|
|
Liebe, Romantik und Leidenschaft Gedichte über Liebe, Herzschmerz, Sehnsucht und Leidenschaft. |
|
Themen-Optionen | Thema durchsuchen |
24.05.2011, 03:20 | #1 |
Die Blutlinde
Ein Mädchen des Geschlechts zu Frauenstein
verliebt in einen Winzersohn sich grämte, konnten sie nicht offen glücklich sein, wenn sie ihn nicht vor Herrn Papa verbrämte. So trafen sie sich heimlich nachts im Garten, da nur sie den Schlüssel wusst' zum Tor. Dort war wohl ganz gewiss nicht Zeit zu warten und er hauchte zärtlich ihr ins Ohr: „Meine Liebe ist geduldig, Weib, doch diese dünnen Mauern sind es nicht!“ Sie riss zur Antwort ihm das Hemd vom Leib und ihr Papa erschien im Kerzenlicht. „Wie kannst du Schelm mit deiner schmutz'gen Hand dich bloß an meine feine Tochter wagen?“ schrie er und mit Steinen, die er fand hat er den zarten Jüngling roh erschlagen. Sie weinte bitterlich vor Gram und Wut, brach einen Lindenschoß sich ohne Sprache, steckte kniend in des Liebsten Blut den Sprössling durch die warme rote Lache. Nie hat sie mit dem Vater mehr gesprochen, mit ins Kloster nahm sie ihren Groll. Indes es spross die Linde. Wenn gebrochen, merklich Blut aus ihren Zweigen quoll. |
|
25.05.2011, 09:45 | #2 |
Hmmm - gute Sprache - gruseliges Werk - blutende Linde... Seltsam, aber so steht es geschrieben!
Es deucht mir an, als wär es Mittelalter und Frau von Stande liebt unstandesgemäß - der Rest ist Geschichte... Sicherlich war - nach damaligem Rechtverständnis - der Vater eben berechtigt, den sündigen Lustmolch tot zu schlagen... Manch ein Vater würd heutzutage auch gern den Freund der lieben Tochter verkloppen! Aber das geht natürlich nicht mehr so einfach! Ich finde es ist ein schönes, altmodisches Gedicht mit guten Reimen! Daumen hoch!!! Gruß, Seebald |
|
25.05.2011, 13:46 | #3 | |
Vielen Dank!
Ja, die Situation hast du gut erfasst: eine unstandesgemäße Liebe im Mittelalter. Zitat:
Dieses Gedicht ist übrigens Teil einer Reihe von Sagenadaptionen. "Der Jungfernsprung" gehört auch dazu und demnächst sollen noch zwei oder drei folgen. LG |
||
25.05.2011, 14:25 | #4 |
Interessant - den Jungfernsprung kenne ich tatsächlich...
Das: "Seltsam... aber so steht es geschrieben" schrieb ich, weil das ein Merkmal der Gespenster-Comics war, die ich als Kind gelesen habe... Da verstarben dann Leute im Moor und bluttriefende Geister wuselten durch die Gegend - teilweise absurde Geschichten, aber als Rechtfertigung stand am Ende jeder Geschichte immer: "Seltsam... aber so steht es geschrieben" So inder Art: "wenn es geschrieben steht, ist das auch so passiert, basta!!!" Daran hatte mich Dein Text etwas erinnert und die Erinnerungen sind mit mir durchgegangen! Danke für die Erklährungen! Gruß, Seebald |
|
25.05.2011, 22:33 | #5 |
Ja, solche Geschichten, zu denen man sagen kann "seltsam... aber so steht es geschrieben" finde ich grundsätzlich interessant. Ich finde, zu dieser Kategorie zählt auch der Jungfernsprung.
Übrigens gibt es die Linde tatsächlich und es gibt sie immer noch. Nach einer zweiten Version der Legende wurde der junge Mann nicht erschlagen, sondern enthauptet. Das Mädchen habe dann mit demselben Schwert den eigenen Vater getötet und die Linde in einem Gemisch aus beider Männer Blut gepflanzt. So sei zu erklären, dass die eine Hälfte des Baumes hässlich (ich schätze mal auf dem Foto die linke) und die andere schön (folgerichtig die rechte) sei. Dies soll symbolisieren, dass Liebe und Hass zuweilen im selben Schicksal verweben. |
|
26.05.2011, 09:34 | #6 |
Ok - Du bist offenbar ein Mittelalter/Minne/Legendenfreund! Das find ich schön und besonders im Burgenland und Rheintal gibt es ja so viel herrliche Legenden!
Hab auch das Laura Gedicht gelesen - weis aber noch nicht ganz, was ich dazu sagen soll! Vielleicht später! Gruß, Seebald |
|
26.05.2011, 14:07 | #7 |
Na ja, als Mittelalterfreund würde ich mich nicht gerade charakterisieren. Als Kind gab es für mich zwei Dinge: Ritterburgen und Dinosaurier. Insofern ist das gelegentliche Schweifen ins Mittelalter wohl auch eine Flucht in die Kindheit. Aber in erster Linie geht es in meinen jüngsten Gedichten um die lyrische Bearbeitung von Volkssagen und die spielen nun mal oft im Mittelalter.
Aber Walther von der Vogelweide sehe ich tatsächlich als einen außergewöhnlichen, zeitlosen Dichter an - so viel zur Minne. Auch finde ich am Mittelalter aus künstlerischer Sicht so interessant, dass diese Spannung zwischen romantisierter, heiler Welt und blutigen Konflikten und Unsicherheiten eine angenehme Projektionsfläche für viele Themen bietet. So eine Geschichte wie "Die Blutlinde" ist zwar in gewissem Sinne zeitlos, lässt sich aber am besten im Mittelalter umsetzen. Hab auch dein "Im Sinne der Minne" gelesen; weiß auch noch nicht genau, was ich dazu sagen soll. Manche Gedichte muss man erstma etwas wirken lassen. LG |
|