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Liebe, Romantik und Leidenschaft Gedichte über Liebe, Herzschmerz, Sehnsucht und Leidenschaft. |
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03.05.2011, 17:00 | #34 | ||
Zitat:
Anders wäre es bei einem solchen Tagebucheintrag: Gestern ging ich die Straße entlang und fand einen Roman. "Mädchen, setz dich", stand da, "Ich erzähl dir meine Geschichte. Vor vielen Jahren ... Hier erzähle ich eine faktuale Geschichte in der mir ein Erzähler (schriftlich) eine fiktionale Geschichte erzählt. Zitat:
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03.05.2011, 17:31 | #35 | |
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Zitat:
Noch eine Frage: die Begriffe extra/intra/metadiegetisch stehen relativ zur jeweiligen Diagesis-Ebene, oder sehe ich das falsch, und der Aufhänger ist immer die erste Ebene? |
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03.05.2011, 17:55 | #36 |
Ja, die Begriffe bezeichnen den Ort des Erzählens, den Standpunkt des Erzählers während seines Erzählaktes. Hier mal die Ebenenstruktur von Storms Schimmelreiter. Die gepunktete Linie markiert die Grenze der Erzählung:
E1: extradiegetisch (Ein Zeitschriftenleser erzählt... …………………………………………†¦â€¦â€¦â€¦â€¦â€¦â€¦â€¦â€¦â€¦â€¦â€¦â€¦â€¦â€¦... E2: intradiegetisch (von einem Autor der E3: metadiegetisch (von einemSchulmeister der E4: metametadiegetisch( von Hauke R.erzählt) Vier Ebenen insgesamt, drei Erzählebenen im Text. Theoretisch unendlich ausbaubar. |
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03.05.2011, 18:00 | #37 |
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OK, danke, also festgemacht an Ebene 2.
Wie ist das mit "The Great Gatsby"? (Ich muß das üben) Fitzgerald ist Autor einer fiktionalen Geschichte. Nick Carraway ist der intradiegetische Erzähler dieser fiktiven Gatsby-Geschichte. Wäre jetzt diese Gatsby-Geschichte für Nick wieder faktual? |
03.05.2011, 18:06 | #38 |
*Räusper* Hab ich nie gelesen. Da bräuchte ich ne Inhaltsangabe.
Ein Autor einer fiktionalen Geschichte ist aber aus diesem Schema immer raus, weil er einen extradiegetischen Erzähler erfunden hat, der die Geschichte erzählt. Mehrschichtige Erzählungen brauchen eine Figur, die innerhalb der Erzählung den Mund aufmacht und so die nächst höhere Ebene eröffnet. |
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03.05.2011, 18:14 | #39 |
Soweit ich das jetzt nachgelesen habe ist Nick C. aber der extradiegetische und einzige Erzähler der Geschichte. Und es ist auch keine mehrschichtige Geschichte.
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03.05.2011, 18:18 | #40 | |
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Ich habe auch den Schimmelreiter nicht gelesen, Schande auf mein Haupt.
Ich meine, der Fall Nick Carraway in The Great Gatsby liegt so: Zitat:
Gibt es ein faktual im Fiktionalen? |
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03.05.2011, 19:15 | #41 |
homodiegetisch ist er in jedem Fall, weil er als Figur
in einer Geschichte vorkommt, die er aber als Erzähler von außerhalb der Diegese erzählt. Deshalb ist er extradiegetisch-homodiegetisch. Kein Problem. Die Geschichte, die Nick erzählt ist fiktional, weil sie dem Autor nicht passiert ist, sondern jemandem, den der Autor erfunden hat. Faktual heißt, dass die Geschichte nicht in unserer, deiner und meiner wirklichen Diegese spielt oder spielte, sondern in einer erfundenen. Nick ist erfunden und seine Geschichte auch. Sie sind nicht in unserer Welt. Andersherum gehts. Ich kann dir von meinem Tag erzählen, an dem ich eine fiktionale Geschichte gelesen habe. Dann bin ich eine autodiegetische- extradieegetische Erzählerin, die von faktualen Ereignissen, unter anderem vom Lesen einer fiktionalen Geschichte erzählt. Ich glaube, was du meinst ist authentisch. Nicks Geschichte ist authentisch in dem Sinne, dass man ihm abnimmt, dass er sie in seiner Welt für wahr hält. |
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03.05.2011, 20:34 | #42 | |
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Danke, das mit "authentisch" begreife ich. Aber dies nicht:
Zitat:
Macht der zeitliche Abstand den Unterschied? Nick erzählt über vergangene Ereignisse, für ihn ist zum (fiktiven) Zeitpunkt des Erzählens die (aus seiner Perspektive authentische) Handlung bereits abgeschlossen. Ist es das, was Nick aus der Diegese hebt? |
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04.05.2011, 11:45 | #43 |
Du musst unterscheiden zwischen Nick als erzählendem Ich und Nick als erlebendem Ich, zwischen Erzähler und Figur.
