Einmal nur ein Vogel sein
Einmal nur ein Vogel sein
Ach könnt‘ ich einmal nur ein Vogel sein. Ein Traum der wohl niemals Wirklichkeit wird. Man ist was man ist und bleibt was man ist- Vogel bleibt Vogel, Mensch bleibt Mensch. Doch was, würde man nicht bleiben was man ist? Was, wenn Mensch plötzlich Vogel oder Vogel plötzlich Mensch? Würde ich ein Vogel, wäre wohl alles anders. Alles wäre besser. Einfach weg von allem und jeden. Nenn es Flucht, wenn du willst, ich nenn‘ es Freiheit. Keine Menschenseele. Niemand der mich scheucht und schickt, niemand der mir befielt, mich straft, niemand der mir sagt was richtig oder falsch, niemand der für mich Entscheidungen trifft. Aber so ist es nun mal in der Kindheit. Erwachsene haben das Recht zu bestimmen. Sie bestimmen was du aussprechen darfst, bestimmen deine Freunde, bestimmen wie lang du wach bleiben darfst, bestimmen deine Träume. Bei Vögeln sieht das anders aus. Ein Leben in der Luft- schwerelos und stressfrei. Ach könnt‘ ich nur ein Vogel sein. Im Einklang der Natur, die Landschaft von weit oben sehn und dem Himmel so nah, wie kein anderes Tier. Wie schön es wär, ganz oben in der Luft, frische Brisen im Gefieder spüren, statt schwere Kleidung auf der Brust. Auch kein Nachdenken würde mich quälen. Kein Überlegen ob das richtig ist, kein Rechtmachen der Erwachsenenwelt und kein Reden nur wann es ihnen gefällt. Einfach losfliegen, wann und wohin es mir gefällt. Wer verspürt dort keine Glückseligkeit? Allein unter Tieren, allein und in Freiheit, ganz schwerelos durchs Leben gleiten. Diese ganze Menschenwelt, es gibt nichts, was mir mehr missfällt. Auch ihr Getue für die Außenwelt, sie sind nicht wer sie sind, sondern das, was sie sollen. Auch ich soll wer Bestimmtes werden. Eine Wahl darf ich hier nicht treffen, werden was sie wollen ist ein Muss. Denn was ist man in dieser Welt ohne Geld? Ein Nichts, ein Niemand. Auch das gibt’s bei den Vögeln nicht. Sie verurteilen sich gegenseitig nicht. Es gibt kein Geld, kein Aussehen oder Ansehen. Es gibt nur dich und die anderen Vögel. Und nur zusammen ist man etwas. Jemanden zurücklassen- undenkbar! Sein eigenes Kind verleugnen- nicht möglich! Es gilt alle für Einen und Einer für alle. Wieso sind die Menschen nicht wie Vögel? Sie leben in ihrer eigenen Welt, geprägt von Egoismus und Frust. Werd‘ auch ich so enden, wenn ich einst ein Erwachsener bin? Soll ich zulassen erwachsen zu werden? Doch wie verhindern- außer Tod? Oder hoffen, dass nach dem Tod das Vogelleben kommt? Man kann nie wissen, doch eins weiß ich, so ein Erwachsener werd‘ ich nicht!
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