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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt. |
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11.12.2020, 21:05 | #1 |
Vermutlich Darum
Warum seh ich die Zukunft schwarz?
Warum fehlt mir der Sinn? Warum steht keiner auf und kämpft? Warum nehmen wir's hin? Warum sieht jeder einfach zu? Warum nimmt man's in Kauf? Warum machen wir weiter so? Warum hörn wir nicht auf? Warum haben wir ständig Angst? Warum sind wir nicht frei? Warum schützen wir Umwelt nicht? Warum stehn wir dabei? Ich glaub, der Grund dafür ist klar, doch ich versteh ihn nicht !!! Es ist den meisten scheissegal, doch wär es unsre Pflicht. |
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11.12.2020, 22:26 | #2 |
Forumsleitung
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Tja, warum tut niemand etwas?
Wer käme denn auf die absurde Idee, man selbst könnte damit anfangen und sich alle Warums sparen? Das wäre halt mühsam. Alle anderen zu fragen und in die Verantwortung zu nehmen ist viel bequemer. Der Teufel ist immer der andere. Da ist man selbst fein raus. Solche Gedanken haben Menschen, die noch am Schnuller lutschen und in die Windeln machen. |
12.12.2020, 19:40 | #3 |
Warum.
Das, was wir kennen, ist einfach und bequem, ein Teil der Masse zu sein, Schwarmverhalten, erzeugt Sicherheit. Sich dort heraus trauen, seine eigene Welt bauen ist mühselig, unsicher und gefährlich. Früher überlebten die Menschen nicht ohne ihre Gruppe, vielleicht ist es auch die Angst, die einen aufhält, die Angst vor dem, was einen erwartet und letztendlich zu versagen. alles Liebe Dir Sinneswandler |
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12.12.2020, 19:59 | #4 |
Gast
Beiträge: n/a
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Hallo zusammen,
@ Trembalo genau, diese Angst des AusgestossenSeins steckt zutiefst in uns. Vor nicht allzu vielen Generationen noch, wurden Menschen ja aus der Dorfgemeinschaft / der Stadt verstossen und mussten außerhalb der Stadtmauern als Geächtete und Vogelfreie leben, wenn sie nicht dazu gehörten. Dazu kommt noch die spezielle Färbung, die die "deutsche" Psyche durch die Nazizeit erhalten hat. Noch vor 71 Jahren (1949) wurde mit dem Tode bestraft, wer Menschlichkeit, Klarheit und Liebe über Hass und Gewalt hochhielt. 71 Jahre ist noch nicht so sehr lange her, dass sich neue und gesündere Verhaltensmechanismen in der Seele etablieren konnten. Insbesondere deswegen nicht, weil die Geschichte nie grundlegend aufgearbeitet worden ist. Papa Hitler ist hopps gegangen; die Obergauner wurden noch verhandelt und bestraft ... - dann ging volk postwendend zur Tagesordnung über und stampfte das Wirtschaftswunder aus dem Drecksboden. Fourwaystreet |
12.12.2020, 20:59 | #5 | ||
Forumsleitung
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Zitat:
Zitat:
Ich bin jedenfalls sehr glücklich darüber, in den 50er Jahren unter der Schirmherrschaft der Amerikaner großgeworden zu sein, anstatt um Nahrungsmittel anstehen und eine kleine Wohnung mit einer anderen Familie teilen zu müssen, wie es für viele andere Menschen noch der Fall war. Und das war noch ein Glücksfall, denn viele Flüchtlingsfamilien wohnten jahrelang in dem Flüchtlingsheim in unserer Straße, wo ich oft hinging, um mit den Kindern zu spielen. So rosig war die Sache mit dem Wirtschaftswunder sowieso nicht, das ist eher ein Mythos. Mein Vater schuftete damals mehr als zehn Stunden am Tag, auch samstags, und zwar in Akkordarbeit. Bezahlt wurde also nach Stückzahl, nicht nach Zeit. Was daran wunderbar gewesen sein soll, erschließt sich mir nicht. |
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13.12.2020, 00:19 | #6 |
Hallo,
