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03.10.2019, 21:59 | #1 |
Vom Regen getrieben
Der Regen prasselte Sophie auf den Kopf.
Sie war nass bis auf die Haut, als sie das Café am Ende der Straße betrat. Tina, ihre Kollegin, grüßte Sophie, aber diese schenkte ihr keinerlei Beachtung. Zu spät war sie dran und dem Regen sei Dank durfte sie sich jetzt auch noch komplett umziehen. Schnurstraks lief Sophie hinter der Theke lang Richtung Personalraum und zog sich so schnell, wie es nur ging, um. Währenddessen putzte Tina, sichtlich gekränkt, weiterhin die leer gewordenen Tische. Zum Glück war nicht mehr viel los heute, wahrscheinlich könnte sie früher gehen, dachte sie sich. „Sag mal, was ist denn mit dir los heute? Flitzt hier einfach so durch wie ein kleiner Wirbelwind und lässt mich eiskalt stehen!“, sprach sie zu Sophie, als diese frisch umgezogen hinter der Theke hervorkam. „Tut mir wirklich leid, dass ich so spät dran bin heute, das wird nicht wieder vorkommen.“, entgegnete Sophie ziemlich geknickt. Sofort änderte sich Tinas Stimmung, sie ging zu ihrer Kollegin und antwortete: „Hör mal, es ist mir egal, ob du zu spät bist! Wenn du deswegen hier so durch den Laden hetzt, ist es doch deine eigene Schuld.“ Sophie schaute zu Tina auf und musste unwillkürlich grinsen. Das war Tinas Art zu sagen, dass sie einen Gang zurück schalten sollte. Sie seufzte erleichtert. „Danke Tina, das nächste Mal achte ich darauf, die Fassung zu behalten. Aber der Weg hierhin war der Horror! Das kannst du dir nicht vorstellen...“ Die Beiden quatschten eine Weile, bis der nächste Kunde hereinkam. Ein Herr um die Mitte vierzig setzte sich an einen Tisch links von der Eingangstür, Sophie zögerte nicht lange und brachte ihm die Karte. Sie begang mit denselben Worten wie immer: „Guten Tag der Herr, was darf ich Ihnen bringen?“ „Tag, junge Fau! Hm, lassen Sie mich mal sehen“, sprach der Mann und zog seine Lesebrille auf, „Was können Sie mir denn empfehlen?“ „Die Schwarzwälder Kirschtorte ist heute im Angebot und heute ist Pancake-Tag, falls Sie was Warmes haben möchten.“ „Gut, dann nehme ich die Torte und einen schwarzen Kaffee, danke!“ Sophie nickte, nahm die Karte und ging wieder hinter die Theke. Nachdem Kaffee und Kuchen vorbereitet und an den Tisch gebracht waren, verabschiedete sie sich von Tina, deren Schicht zu Ende war. Der Rest des Abends verlief ziemlich ruhig, draußen wurde es allmählich dunkel und Sophie ertappte sich zwischendurch dabei, wie sie gedankenverloren aus dem Fenster starrte. Lange hatte sie keinen so ruhigen Arbeitstag wie diesen gehabt und sie wunderte sich, ob sie eigentlich noch zufrieden mit ihrem Job im Café war. Es war meist sehr stressig und selten blieb ihr die Zeit zum durchatmen. Einer ihrer Kunden riss sie aus ihren Gedanken, Sophie bediente ihn. „Danke!“, sagte der Kunde mit einem herzlichen Lächeln auf dem Gesicht. „Nichts zu danken, ist ja schließlich mein Job!“, witzelte Sophie. Daraufhin drehte sich der Kunde im Gehen zu ihr um und sprach: „Na dann vielen Dank, dass Sie hier arbeiten!“ Sophie wurde plötzlich warm ums Herz und sie erinnerte sich wieder daran, warum sie den Job im Café angenommen hatte. Als der letzte Kunde gegangen war, putzte sie, packte ihre Sachen und schloss die Tür des Cafés hinter sich ab. Die Straße vor ihr war dunkel, das orangefarbene Licht der Laternen zeigte ihr den Weg und Sophie brach auf. Der Regen war verschwunden. |
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03.10.2019, 23:01 | #2 |
abgemeldet
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servus -
ein extrem spannender text. und wann ermorden tina und sophie irgend einen blöden gast der randalierend über die beiden herfällt. das hätte ich gern. du musst noch viel lernen um eine KG zu schreiben. aber hier sind 8000 leser und so ziemlich die besten literaturkritiker im deutschen sprachraum. ich gehöre nicht dazu bin nur ein einfacher maler. aber ich lese mit offnem geist und geschlossenem herzen. letzteres wegen meiner drei schrittmacher, die ich mit drei fernsteuerungen bediene und oft verwechsle. vlg r |
03.10.2019, 23:22 | #3 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Tina nickte in Richtung eines Tisches, an dem ein Mann mittleren Alters saß. "Der da. Schwarzwälder Kirsch und Kaffee schwarz. Ein Anmacher-Typ, also sieh dich vor." "Alles klar." |
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04.10.2019, 01:19 | #4 |
abgemeldet
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"Hm ok - ich schau mir den Typen mal an. Wenn er scheiße kommt dann werde ich in ein wenig einschleimen."
