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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen. |
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30.03.2018, 14:03 | #1 |
Mann mit Tasche/Der Trinker
Er atmet schwer und wirkt, als ob er döse.
Doch ab und an - wer weiß woher - durchzieht ein Sprung den ganzen Körper und nervöse Grimassen füllen seine Miene. Sieht man hin, eröffnen sich die innren Kämpfe. Dann führt er seine Tasche langsam an den Mund und trinkt versteckt und hofft, dies dämpfe, was in ihm wühlt und er nicht halten kann. Und plötzlich löst sich jeder Zwang in seinen erst strengen Zügen, beinah wundersam. Doch drängt es ihn bereits in ein Verneinen und taucht das sinkende Gesicht in Scham. Geändert von Laie (30.03.2018 um 19:33 Uhr) |
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30.03.2018, 15:27 | #2 |
Lieber Laie,
schöne Studie zum überfordernden Unglück. Was mich wundert, ist, dass Grimassen Blicke füllen können und Verstecktes dämpfen kann. Sehr gern gelesen LG gummibaum |
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30.03.2018, 17:06 | #3 |
Vielen Dank, lieber gummibaum.
Mit den Grimassen in den Blicken wollte ich den schnellen Wechsel im Ausdruck der Augen dieses Mannes darstellen. Die andere Stelle soll bedeuten, dass er versucht die innere Unruhe durch das Getränk zu befrieden. Ich wollte das Gedicht zunächst "Der Trinker" oder "Der Alkoholiker" nennen. Vielleicht wäre das für die Klarheit besser gewesen. Gruß, Laie |
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30.03.2018, 18:14 | #4 |
Mann mit Tasche/Der Trinker
Er atmet schwer und wirkt, als ob er döse. Doch ab und an - wer weiß woher - durchzieht ein Sprung den ganzen Körper und nervöse Grimassen füllen seine Miene. Sieht man hin, so merkt man seine innren Kämpfe. Dann führt er seine Tasche langsam an den Mund und trinkt versteckt und hofft, dies dämpfe, was in ihm wühlt und er nicht halten kann. Und plötzlich löst sich jeder Zwang in seinen erst strengen Zügen, beinah wundersam. Doch drängt es ihn bereits in ein Verneinen und taucht das sinkende Gesicht in Scham. Der Panther Im Jardin des Plantes, Paris Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe so müd geworden, daß er nichts mehr hält. Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt. Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte, der sich im allerkleinsten Kreise dreht, ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte, in der betäubt ein großer Wille steht. Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille sich lautlos auf — Dann geht ein Bild hinein, geht durch der Glieder angespannte Stille — und hört im Herzen auf zu sein. https://www.youtube.com/watch?v=cRuWSRjioos Hallo Laie, sehr mutig, den Rilke zu machen (oder ist es Zufall?). Das Sujet ist ein anderes, die Form bis hin in Kleinigkeiten gleich: jeweils drei Strophen im fünfhebrigen Iambus (bei Rilke ist die letzte Zeile vierhebrig!), gleicher Wechsel von klingender und stumpfer Kadenz, in der ersten Strophe die Wahl von Umlauten bei den stumpfen Kadenzen, Ähnlichkeiten in den Motiven (müder Blick – dösender Mann). Vor allem ist der Spannungsaufbau über die drei Strophen parallel: "müder Blick" - "dösender Mann", „trinkt versteckt, als ob dies dämpfe“ - „in der betäubt ein großer Wille steht“, „Und plötzlich löst sich jeder Zwang“ - „ Dann geht ein Bild hinein, geht durch der Glieder angespannte Stille“, usw. Der „Panther“-Gedicht gilt als ein beipiel par excellence eines „Dinggedichtes“. Der Panther wird hier so beschrieben, als spräche er aus sich heraus, das lyrische Ich tritt in den Hintergrund, es gibt keine subjektiven Assoziationen des LyriI in Bezug auf den Panther, keine Reflexionen über das Dargestellte. Das „Objekt“ steht im Mittelpunkt, sein eigentliches Wesen in diesem beobachten Moment wird von verschiedenen Seiten her erkundet und formuliert. Das ästhetische Konstrukt, dass beschriebene „Symbol“ lässt idealerweise im Rezipienten ein fast schon mythisches Empfinden entstehen: genau, das ist die Wahrheit dieses eingesperrten Raubtieres, dieser Begegnung berührt uns (zumindest mich). Auch dein Gedicht, so scheint mir, will das „Wesen“ einfangen. Es ist gemein, es mit Rilkes Werk zu vergleichen ; aber dem hast du selbst Vorschub geleistet. Zwei Kleinigkeiten z.B., die dein Gedicht nicht so elegant und fließend wirken lassen: „Sieht / man hin, so merkt man seine innren Kämpfe“ - doppeltes „man“, ungewohnter Silbenausfall („innren“) lassen stolpern. Vergleiche dein Enjambement: „Und plötzlich löst sich jeder Zwang in seinen / erst strengen Zügen“ mit dem von Rilke: „Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille / sich lautlos auf“. Der normale Sprechduktus lässt uns bei Rilkes Zeilen nach „Pupille“ eine kleine Pause machen, der folgende Iambus schließt sich dann fließend an. Dagegen wirkt dein Übergang etwas holpernd und angestrengt. Ein interessantes Gedicht. LG Flocke |
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30.03.2018, 19:27 | #5 |
Hallo Flocke,