es freut mich, mit meinen Zeilen eine Reaktion hervorzurufen. Das Tolle daran ist zu sehen, wie man einen Text so vielfältig interpretieren kann, und jeder andere Dinge für sich entdeckt. So möchte ich mich keinesfalls aus der Verantwortung nehmen, oder mit erhobenem Zeigefinger den Rest der Menschheit verteufeln. Auch glaub ich nicht, dass jeder der sich gedanklich mit den Begebenheiten unserer Zeit auseinandersetzt, automatisch ein Wickelkind ist. Etwas zu hinterfragen sollte in jedem Alter erlaubt sein ! Die Erklärung Warum. find ich toll und da steckt sehr viel Wahrheit drin. Und auch den Rückblick auf die Gechichte unseres Landes kann ich sehr gut nachvollziehen... Genauso entspricht dieses komplett der Wahrheit :die Medien, die pausenlos eine Sau nach der anderen durchs Dorf jagen. Ich wollte damit vermutlich eher jedem, auch mir selbst einen kleinen Denkanstoss geben, dass man manchmal mutiger sein sollte, und nicht immer nur alles hinnehmen muss... Es gibt im Alltag so viele Situationen, wo ein simples warum angebracht ist. Ob man dadurch gleich die Weltherrschaft an sich reißt, sei dahingestellt ... Auch im Kleinen lässt sich was bewegen. Liebe Grüsse |
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13.12.2020, 01:39 | #7 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Es stimmt auch nicht, dass in Westdeutschland überhaupt keine Aufarbeitung der Nazizeit stattgefunden hat. Natürlich redeten die Leute nicht gerne darüber, schon gar nicht, wenn sie durch ihre Erfahrungen an der Front oder in den Konzentrationslagern traumatisiert waren. Es ist das gute Recht eines Menschen, sich durch Schweigen der Tortur zu entziehen, schreckliche Ereignisse noch einmal im Geiste durchleben zu müssen. Dennoch war es ein Deutscher, der Eichmann aufspürte, und es war das deutsche Fernsehen, das täglich über den Eichmann-Prozess in Israel berichtete, und zwar so ausführlich und erschütternd, dass ich mich noch heute an die Mitschnitte erinnern kann, obwohl ich noch ein Kind war. Auch die Kulturschaffenden hatten sich mit der Nazizeit und den Nachwirkungen des Krieges auseinandergesetzt, so z.B. in dem Kinofilm "Die Mörder sind unter uns" von 1946 (!). Das Fernsehen konfrontierte in den 50er und 60er Jahren außerdem regelmäßig mit Dokumentationen, in denen gezeigt wurde, wie die Toten mit Baggern aus den Konzentrationslagern geschaufelt wurden, und das weiß ich deshalb so genau, weil ich sie gesehen habe. Damals wurde auf die Befindlichkeiten der Zuschauer nämlich nicht die gleiche Rücksicht genommen wie heute. Wer diese Bilder nicht aushielt, hatte eben Pech gehabt, und wenn man das als Kind mitbekam, war es eben so und niemand wäre auf den Gedanken gekommen, das könne einen psychischen Schaden anrichten. Diese oberlehrerhaften Urteile über die angeblich ignoranten "Wir-sind-wieder-wer"-Deutschen werden nicht wahrer, indem man sie aufschnappt und weiterverbreitet. Wer sich informieren wollte, konnte dies immer tun, aber schließlich hatten die Leute auch noch etwas anderes zu erledigen, nämlich Schutt wegzuräumen, Wohnungen zu bauen, zwei eisige Winter zu überstehen und sich um genügend Nahrungsmittel zu kümmern. Wer weiß denn heute noch, dass in den beiden Nachkriegswintern jede Menge Leute schlicht und einfach erfroren, weil kein Heizmaterial da war? Oder dass die Menschen in ganz Europa hungerten und auf Rationen angewiesen waren? Wie Bert Brecht sagte, kommt erst der Bauch, dann die Moral. Du hast schon recht, Sinneswandel, die Frage nach dem Warum zu fordern, und nach Möglichkeit auch die Antworten darauf. Bei dem Thema, um das es mir hier geht, wurde gefragt, nämlich von der Generation, die einfach zu jung gewesen war, um das im Fernsehen gesehen zu haben, was ich noch zu sehen bekommen hatte. Die "Aufarbeitung", wie sie in den 70er Jahren stattfand, wurde durch die Serie "Holocaust" ausgelöst, damals einer der teuersten ARD-Einkäufe aus den U.S.A. Es kann aber nicht sein, dass sich diese bis dahin ahnungslose Generation moralisch über ihre Eltern und Großeltern erhebt, ohne selbst in einer von Ideologien beherrschten Welt gelebt zu haben, in der ein falsches Wort den Tod hätte bedeuten können. Wer Vergangenes verstehen will, muss die Perspektive der Menschen in ihrer Zeit einnehmen, mit dem Ritt auf dem hohen Ross ist es nicht getan. |
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