verstehe. Ich habe mir hier einiges angesehen und finde buchstäblich kaum ein Gedicht, zu dem ich mich äußern würde. Und wie immer: Von Ausnahmen abgesehen.
Aber das findet man in allen Lyrikforen. Hierorts keine Besonderheit. Ich warte mal auf ein Gedicht, das mir auch wirklich etwas gibt. Vor Textarbeit scheue ich doch etwas zurück, weil ich nicht weiß, wie die Reaktionen ausfallen würden. Obwohl ich sachliche Diskussion für eine wirklich sehr positive Sache halte. Nur ist das Kunststück, mit einem Lyriker sachlich diskutieren zu können, noch nicht erfunden. Wir sind ja so sensibel. Lieben Gruß, Rumpelstilz |
03.02.2023, 14:00 | #9 | |
Zitat:
Vorausgesetzt man hat überhaupt etwas zu vermitteln. |
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03.02.2023, 14:36 | #10 |
Dabei seit: 02/2021
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Beiträge: 1.676
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... dieser Stoßseufzer hat mich im Innersten angesprochen. Ich hab echt kurz überlegt, ob ich es lieber sein lasse, da ich kein Grande bin.
Ich versuch's trotzdem weiter, gelegentlich wird schon was schönes rauskommen. Da ich mit der Theorie nicht klar komme, versuch ich es intuitiv. Ja, auch ich kritisiere gern und lass das Loben hinten an stehen. Kommt auch auf die jeweilige Tagesform an, wenn ich mein eigenes Empfinden zum Text schreibe, kann es beides sein. MonoTon, deine Auseinandersetzungen mit manchen Texten finde ich gelegentlich extrem spannend, doch irgendwie überfordert es mich auch. In meiner Jugend habe ich viel rezitiert, wenn etwas nicht passte, wurde es passend zitiert, Satzmelodie verändert und gut. wünsche schöne Träume |
03.02.2023, 14:51 | #11 | |
Zitat:
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03.02.2023, 14:59 | #12 | |
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Zitat:
Da konkretes Wissen, neben dem populärwissenschaftlichen in google und co, nicht so einfach zugänglich ist, wird zudem gern ein Kompetenzmissbrauch betrieben. Für das eher durchschnittlichere Publikum besitzt das keinerlei Gewicht, da es nicht auffällt. Ich will das alles nicht verurteilen. Es ist anscheinend menschlich. Trotzdem merkt man, wer echt ist und nicht fürs Publikum schreibt und wer nicht. Und es ist bedauerlich, denn ich glaube, dass viele gute Werke in Schubladen ungelesen verstauben, geschrieben von Menschen, denen jeglicher Drang für ein Publikum nicht gegeben ist. Jene müssen schreiben, weil sie schreiben müssen. Und das tun sie nicht für andere. |
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03.02.2023, 17:23 | #13 | |
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Zitat:
Manchmal ist es auch nur eine Idee, die Menschen plötzlich in die Tastatur hauen lässt. Wie z.B. der Drogerie-Boss Rossmann, der meinte, seine Idee sei so sensationell, dass man sie unbedingt als Roman gestaltet unter die Leute bringen muss. Dass er einen Ghostwriter zur Seite hatte, verschweigt das Marketing. Meine Tutorin Helga Gläsener (sie schreibt historische Romane) hatte ihre ersten beiden Bücher auch erst für die Schublade geschrieben, sie dann aber doch einem Verlag angeboten. Und sie wurden veröffentlicht. Also warum etwas für sich behalten, wenn man Lesern mit der Veröffentlichung eine Freude machen kann? |
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03.02.2023, 18:16 | #14 | |
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Das war falsch meinerseits formuliert, hier bitte ich um Verzeihung.
Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll: Es ist eine Magie, die von fähigen Leuten ausgeht, die man nicht kopieren oder nachahmen kann. Und dieses Attribut macht es "unique". Ganz egal, ob es sich um Gedichte, Texte, Kritiken oder was auch immer handelt. Manche können es einfach. Und andererseits hast du dann jene, die es versuchen (aber scheitern und ihre Motive zwischen den Zeilen entlarven). Streiche das "man" und ersetze es durch "ich nehme es wie folgt wahr". Danke für die Korrektur. Zitat:
Was ich hier geschrieben habe, basiert nur auf meiner Erfahrung. Soll heißen: Wenn ich vergleiche ziehe zwischen Rampensäue und Schreiber, die nicht gelesen werden wollen, waren die Werke, die das Licht nie sehen werden, besonders. Alle von dieser Art hatten eine Sache gemein: Sie mussten schreiben, für sich, wie das tägliche Frühstück oder das Atmen. Und das Zeigen der Werke empfanden sie als unangenehm. Geändert von Ex-petrucci (03.02.2023 um 18:20 Uhr) Grund: Zusätzlicher Vermerk |
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03.02.2023, 18:38 | #15 | |
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Zitat:
Ich hatte ein Jahr lang freiberuflich mit dem Ehapa-Verlag zu tun. Das ist der "Asterix"-Verlag bei Stuttgart. Dieser Verlag hatte Kinder zu einem Malwettbewerb aufgerufen, und wie üblich wurden die (vermeintlich) drei besten Bilder prämiert. Ich fragte, was mit all den anderen Bildern geschehen solle, und die Antwort war: "Die werden weggeworfen." Ich war entsetzt und meinte: "Aber all die Kinder haben sie mit Herzblut gemalt." "Das hat den Kindern doch geholfen", war die lapidare Antwort, und die kleinen Kunstwerke wurden vom Schredder gehäckselt. Was hätte es einem Verlag wie Ehapa gekostet, jedem Kind einen Trostpreis zu schicken, z.B. ein kostenloses Asterix-Heft, um Dank für die Teilnahme zu zeigen? Oder die Bilder zu sammeln und sie als Buch herauszubringen? Um es auf das Schreiben zu übertragen: Alles ist wert, zunächst gelesen zu werden. Nichts davon sollte vernichtet werden, denn es könnte sich später als Eingangstor oder sogar als Juwel erweisen. Was aber raus ist, muss sich der Bewertung stellen. Und dieser Konfrontation muss ein Autor gewachsen sein. Da ist er nicht feiner raus als beispielsweise ein Politiker oder ein Firmenboss: Was immer er äußert, stößt nicht überall auf Gegenliebe. |
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03.02.2023, 20:00 | #16 |
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Ist ein Unternehmen... Wieso sollte ein Verlag etwas kostenloses verschenken, wenn es nicht teil des Businessplans ist?
Ein Fotobuch mit den Bildern wäre entzückend gewesen. |
03.02.2023, 21:00 | #17 | |
Zitat:
Im Grunde verstehe ich aber nicht, warum das hier unter "Philosophisches" gepostet ist. Der Freund der Weisheit fragt sich unweigerlich, welcher besondere und tiefere Gedanke dahinter herausgekitzelt werden möchte. Ein kopfschüttelnder Stoßseufzer scheint mir eher dem Gebaren eines Deutschlehrers zu entsprechen, der sich in erster Linie über schlechtes Deutsch auslassen möchte und sich echauffiert. Grammatik, Syntax, Orthographie und herausstechende Füllwörter stehen bei ihm im Mittelpunkt, damit kennt er sich aus, daran lässt er auch keinen Zweifel. Er setzt sich aber ungern mit wertvollen und evtl. weiterführenden Gedanken auseinander, die werden innerlich geschreddert oder mit einem schulterklopfenden Trostpreis abgefrühstückt, damit die kleinen Kinder sich so richtig ernstgenommen fühlen und motiviert werden. An dieser Stelle hat sich ein innerer Pädagoge redlich bemüht. Wer sich darüber hinaus die Mühe macht und in die Gedankenwelt des anderen abtaucht, wer sich nicht von orthographischen "Fehlern" abschrecken lässt, nicht der Versuchung der subtilen Überheblichkeit erliegt, der argumentiert auf einer ganz anderen Ebene, der bildet ganz andere Sätze. Der fragt nach und setzt sich