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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt. |
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04.09.2014, 20:59 | #1 |
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Winter 1812
Warte nicht auf den Kadaver,
setz am warmen Leibe an! War dein Fuchs denn nie ein Braver? Jetzt ernährt er seinen Mann. Schneid die Hinterbacken runter, Russlands Frost betäubt den Brand, so läuft er bis morgen munter westwärts Richtung Heimatland. Sinkt entkräftet er darnieder, schlitz ihn, ehe er verstirbt, eh versteinern seine Glieder, und sein Blut zu Stahl gefriert. Nimm zuerst die warme Leber rohbelassen zum Verzehr, trink das Blut als Lebensgeber, Biwakfeuer gibt’s nicht mehr. Würz das Fleisch mit deinen Tränen, tauch dein Herz in Depression - weißt noch nichts von Schicksals Plänen: Beresina wartet schon. 4. September 2014 © Ilka-Maria |
05.09.2014, 09:54 | #2 |
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Eindrucksvolle - und handwerklich gelungene! - Impression eines vergeblichen Feldzuges > > https://de.search.yahoo.com/search;_...oz_off&iscqry= < nach Russland, den Napoléon selbstverständlich verloren hat! *
* Die meisten seiner Soldaten sollen übrigens wegen der Flöhe bzw. der von diesen übertragenen Krankheiten gestorben sein. Und: Dein Gedicht erinnerte mich irgendwie an jenes von Theodor Fontane: Das Trauerspiel von Afghanistan. Der Schnee leis stäubend vom Himmel fällt, Ein Reiter vor Dschellalabad hält, "Wer da!" – "Ein britischer Reitersmann, Bringe Botschaft aus Afghanistan." Afghanistan! er sprach es so matt; es umdrängt den Reiter die halbe Stadt, Sir Robert Sale, der Commandant, Hebt ihn vom Rosse mit eigener Hand. Sie führen in’s steinerne Wachthaus ihn, sie setzen ihn nieder an den Kamin. Wie wärmt ihn das Feuer, wie labt ihn das Licht, Er athmet hoch auf und dankt und spricht: "Wir waren dreizehntausend Mann, von Cabul unser Zug begann, Soldaten, Führer, Weib und Kind, erstarrt, erschlagen, verrathen sind. "Zersprengt ist unser ganzes Heer, Was lebt, irrt draußen in Nacht umher, Mir hat ein Gott die Rettung gegönnt, Seht zu, ob den Rest ihr retten könnt." Sir Robert stieg auf den Festungswall, Offiziere, Soldaten folgten ihm all', Sir Robert sprach: "Der Schnee fällt dicht, Die uns suchen, sie können uns finden nicht. Sie irren wie Blinde und sind uns so nah, So laßt sie’s hören, daß wir da, Stimmt an ein Lied von Heimath und Haus, Trompeter, blas’t in die Nacht hinaus!" Da huben sie an und sie wurden’s nicht müd', durch die Nacht hin klang es Lied um Lied. Erst englische Lieder mit fröhlichem Klang, dann Hochlandslieder wie Klagegesang. Sie bliesen die Nacht und über den Tag, laut, wie nur die Liebe rufen mag. Sie bliesen – es kam die zweite Nacht, umsonst, daß ihr ruft, umsonst, daß ihr wacht. Die hören sollen, sie hören nicht mehr, vernichtet ist das ganze Heer. Mit dreizehntausend der Zug begann, einer kam heim aus Afghanistan ... von Theodor Fontane |
05.09.2014, 13:15 | #3 |
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[QUOTE=Pedroburla;328017]
Danke für Dein Feedback, Pedro. Fontanes Gedicht ist mir bekannt, eine Freund schickte mir vor einigen Jahren davon eine Abschrift. Die meisten seiner Soldaten sollen übrigens wegen der Flöhe bzw. der von diesen übertragenen Krankheiten gestorben sein. Aus welcher Quelle Du das haben könntest, weiß ich nicht. In Adam Zamoyskis Buch steht zwar, dass Napoleons Soldaten heftig unter Flöhen und sonstigem Ungeziefer litten, aber die meisten kamen im Kampf sowie durch Hunger, Frost und Ertrinken um. Auch starben viele Soldaten und Zivilisten, wo es zu Engpässen kam, wie z.B. an den Brücken der Beresina oder am Eingang in die Stadt Wilna, weil die vorderen Menschen von den nachrückenden Massen zerquetscht oder totgetrampelt wurden. Was Krankheiten angeht, litten die Überlebenden wohl hauptsächlich an der Ruhr, was angesichts der mangelhaften Hygiene und der Unterernährung nicht verwundert. Es ist das Grauenvollste, was ich jemals über einen Krieg gelesen habe. Durch Waffen im Kampf zu sterben ist eine Gnade gegen diesen Rückzug durch Russland. LG Ilka |
05.09.2014, 14:20 | #4 | ||||
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Ich wünsche Dir ein angenehmes Wochenende! Pedro PS: MICH hat übrigens diesbez. Remarque's "Im Westen nichts Neues" beeindruckt, zum "wehrhaften Pazifisten" gemacht, auch "Ostermarschierer" und Kriegsdienstverweigerer ... |
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05.09.2014, 22:55 | #5 |
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Na ja, ich weiß nicht, ob ich das glauben kann. Es waren ohnehin keine Flöhe, sondern Läuse, die den Soldaten zu schaffen machten.
Wenn ich bedenke, dass aufgrund wiedriger Wetterverhältnisse, mangelnder Nahrung und schwerer Gefechte an manchen Tagen schon binnen 24 Stunden Tausende von Menschen und Pferden zu Tode kamen, kann es gar nicht sein, dass Läuse die Hauptursache für das Verrecken der meisten Soldaten in Napoleons Diensten verantwortlich waren. Selbst die fähigste Laus dürfte es kaum geschafft haben, im russischen Extrem-Winter einen Menschen so zu infizieren, dass er vor dem Erfrieren und Verhungern starb. Es waren die Starken, die Alten, die Kampferprobten und Erfahrenen, die solange durchgehalten hatten, bis sie vielleicht an einer Infektion zugrunde gingen. Aber die Jungen, die Unerfahrenen, die gingen zuerst drauf. Und zwar schnell - mit oder ohne Läusen. Zum Glück ist das vorbei. Ich wünsche Dir auch ein schönes Wochenende, Pedro. LG Ilka |
06.09.2014, 10:54 | #6 |
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