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Literatur und Autoren Literatur allgemein sowie Rezensionen von Büchern, Stücken und Autoren. |
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02.05.2012, 23:05 | #1 |
Forumsleitung
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Hermann Hesse
Habe mir vorhin die Doku im Ersten über Hermann Hesse angesehen in der Hoffnung, daß sie mir den Autor näherbringt. In meinen Zwanzigern hatte ich einige seiner Bücher gelesen, aber keins davon hatte bei mir einen Eindruck hinterlassen. Leider war die Doku von der bekannten flachen Qualität und dem immer gleichen Strickmuster: Ein paar Szenen aus alten Filmdokumenten sowie einige Fotos, ein bißchen Bezug zu der rebellischen Jugend (Woodstock), und das alles zusammengehalten durch aktuelle Interviews mit Verleger Unseld, Filmemacher Jo Baier, die Sänger Udo Lindenberg und Konstantin Wecker, dem Autor Peter Härtling, einem mir nicht bekannten (Star-?)Koch sowie Fuballkaiser Beckenbauer (!).
Kann heute niemand mehr gute Dokumentationen machen? Wer hat etwas davon, zu erfahren, daß Beckenbauer auf seinen Reisen Hesse gelesen und sich deshalb intensiver mit fernöstlicher Philosophie beschäftigt hat, wobei er zum Beweis einfach ein paar Namen runterrattert? Das hätte ich auch noch hinbekommen. |
03.05.2012, 21:05 | #2 |
bei hermann hesse ist es mehr die geistig, mystische ebene die fasziniert. er war zwar wirklich ein guter, dennoch kein genialer autor, der sich von seinen zeitgenossen nicht allzusehr unterscheidet. hier ist die einzige außnahme der steppenwolf, der sehr herausstischt (im gegensatz zu 'unterm rad', oder 'narziss und goldmund').
auf der geistigen ebene ist er jedoch vielen seiner zeitgenossen weit vorraus gewesen und ist auch heute noch sehr aktuell. |
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03.05.2012, 21:13 | #3 |
R.I.P.
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Ich kenne nicht viel von ihm, habe auch die Dokumentation nicht gesehen.
"Das Glasperlenspiel" war eine Qual, "Narziß und Goldmund" das schiere Entzücken für mich. |
03.05.2012, 21:17 | #4 |
der steppenwolf lohnt sich wirklich, und falls es interessiert auch siddharta, aber man muss sich für interessieren (ansonsten ist nur das gedankenspiel, der alte trifft den jungen menschen, das auch schon in narziss und goldmund durchscheint, interessant.)
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03.05.2012, 22:28 | #5 |
Forumsleitung
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Ich hatte mit "Steppenwolf" und "Demian" angefangen und dann "Das Glasperlenspiel" gelesen. Um zu beurteilen, ob der Autor stilistisch gut ist, war ich damals noch zu unerfahren. Das spielte aber keine Rolle, denn ich habe alles gelesen, was gerade populär war, von Böll über Solschenyzin bis hin zu Simmel und Willi Heinrich, griff aber auch zu Lichtenbergs Aphorismen, zu Dostowjewskis "Brüder Karamasow", Victor Hugos "Die Elenden" usw. - also queer Beet durch den Literaturgarten.
Bei Böll und Simmel hatten mich die Schilderungen der Nachkriegszeit fasziniert, bei den Russen der Stil, vor allem, wenn sie philosophisch wurden, bei Hugo die tiefgezeichneten Charaktere, bei Willi Heinrich die Einfühlung in die Psychologie menschlichen Handelns. Und bei Hermann Hesse? Nichts! Es blieb nicht der geringste Nachhall, und heute kann ich mich an keine einzige Szene in Hesses Romanen mehr erinnern. Das einzige, woran ich eine vage Erinnerung habe, ist die Tatsache, daß ich mich mit seinen Protagonisten nicht identifizieren konnte. Die Dokumentation über den Autor hat ihn mir nicht näher gebracht, er wirkte noch genauso blutleer auf mich wie damals, als ich seine Romane las. Wie bereits angemerkt, fand ich die Doku allerdings in Aufbau und Informationsgehalt mißlungen. |
07.05.2012, 16:32 | #6 |
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Ich fand, dass die Doku ganz schön gemacht wurde - nur zu kurz.
