|
|
Liebe, Romantik und Leidenschaft Gedichte über Liebe, Herzschmerz, Sehnsucht und Leidenschaft. |
|
Themen-Optionen | Thema durchsuchen |
03.08.2015, 19:33 | #1 |
Narben
Hier eine schlichte Übung zu alternierend-daktylischen Versen.
Die letzte Zeile bricht etwas den Rhythmus. Der aufmerksame Leser wird die kleine Pointe erkennen Narben Die tiefen aber hat jener, der Mit seiner ersten Liebe vermählt Und seinem liebeskranken Sohn Nach Rückkehr aus verschneitem Tal Und gelbem Kartentelefon Zu Lauschen der Liebsten für einen Moment Und nun vor ihm steht mit gerötetem Blick Eine Handvoll Narben zeigen wird. |
|
03.08.2015, 21:29 | #2 |
Forumsleitung
|
Recht gut, dieses Gesamtbild mit dem ernüchternden, etwas melancholischen Ende. Aber weshalb ist der Vater so skeptisch und versucht, seinem Sohn die Illusion zu nehmen?
Wenn der Sohn sich seiner Liebe gewiss ist, weshalb soll er, sollte die Verbindung halten, nicht seine eigenen Narben "sammeln"? Was soll er mit den Narben seines Vaters, die für ihn mit keiner eigenen Erfahrung verbunden sind? Geht der Vater davon aus, dass Menschen in ihren Beziehungen immer die gleichen Erfahrungen hinnehmen müssen und von den gleichen Narben gezeichnet werden? Will er seinen Sohn warnen, sich verwunden zu lassen? Ich könnte jetzt endlos weiter Fragen stellen, z.B. wie es sein kann, dass der Vater in seiner Beziehung eine Enttäuschung sieht, eine Verwundung, der Sohn aber vielleicht der Meinung ist, eine gute Mutter zu haben und deshalb dem weiblichen Geschlecht gegenüber positiv eingestellt ist. Oder weshalb sich der Vater nicht auf eine junge Frau freut, die ihm ein Tochterersatz sein und ihm ein bisschen Jugendschwung zurückbringen könnte. Deshalb mache ich hier Schluss. Kann ja sein, dass ich den Text völlig falsch verstanden habe. |
03.08.2015, 21:35 | #3 |
Hey Ilka
Der springende Punkt ist, dass der Vater mit seiner ersten Freundin verheiratet ist, woher also hat er all die Narben? Er möchte seinem Sohn begreiflich machen, dass er ihn versteht, weil er ebenso von Frauen enttäuscht wurde. Aber: Das ist ein riesiger Vetrauensbeweis, weil diese Narben bedeuten, dass er seiner Frau (also der Mutter des Sohns) nicht immer treu gewesen sein kann. Nun muss er abwägen, dem Sohn Verständnis schenken und damit riskieren, von ihm verabscheut zu werden oder ihn in dem Glauben lassen, mit seinen Problemen allein in dieser eingeschneiten Hütte zu sein. Sorry, wenn das zu unverständlich ist, fragt einfach weiter |
|
03.08.2015, 22:10 | #4 | |
Forumsleitung
|
Zitat:
Ich habe den Text ganz anders interpretiert, nämlich was der Ehealltag aus einem Mann machen kann ... ein unterdrücktes Wesen, das Buchhaltung über das Einkommen, den eigenen Haushalt und über die Erziehung der Kindern zu führen und in regelmäßigen Abständen eine Bilanz vorzuweisen hat. Natürlich werden einem solchen zum Roboter degradierten Mann die Nähte schwach. Sie müssen geschweißt werden, und das hinterlässt eine hässliche Linie, Narbe genannt. Wichtig ist die Frage, ob es alte Narben sind, oder ob es Narben sind, die wieder aufbrechen können, mit denen Du Dich beschäftigst. Gut an alten Narben ist nämlich, dass sie nahezu unzerstörbar sind. Sie schmerzen oder schmerzen nicht mehr, je nach Entwicklung. Manchmal meldeten sie sich. Dein Text ist gut, denn er wirft viele Fragen auf. Vor allem zeigt er, dass es viele Formen von Narben gibt, die jede für sich ihre eigene Geschichte und Qualität hat, oder ihr eigenes Leiden. Alles Liebe, Ilka |
|
03.08.2015, 22:18 | #5 |
Dieser Text soll keine Verniedlichung von Untreue sein, ganz im Gegenteil!