mit fremden Gedanken ernsthaft auseinander, will in erster Linie verstehen, weil er neugierig und offen ist. So einer versteht sich nicht als Oberdeutschlehrer, der sich lieber in abgeklärter Überlegenheit auf einer Bühne inszeniert, wo er als Universalgenie den Ton angeben muss und sich über billiges Wortgeklingel, Satzgeläute und Schmerzgebimmel hermacht. So einer gibt maximal darin zu erkennen, was er von dem anderen und sich selbst hält. Das differenzierte Denken, so wird mir jener Oberlehrer zudem zu verstehen geben, geschieht ausschließlich durch ausgefeilte Sprache, Sprachstruktur und Sprachkultur. Was Sprache nicht ausdrückt, kann nicht gedacht werden. Als Fortsetzung der Schule bleibt die Pflicht bestehen, ständig zu lernen und Kritik zu empfangen, ein Lebenlang. Und wer das nicht kann, der muss es lernen, der muss auch mal deutlich darauf hingewiesen werden, so einfach ist das, zum Wohle und zur Entwicklung der Menschheit. Sprache ist nur ein Vehikel, werde ich ihm entgegenhalten, der Schwätzer bleibt ein Schwätzer, und der Stumme ist nicht der Dumme. Das brabbelnde Kleinkind offenbart oft mehr Weisheit als das Standardwerk gültiger Grammatikregeln. Ich habe noch nie einen Schreibkurs besucht. Würde dort aber jene "Lehrer" meiden, die mich nicht mit Freude und Nachdruck zu motivieren verstehen, meine Gedanken zu präzisieren, die mich nicht auf der spannenden Reise meiner Phantasie und Abenteuer begleiten möchten, die nicht wissen möchten, wie meine Geschichte ausgeht, weil sie mehr mit meiner Legasthenie beschäftigt sind und lieber unüberhörbare Stoßseufzer gen Himmel schicken. Das Lyrische Ich ist ein verallgemeinerndes "man". Eingemauert in seinen eigenen Vorstellungen, scheint dessen Gespür für Potential und Einzigartigkeit leider nur rudimentär angelegt. Es lästert ab, recht witzlos und einfältig. Nun, was soll man da machen? Vermutlich hilft nur Geduld, Geduld, immer wieder viel Geduld und loben. kurzum: super gemacht, der Rest wird schon! L.G.Donna |
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03.02.2023, 21:32 | #18 | |
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04.02.2023, 00:26 | #19 | |
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Das Geschäft mit den Komikbüchern läuft so, dass ein Großteil des Prints zurückgenommen und eingestampft wird. Das ist eingepreist. Oder anders gesagt: Das war damals so. Ist ja schon über zwanzig Jahre her. Der Verlag lebte vor allem von der Begeisterung der jungen Belegschaft. Die Mädels und Jungs hängten sich rein und waren fit. Man arbeitete damals parallel auf dem bunten Apfel und auf Microsoft, die erst später kompatibel wurden. Die Leute in den Führungspositionen taten so gut wie nichts. Als mich einmal der Leiter vom Marketing zu sich rief, weil sein Programm nicht lief, kam dabei heraus, dass er damit nicht mehr Golf spielen konnte. Ein Komik-Verlag, der "Asterix" vermarktete, konnte sich eine derartige Dekadenz leisten. Wer heute schreibt und damit Geld verdienen will, sollte sowieso das Auge uaf die Medien, vor allem auf die Streaming-Dienste haben. Und sich die Daumen drücken lassen, dass sich sein Geschreibsel in ein Drehbuch verwandeln lässt. Ob daraus ein guter oder schlechter Film wird, ist wurst, solange man genügend Menschen ködert, die dafür bezahlen. Was ließe sich mehr an Profit schöpfen als aus der alltäglichen Dumpfheit und Müdigkeit der Leute? |
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04.02.2023, 02:07 | #20 | |
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Zitat:
