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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen. |
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11.10.2017, 11:41 | #1 |
Quasimodo spricht mit den Gargylen
Ihr Fratzen wie aus Fieberträumen spiegelt
mein wundes In-die-Welt-geworfen-Sein. Erstarrte, die ihr die Erkenntnis siegelt: Ach wäre ich wie ihr doch nur von Stein! Der stumme Schrei aus euren Regenmündern - ein nie gehörter Chor verworfner Seelen, die unter Qualen uns, den armen Sündern Dämonen speien, die sie nächtens quälen! Der ich tagtäglich eure Mienen schaue und euch umarme in der Einsamkeit, bin nur ein Schatten hinter jener Klaue, mit der ihr deutet nach der Ewigkeit. Wer euer Antlitz schnitzte in die Steine, gedachte meiner ungeschlachten Züge, als strafte er die Schönheit und das Reine der Menschen unten jeden Morgen Lüge. Ich bin euch näher als den Gotteskindern in ihrer Welt aus Niedertracht und Drang. Ich liebte, um den Schmerz darum zu lindern - vergeblich zwar, doch rein wie Glockenklang. So tragt mich heim in euer hohes Schweigen, darin nicht mehr liegt als Erinnerungen an böse Träume, die dem Weisen zeigen, wie falsch die Welt ist und von Weh durchdrungen. Ihr Fratzen wie aus Fieberträumen spiegelt mein wundes In-die-Welt-geworfen-Sein. Erstarrte, die ihr die Erkenntnis siegelt: Ach wäre ich wie ihr doch nur von Stein! |
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11.10.2017, 12:24 | #2 |
Hi eKy,
durch dein Gedicht angeregt, habe ich auf Wikipedia ein bisschen zum "Glöckner von Notre Dame" gelesen. Ich glaube, ich sollte mir mal das Buch besorgen. Bisher kenne ich nur den Disney-Film Dein Gedicht beschreibt die Qualen und Leiden Quasimodos bis hin zum Todeswunsch. Aber etwas scheint ihn ans Leben zu binden. Vielleicht die Liebe zu seinen Gargylen oder einfach die Angst vor dem Tod. Denn er müsste eigentlich "nur" springen. Ich hatte als Kind stets Mitleid mit dieser Figur. Gern gelesen! Gruß, Tiger |
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11.10.2017, 12:58 | #3 |
Hallo Erich,
ein Gedicht, dass den Wunsch Quasimodos ausdrückt, wie die Gargoyles zu sein. Eben aus Stein, also anders zu sein, Quasimodo lebend ist. Da du selber sehr, sehr viel Wert auf sprachlichen Klang und einen angenehmen Lesefluss legst, ist hier etwas, wo ich beim Lesen gestolpert bin. "Der ich tagtäglich eure Mienen schaue und euch umarme in der Einsamkeit," Mich wurmen daran die ersten Worte, "Der ich tagtäglich eure Mienen schaue" das kann ich sprechend "rappen". Es klingt nicht wohlklingend wie die darauffolgende Zeile und der Rest des Textes. Metrisch natürlich sauber, aber Wortklangmäßig aufgrund der ersten Silben bis "lich" nicht mehr. Du hast sicher mehr Worte dafür, warum ich das jetzt so empfinde, oder? Ich glaube es liegt am "ä". Als würde es noch lauter, stärker betont sein, als alles Darumliegende?? (Ehrlich gesagt, Erich, dachte ich den halben Text lang, die Zeilen gehören doch alle in ein Sonett, so als 5hebige Zeilen, würde das ja gut passen). Dann ist mir in der vorletzten Strophe aufgefallen, dass du dein Silbenschema nur und ausschließlich nur für diese Strophe geänder hast. Die 2. und 4. Zeile haben eine Silbe mehr bekommen. Das klingt zwar wunderbar, passt aber nicht mehr zum Rest und ich sehe auch nicht warum du es getan hast, ausser dass es schöner klingt. War es, weil es ursprünglich die letzte Strophe war und du dich danach entschieden hast, die erste Strophe doch nochmal, um den Kreis zu schließen und es zu verdeutlichen, als letzte Gesetzt hast? Ich weiß es nicht. Der Quasimodo jedenfalls hat auch in deinem Gedicht sehr, sehr gelitten und das kam dabei auch für mich zum Tragen. ZuEnde und gern und etwas analysierend gelesen. Liebe Grüße! |
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11.10.2017, 20:12 | #4 |
Hi Tiger!