Denn was dieses Thema angeht, bin ich persönlich sehr empfindlich. Der Vater hat doppelt Narben erlitten: Einmal durch die Affären selbst (oder deren Verlauf/Ende), dann noch durch den Kummer, seine Frau hintergangen zu haben Übrigens berufe ich mich hier auf den Spruch "Wir sind nicht das Gedicht" von Natalie Goldberg Bitte keine Rückschlüsse auf mich als Person |
|
03.08.2015, 22:20 | #6 |
Nachtrag:
Die Ehefrau selbst hat natürlich auch Narben erlitten, ist aber nicht Gegenstand des Gedichts. Vermutlich gebührt ihr ein eigenes. |
|
03.08.2015, 22:59 | #7 |
R.I.P.
|
Würdet ihr beiden Klugen mir bitte erklären, was ein alternierend- daktylischer Vers ist? Ich verstehe nur Bahnhof.
Die tiefen aber hat jener, der x Xx Xx xXx X Mit seiner ersten Liebe vermählt x Xx Xx Xx xX Und seinem liebeskranken Sohn x Xx Xxxx X Nach Rückkehr aus verschneitem Tal x Xx X xXx X Und gelbem Kartentelefon x Xx XxxxX Zu Lauschen der Liebsten für einen Moment x Xx xXx x Xx xX Und nun vor ihm steht mit gerötetem Blick x X X X X x xXxx X Eine Handvoll Narben zeigen wird. xx Xx Xx Xx X Es gibt nach meinem Ermessen immmerhin ein daktylisches Wort im Text (gerötetem), daneben ein paar Stellen, wo zwei unbetonte Silben aufeinander folgen. Was aber ist hier "alternierend-daktylisch? Schönen Abend Url |
03.08.2015, 23:03 | #8 |
Hi Url,
Laut Dirk von Petersdorff ist ein Alternierend-Daktylischer Vers, einer in dem Senkung und Doppelsenkung gemischt werden. Zwei Sachen sind möglich: 1. Ich habe ihn falsch verstanden 2. Ich sollte die Hebungen und Senkungen treffender und sicherer zählen können. Vielleicht eine Mischung aus beidem Gute Nacht (und keine Nachrichten zur Füllung mehr, ich habs schon beim ersten Mal verstanden ) |
|
04.08.2015, 05:59 | #9 | |
Forumsleitung
|
Zitat:
Mich hat an dem Gedicht hauptsächlich der Inhalt interessiert sowie die Tatsache, dass es in einem einzigen langen Satz geschrieben ist. |
|
04.08.2015, 08:06 | #10 |
R.I.P.
|
Aha.
Aber es ist schon ungewöhnlich, dass das, wovon du sprichst, hier in keiner Weise zu finden ist, oder? Natürlich hast du im Übrigen Recht: Mir geht es ja auch so, dass ich das Bild einer nackten Frau sexy finde, ob die Technik nun von Picasso oder Bonnard kommt. Viele lange Sätze am heutigen Tag wünscht Url |
04.08.2015, 08:38 | #11 |
Forumsleitung
|
Mir geht es nicht so, ich finde zum Beispiel Helmut Newtons Fotos von nackten Frauen in den meisten Fällen abstoßend. Aber um mal hier bei der Sache zu bleiben, denn es geht um Sidewinders Gedicht: Mein Verständnis des Inhalts war natürlich intuitiv. Lässt aber gerade die Tatsache, dass mit "offenen Bildern" eine kleine Geschichte erzählt wird, nicht weiten Raum für Interpretationsmöglichkeiten zu? Darf ich als Leserin nicht meine eigene kleine Geschichte darin erkennen?
|
04.08.2015, 10:17 | #12 |
Wie oben gesagt, beharre ich nicht auf dieser Aussage mit dem Metrum, vielleicht irre ich mich auf die eine oder andere Weise.
Desweiteren bin ich da auch etwas auf Jeronimo' Linie. (Ich weiß, ich weiß, habs extra drüber geschrieben) Grüße |
|
Lesezeichen für Narben |
|
Ähnliche Themen | ||||
Thema | Autor | Forum | Antworten | Letzter Beitrag |
Narben | CélineR | Düstere Welten und Abgründiges | 2 | 12.09.2014 00:52 |
Narben | Isabel Seifried | Liebe, Romantik und Leidenschaft | 6 | 04.07.2014 22:29 |
Narben | Ajay | Düstere Welten und Abgründiges | 0 | 02.04.2013 22:22 |
Narben | hopi | Philosophisches und Nachdenkliches | 7 | 27.01.2013 16:55 |
Narben | Osaron | Sonstiges und Experimentelles | 2 | 05.12.2005 21:37 |