Als Erzähler steht Nick außerhalb der Diegese, einfach deshalb, weil niemand im Text über seinen Erzählakt berichtet. Wir wissen nichts über den Ort und die Umstände seines Erzählaktes. Wir wissen nicht, ob er auf einem Stuhl, oder in einem Sessel sitzt, während er erzählt. Wir wissen nur, dass er etwas erzählt hat, weil wir das Prdukt, den Diskurs, den Erzähltext haben. Und wir wissen, dass dieser Erzählakt nach den Ereignissen, über die er berichtet stattgefunden hat, wegen dem Präteritum als Erzähltempus. Vergleich Nick mal mit dem Musiker im Beispiel oben. Jemand erzählt, dass er den Mund aufgemacht hat und etwas erzählt, deshalb ist der Musiker ist ein intradiegetischer Erzähler. Als Figur ist Nick homodiegetisch, das heißt, er ist als Figur an seiner Geschichte beteiligt. Er berichtet als Erzähler über sein früheres Ich. extradiegetisch- als Erzähler außerhalb der Diegese homodieetisch- als Figur innerhalb der Diegese |
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04.05.2011, 12:45 | #44 |
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Ohne jetzt großartig mit Fachwörtern rumzuwerfen:
Für mich ist Fitzgeralds Roman auf jeden Fall fiktional. Er hätte über Gatsbys Geschichte direkt erzählen können, dann stünde sie in der auktorialen Perspektive (der Autor als alleswissender Erzähler). Statt dessen schaltet Fitzgerald einen Erzähler dazwischen, trotzdem bleibt der Roman fiktional, weil ja auch dieser Erzähler fiktional ist. Fitzgerald will ihn nur nicht in der Rolle des alleswissenden Autor, sonderns als abseits stehenden, aber unbeteiligten Beobachter haben. (Die Perspektive des unbeteiligten Beobachters kann man auch sehr schön an der Rolle von Humphrey Borgart in dem Film "Die barfüßige Gräfin" festmachen.) Fitzgerald hätte die Geschichte auch aus der Perspektive der weiblichen Hauptperson erzählen lassen können, das wäre dann die Perspektive einer Mitwissenden gewesen, die wieder andere Teilbereich über Gatsby und sein Leben abdecken könnte, aber nicht so sehr wie ein auktorial erzählender, alleswissender Schriftsteller. Ich hatte mal eine Übung gemacht, bei der ich einen Unfallhergang aus verschiedenen Perspektiven zu schildern versuchte, nämlich aus der Sicht des betroffenen Busfahrers, eines unbeteiligten Fahrgastes und eines Nachbarn des angefahrenen Kindes. Es ist interessant, wie automatisch Verschiebungen in der Erzählung vorgenommen werden und wie sich die Wahrnehmung verändert. Bei einer anderen Übung nahm ich eine Szene in einem Bauernhaus, in der die Bäuerin Milch für die Katze in eine Schale gießt, einmal aus der Perspektive eines unbeteiligten Beobachters, dann aus der Sicht der Bäuerin und noch einmal aus der Sicht der Katze. Zur Nachahmung empfohlen: Es macht Spaß. |
04.05.2011, 13:28 | #45 | |||
Sorry, Ilka, aber du bringst hier gerade wieder alles durcheinander.