Du vergißt, Mr. Q. war ein Kind seiner Zeit: Selbstmord hätte Verdammnis bedeutet, eine Todsünde! Aufgezogen von einem glühenden Priester, was hatte er für eine Wahl, als dieses Leben zu akzeptieren? Schau dir unbedingt mal die s/w-Verfilmung mit den genialen Charles Laughton als Quasimodo an, die ist immer noch die beste, viel besser als die spätere Farbverfilmung mit Anthony Quinn in dieser Rolle! Aus diesem Film stammt auch sinngemaß das Schlusszitat des Antihelden, weinend auf einen Gargoyle blickend: "Ich wünschte, ich wäre von Stein wie du!". Hi MiauKuh! Dass sich deine bestimmte Wortfolge für jemanden nicht so gut anhört, ist ein individueller Eindruck - ich habe mit der Sprachmelodie dieser Zeile keine Probleme. Das mit den Silben mag sein, ich schreibe beim Dichten nach Heberzahl und zähle hinterher nicht jede Zeile einzeln nach. Die Zeilen sind alle fünfhebig, das genügt mir. Hier allerdings ist dir etwas anderes aufgefallen: Das Kadenzenschema wechselt rhythmisch von Beginn an: wmwm - wwww. Auf solche Details achte ich. Du hast mit der vorletzten Str. eine wwww-Str. (Silbenschema 11-11-11-11) gefunden und sie mit einer wmwm-Str. (Silbenschema 11-10-11-10) verglichen. Aber ich habe dies nicht nur bei der vorletzten Str. so gemacht - dieses Schema zieht sich von Beginn an durch das ganze Gedicht durch. Von einem einmaligen Ausrutscher oder Änderung extra für eine bestimmte Str. kann keine Rede sein - es soll vielmehr so sein, um den Rhythmus aufzulockern, damit es nicht leiernd klingt beim Vortrag. Vielen Dank für eure kundigen Beiträge! LG, eKy |
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11.10.2017, 21:09 | #5 | |
Zitat:
Ich bitte vielmals um Verzeihung ja? Es ist schön, dass du so durchgewechselt hast, und sämtliche meiner Aussagen zum Thema Silben sind Blödsinn gewesen. Ich werde den Beitrag noch überarbeiten, so es denn geht, ansonsten halte ihn für Gegenstandslos. (Wie ich sehe geht es nicht, also betrachte ihn bitte als Gegenstandslos) Liebe Grüße -Muh |
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11.10.2017, 22:16 | #6 |
Forumsleitung
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Ohne alle vorherigen Kommentare gelesen zu haben und deshalb möglicherweise irgendwo anzuecken oder etwas zu wiederholen: Wie immer bei dir, Erich, ein gekonnt komponiertes Gedicht, obendrein über ein ungewöhnliches Thema. Wie meistens bei deinen Gedichten musste ich es zweimal lesen, und zwar laaaangsam, was meiner Natur schmerzlich widerspricht. Vielleicht liegt das daran, dass ich nicht in Bern, sondern in Offenbach zur Welt kam .
Spaß beiseite. Bei deinem Stil ist aufmerksames Lesen eine Grundvoraussetzung, um die Fülle deines sprachlichen Könnens aufzunehmen und gleichzeitig den Inhalt der Verse zu erfassen - der erhabene Stil eben. Nach dem zweiten Lesen ordnete ich das Gedicht als Klagelied ein. Der mißgestaltete Glöckner hat Liebe empfunden, ohne Gegenliebe erwarten zu dürfen, und wünscht zu einer steinernen Figur zu werden, um nicht mehr fühlen zu müssen. Das ist traurig und hat mich berührt, denn es klingt nach etwas Endgültigem. Als habe ein Mensch jede Hoffnung verloren, jemals geliebt zu werden. Gottseidank gibt es Gegenentwürfe. Ich denke spotan an die Geschichte "Die Schöne und das Biest". Vielleicht könnte das dein nächstes, lyrisch zu verarbeitendes Thema sein. Lieben Gruß Ilka |
12.10.2017, 10:13 | #7 |
Wirklich nicht auf Anhieb leicht zu greifen, Erich, aber nachdem ich den Text nun mehrmals gelesen jabe, fließt er nur so dahin.
LG Sonnenwind |
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12.10.2017, 22:29 | #8 |
Hi MiauKuh!
