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18.08.2020, 10:14 | #1 |
Forumsleitung
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Altersstarrsinn - was ist das?
Altersstarrsinn - wie lässt sich dieser Begriff definieren? Gibt es ihn überhaupt, oder ist das nur ein Wischiwaschi-Wort?
Der Gedanke kam mir, weil meine Mutter inzwischen über neunzig Jahre alt ist und mir in den letzten Jahren ziemlich viel Schwierigkeiten gemacht hat. Nicht nur mir, nebenbei erwähnt. Hat das an ihrem vermeintlichen Altersstarrsinn gelegen, den man resigniert als Seniorenbonus hinnehmen muss? Oder ist das nur eine Charakterschaft, die, lebenslang eingeübt, im Alter verstärkt zu Tage tritt? Ich glaube letzteres, denn wenn ich zurückdenke, hatte meine Mutter auch in jungen Jahren ihren eigenen Kopf und keine Hemmungen, ihn durchzusetzen. Eher ging dabei eine Betonwand zu Bruch als ihre Schädeldecke. Anders gesagt: Das Verhältnis zwischen Durchsetzung und Kompromiss lag bei ihr ungefähr bei 98 zu 2 Prozent. Ich bin zu folgendem Schluss gekommen: Der Mensch ist vom ersten Schrei bis zum letzten Seufzer bocksbeinig, der eine mehr, der andere weniger, je nach Charakter. Der Unterschied zwischen Jung und Alt besteht lediglich darin, dass sich die Objekte ihres Durchsetzungswillens verschieben: Die Jungen wollen bereits Dinge für sich in Anspruch nehmen, die sie mangels Übung und Erfahrung noch nicht können; die Alten hingegen wollen sich immer noch für Dinge einbringen, die sie aufgrund abnehmender Kräfte und Ausdauer nicht mehr zu leisten imstande sind. In beiden Fällen mangelt es an der Einsicht in die Realität, weil Vorstellung und Wille stärker sind. Kurz gesagt: Altersstarrsinn gibt es nicht, nur ein Aufbäumen gegen Tatsachen, die schwer zu akzeptieren sind. |
18.08.2020, 12:51 | #2 |
Dem Altersstarrsinn begegne ich immer dann, wenn ich, was glücklicherweise nicht mehr so oft vorkommt, als Beifahrer im Auto sitze und mein Vater das Lenkrat in den Händen hält. Dabei erlebe ich jedes Mal eine kleine Zeitreise, denn es ploppen ständig Erinnerungen hoch, wie er früher über alle lahmen und unfähigen Rentner schimpfte, die sich strikt an die Geschwindigkeitsbegrenzungen hielten und sowieso wegen ihrer verlangsamten Reaktionszeiten den Führerschein schon längst hätten abgegeben haben sollten, um nicht eine Gefahr für sich selbst und andere darzustellen, weil sie aufgrund ihres Alters den Verkehr und verschiedene Situationen gar nicht mehr richtig einschätzen konnten!
Mittlerweile ist er der Rentner. Die Geschwindigkeitsbegrenzungen haben plötzlich alle ihren Sinn und es wird hauptsächlich über die jungen Leute geschimpft, die einfach nie gelernt haben sich an Regeln zu halten, überhaupt keine Lebenserfahrung haben und sich unbegreiflicherweise auch nicht belehren lassen wollen! Meiner Meinung nach entsteht Alterstarrsinn tatsächlich erst im Laufe des Alters, proportional in dem Maße, wie die eigene Flexibilität im Denken und Handeln nachlässt. Strukturen und Alltagshandlungen, die natürlich für einen gewissen Halt benötigt werden wenn eine jahrzehntelange Routine, wie z.B. das morgendliche Aufstehen und zu Arbeit gehen wegfällt, verfestigen sich unbemerkt. Ich hab das Gefühl, dass manche ältere Menschen wortwörtlich starr werden und einen Tunnelblick bekommen, in allen möglichen Bereichen, oder auch nur in einzelnen. Glücklicherweise kann ich meinen Vater, zumindest was den Fahrstil angeht, im Handumdrehen aufrütteln. Wenn er sich erstmal am Panikgriff festklammert und die Luft anhält, nur weil ich situationsangemessen fahre, landen seine verstaubten Scheuklappen ganz schnell auf der Rücksitzbank! 😁 |
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