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Tanka-, Haiku- & Senryu-Gedichte Ursprünglich japanische Gedichtformen mit wachsender Beliebtheit. |
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29.12.2013, 13:32 | #1 |
Blickwechsel
Blickwechsel Frühlingsregen fällt Regenbogen spiegelt sanft leere Farbenpracht Sommersonne scheint Lichtstrahlen tanzen freudig im einsamen Takt Herbstlauer Wind raunt Laubgebilde tragen sacht trübes Trauerkleid Winterdecke formt Schneekristalle glänzen klar im eisigen Tod --- Frühlingsregen fällt
Regenbogen spiegelt sanft bunte Farbenpracht Sommersonne scheint Lichtstrahlen tanzen freudig im zweisamen Takt Herbstlauer Wind raunt Laubgebilde tragen sacht altes Trauerkleid Winterdecke formt Schneekristalle glänzen klar im friedlichen Tod |
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29.12.2013, 14:11 | #2 | |
R.I.P.
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Hallo, obsidere -
die Gegenüberstellung ist reizvoll. Hie düster - da froh. Zitat:
Nein. Dann kommt mir das sacht etwas daneben vor. Kann ich ein Kleid sacht tragen? Vielleicht, indem ich es so vorsichtig trage, daß es nicht mit Äußerem in Berührung kommt? Ich sinniere noch darüber nach. Und warum "altes" Trauerkleid? Ist es nicht jährlich ein neues Trauerkleid? Und warum nicht ein braunes? Noch etwas zur Gegenüberstellung: Warum oben das Düstere, Dunkle, Tiefe? Warum nicht das Heitere, Leuchtende, fast Stahlende? Auch da mache ich mir Gedanken. Gern gelesen! Thing |
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29.12.2013, 16:55 | #3 | |
Hallo Thing,
transportieren sollten die Zeilen ein sachtes Mitnehmen Ich bin mit diesem Vers aber auch nicht 100 %ig zufrieden und hatte bereits befürchtet, dass Gefühl und Intention nicht ausreichend vermittelt werden. Deine Nachfrage bestätigt mich darin. Es ging mir um eine Altlast, die abgeworfen, respektive losgelassen wird. Wiederkehren wird das Trauerkleid vermutlich sehr wohl; kein Frühling ist von Dauer. Erübrigt sich, nehme ich an. Zitat:
Zunächst folgt die Reihung einer zeitlichen Abfolge; nämlich derer der Entstehung. Die Stimmung war gedrückt und düster. Erlebtes sackte erst nach einiger Zeit, wodurch das Leben im Folgenden wieder anders wahrgenommen wurde. Der Übergang von „eisigen Tod“ und „Frühlingsregen“ als „Reinwaschung“ bis hin zum „friedlichen Tod“ als Abschluss im Sinne von „seinen Frieden schließen“, komplementierte den Entschluss, die Gegenüberstellung auch in dieser Konstellation zu belassen. Hab recht herzlichen Dank für deine Auseinandersetzung mit Wort und Inhalt! Liebe Grüße obsidere |
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29.12.2013, 19:24 | #4 |
hi, obsidere!
Auch ein großes Kompliment von mir. Schöne Intention. Ich habe die Gegenüberstellung anders gelesen, als von dir beabsichtigt, schätze ich. Links oben ist für mich das blinde Erleben eines von der Welt getrennten, rechts unten dann die Veränderung des Blicks, ein beginnendes Sehen. |
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30.12.2013, 06:53 | #5 |
Hallo kinbote,
ein wirklich interessanter Blickwinkel! Bin gerade etwas fasziniert davon, was durch meine eigentliche Intention durchschimmert. Lieben Dank für diese Sicht und das Kompliment Grüße obsidere |
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04.01.2014, 23:04 | #6 |
Hallo obsidere,
eine wunderbare kontradiktorische Gegenüberstellung von jeweils zwei Beschreibungen der Jahreszeiten Frühling, Sommer und Winter. Frühling: leer > bunt Sommer: einsam > zweisam Winter: eisig > friedlich Im Herbst dagegen liegt diese Gegensätzlichkeit dagegen nicht mehr vor. Wenn dem so wäre, müsste es heißen: Herbst: trübes Trauerkleid > bunt-farbenes Kleid Das mindert den Wert dieser Dichtung keineswegs. Mein Vorschlag "bunt-farbenes Kleid" ist nur ein anderer Vorschlag, bei dem es keinen "Ausscherer" geben würde: ein "bunt-farbenes Kleid" ist typisch für ein angenehmes Herbstbild. Was macht die Autorin aber: trübes Trauerkleid > altes Trauerkleid Sie macht aus dem trüben Trauerkleid ein altes Trauerkleid. Vielleicht aber steckt gerade in dem alten Trauerkleid die Tendenz zur Ablage und zur Hinwendung zu Neuem... Das Gedicht stellt dem Leser indirekt zugleich die Aufgabe, den Inhalt desselben nicht zu "überfliegen", sondern gründlichst zu durchdenken. Denn nach dem ersten Lesen erkennt man meistens nur die beiden diagonal-gegenüberliegenden Gedichte, die sich fast wie ein Windrad um die Mittelachse ( - - - ) zirkulieren.... Wir Leser drehen uns mit! Ein tolles Gedicht - ohne Übertreibung! Liebe Grüße Walter |
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05.01.2014, 11:38 | #7 | |
abgemeldet
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Ich nehme an, dass sollen zwei Ketten von Haiku sein, oder?
Zitat:
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06.01.2014, 07:48 | #8 |
Guten Morgen, Walter.
Nun trägt die Autorin ein bunt-farbenes Kleid von strahlendem Grün und freudigem Rosa Deine Gedanken führen treffend zu meinem Ausgangspunkt und ich danke herzlich für deine umfangreiche und eingehende Begutachtung! Liebe Grüße obsidere |
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06.01.2014, 07:54 | #9 |
Hallo krato,
es ist offensichtlich, dass es sich hierbei um kein klassisches Haiku handelt. Der von dir angesprochenen künstlerischen Freiheit pflichte ich samt eigenem Platz bei. Ruiniert habe ich „Blickwechsel“ sicherlich nicht. Man kann schwerlich etwas selbst als ruiniert betrachten, wenn es mit dem eigenen Anspruch konform geht. Ich nehme deine Kritik daher unter dem Aspekt „misslungen in der Ausführung“ an und danke für die Rückmeldung. Grüße obsidere |
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