Dann jene, die x-fach studiert haben und schreiben. Kinderbuch-Autoren, Kochbuch-Kreationisten, Fotobuch-Heinies... Ach Gottchen, die Liste ist ellenlang. Recherchiere ich etwas, wird deutlich, dass viele in die Richtung bereits lange unterwegs sind, und versuchen irgendwie was Brauchbares zu liefern. Viele die semi-erfolgreich sind und sich eine "Community" aufbauen konnten, kommen vermehrt aus der Musiker-Branche. Wie die Clara-Lousie, die ja wirklich davon leben kann. Haben kleine Schnippsel ihrer "lyrics" in Lyrik verwandelt und kitzelten die Bedürfnisse und Nöte ihrer Generation und jene Produkte werden dann entsprechend gehyped oder angefeindet. Das Schreiben ist einfach nur noch ein Nebenprodukt, ein Schlacke von einem schönen glänzenden aber alten Metall. Bücher oder Produkte der Schrift werden meist erst dann "gelesen", wenn jemand bereits vorher - wie soll ich sagen - prominent war. Schau dir beispielsweise MontanaBlack an, der mit seinem Kultstatus schreiben kann, was er will, es würde millionenfach gekauft (und wurde millionenfach gekauft). Der Anspruch ist banal und flach, erinnert dieser an postmodernen Manierismus. Nur spaltet man sich heute eher selten von einer Religion oder einem Glauben ab. Ein Sich-Lösen von Wertevorstellungen. Die Aufmerksamkeitsspannen der Menschen verändern sich auch. Dem gerecht zu werden, ist so eine Sache. Und diese Veränderungen anzunehmen und zu akzeptieren ist nicht einfach. Erst recht nicht, wenn man etwas oder jemanden liebt (so wie es/er ist). Schau, ich selbst schreibe ja auch nicht mehr, weil ich irgendwann erkannt habe, dass ich derart talentlos bin, dass ich meinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht werden kann. Und es war gut für mich, dass ich das tat. Seit dem lese ich wieder viel viel lieber. Das Rad kann man auch nicht zwei mal neu erfinden. Und mit dem Schreiben ist es das Gleiche. Es gibt fast alles worüber geschrieben wurde. Heutzutage will jede Sau ihre Biografie in ein Buch fassen. Herr Gott, ich verstehe nicht wie manche Verlage mit ihren Einsendungen umgehen. Die haben sicherlich Öfen, die dauerhaft das Papier verlodern. Aus so manchem Schinken lässt sich ja leider keine Solar-Zelle pressen. Es reicht schon lange nicht mehr, talentiert zu sein oder Ahnung zu haben. Du hast entweder unverschämtes Glück und triffst den Nerv der Zeit oder aber, du hast einen sehr guten Freund eines Freundes, der dir noch etwas schuldet. Andererseits verschafft dir auch wirtschaftlicher Reichtum vielerei Möglichkeiten. Die Zeiten des Papiers sind vorbei, Ilka. Und die restlichen Orte, die es noch gibt, die die Schrift und das Wort wertschätzen möchten, sollte sich der Verantwortung bewusst sein, dass sie zwingend für ein gutes Klima sorgen sollten. Gut gemeint ist nicht gut gemacht. |
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04.02.2023, 07:47 | #21 | |
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Zitat:
Allerdings bezweifle ich, dass die Zeiten des Papiers vorbei sind. Eher sieht es nach dem Gegenteil aus. In den letzten zwanzig Jahren meiner Berufstätigkeit füllten sich die Archive mit vollgestopften Aktenordnern wie nie zuvor, und noch nie hatte mein Arbeitgeber so viele Schredder anschaffen müssen, um sensible Dokumente gesichert loszuwerden. Am Ende hatte man, um Zeit und Geld zu sparen, Container aufgestellt, die regelmäßig entsorgt wurden und deren Inhalte unter Aufsicht eines Mitarbeiters beim Dienstleister geschreddert wurden. Die Papierherstellung ist ein riesiger Markt, in den man als Aktienspekulant nicht falsch investieren kann. Der Büchermarkt ist dafür kein Index, man muss in die Büros und ihre Archive schauen. Man schaut immer nur auf den geschäftlichen Briefverkehr. Da läuft heute das meiste über E-Mail, war bei meiner Arbeit auch so. Aber mein Boss hatte in Fachzeitschriften publiziert, und dafür brauchte er die Sammlung, die im Archiv stand. Und er brauchte die dutzendfache Ausdrucke, die ich immer wieder von vorn korrekturlesen musste. Nicht am PC, sondern auf Papier. Nur nebenbei: Verdient hatte er an seinen Publikationen allenfalls "peanuts". Seine Veröffentlichungen dienten allein dem Namen des Unternehmens, für das wir arbeiteten. Natürlich ist man bei der Schreiberei auf der sicheren Seite, wenn man "Prinz Harry" heißt und in ein Wespennecht wie das britische Königshaus sticht. Wer für so etwas bezahlt und wer seine Zeit mit derartiger Lektüre verbringt, ist selber schuld, wenn sich dabei keine Synapsen verbinden. Mir zieht sich auch das Herz zusammen, wenn ich Frauen sehe, die im Supermarkt fünf Hefte der Regenbogenpresse auf das Laufband legen - schade um das Geld und das bisschen Gehirn. So viel zum Thema "Zeitgeist" und "Zielgruppe". Mit Talent hat die Schreiberei nichts zu tun. Richtig ist, wie du schreibst, den Nerv der Zeit zu treffen. Deswegen sind Versatzstücke wie "Die unendliche Geschichte" und die "Harry Potter" so erfolgreich gewesen, obwohl sie literarisch ziemlich platt sind. In meiner Jugendzeit waren es Karl Mays Reisegeschichten, obwohl seitenweise von anderen Werken abgeschrieben, was heute gar nicht mehr durchginge. Ein paar Sachen habe ich veröffentlicht und dabei festgestellt, dass ich genau das am besten schreiben kann, was ich selber nie lesen würde, nämlich Geschichten über Beziehungsprobleme. Ich werde nie den großen Bogen über gesellschaftliche Probleme spannen können, wie es einem Zola oder Dostojewski aus der Feder floss, sondern im Kleinen bleiben, in den Konstellationen von Freundschaft, Liebe und Verrat. Das ist banal, aber dennoch: Davon leben die Mythen, von der Ilias bis zum Nibelungenlied. Dieses Erbe tragen wir in uns und mit uns. Letztendlich ist es egal, ob in gebranntem Lehm, auf einer Säule, als Gravur, auf Pergament oder Papier oder in einem Chip. |
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04.02.2023, 10:24 | #22 |
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Lob der Dichtkunst
Bei Dichters (Sonett)
Worüber Dichter sich den Kopf zerbrechen, macht mich so manches Mal ein wenig irre, wenn sie mit schwülem Singsang und Geklirre von ihrem Bauchschmerz und Gefühlchen sprechen. Die Welt ist voll von dem, was Thema ist. Der Dichter ist doch auch ein Mensch der Zeit, und nichts entschuldigt Ahnungslosigkeit. Der wahre Dichter ist der Zeit Chronist. Was ja nicht heißt, er soll die Blumen meiden. O nein, der Dichter lebt mit der Natur, kein andrer hat die Welt so schön besungen. Doch sehe ich manch Schmalzfassdichter leiden an sich, an Gott, von Seele keine Spur, verkneif ich mir ein Lachen – notgedrungen. Ja, tut mir leid, ich sehe das mit der heutigen Dichtkunst leider, leider nicht viel anders, obwohl ich das Sonett schon 2014 geschrieben hatte. Alles Erfahrungssache. Die Dichter ducken sich weg, sie wollen die Hüter des betreuten Denkens nicht am Hacken haben. Was ja nun auch verständlich ist. Dummerweise ist es aber heute so, dass die Welt nach Konsens giert, von zwei Ansichten ist nur eine falsch, die des anderen. Selbstverständlich. Chronist seiner Zeit zu sein, auf den Grund der Dinge zu sehen, ist heute ein Leidensweg durchs konsensgesteuerte allgemeine Blabla. Freund ist, wer uns zustimmt, Feind ist, wer das nicht tut. Dass das mal klar ist. Und so sinkt die sogenannte Dichtkunst dahin, wohin sie gehört, in die Müllgrube. Es kann nun mal nicht jeder Dichter ein Goethe sein, der am Puls seiner Zeit war. Heute würde er zu den Klimaleugnern usw. gehören, und kein Verlag würde ihm seinen "Faust" abnehmen. Und dann fragt man sich (jedenfalls, ein paar Autoren tun das noch), warum man eigentlich schreibt. Das ist die Situation, vor der wir Autoren stehen. Und das wäre meine Antwort auf das, was sich heute auf dem Gebiet der Literatur tut. Ist jemand der Name Walter von Rossum noch ein Begriff? Der hat einen höchst interessanten Artikel zum Stand der heutigen Verlagsveröffentlichungen geschrieben, mit dem er mit keinem Wort meiner Einsicht widerspricht. Sehr zu empfehlen, sozusagen eine Handlungsanleitung. Lieben Gruß, Rumpelstilz |
04.02.2023, 11:51 | #23 |
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... wow Ilka, hier hast du einen wunderbaren Diskussionsfaden angestoßen.
