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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten. |
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01.11.2011, 21:47 | #1 |
R.I.P.
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Herbst (nach Tchernobyl)
Die fast erloschne Fackel
voll von Dämmer, halbem Brand, von letztem Blut den süßen Mund so scharf umrissen; mit Kohlen, Dunst und Brodem - mit dieser Fackel und mit warmem Laub gefüllt die Hand, in seinen Augen alles Wissen, alles Sein des Werdens, Gehens, Scheidenmüssens zieht wieder Herbst durchs Land. In seinen braungefellten Lenden, in seinem sommervollen Bauch, an seinen weingetränkten Seiten dehnt sich das Gras, wird herb und schwer, wird Ruch und Hauch, und schüttet seine Samen hinaus in's düstre, freie Feucht, in all die offnen Landesbreiten. Sie sind bereit, draus die Welt zu spreiten. Sommer fleucht, er hat die Knospen hingereicht, willig, warm, so voller Raps und Bergzyklamen. Herbst steht bereit! Rundum das Land, Gauchheils voll, wird unbemannt, wird fremd, wird weit, bleibt unbesamt und schreit vergeblich jetzt nach Fruchtbarkeit. O Herbst! Wie willst Du walten? In Deinen prächtig vollen, alten Wäldern haust's sich schwer. Dich tragen Deine vollen Hüften nicht mehr weit, denn, was Dich mästete, Dich breit und fruchtbar machte, ist dahin, ist leer. Deines Felles, Pelzes, Haares Falten, Deines wilden Blutes Speer beugt sich Gewalten, die Dir nicht mehr Zweige, Blatt und Früchte halten, Dich daran aufzuschwingen in das Heer der Elementgestalten. Deine Klagen?: "Ja, so sehr liebt ich Butten, Astern, Schlehenbeer - und kann sie nicht verwalten bei dieser bösen Gegenwehr!" D u bist dahin, mein Herbst, bist nicht mehr der von einst, bist schwach geworden, nackt ,zerfressen, kahl und bleich. D u bist jetzt der, der bang beweint die alten Zeiten. Was Du jetzt voller Tollheit färbst, was Du mit brauner Trän begreinst, sind Satans losgelassne Horden: so sanft, so blass, so gleich, so gleich, so tastend, glänzend, silbern, weich - und Dir und mir ist's Grab gezeigt, in das wir sinnlos, leblos gleiten, weil weder Dir noch mir, mit unsrem unheilsvollen Schwangerschaftsgeschwür, das Leben, das Du gabst, die Hand gereicht. (c) |
16.11.2011, 19:07 | #2 |
Hallo Thing
fast wäre es untergangen, dieses fein gemachte Werk. Kompliment! Gruß, A.D. |
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16.11.2011, 22:12 | #3 |
R.I.P.
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Hab Dank, anDi!
Damals stolperte ich angstgepeinigt über die Äcker. (Verlor dabei einen Schuh und dachte: So! Jetzt bist Du Cäsium-, Jod- Uranverseucht!!) und war gelinde hysterisch. Was mich zum schrillen Lachen brachte, war die Ermahnung: Bitte sammeln Sie in den nächsten 4000 (viertausend) Jahren keine Pilze, sie sind cäsiumaffinitiv. Das mir. Pilzesammler. Das Gedicht ist Ausdruck meiner damaligen existentiellen Angst um Wald, Feld, Flur und meinen (ideell) geliebten Herbst. Aber ich empfinde heute immer noch so. Fukushima hat die Angst aufs Neue geschürt. Lieben Gruß! Thing |
07.09.2012, 00:15 | #4 |
R.I.P.
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Dann nochmals Dank an den Scheidenden!
Wer weiß - Vielleicht gibt es hier noch Leser, die sich an dieses schreckliche Ereignis erinnern? |
Lesezeichen für Herbst (nach Tchernobyl) |
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