Sie hat gut gezeigt, wer und warum jemand auf Hesse steht/stand und was für eine wichtige Rolle er während den 1970er Jahren gespielt hat. Auch wenn ich mich für Fußball und Kochen nicht interessiere, so zeigte die Auswahl der befragten Prominenten viele Nuancen um den Hesse-Kult. Sicherlich wurde die Doku gezeigt, weil gerade das Interesse an Hesse durch den Film mit Heike Makatsch u.a. wieder aufblüht. So hat man eben ein paar Promis befragt, um vielleicht auch ein paar Leute für Hesse zu interessieren, die sich sonst weniger mit Weltliteratur beschäftigen. Das Muster der Doku ist modern und nichts außergewöhnliches gewesen - das sehe ich genauso. Aber ich habe die alten Aufnahmen -auch vom Unseld- mit Interesse verfolgt, weil ich die meisten nicht kannte. Und ich finde, dass die Doku Hesses feine und rebellische Seele kurz und deutlich in Szene gesetzt hat. |
07.05.2012, 19:43 | #7 |
R.I.P.
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Wenn man weiß, welch Vatergeplagtes Kind R.R. war, wird Vieles verständlich.
Unterm Rad = Unter der unbermherzigen Knute. Was mir seltsamerweise immer wieder in den garantiert nicht voyeuristischen Sinn kommt: HH nackt (dezent) auf und an einem Felsen. Völlig unerotisch. Frei. Ein magerer, sportgestählter Körper. Unbebrillt. Wer schrieb, daß bei "Narziß und Goldmund" der Altersunterschied eine Rolle spielt? Das stimmt nicht, der Altersunterschied betrug 3-4 Jahre. |
07.05.2012, 19:45 | #8 |
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Dir, Encki, hat es also genügt.
Mir nicht. |
07.05.2012, 20:11 | #9 |
abgemeldet
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Man kann auf verschiedene Arten sehen.
Ich wechsle meinen Blickwinkel gerne. So kann Vieles interessant sein - wenn nicht auf der einen, dann eben auf einer anderen Ebene. Zudem sehe ich Hermann Hesse mit anderen Augen als Du. Ich habe noch nicht viel von ihm gelesen, was sich allerdings noch ändern wird, aber viele seiner Gedichte mag ich und "Siddhartha" ist eines meiner absoluten Lieblingsbücher. Hesse schreibt mit so viel Tiefsicht und Verständnis und es gibt Bilder, die er in mir erzeugt hat, die selbst nach Jahren in mir nachklingen. |
07.05.2012, 21:25 | #10 |
R.I.P.
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"Narziß und Goldmund" habe ich mit 15 Jahren zum ersten Mal gelesen.
Danach noch oft. Und habe immer wieder ob des Endes Tränen vergossen. |
08.05.2012, 07:13 | #11 | |
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Zitat:
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08.05.2012, 12:03 | #12 |
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Und ich habe gestern Abend mit "Narziß und Goldmund" angefangen.
Bis jetzt finde ich es gut... Mal sehen, ob ich auch so begeistert sein werde, wie Thing es ist. Ich sehe gute Chancen. |
19.06.2012, 09:15 | #13 |
Dabei seit: 06/2012
Ort: Berlin
Alter: 49
Beiträge: 4
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Ich mag Hermann Hesse sehr! Ich habe von ihm fast alles gelesen und finde seine Werke sehr inspirierend. Für mich einer der besten Autoren überhaupt!
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19.06.2012, 20:52 | #14 |
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Hast du auch "Klingsors letzter Sommer" gelesen - soll eins seiner besten sein.
Also mich fasziniert er auch, er war ja auch ein Maler - ich habe einen sehr netten Band über einen Teil seiner ca. ins. 2000 Aquarelle ... die mir total gut gefallen. |
01.11.2012, 23:59 | #15 |
hm .. ich habe gerade keinen passenderen Ort gefunden um diese paar Verse los zu werdenen, die mir gerade so durch den Kopf spuken ... Gerade habe ich 'Für eine Verlorene' gelesen und mit urplötzlicher Kraft drangen diese Worte wieder nach oben .. ich wünsche mir, dass sie jemandem ebenso gut tun können wie mir selbst
Abendgespräch Hermann Hesse Was blickst du träumend ins verwölkte Land? Ich gab mein Herz in deine schöne Hand. Es ist so voll von ungesagtem Glück, So heiß - hast du es nicht gefühlt? Mit fremdem Lächeln gibst du mir's zurück. Ein sanfter Schmerz ... Es schweigt. Es ist gekühlt. |
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04.11.2012, 18:50 | #16 |
Hermann Hesse habe ich in meinen jungen Jahren verschlungen.
