|
|
Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt. |
|
Themen-Optionen | Thema durchsuchen |
13.02.2006, 16:09 | #1 |
Ewiges Gestern
"Ewiges Gestern":
Jeden Montag frisch vom Ei, ein Aufmarsch aufmarschiert. Und mit dabei: "Wir sind das Volk", unser ewiggestriges Volkestum. Hochschnellende Plakate, himmelshoch, Fahnenschwänkerei, Uniformität des Bewusstseins: Plakation auf Hammer und Zirkel. Kundgebungsplätze scheinen wie bekannte Tribünen: Predigt dort der selbe Menschenschlag wie einst in grauen Zeiten, bevölkern dort die selben ewiggestrig Tausendjährigen? Scherzhafte Verse kleiden die Maiwiese im Papierverschwendungsbürgertum. Bleibt noch zu fragen: Was ist zu tun? angesichts eines Endens mit Musik. Wir sind ohne Sorge, ohne Sorge. (2005) |
|
13.02.2006, 17:46 | #2 |
abgemeldet
|
Was meinst du mit "Jeden Montag frisch vom Ei"? Diesen Einleitungssatz vermag ich nicht zu verstehen.
Sonst sehr nettes, sozialkritisches Gedicht, welches zu gefallen weiß. |
13.02.2006, 20:47 | #3 |
"Jeden Montag" dürfte relativ klar sein als anspielung auf die montagsdemonstrationen. und "frisch vom Ei" assoziiert, zumindest bei mir, morgendliches frühstück, also alltägliches, (volkstümliches) ritual.
es soll auch einfach nur mit dem darunter stehendem "und mit dabei" parallel gesehen werden. Montagsdemonstration also als volkstümliches ereignis, bei dem man "dabei" sein muss, wo etwas los ist. nebenbei: "ein Aufmarsch aufmarschiert", soll hier nur zeigen, wie fließend der übergang dann von volkstümlichem ereignis zu radikalismus ist. volkstümliche demagogie und nostalgische attitüden, sind in erster linie auch als thema gedacht, weiß nicht inwiefern das rüberkommt. |
|
13.02.2006, 20:50 | #4 |
abgemeldet
|
Alles klar. Danke. Es kommt gut rüber. Wie gesagt, gefällt mir gut.
|
13.02.2006, 21:00 | #5 |
gesperrt
|
Gehts jetzt um die Kritik an friedlichen 'Revolutionen', die zwar von tausenden auf der Strasse theatralisch erspielt, aber in abgeschotteten Räumen der Großmächte geplant wurden?
Kritik am sich-Gefallen-lassens des Bürgers als Spielball instrumentalisiert zu werden? Wenn das damit gemeint ist: ja ganz ok, aber wo liegt die Perspektive darin? Nicht hinzugehen? Bombenattentate? Man kann davon ausgehen, dass jede größere Menschenmenge, die für etwas oder gegen etwas demonstriert blind ist und manipuliert wird. Sehr leicht. Massendemokratie scheint deshalb eine Illusion zu sein. Der Bewußtseinswechsel im Individuum, forderst du den? Schön. Aber wie soll es sich Gehör verschaffen, wenn es sich nicht organisiert. Da beisst sich die Schlange doch in den eigenen Schwanz. Aber ein gutes Gedicht, das definitiv zum Nachdenken und Diskutieren für ein Morgen anzuregen vermag. |
13.02.2006, 22:17 | #6 |
es liegt mir prinzipiell nicht viel daran, dieses gedicht in eine bestimmte, spezielle interpretation hinein zu diktieren. ich akzeptiere es so, wie du es verstehst oder ablehnst.
nein kritik an friedlichen revolutionen, sofern 89 eine revolution war, soll es nicht unbedingt sein. es ist vielleicht nur der aufhänger, woran man volktümliche demagogie, soziale milieus, oder radikalismus thematisieren kann. der titel heißt "Ewiges Gestern", d.h. die von mir vorgegebene interpretation der problematik, bezieht sich nur auf die tatsache, dass es diese "Ewiggestrigen", die alles an der geschichte verklären und für politische organisation oder meinungsbildung instrumentalisieren, immer geben wird und das dies ein doch beklagenswerter zustand ist. ich möchte ihn nicht ändern, doch der gebildete leser, was auch immer das bedeutet, soll sich darüber klar sein, dass er sich gegenüber diesen leuten ,oder von mir aus auch geistern, abzugrenzen hat. oder zumindest deren verführungskraft wiedersteht und sie relativiert. im gedicht geht es ja indirekt um beide totalitären systeme des 20.jhrd., dem sozialistischen und dem nazistischen. es soll damit nur gezeigt werden, wie ähnlich sich diese systeme in der art ihrer verführungskraft und ihrer verführungsmechanismen waren. und daraus folgend der umstand, dass mit der wachsenden arbeitslosigkeit, sich ähnlich gefährliche demagogische tendenzen herausbilden könnten, wie man sie aus der geschichtswissenschaft kennt. mehr nicht. hoffe das meine position dazu verständlich ist. wie gesagt es ist konstruktiv, wenn leute das anders sehen. ich lasse mich auch gern belehren. (zugegeben: das gedicht bewältigt bei weitem nicht den anspruch, den in bezug auf dieses thema haben sollte, es lässt viele aspekte offen.) |
|
13.02.2006, 22:35 | #7 | |
Zitat:
|
||
13.02.2006, 22:40 | #8 |
ist schon klar, man weiß ja was gemeint ist, wenn man 89 denkt, kann man versehentlich 98 schreiben, kann passieren.
