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Schreibwerkstatt / Hilfe Gedichte und diverse Texte, an denen noch gefeilt werden muss. |
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24.05.2021, 19:53 | #1 |
Frage
(Weil's mich ernsthaft interessiert)
Man liest oft Gedichte, auch von bekannten Autoren, die sich nicht nur nicht reimen (das soll hier wirklich nicht der springende Punkt sein), sondern die eigentlich ein ganz "normaler" Text sind, der aber irgendwie aufgeteilt ist; manchmal nur ein Wort in einer Zeile. Hier geht es nicht darum, dem Dichter sein Werk als Gedicht abzusprechen (der Ausdruck Gedicht ist ja kein feststehendes existierendes Patent), sondern allein um die Qualität, den Wert, die Bewertung. Muss ein solches Gedicht bestimmte Kriterien aufweisen und wenn ja, welche? Wann ist es gut, wann akzeptabel? Oder wann schlecht? Oder kann es nur subjektiv bewertet werden? Ich hoffe, mich mit dieser "Einleitung" verständlich ausgedrückt zu haben und bin gespannt auf Meinungen/Hinweise. |
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25.05.2021, 12:03 | #2 | |||
Hallo Kurt
Zitat:
aber ob etwas "normal" ist, kann man meist nur in näherer Betrachtung des jeweiligen Textes erläutern. Die Frage ist, ob die Kurzverse dann Sinnvoll sind und der Versumsprung logisch und ob eine sinologische komprimierung dem Text zuspielt. Ob es kohärent ist. Oft stehen andere Stilmittel im Vordergrund, die man eventuell nicht als solche erkennt, wie zBsp. Assonanzen, aufbauende Aphorismen, Symboliken, oder ein abstraktes metrisches Grundgerüst, sowie eine gewisse angestrebte phonetische Klangfarbe. Zitat:
Gedicht kommt im eigentlichen vom Wort "verdichtung" Etwas offensichtliches, oder tiefgreifendes verdichtet darzustellen und poetisch zu formulieren ist im eigentlichen jedem im Sinn, der in irgendeiner Weise Texte verfasst, die Nachhall im Leser erzeugen sollen. Das Spielen mit Sprache/Wort und Sprach-/Wortgebilden und eventuell neue oder existierende Gedankengänge zu wecken. Zitat:
Subjektivität ist immer ein großer Begleiter bei Texten, manchmal auch Sympathie oder Antipathie angewandter gewisser Stilmittel. Oft begründen sich diese auch auf Unwissen. (Entweder vom Schreiber, oder auch vom Leser) Sicher aber ist für mich, das jeder Text immer Autonom ist und sich oft in näherer Betrachtung widerlegen oder bestätigen lässt. Und Akzeptanz ist oft nur ein Folgeprodukt von Logik. LG Mono |
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25.05.2021, 13:02 | #3 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Satz (2) ist hingegen richtig: Die "Verdichtung", also die knappe Gestaltung eines lyrischen Textes unter Einhaltung eines Rhythmus leitet sich - wie allgemein bekannt ist - daher, dass es sich einst um Liedgut handelte, das nach der Leier vorgetragen wurde. Um technische Vorgaben scheint es Kurt jedoch nicht zu gehen. Seine Frage geht dahin, wieso simple, also scheinbar banale Texte ohne erkennbare Originalität oder irgendeinem Paukenschlag, sondern allein durch ihre Zeilengestaltung als lyrisch anerkannt werden. Vielleicht sind die Verse aber gar nicht so banal, wie sie auf den ersten Blick erscheinen. Möglicherweise hat der Autor nur deshalb die Banalität gewählt, um dadurch einen einzigen, originellen oder schmerzenden Punkt in seinem Gedicht herauszustreichen. Oder aber der Autor schafft es, mit einem originellen und elaborierten Sprachgebrauch ein besonderes Bild zu schaffen, auf das der Leser aus einer ganz neuen Perspektive blickt. Um diese Kunst näher zu betrachten, empfehle ich den kleinen Band "Regentonnenvariationen" von Jan Wagner. Ich präsentiere hier mein Lieblingsgedicht von ihm, weil ich es beim ersten Lesen dermaßen bezaubernd, witzig, wortverspielt und beobachtungsreich fand, dass es mir die Sprache verschlug: (alles von dem Autor kleingeschrieben, wenig Interpunktion) koalas so viel schlaf in nur einem baum so viele kugeln aus fell in all den astgabeln, eine boheme der trägheit, die sich in den wipfeln hält und hält und hält mit ein paar klettereisen als krallen, nie gerühmte erstbesteiger über den flötenden Terrassen von regenwald, zerzauste stoiker, verlauste buddhas, zäher als das gift, das in den Blättern wächst, mit ihren watte- ohren gegen lockungen gefeit in einem winkelchen von welt: kein water- loo für sie, kein gang nach canossa, betrachte, präge sie dir ein, bevor es zu spät ist - dieses sanfte knauser- gesicht, die miene eines radrennfahrers kurz vorm etappensieg, dem grund entrückt, und doch zum greifen nah ihr abgelebtes grau -, bevor ein jeder wieder gähnt, sich streckt, versinkt in einem traum aus eukalyptus. (Jan Wagner) Kann man Aussehen und Wesen eines Koalas besser beschreiben? |
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25.05.2021, 13:13 | #4 | |
Zitat:
Vielen Dank für den kleinen Exkurs. Ich wollte keine Unwahrheiten verbreiten. Wie ich bereits einmal erwähnte bin ich Autodidakt in jeder Hinsicht und habe versucht rein logisch auf die Frage zu Antworten. Ich werde deine Antwort verinnerlichen. LG Mono |
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25.05.2021, 13:19 | #5 |
Forumsleitung
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Kein Problem. Wie gesagt, hatten wir das Thema schon mehrmals. Die Unwahrheiten bestehen ja bereits, weil sie seit Jahrzehnten weitergegeben werden. Hör dir mal Sportreportagen an oder lese die Artikel mancher Journalisten ... Wenn es wahr wäre, dass der Ball auf nassem Rasen immer schneller wird, hätten wir keine Energieprobleme mehr. Aber das nur nebenbei.
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27.05.2021, 22:24 | #6 |
Sehr gut: Verständnis, Erklärung und Beispielgedicht.
Also diese Gedichtart im Grunde genommen auf keinen Fall ein leichtes Unterfangen. (Wie ich schon "befürchtete".) LG. K. |
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28.05.2021, 05:21 | #7 | |
Forumsleitung
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Zitat:
https://www.lyrikline.org/de/gedichte/todesfuge-66 |
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28.05.2021, 06:45 | #8 |
Hallo Kurt
Ich finde es fast schon schwieriger ein "freies" Gedicht zu schreiben, als ein formal in sich geschlossenes Gedicht. Da meiner Meinung nach alle Aspekte zusammenkommen an denen man sich entlang arbeiten muss, um etwas frei wirken zu lassen, ohne ihm zu viel Freiheit zu gewähren, denn nach wie vor verfolgt man ja ein Ziel welches sinnvoll übermittelt werden soll. Und nur weil etwas keine Interpunktion hat und durchgängig klein geschrieben wird ist es noch kein Vers Libre. Oft ist es nur eine Illusion vom freien Vers, die sich dennoch in einem metrischen Gebilde bewegt und diese mutiert dann zu einem Zeilenübergreifenden Kettensatz mit mehreren Strophen, bei dem man oft schon den Anfang vergisst bevor man in der Mitte ankommt. LG Mono |
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