Es wird immer Durchschnitt geben und manche werden ein Meisterwerk nicht erkennen, da schließe ich mich nicht aus. Man sollte die Welt und die Menschen nehmen, wie sie sind. Viele Gedichte sind vielseitig interpretierbar, deines hier wohl eher nicht. Meinungen sind nicht immer richtig oder falsch, sondern geben nur unterschiedliche Herangehensweisen und Erkenntnisse dar. Solange die Toleranz nicht stirbt, habe ich Hoffnung. beaux rêves dT |
04.02.2023, 12:14 | #24 | |
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Zitat:
Ja, der Rossum ist mir ein Begriff. Ich glaube mich zu erinnern, dass er in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung publizierte. Nochmal zu Goethe: Schon zu seiner Zeit musste man selber für seine Publikationen bezahlen oder freundschaftliche Kontakte zu Verlegern haben, denn der Buchdruck war teuer. Goethe hatte dazu das Geld. Außerdem führte er sein eigenes Theater, war Intendant und Schauspieler und konnte aufführen, was ihm beliebte. Kurz gesagt: Er war unabhängig, denn er hatte einen gutbezahlten Hauptberuf und kam aus einem wohlhabenden Haus. Deshalb scherte er sich auch nicht darum, ob die Leute ihn und seine Werke mochten oder nicht. Das zeigte schon seine Verbindung zu Christiane Vulpius, die er nicht versteckte, obwohl eine wilde Ehe damals ein Skandal war. Ob Goethe am Puls seiner Zeit war, bezweifle ich. Jedenfalls ist mir unter seinen Werken nichts bekannt, das sich mit den damaligen Kriegen, mit Napoleon, den Verschiebungen in Europa und dem Kolonialismus befasst hätte. Obwohl er selbst Kriegsbeobachter an Ort und Stelle gewesen war. Der Faust hingegen ist eine uralte Sage, zigmal literarisch bearbeitet, und ein aufmüpfiger Ritter, der Beleidigungen aus dem Fenster eines Burgfrieds grölt, sieht auch nicht zeitbezogen aus, sondern hat mit Individualismus zu tun. Die "Wahlverwandtschaften" handeln von immer dagewesenen Beziehungskonflikten, und seine Gedichte sind entweder Liebesgedichte oder beinhalten moralische Lehren. Das gab es schon immer. |
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04.02.2023, 12:33 | #25 |
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... sorry, schon wieder.
Hessen dürfte seit ca. 40 Mio Jahren trocken liegen, Neanderthaler kamen erst später. |
04.02.2023, 12:37 | #26 | |
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Zitat:
Aber selbst wenn ich den falschen Zeitbezug im Gedächtnis habe, ändert das nichts daran, dass es diesen hohen Meeresspiegel schon einmal gab und weite Landflächen mit Wasser bedeckt waren. Und es dürfte auch unstrittig sein, dass die frühen Menschen ihre Häuser auf Pfählen bauen mussten, um trocken wohnen zu können. |
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04.02.2023, 12:48 | #27 |
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... naja, das Doggerland ging ungefähr vor 10.000 Jahren langsam unter, da lebten die Neanderthaler nicht mehr und Hessen war definitiv trocken.