Seinen Werken ist es gelungen, was dieser Welt hier und denen, die meine Verwandten waren, nicht gelungen ist: Mir Heimat zu bieten. In "Demian" und "Steppenwolf" und den inneren Kämpfen, die die Protagonisten dort auszufechten hatten, fand ich mich wieder. Dort schnupperte ich einen weiten und freien Geist. "Narziß und Goldmund" mit dem scheinbar Unvereinbaren von Geist und Eros, hat mich zutiefst berührt und entzückt. Das Glasperlenspiel war für mich auch schwer zu lesender Tobak und dennoch sehr faszinierend. Tief und schön finde ich auch einige seiner Gedichte - u.a. eben auch das bereits erwähnte "Stufen". Hier gelesen von Heinz Rühmann http://www.gedichte.vu/?stufen.html LG MuschelIch |
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05.11.2012, 12:07 | #17 |
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Ich liebe sehr seine tiefe und so eigene, bunte Sprache - mag auch die Gedichte.
Narziß und Goldmund lese ich zur Zeit gerade, aber das erste Mal, bin schon gespannt auf die weiteren Entwicklungen! |
05.11.2012, 22:40 | #18 |
Ja, ich mag seine Sprache auch gerne, Suzette.
Erzähl dann mal, wie Dir Narziss und Goldmund gemundet haben, wenn Du sie zu Ende gelesen hast. Bin Dir fast ein bißchen neidisch .... das war so schön zu entdecken .... gerade dieses Buch!! Und noch etwas ist bemerkenswert: Ich las ihn mit fünfzehn und ich las den gleichen und doch ganz anderen Demian mit fünfundzwanzig und zehn Jahre später noch einmal und so weiter. Das ist sicher mit aller Literatur so, daß sie mit einem wächst bzw. vice versa. Aber bei keinem Dichter / Schriftsteller empfinde ich das so intensiv wie bei Hesse; er schließt sich mir immer mehr auf, je älter ich werde. LG MuschelIch |
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05.11.2012, 23:57 | #19 | |
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Zitat:
Ich habe Hesse in meinen jungen Jahren gelesen, aber ohne daß er Eindruck hinterlassen hätte. Jetzt, wo ich älter bin und esoterischen Inhalten gegenüber sowieso großen Argwohn hege, ist er schon gar nichs mehr für mich. Aber eins steht fest: Von den heutigen Esoterikern kann ihm keiner den Rang ablaufen, weder Gore noch Grün noch sonstwer. Hesse hat ein Werk hinterlassen, das von der Jugend immer wieder neu entdeckt wird, weil es zeitlos ist. Mir persönlich hat es nichts gegeben, aber ich meine, ein wenig zu erkennen, was seine Faszination ausmacht. Ich habe seine Bücher nicht mehr. Ich glaube auch nicht, daß ich mich nochmal damit beschäftigen möchte. Es gibt zuviel, das bei mir noch darauf wartet, gelesen zu werden. Hesse - das waren die 70er ... Damit bin ich lange fertig. |
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08.11.2012, 08:55 | #20 |
Schön, daß es unterschiedliche Geschmäcker gibt.
Ich mag es meine Bücher immer wieder mal zu lesen. Das ist wie eine Lieblingsspeise nochmal kochen oder so. LG MuschelIch |
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08.11.2012, 09:35 | #21 |
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Dabei seit: 05/2011
Beiträge: 504
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Bücher, die man immer wieder lesen kann und immer wieder liest, begleiten einen durchs Leben. Sie sind die treuesten Begleiter, die es auf der Welt gibt. Sie bleiben in Stil und Inhalt immer gleich und ändern ihre Aussagen nie.
