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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen. |
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15.12.2018, 15:56 | #1 |
Hingabe
Aussteigen
aus der Logik des Tauschens. Taub sein für die Propheten des Behagens und die Verkäufer von Sicherheiten. Vergessen, dass im Licht, das du entzündest, dein Leben das Wachs ist. |
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16.12.2018, 01:34 | #2 |
abgemeldet
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Liebe Lyrikerin - |
17.12.2018, 15:01 | #3 |
Lieber Einsamkeit,
herzlichen Dank fürs Lesen und Deine Rückmeldung. Nein, ich denke, es ist kein religiöses Wissen erforderlich, obwohl der Begriff Hingabe in der christlichen Religionen eine große Rolle spielt. Ich versuchte einen Text zu schreiben, der dem Begriff Hingabe nachspürt, ihn aus seiner Simplifizierung herauslöst, und der für Gläubige ebenso wie für Nichtgläubige etwas zu sagen versucht. Unser Alltag wird durch die Logik des Tauschens bestimmt. Das hat u.a. Theodor Adorno in seinen Minima Moralia (und an anderen Stellen) brilliant beschrieben. Bei allen Entscheidungen, Alltagsvollzügen steht die Fragestellung im Vordergrund "Was bringt mir das? Erhalte ich für meinen Einsatz ein gerechtes Äquivalent?". Selbst menschliche Beziehungen werden - mehr oder weniger bewusst - nach ökonomischen Kriterien gestaltet. Hingabe hat mit solchen Erwägungen überhaupt nichts zu tun! Den "Propheten des Behagens" nicht zuhören meint: Alles, was mit der sogenannten Wellness, den vielen Ratschlägen zu tun hat, die das Leben gut lebbar machen sollen (sog. Persönlichkeitscoaches leben u.a. davon), ist völlig uninteressant für die Hingabe an eine Person oder an eine Aufgabe. Die "Verkäufer von Sicherheiten" nicht zu beachten meint: das Sicherheitsdenken, das Zurückhalten von Potentialen, die mir selbst einmal fehlen könnten, bzw. nur die Wege zu beschreiten, die abgesichert sind, das ist kein Kalkül für echte Hingabe. Der letzte Vers spricht vom "Vergessen". Es soll gar nicht daran gedacht werden, dass ein Mensch sich möglicherweise selbst aufzehrt, wie die Kerze sich selbst verzehrt durch das Spenden ihres Lichtes. Damit soll dieses Verzehren aber auch rausgenommen werden aus dem Fokus bei der Hingabe. Es soll kein Druck entstehen, der z.B. Dankbarkeit erzwingen will. Die Hingabe soll gar nicht auf die Idee kommen nach Erfolg, Berühmtheit, Auszeichnung zu streben, weill sie sich nicht fragt, ob das alles eintreten wird und auch dann aktiv wird, wenn das alles nicht zu erwarten ist. Wollte man den Text religiös verorten, dann wäre er wohl ein Versuch der Beschreibung einer "liebenden Hingabe", und ich würde ihn im Kontext von 1. Brief an die Korinther, ab 13 stellen (Hohelied der Liebe). Ich hoffe, diese Gedanken machen den Text etwas verständlicher. Herzliche Grüße, AlteLyrikerin. |
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17.12.2018, 15:12 | #4 |
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Liebe Lyrikerin - |
17.12.2018, 16:31 | #5 |
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Dabei seit: 04/2018
Ort: Zwischen den Gedanken
Alter: 57
Beiträge: 697
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Hallo AlteLyrikerin,
ich finde deine lyrischen Gedanken zu Hingabe sehr gelungen. Sie beschreiben die freie Entscheidung für jemanden oder eine Aufgabe präsent zu bleiben, auch wenn es anstrengend und schwierig für einen selbst ist. Ich hadere aber doch mit dieser Stelle: Vergessen, dass im Licht, das du entzündest, dein Leben das Wachs ist. Die Idee, dass das Leben das Wachs ist, was sich nach und nach verzehrt und zwischenmenschliche Aufmerksamkeit und umfassende Fürsorglichkeit z. B. eine Idee ist, für die man brennen kann, finde ich grossartig. Grossartig ist die Metapher auch deshalb, weil sie anschaulich vermittelt, dass jedes Leben Energie kostet und unweigerlich zu Ende geht. Also mit was möchte man diese Zeit verbringen? Beim "vergessen" klingeln nun aber meine Warnglocken, denn die Grenzen von einer erfüllenden Aufgabe und einer ungesunden Selbstaufgabe, können fliessend sein und Abgrenzung bleibt nicht nur, aber gerade im zwischenmenschlichen Bereich ein wichtiges Thema. Genau dann, wenn man etwas freiwillig tut und keine Gegenleistung fordert, ist Vergessen ja kein Thema. Thema wird es erst dort, wo man über die eigenen Grenzen hinaus, ein Ideal verfolgt hat. Ist das nachvollziehbar, wenn ich von dieser Seite komme? LG, Serpentina |
17.12.2018, 16:38 | #6 |
Hallo Serpentina,
ja, ich denke, dass ich verstehe, warum es bei Dir klingelt. Mit dem "Vergessen" meine ich nicht verdrängen oder die Haltung eines Märtyrers einzunehmen. Eher denke ich daran, dass dieses Verzehrtwerden gar kein Thema ist. Es kommt gar nicht in den Sinn. Vergessen im Sinne von Verlernen ist eher gemeint. Auch "Vergessen" im Sinne von sich so in die Hingabe vertiefen, dass die Tatsache dabei Lebenskraft zu verlieren, gar nicht erst auftaucht. Herzliche Grüße, AlteLyrikerin. |
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17.12.2018, 16:51 | #7 |
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Dabei seit: 04/2018
Ort: Zwischen den Gedanken
Alter: 57
Beiträge: 697
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Ah. Ich denke wir verstehen uns.
"Vergessen" hatte an der Stelle einen auffordernden Charakter für mich und weniger den einer Beschreibung. Wenn ich den deskriptiven Kontext nehme, verstummen die Warnglocken. Sehr schön! Danke fürs Erörtern. LG, Serpentina |
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