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Theorie und Dichterlatein Ratschläge und theoretisches Wissen rund um das Schreiben. |
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28.07.2018, 00:54 | #1 |
Forumsleitung
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Eine Lanze für den Bindestrich
Ich fühle mich genötigt, in den Kampf zu ziehen für ein klitzekleines, wenig beachtetes, völlig missverstandenes und deshalb schon fast zu Ausrottung verurteiltes Mitglied des Stammes "Interpunktion". Schon sehe ich kreuz und quer das Augenrollen der User dieses Forums: "Nicht schon wieder Interpunktion, nur Pest und Cholera sind schlimmer."
Nun leben wir aber in einem Land, dessen Bürger sich seit Jahrzehnten den Minderheiten besonders annehmen, für deren Rechte kämpfen und empört auf die Barrikaden gehen, wenn diese Minderheiten in ihren Rechten beschnitten werden oder gar vom Aussterben bedroht sind. Und zu diesen Minderheiten gehört schon längst der BINDESTRICH. Ein Bindestrich verbindet zwei Wörter so eng, dass sie eine weiterführende Bedeutung oder eine neue Gewichtung erhalten, ohne ihren Eigenwert zu verlieren. Sie gehen sozusagen eine Ehe ein, die innerhalb des Kontextes, in dem sie stehen, die Aussage präzisieren bzw. vertiefen. Schreibtechnisch ist es also sinnlos, einem Bindestrich Leerstellen zu verpassen. Die schwäbisch-sparsame Hausfrau ist nun mal keine schwäbisch - sparsame Hausfrau, weil Leerstellen vor einem Strich und nach einem Strich einen Gedankenstrich symbolisieren, und der soll die Gedanken innehalten lassen statt Wörter zu verbinden. Warum ich das alles schreibe? Weil es nervt, wenn ich im Lesefluss, womöglich noch bei einem guten Text, ins Stocken gerate, weil mich ein unsinnig gesetzter Gedankenstrich auf den Zwischengedanken warten lässt, der nicht kommt, und ich dann feststelle, dass eigentlich ein Bindestrich gemeint war. Und weil ich mich immer öfter frage, was man heute in der Schule im Deutschunterricht eigentlich noch beigebracht bekommt. |
08.11.2018, 23:46 | #2 |
Bringt mich zum schmunzeln, weil...
!- Liebe Grüße. |
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09.11.2018, 20:06 | #3 |
Dabei seit: 10/2018
Beiträge: 23
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Wenn der Binde-Strich - wie hier so leidenschaftlich verteidigt - Brücken baut und die Worte nicht etwa spaltet - bitteschön.
Was Gott zusammengefügt hat, soll keine noch so neumodische Rechtschreibereform trennen! |
09.11.2018, 20:59 | #4 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Die gleiche Unsicherheit findet sich beim Umgang mit den Kommata. Manche Schreiber wenden sie offensichtlich bei jeder Atempause an, woraus man schließen kann, wie schnell diese User beim Scheiben aus der Puste geraten . Danke für dein Interesse an dem Thema. LG Ilka |
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09.11.2018, 21:34 | #5 | |
Zitat:
Leider brauchen immer mehr Leser und Schreiber, häufiger denn je, eine Dekompressionskammer, selbst nach dem geringsten Tiefgang. Grüße in den Thread. |
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09.11.2018, 21:46 | #6 |
Forumsleitung
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Ich bin der Meinung, dass der User/Autor dem Leser außer seines Texts gar nichts vorzugeben hat. Was der Leser damit machen will, sollte ihm überlassen bleiben. Das Schlimmste, was ein Autor machen kann, ist der Versuch, seinen Leser zu gängeln. Es ist jedoch seine Pflicht, sich eines guten Stils und einer möglichst fehlerfreien, unmissverständlichen Rechtschreibung zu bedienen. Anderenfalls muss er damit rechnen, seinen Leser zu verwirren und ihm die Lust am Lesen seines Texts zu verderben.