Aber Du änderst Dich mit zunehmenden Jahren und erkennst Dich im Spiegel dieser Bücher immer wieder neu. Manchmal bist Du glücklich damit, manchmal erschrickst Du. Es kann sein, dass die Liebe zu einem Buch (ja, Liebe!) mit der Zeit immer größer wird, und es kann sein, dass sie erlischt. Ohne von Büchern begleitet zu sein, wird keiner weise. Da bin ich mir ganz sicher. lg z |
11.11.2012, 18:52 | #22 | |
Zitat:
Mancher wird niemals Mensch, bleibt Frosch, bleibt Eidechse, bleibt Ameise. Mancher ist oben Mensch und unten Fisch. Aber jeder ist ein Wurf der Natur nach dem Menschen hin. Und allen sind die Herkünfte gemeinsam, die Mütter, wir alle kommen aus demselben Schlunde; aber jeder strebt, ein Versuch und Wurf aus den Tiefen, seinem eigenen Ziel zu. Wir können einander verstehen; aber deuten kann jeder nur sich selbst.“ |
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05.01.2013, 12:30 | #23 |
Dabei seit: 01/2013
Ort: Graz
Alter: 62
Beiträge: 18
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hesse ist faszinierend
besonders toll die quartoausgabe von shurkamp
der ewige morgenlandfahrer Furchtbares meer der dunklen sterne Gabst deinen meistern kaum innre wärme Die hoffnung zum ewigen morgen hingewendet Manch geistig bund in einsamkeit verendet Düstre nacht in grausen geisteswelten Kann dir dein ewig sehnen nur vergelten Der klaren perlen geistvoll spiel, war das,was adlern denn gefiel umringt vom schrecken voller schatten die sinnlos blutopfer gelassen hatten gestorbenes gefild und ausgebrannte erde gott hilf,daß dies nicht sünde werde der violinen sanfter klang wohl ständig in die verse drang im königlichsten bunde nun vereint, dem jeden morgen neues weltenspiele scheint |
22.02.2017, 16:19 | #24 |
Gast
Beiträge: n/a
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Ich habe zwar nicht viel gelesen, kenne aber jede Schrift von Hesse.
Was in dem Fall eine Ausnahme bildet. Schon als Kind hat mich sein Wort tief bewegt und dort aufgefangen, wo ich an anderer Stelle tiefer gefallen bin. Für die Begegnung mit den Gedanken und dem Naturell von Hesse bin ich sehr dankbar. Das ist schon viele viele Jahre der Fall. Sein Wort atmet Leben. Er ist wie ein Baum, der immer neu entdeckt, weil er den Kopf hebt. Eines seiner Gedichte trage ich sogar am Körper. lg |
14.12.2020, 20:22 | #25 |
Dabei seit: 10/2020
Beiträge: 6
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Mir gefällt Hermann Hesse recht gut, war damals in der Schule stets eine meiner bevorzugten Autoren, wenn es darum ging, sich aus einer Leseliste was auszusuchen. Inzwischen ist es schon eine Weile her, dass ich was von ihm gelesen hab, sollt ich mir vielleicht mal wieder vornehmen.
Zum Thema Dokumentation: Ich denke, es ist halt recht schwer, einen guten Film zu drehen, wenn eigentlich kaum direktes Filmmaterial zur Materie existiert. Aber deine Beschreibung klingt furchtbar, ein paar passendere Personen hätte man da ja wohl schon finden können |
14.12.2020, 21:00 | #26 |
Forumsleitung
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Keine Ahnung, wie Hesse einzuordnen ist. Habe einiges gelesen, u.a. "Steppenwolf" und "Glasperlenspiel", hat mir aber nix vermittelt. Seine esoterische Schiene liegt mir nicht, und dass er angeblich auf Drogen war und den Stoff seinen Schülern weitergab (so wurde es jedenfalls in einer Doku dargestellt), macht ihn auch nicht zum Vorbild. Als Strahlemann passte er in die 70er und 80er Jahre, eine Umbruchzeit, die von den 68ern losgetreten worden war, die Massenmördern wie Mao huldigten und die DDr zum Idealstaat erhoben.
Damals wurden viele Größen der Geschichte und der Kultur instrumentalisiert, aber dem Himmel sei Dank sind seitdem ein paar Jahrzehnte vergangen, in denen sie ihre Wirksamkeit verloren haben. Oder sollte man sagen: bedauerlicherweise? Gegen die Meinungstrommler, die sich von seriös bis zu populistisch im Internet tummeln, könnten sie mit ihren unschuldig-wohlmeinenden Überzeugungen jedenfalls nicht mehr anstinken. Heutzutage zitiert man Trump und die bundesdeutschen Grünen - je dümmer, desto besser. |
20.12.2020, 07:06 | #27 |
Dabei seit: 12/2020
Ort: Bielefeld
Beiträge: 4
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Ich habe Hermann Hesse mit 16 auch gerne gelesen.
Soweit ich mich erinnern kann schreibt er gerne über die Natur und dass sehr ausführlich. Seine Texte würden sich auch gut als Anleitung für Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen eignen. |