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04.10.2019, 08:25 | #5 |
Hallo Mrs Katalysator,
ich finde den Text als Kurzprosa gar nicht schlecht, auch wenn man ihn noch ein wenig kürzen könnte. Ein Kurzprosa-Text muss nicht unbedingt unglaublich spannend sein. Er ist eine Momentaufnahme, gewährt dem Leser einen Einblick in die Welt des Protagonisten. Da muss nicht unbedingt etwas "passieren", es muss sich auch nichts verändern. Ich finde es schön, was dem Leser der Schluss der Geschichte sagt: Es gibt noch menschliche Wärme, in einen Kontaktaustausch zwischen Gast und Bedienung verpackt. Und als der Protagonistin warm ums Herz wird, ist auch der Regen verschwunden. Ein guter Schluss für die kleine Geschichte. LG DieSilbermöwe |
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04.10.2019, 22:42 | #6 |
Hey,
♡-lichen Dank für eure Kritk! Und insbesondere für deinen Vorschlag, Ilka-Maria! Ich schreibe sehr gerne Prosa, die eher atmosphärisch wirkt. Langweilig sollte es natürlich nicht sein, aber auf Spannung hatte ich es jetzt auch nicht abgesehen. Habe aber auch länger keine KG mehr geschrieben und war mir dementsprechend was unsicher :P Freut mich, dass dir der Schluss gefallen hat, Silbermöwe! lG MK |
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05.10.2019, 00:25 | #7 |
Forumsleitung
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Das sollte weniger ein Vorschlag, als vielmehr ein Beispiel sein, oder eine Variation. Ich neige dazu, in möglichst knappen Worten zu schildern, aber das ist nicht jedermanns Sache.
Grundsätzlich hast du mit deiner Kurzgeschichte nichts falsch gemacht. Du bist direkt in die Handlung reingesprungen, nah an der Protagonistin geblieben, hast nur wenige Personen auftreten lassen und die Geschichte räumlich und zeitlich begrenzt. Dass sie nicht unbedingt spannend sein muss, hat Silbermöwe bereits erwähnt. Damit sind die Kriterien einer Kurzgeschichte erfüllt. Alles andere ist dein persönlicher Stil. Beste Grüße und gute Nacht. |
13.10.2019, 15:25 | #8 | ||||
Also zuerst finde ich eine Geschichte, die das kleine Glück in den noch kleineren Alltagssituationen sucht, wunderbar für zwischendurch, auch die länge ist hierfür geeignet. Jedoch finde ich es fast unabdingbar, die Geschichte umse besser zu durchdenken und präziser zu sein, je weniger Wucht/Zeichen/Spannung sie hat, da die 'kleinen unzulänglichkeiten' viel stärker ins Gewicht fallen.
Zitat:
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Zitat:
Schönes Ende. Der Umschwung der Stimmung gelingt. |
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Lesezeichen für Vom Regen getrieben |
Stichworte |
arbeit, hoffnung, regen |
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