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09.11.2018, 22:13 | #7 |
Gehören Kommata nicht zur Rechtschreibung? Würde ja hier nicht unbedingt von " Zwang " sprechen. |
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09.11.2018, 22:17 | #8 |
Forumsleitung
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10.11.2018, 10:36 | #9 |
Dabei seit: 10/2018
Beiträge: 23
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KMK - soso. Bisher war mir nur k.u.k. bekannt. Man lernt doch immer wieder dazu, und sei es bei Diskussionen über Binde-, Gedanken- und Trennstriche!
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11.11.2018, 21:26 | #10 |
Es ist alles noch komplizierter!
Es gibt nicht nur den Bindestrich: Ilka-Maria; und den Gedankenstrich: Horst - ein Verräter der Lehrerschaft - gibt Nachhilfe in Rechtschreibung. Es gibt auch noch den Spiegelstrich: - Maria - Klaus - Hubrecht Die fehlende Möglichkeit zwischen Spiegel- und Gedankenstrich zu differenzieren, kann weitreichende Folgen haben! Meine Existenz war bedroht. In meinem alten Personalausweis, dem alten grauen Lappen, stand mein Name wie folgt: --- Hans-Werner ----- --- Anders ----------- Im Orginal konnte man nicht erkennen, ob sich zwischen den Strichen und den Worten eine Leerstelle befand. Ich musste sehr kämpfen, um den Bindestrich zwischen den beiden Gliedern meines Vornamens zu behalten. Die Kundenberaterin der Stadt wollte eine beglaubigte Kopie meiner Geburtsurkunde sehen. Erst als ich entsetzt ausrief: „Ich glaub, mich beißt ein Elch!“, gab sie großzügigerweise nach. Außerdem existieren noch - der Bis-Strich - der Gegenstrich - der Streckenstrich Die Länge der Striche werden angegeben in Geviertstrich, Halbgeviertschrift, Viertelgeviertschrift. Der Halbgeviertstrich wird auch bei Geldbeträgen als Ersatz für Nullen angegeben, z.B. 13,- Euro. Und der Halbgeviertstrich ist der häufigste ... Aber ich denke, hier sollte ich aufhören! Und auf Wiki verweisen. ... Ach ja, es gibt auch noch das Minuszeichen, welches sich formal von den anderen Zeichen absetzt, weil es etwas hochgestellter im Raum liegt. Mut - Angst = Leichtsinn. Schluss jetzt! Ich habe das Gefühl, das es auch unnötiges Wissen gibt! LG Flocke |
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13.11.2018, 13:23 | #11 |
Herrlich! Ich mag es, wenn es für alles einen fest abgesteckten Rahmen gibt. Besonders gefällt mir der Halbgeviertstrich.
Eine tolle Strichliste.... |
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19.11.2018, 09:26 | #12 |
Forumsleitung
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Ja, und recht lustig.
Ich möchte aber nochmal auf den Unterschied zwischen Bindestrich und Gedankenstrich zurückkommen, weil mir in Verbindung mit Drabbles etwas aufgefallen ist: Wie viele User im Forum bereits wissen, ist ein Drabble eine kurze, der Anekdote verwandte Geschichte. Sie muss genau 100 Wörter haben, es darf keins mehr und keins weniger sein. Die Geschichte sollte eine Pointe haben. Wer ein Textverarbeitungsprogramm wie Winword hat, kann es sich einfach machen und die Wörter zählen lassen. Satzzeichen, die am Wort stehen (z.B. Anführungszeichen) gehören zum Wort, werden also nicht extra gezählt. Das gilt auch für den Bindestrich, der zwei Wörter zu einem einzigen Begriff vereint, vor und nach dem also keine Leerstellen geschrieben werden. Anders beim Gedankenstrich, der eine Denkpause bewirken soll oder einen Einschub umschließt. Er wird mit Leerstellen geschrieben, was den Effekt hat, dass das Textverarbeitungsprogramm ihn als Wort mitzählt. Deshalb ist er beim Feststellen der Anzahl der Wörter herauszurechnen, oder besser vermeidet man ihn bei Drabbles völlig. Dies nur mal als Zusatzinformation für Drabble-Freunde. Ich bin nämlich gerade dabei, ein Buch mit Drabbles zu schreiben, das nach bestimmten Vorgaben aufgebaut ist und mit Begriffen von A bis Z arbeitet, und deshalb bin ich permanent mit dem Zählen von Wörtern beschäftigt . LG Ilka |
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