Zur Neanderthalerzeit lag Nordeuropa unter Eis und Schnee. So hatte ich es im Kopf. Pfahlbauten wurden in Überschwemmunggebieten und auch direkt über Wasser gebaut. |
04.02.2023, 13:28 | #28 | |
abgemeldet
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Zitat:
In den nächsten fünfzig Jahren wird sich viel tun; allerdings braucht man in Deutschland erstmal gutes Internet. |
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04.02.2023, 13:37 | #29 |
gesperrt
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Lob der Dichtkunst
Liebe Ilka-Maria,
was Goethe angeht, so muss ich dir leider widersprechen. Recht hast du, Goethe hat sich viel mit den Naturwissenschaften beschäftigt, und ich glaube, er kam nie auf die Idee, als Mensch das Klima beherrschen zu wollen, eben, weil er sich viel mit den Naturwissenschaften beschäftigte. So wird ein Schuh draus. Was den "Faust" angeht: Wenn man ein wenig Ahnung von den politischen Ereignissen der Zeit Goethes hat, weiß man, dass es im "Faust" sehr viele Anspielungen darauf gibt, auch wenn das uns Heutigen schon gar nicht mehr bewusst ist und wir das gar nicht so einordnen können. Schon Goethe konnte nicht frei schreiben, was er wollte, er war immerhin von seinem Fürsten abhängig, als er in Weimar Minister war, und dem gab er lieber seine schmerzensreichen Stunden mit der Frau von Stein zu Ohren. Wie das damals mit der Gentleman-Verschwiegenheit war, kann ich nicht einschätzen. Anzunehmen ist aber, dass gerade in Weimar sehr viel geklatscht wurde, Weimar war ein einziger Salon der ästhetischen Damen. Goethe musste durch die Blume schreiben. Aber erst recht musste er das zuzeiten der napoleonischen Besetzung tun, obwohl er zu dieser Zeit wohl nichts Bemerkenswertes mehr geschrieben hatte. Für seine Zeit war er ja da schon ein sehr alter Mann. Das ist im Grunde aber alles unwesentlich. Worum es damals und heute ging, das die Wahrheit. Und an der krankt es - nicht erst heute. Der Wille zum Konsens ist auch heute die öffentliche Grundhaltung. Was verständlich ist, denn jeder Herrscher freut sich, wenn sein Volk mit ihm einer Meinung ist. Das war auch schon immer so. Und wenn das Volk nicht freiwillig der Meinung seiner Herrscher war, haben sie den Konsens gewaltsam durchgesetzt. Aber Geschichte wiederholt sich ja nicht. Wird gesagt. Was aber hat das nun mit der Literatur zu tun? Sehr viel. Literatur ist immer Ausdruck der Zeit. Und wenn die Dichter sich in sich selbst zurückziehen, bleibt die Literatur auf der Strecke. Das ist meine Meinung, sie muss nicht von jedem geteilt werden, das verlange ich gar nicht. Aber dann trägt die Literatur die Konsequenzen, sie verliert ihren Status als Chronist. Und das ist ihr bedeutsamster Status im Hinblick auf die kommenden Generationen. Hier hat eine Userin Brechts "Lob des Kommunismus" verballhornt. Hätte Brecht dieses Gedicht nicht geschrieben, wir wüssten gar nicht, dass es auch eine andere Lebensform als die derzeitige gibt. Wobei die Zeitzeugen ja immer noch leben. Aber in 100 Jahren? Das könnte ein Beweis für meine These sein, dass der Dichter immer auch der Chronist seiner Zeit ist. Zum Beispiel. Aber es gibt durch die Zeiten sehr viele andere literarische Beispiele, die uns letztlich die historische Entwicklung der Menschheit erklären. Wie jeder weiß, gibt es kaum größere Lügner als die Historiker, die sich die Geschichte zurechtkneten. Und da hat die Literatur ihre Aufgabe. Lieben Gruß, Rumpelstilz |
04.02.2023, 14:40 | #30 |
Was will hier thematisiert werden? Das Gedicht versucht, sich über die Niveaulosigkeit stümperhafter Dichterlinge herzumachen. Hohe Dichtkunst vermag das LI unmissverständlich zu erkennen und Schrott zu loben ist nicht seine Sache. Geschickt wird das hohe Ross auf eine Lyrik- Kompetenz gelenkt, wo es sich gerne austoben kann. Dabei gibt es die dummen Möchtegern- Dichter zu allen Zeiten, wo man drauf herumreiten könnte.? Was ist hier der Anlass? Vielleicht eine Rechtfertigung? Dabei erwartet das Lob niemand, besonders, wenn der scharfe Kritikus es nicht für angebracht hält.