Zitat:
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04.05.2011, 13:46 | #46 | |
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Zitat:
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04.05.2011, 13:48 | #47 | |
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Zitat:
Deine Erklärungen sind hervorragend. --- Ilka-Maria, es gibt seit einer Weile eine neue Erzähltheorie, die mir auch nicht bekannt war, und in die mich Aquaria hier schrittweise einführt. http://de.wikipedia.org/wiki/Erz%C3%A4hltheorie Da gibt es unter anderem dieses neue Konzept von "extra/intra/homo/metadiegetisch" nach Genette, in das ich mit Aquarias Hilfe so nach und nach einsteige. http://de.wikipedia.org/wiki/Diegese |
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04.05.2011, 14:03 | #48 |
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Aha, okay. Das sehe ich mir dann auch mal an. Danke.
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04.05.2011, 14:10 | #49 | |
Zitat:
Dann nochmal zur Perspektive und zum Erzähler: Die Perspektive beschreibt die Sicht, aus der erzählt wird. Heute nennt man das Fokalisierung (Einschränkung der Sicht), sie kann unfokalisiert (nicht eingeschränkt), intern fokalisiert (auf eine Figur beschränkt), oder extern fokalisiert (stark eingeschränkt, sodass nur äußerlich beschrieben wird) sein. Die unfokalisierte Sicht erinnert an Stanzels auktorialen Erzähler, der alles weiß und alles sieht, nach Stanzel ist das ein Er-Erzähler, der noch manch andere Einschränkungen hat. Damit vermischt Stanzel aber die Sicht mit dem Erzähler, also die Frage: Wer sieht? mit: Wer spricht? Ich kann aber genausogut einen allwissenden Ich-Erzähler erfinden. Oder ich kann einen namenlosen ER-Erzähler nur das erzählen lassen, was eine andere Figur sieht. Warum auch nicht? Aber wie nenn ich den dann? Also hat Genette beide Parameter getrennt, die Frage der Sicht und die Frage nach dem Erzähler. Die Fokalisierung beschreibt den Grad der Wahrnehmungseinschränkung und die der Beziehung, den Grad der Anwesenheit des Erzählers als Figur seiner Geschichte. (autodiegetisch (Hauptfigur)), homodiegetisch (Nebenfigur), heterodiegetisch (nicht anwesend). So wurde aus dem typischen Ich- Erzähler ein auto/homodiegetischer- intern fokalisierter Erzähler und aus dem auktorialen ein heterodiegetischer- unfokalisierter Erzähler. Und jede andere Kombination von Erzählerkompetenzen lässt sich so auch beschreiben. |
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04.05.2011, 14:31 | #50 |
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Kann ich mir das stark vereinfachend so übersetzen: Diegese etc. beschreibt die Position des Erzählers relativ zur Erzählebene, und Fokalisierung sagt mir, wieviel der Erzähler aus welcher Perspektive sieht?
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04.05.2011, 15:41 | #51 |
Ja, das hört sich ganz gut an.
Wir können das ja mal demnächst auf Erzähltexte anwenden. Dann wird es viel klarer. |
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04.05.2011, 19:58 | #52 |
R.I.P.
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@ Schamansky:
irgendwie so hab ich den "Zauberberg" verstanden. Aber wahrscheinlich bin ich für die Feineiten zu vernagelt. Oder zu alt. Thing |
04.05.2011, 20:29 | #53 |
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Mach' Dir nichts draus, Thing. Das ist Fachwissen für Literaturwissenschaftler, die Analysen betreiben oder an der Uni dozieren wollen. Das habe ich kapiert und mich deswegen an der Diskussion nicht weiterbeteiligt. Ist nämlich auch eine zeitintensive Angelegenheit.
Schriftsteller und Lyriker wollen aber in erster Linie schreiben. Natürlich kümmern die sich auch um handwerkliche Fähigkeiten, aber auf eine andere Art und Weise. Auch darüber gibt es Fachliteratur von Ausbildern, und manche Schriftsteller haben über ihre Methoden eigene Bücher verfaßt. Die streifen die wissenschaftliche Seite aber nur soweit, wie es nötig ist, und gehen mehr auf die Praxis des Schreibens ein, nicht auf das Analysieren. Wobei ich nicht behaupten will, daß es keine Schriftsteller gibt, die ihren Werken literaturwissenschaftliche Kenntnis zugrunde legen. Mit dem Alter hat es nichts zu tun, wenn man die Materie nicht gleich versteht. Man muß die Zeit, das Interesse und die Geduld dafür haben, sich damit zu beschäftigen. Bei mir geht es nicht, daß ich wissenschaftlich in etwas eintauche, ich muß jeden Tag erst einmal meinen Job erledigen. LG Ilka-M. |
04.05.2011, 20:49 | #54 |
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Das muß ja nicht gleich in Wissenschaft ausarten, wenn man ein paar neue Begriffe und Konzepte lernt. Ich habe jedenfalls nicht vor, demnächst über Joyce zu promovieren.