hab vielen Dank für deinen ausführlichen und informativen Kommentar. Stellenweise klingt er jedoch sehr nach einer Unterstellung. Vielleicht bin ich aber auch zu empfindlich, weil mir die Rilke-Vergleiche (oder auch zu anderen Dichtern) langsam auf die Nerven gehen. Die Form des Gedichts ist bei mir stets Zufall, da ich mir darüber keine Gedanken mache. Es kommt, wie es kommt. Das Reimschema ABAB und der Wechsel zwischen weiblichen und männlichen Kadenzen sind zudem sehr geläufig. Dass ab und an in Reimwörtern Umlaute auftauchen, kann vorkommen. Inhaltlich habe ich nur versucht, das Bild widerzugeben, welches sich mir präsentiert hat. Und das aus dem Grund, dass ich mich nach einer kleinen Krise etwas weg vom Beschreiben der eigenen Gefühle hin zum Beobachten orientieren wollte. Die von dir angesprochenen Kleinigkeiten verursachen wohl kleine Hänger, da hast du recht. Eine Stelle ändere ich auf deinen Hinweis hin. Aber einen Vergleich mit Rilke besteht niemand, daher mache ich mir keinen Kopf. Und auf Vergleiche mit anderen Dichtern will ich nie hinaus. Diese führen immer nur andere an Gruß, Laie |
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30.03.2018, 20:01 | #6 |
Hallo Laie,
der "Panther" ist eines meiner drei, vier Lieblingsgedichte und eines der wenigen, die ich auswendig kann. Vielleicht sehe ich deswegen kleine, schwarze Katzen, wo doch nur dunkle Pfoten zu erkennen sind. Du schreibst, du wolltest "weg vom Beschreiben der eigenen Gefühle hin zum Beobachten". Das halte ich für eine fruchtbare Idee und wünsche dir dafür weiter ein gutes Gelingen. LG Flocke |
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30.03.2018, 20:17 | #7 |
Forumsleitung
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Ich muss mich Flocke anschließen: Beim Lesen - und ich habe das Gedicht zweimal hintereinander gelesen, um mir sicher zu sein - assoziierte ich den Rhythmus ebenfalls sofort mit Rilke.
Aber zur Wortwahl und dem Bild, das sie vermittelt: Chapeau! Das ist dir großartig gelungen. So sieht die Liebe eines Dichters zu seiner Sprache aus. LG Ilka |
30.03.2018, 23:54 | #8 |
gesperrt
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Der Panther ist eines der seichtesten und leichtesten Gedichte überhaupt. Das kann nur jemand mögen, der sonst nichts drauf hat und sich nicht entwickeln will.
Gem In bangen Schritten, geht er umher Und blablablutsch Gem Und sogar bei dem Copypaste Gedicht würde ich wenigstens noch Strukturen erstellen, aber das wäre doch zuviel Respekt vor dem Diebstahl. Naja, egal, von mir wird auch so viel geklaut, dass ich schon gar nicht mehr weiß, was von mir ist oder wem anderen. Gem |
31.03.2018, 10:39 | #9 |
Guten Morgen zusammen!
@Flocke: Vielen Dank! Es hat immmerhin schon zu ein paar Gedichten geführt. @Ilka: Um die Ähnlichkeit geht es mir gar nicht. Die ist selbst mir mitterweile mehr als klar. Aber, was mich stört, ist die Unterstellung, ich hätte kopiert. Für dein Lob möchte ich mich bedanken! Es freut mich, dass es dir gefällt. @Gemini: Ich will nicht unter jedem meiner Gedichte einen Kommentar lesen müssen, der die Ähnlichkeit zu einem anderen Dichter herausstellt. Und Diebstahl lasse ich mir überhaupt nicht unterstellen! Ich schreibe, wie ich schreibe, weil es mir persönlich so gefällt. Und wenn es schlecht ist, dann weil ich es so geschrieben habe. Und wenn es gut ist ebenso. Das sollen auch die Leser so erkennen. In dieser Hinsicht wäre das Kopieren fremder Gedichte das aller dümmste. Dass dir mein Gedicht nicht gefällt, ist mehr als ok. Grüße, Laie |
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31.03.2018, 10:57 | #10 |
gesperrt
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Dass dir mein Gedicht nicht gefällt, ist mehr als ok.
Steht das in meinem Kommentar irgendwo? Gem |
31.03.2018, 11:02 | #11 |
"Der Panther" gefällt dir nicht, mein Gedicht ist ein Copypaste => auch mein Gedicht gefällt dir nicht.
Sollte ich falsch gefolgert habe, entschuldige ich mich. Gruß, Laie |
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31.03.2018, 11:02 | #12 |
Forumsleitung
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31.03.2018, 11:10 | #13 |
Hallo Laie,
das Rad lässt sich nicht jeden Tag neu erfinden - und so wird man immer das Gefühl haben einen Text so oder ähnlich schon mal gelesen/gehört zu haben. Das ändert aber nichts daran, dass Du hier einen inhaltlich wie handwerklich überzeugenden Text geschrieben hast, egal woher Du deine Inspiration nimmst. Das müssen andere erst mal so hinbekommen. Gruß, A.D. |
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31.03.2018, 15:41 | #14 |
Forumsleitung
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Zur Info: Die letzten Kommentare von Gem haben mit dem Gedicht nichts zu tun und wurden deshalb nach "Small Talk" verschoben.
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01.04.2018, 12:56 | #15 |
Hallo Ilka,
es tut gut, dass du das schreibst. Ich habe mich nämlich nicht am Panther orientiert und hatte ihn auch nicht im Kopf. Ich habe nur den Mann beschrieben, der mir im Zug gegenübersaß. Hi A.D., vielen Dank für deine lieben Worte. Es freut mich, dass dich der Text überzeugt. Die Inspiration dazu hat tatsächlich "nur" eine Beobachtung geliefert. Viele Grüße, Laie |
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