Bei allem bleibt nur zu hoffen, dass es nicht die hochnäsige Verächtlichkeit einer Forumsleitung widerspiegelt, die uns zudem nebenbei über Hochpfahlbauten hessischer Sümpfe aufklären möchte. Klima- Relativierungen aus Elfenbeintürmen klingen nun wirklich etwas stümperhaft und haben mit möglicher lyrischer Kompetenz nichts mehr gemein. Unter dem reinen Gesichtspunkt einer gepfefferten Schmähschrift gegenüber „Möchtegern- Dichtern“ mutet das Geklingel, Klangel, Wortgeklingel mit dem Satzgeläute und Schmerzgebimmel... eher wie ein bemühtes Weihnachtsgedicht an und die gerümpfte Nase versetzt uns sofort ins Klatschhinterzimmer feiner Damen. Die unfreiwillige Komik hat den Leser an dieser Stelle mehr als entschädigt. Aber das Thema ist ja auch Lob. Lobend an dieser Stelle muss man den subtilen Feingeist erwähnen, welchen Rumpelstilz in ihrer Sonett- Replik zu erkennen gibt. Es ist eine Wohltat zu jeder platten Polemik, meiner sicherlich eingeschlossen. LG Donna Geändert von Donna (04.02.2023 um 17:49 Uhr) |
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04.02.2023, 15:59 | #31 | |
Zitat:
Selbst der in diesem Gedicht angesprochene Flachgeist bedarf der Prüfung, wenn dahinter mehr stecken will als plumpe Meinungsmache oder ein Lächerlichmachen. Und sicher, als „Chronist“ hat Literatur ihre Aufgabe, aber auch jeder Kopf, der sich darüber ernsthaft Gedanken macht. LG Donna |
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04.02.2023, 16:24 | #32 |
Forumsleitung
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Rumpelstilz, Donna,
ich meine, dass ihr beide mit euren Argumenten richtig liegt und dass man sie deshalb nicht trennen muss. Der Historiker kann auch nur das zusammentragen und analysieren, von dem er glaubt, dass er sich auf die Quellen verlassen kann. Selbst ein Augenzeuge wie Cäsar, der über seinen eigenen Krieg gegen die Gallier geschrieben hat, war nicht frei von einem Fabulieren, über das wir heute lachen (man denke an die Elche, die sich zum Schlafen angeblich an die Bäume lehnen, damit sie nicht umfallen), manche Menschen seiner Zeit aber sicherlich ernst nahmen. Und ja: Geschichtsklitterung wird "von oben" betrieben, nämlich von Ideologen in Machtpositionen. So habe ich gerade in einem Vortrag mitgekriegt, dass in den Niederlanden alle Texte aus Dantes "Die göttliche Komödie" nicht mehr übersetzt werden sollen, die als islamkritisch oder islamfeindlich angesehen werden können. Wohin das führt, kann man sich selbst denken. Dann können wir bald auch die Schriften von Kant oder Schopenhauer vergessen, weil sie frauenfeindliche Passagen enthalten. Ist eigentlich jemandem aufgefallen, dass man die Filme von Yilmaz Güney ("Yol - der Weg", "Die Herde") seit 40 Jahren nicht mehr im Fernsehprogramm angeboten bekommt? Kennt man diesen Filmemacher, den man wegen seiner staats- und sozialkritischen Haltung ins Gefängnis steckte, überhaupt noch in Deutschland? |
04.02.2023, 17:12 | #33 | |
Zitat:
Am Rande eines informellen Historikertreffens in Wien traf ich zufällig letzte Woche auf Timothy Snyder und den bekannten Historiker Kurt Bauer. Ich glaube Anlass war der Jahrestag der Machtergreifung, Demokratie im Alltag oder so ähnlich. Gemeinsam kamen wir jedenfalls überein, wie leicht es heutzutge ist, Kompetenz vorzutäuschen um Machtstrukturen aufzubauen, wenn das Prinzip der Ablenkung, der Verunsicherung, der nicht nachprüfbaren „Tatsachen“ und der ignorierenden Arroganz eingehalten wird. Wir müssen wachsam bleiben. LG Donna |
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