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04.05.2011, 21:04 | #55 |
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Es ist aber schon anders und geht viel tiefer als die Literatur, die ich über kreatives Schreiben kenne. Aber das ist doch gut so, ich wollte, ich könnte mich damit beschäftigen, denn es interessiert mich. Ich habe nur leider zuviel andere Sachen um die Ohren, ich will mich z.B. noch in einigen Sprachen fitter machen und einige hundert Bücher lesen - irgendwann ist so ein Tag halt zu Ende.
Du schreibst so defensiv, als wolle ich Dir einen Vorwurf machen, daß Du die Materie ausloten möchtest. So war das nicht gemeint. Sorry, wenn's falsch rüberkam. Im Gegenteil: Ich habe mir ein Lesezeichen gesetzt, weil ich mir das auch mal näher betrachten möchte. Und außerdem wollte ich Thing beruhigen. Bei dem sind nämlich die Relais angesprungen, ob seine bisherige literarische Welt noch zu der Eurigen paßt. Ich meine: ja. LG Ilka-M. |
04.05.2011, 21:59 | #56 |
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Es ist dieselbe Welt, nur eine andere Betrachtungsweise. Die Weltliteratur wird ja deshalb nicht umgeschrieben.
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04.05.2011, 22:18 | #57 |
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Zuviel Thoerie hält vom Schreiben ab.
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04.05.2011, 22:23 | #58 |
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Mich nicht. Nur der ewige Mangel an Einfällen. Und Prosa kann ich überhaupt nicht.
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04.05.2011, 22:38 | #59 | |
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Zitat:
Aber nach Deiner neuesten Schulung steht ja einiges von Dir zu erwarten. Bin schon sehr gespannt. |
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04.05.2011, 22:44 | #60 |
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Ich denke da an ein multidiegetisches Werk. In Dortmund begegnet der Protagonist P dem A, der ihm erzählt, daß B in der Erzählung von C auf einen Bericht Krawichs zurückgreift, demzufolge P in einem langen Narrativ alles obige schon geleugnet haben soll. Danach fahren alle solange mit dem Trecker im Kreis herum, bis der Große Maki genug hat und den Jungs etwas vom Pferd erzählt.
Arbeitstitel: "Erzähl mir nix." |
04.05.2011, 22:53 | #61 |
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Jetzt hab ich mich doch glatt an meinem Rotwein verschluckt.
So long, Buddy, genug für heut. |
05.05.2011, 07:35 | #62 |
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05.05.2011, 08:15 | #63 |
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Vokabeln kann man nie genug haben.
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05.05.2011, 08:35 | #64 |
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jedem seine passion
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05.05.2011, 12:11 | #65 |
Ich würde Ilka in jedem Fall zustimmen, wenn sie sagt, dass man einen theoretischen Unterbau nicht für das Schreiben von guten Texten braucht. Auch nicht fürs Lesen oder Genießen.
Und fürs Bewerten? Das ist mal die Frage. Müsste man nicht ohne irendeinen theoretischen Unterbau streng genommen jeden Satz mit: "Ich weiß nicht wieso, aber ich finde..." einleiten? Ist nicht streitlustig gemeint. |
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05.05.2011, 12:17 | #66 |
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Ich weiß, wie Du es meinst, Aquaria, auch stimme ich Dir bei der zweiten Überlegung zu. Für eine umfassende Analyse braucht man Theorien, dazu sind sie ja da. Das nenne ich deshalb auch wissenschaftlich.
Ich will es mal damit vergleichen: Ein Fußballspieler muß die Spielregeln kennen und wissen, wozu er auf dem Platz ist. Die Auslegung des dicken Regelwerks ist aber die Sache des Schiedsrichters (allein die vielen Abseitsregeln sind eine "Wissenschaft" für sich ). |