Keine Sache - ich bin nicht leicht beleidigt. Ich stelle bloß richtig, wenn es nötig ist. Ich hoffe, dich damit nicht gekränkt zu haben! Hi Ilka! Wenn du meine Antworten auf die anderen Kommis liest, wirst du feststellen, dass du goldrichtig liegst, bis hin zum verarbeiteten Filmzitat aus dem Klassiker mit Sir Charles Laughton. Vielen Dank für das positive Echo! Ich mache noch ein "Langsamleserin" aus dir! Mit dem "sprachlichen Können" ist es nicht so weit her, da muss ich mich nicht bemühen oder Begriffe suchen. Mit dieser Art Sprache bin ich groß geworden. Meine Eltern lehrten mich zuerst Hochdeutsch - den Dialekt lernte ich erst in Kindergarten und Schule. Klassiker: Ich als Vierjähriger gehe mit den Eltern spazieren. Bekannte geht mit und staunt, als der Bub (zum Vater, der seine Kappe trägt) sagt: "Vater, bedecke mich, mir ist kühl am Kopfe!" Davon zu erzählen wurde sie lebenslang nicht müde ... Als Knabe hatte ich über hundert LPs mit deutschen Märchen, gesprochen von teils damals namhaften Mimen. Mit 16 spielte ich Vaters Faust I-Fassung (Erich Ponto als Mephisto) auf vier LPs monatelang rauf und runter, bis ich ihn fast auswendig konnte! Meine Initialzündung in Sachen Lyrik aber war mit 12: Rilke's "Panther" im damaligen österr. Schullesebuch! (Heute dort ersatzlos gestrichen) - Wie habe ich bittere Tränen vergossen um dieses arme, stolze Tier!!! Damals wusste ich: So schreiben und jemanden anrühren - das möchte ich auch mal können! Naja - so gut ich eben kann ... Hi Sonnenwind! Vielen Dank auch dir für das Lob! LG euch allen! eKy |
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12.10.2017, 23:22 | #9 | |
Zitat:
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13.10.2017, 18:12 | #10 |
Hi Sonnenwind!
Passiv ja, als Zuhörer. Mein Rezitieren nahm ich damals nie auf, also hörte ich mich selbst nie sprechen. Aber da ich musikalisch begabt bin, ahmte ich Klangstruktur, Betonung und Duktus instinktiv nach - allerdings ohne Kontrolle oder berufene Unterweisung. Die CDs sind von 2012 - also über 35 Jahre später, und dazwischen habe ich über 24 Jahre nicht gedichtet und nie Texte laut gelesen. LG, eKy |
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14.10.2017, 05:31 | #11 |
gesperrt
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14.10.2017, 08:01 | #12 |
Eine ordentliche Grundprägung in sehr jungen, sensiblen Jahren hattest Du dann aber doch. Bist ein Naturtalent in gutem Umfeld. Es hat ja auch nicht jeder eine so geeignete Stimme...
LG Sonnenwind |
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14.10.2017, 11:20 | #13 |
R.I.P.
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Lieber Erich Kykal -
Dein Gedicht trifft tief im Inneren und rührt zu Tränen des Mitleids.
Ob man nun Charles Laughton oder Anthony Quinn vor Augen hat oder auch nur den Roman von Emile Zola - dieses Schicksal kann keinen Menschen kalt lassen. Dein wie immer perfektes Sprachgefühl macht trotzdem, daß das Gedicht ein Hochgenuß ist. Welche Bereicherung für Poetry! Lieben Gruß von Thing |
14.10.2017, 11:27 | #14 |
gesperrt
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Wenn ich es bis dato nicht wusste Thing, weiß ich es jetzt.
http://www.ephraimkishon.de/mein_freund_jossele.htm |
14.10.2017, 11:34 | #15 |
R.I.P.
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Ich mochte, im Gegensatz zum Großteil der Deutschen, Herrn Kishons Romane oder Geschichten noch nie. Auch die meisten Verfilmungen reißen nicht vom Hocker.
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14.10.2017, 11:50 | #16 |
Ach, Thing - würdige dieses giftige Männlein aus Wien doch keiner Antwort!
Weißt du, warum er sich "Gemini" nennt? - Weil er weiß, dass er für einen allein nicht genug Hirn hat! Was dieser Antipode des Intellekts aus kleingeistiger Rachsucht und der Angst des Versagers, nicht ernst genommen zu werden, hier absondert, ist keiner sinnvollen Überlegung wert. Es genügt völlig, wenn ich ihm ab und zu zeige, wo sein Platz ist - weil es mich amüsiert, wie der aufgeplusterte Geistes- und Gabenzwerg dann wieder im Dreieck hüpft und Zeter und Mordio schreit! LG, eKy |
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14.10.2017, 11:55 | #17 | |
R.I.P.
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Zitat:
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14.10.2017, 14:39 | #18 |
gesperrt
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Ist euch das nicht peinlich, dass ihr zu zweit seid und ich nur alleine und mich null provozieren lasse? Ist euch das nicht peinlich? Freunde, ihr macht euch total zum Affen. Habt ihr keine Würde?
Gem |
14.10.2017, 16:56 | #19 |
R.I.P.
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Wüßtest Du um meine Würde, das Blut gerönne Dir in den Adern.
Doch soll hinfort kein Buchstabe mehr an Dich verschwendet werden. |
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