aber kannst du denn inhaltlich was dazu beitragen, nachdem du deine philologischen fähigkeiten bewiesen hast? |
|
13.02.2006, 23:07 | #9 |
gesperrt
|
Ja, was Politik und Frauen betrifft ist es in der Gesellschaft, wie in diesem Forum anscheinend recht rar bestellt.
Eigentlich traurig. Bedenkt man doch, dass Lysistrata, die grossartige Komödie des Aristophanes ebendies wunderbar thematisiert. Allerdings muss man dazu erwähnen, dass es sicher auch unter Frauen 'Kämpfe' um Rang, Macht und Ansehen gibt; was wir Männer in der blinden Wut uns selbst gegenüber allzu oft übersehen mögen. Um zurück zum Thema zu kommen: Die Frage ist die: Wie können politische Initiativen durch das Volk legitimiert werden, ohne missbraucht zu werden. Mein Ansatz dazu ist, dass Südamerika im Moment ein Vorbild für die Welt darstellt. Die zunehmend "linken Regimes" dort etablieren soziale Netzwerke (Ecuadorianer und Venezulaner können z.B. kostenlos in Kuba operiert werden), teilen jeweilige Ressourcen (Bildung[Ärzte], Öl, Erdgas etc.), ohne sich nach den allseits propagierten Gesetzen des Marktes zu richten. Eine Emanzipation des Menschen aus den Fesseln des anglo-amerikanisch diktierten Cashflows mittels WHO uvm. ist zum Beispiel im Weltsozialforum (Gegenveranstaltung zu G8-Davos) oder an Umweltverbänden wie Greenpeace, sowie einem neuen, sanften 'global player' , Attac abzulesen. Wir können selten mehr tun, als jenen Gruppen die Daumen zu drücken, mal 5 Euro spenden oder so. Reich sind wir ja alle nicht. Aber dennoch, ich finde es wichtig darauf hinzuweisen, dass es Hoffnungsschimmer am Horizont gibt. |
13.02.2006, 23:18 | #10 | |||
Zitat:
Unter anderem folgendes Dilemma: Zitat:
Das die verschiedenen Politischen Stroemungen auf aehnlichen Mechanismen beruhen ist klar. Sich davon abzugrenzen ist zwar richtig, aber nicht unbedingt wirkungsvoll. Jedenfalls nicht, wenn es bloss auf intellektuelles Gerede hinauslaeuft, und das tut es meistens. Zitat:
Stained |
||||
13.02.2006, 23:26 | #11 | |||
gesperrt
|
Zitat:
So ist es auch in unserer Gesellschaft, würden die Leute mehr über Politik diskutieren, würden sich die Lösungen durchsetzten, die dem gesunden, nüchternen Menschenverstand entspringen, nicht der Meinungsmache weitgehend gleichgeschalteter Medien. Zitat:
|
|||
13.02.2006, 23:38 | #12 | |
Zitat:
(Von meinem Blickwinkel ueber den grossen Teich hinweg wirkt zum Beispiel die undifferenzierte Hetze auf alles was nach Bush riecht vollkommen laecherlich.) Ich habe zum Beispiel am Abend des 11. September mit einem marokkanischen Bekannten ueber die Terroranschlaege diskutiert. Das war etwas horizonterweiternder als das gemeinsame Haende-ueber-dem-Kopf-zusammenschlagen und auf Moslems schimpfen mit den Westeuropaeern... Stained |
||
13.02.2006, 23:48 | #13 |
gesperrt
|
Interessant, dass du die undifferenzierte Hetze auf Bush erwähnst.
Schon mal daran gedacht, dass Europa sich neben China als Erbe der Sowjetunion manifestiert? Die Zukunft ist -wie Orwell es vorraussah- tripolar. Wichtig erscheint mir in diesem Zudammenhang das Erwähnen der Problem-Solution-Strategy: Erschaffe ein Problem (11.Sep.) biete die Lösung dazu an (War on Terror- Afghanistan-Irak) und werde damit reich (Drogen, Öl, Wiederaufbauaufträge[Cheney, Strohmänner]) |
14.02.2006, 00:38 | #14 | ||
Zitat:
Zitat:
@Stoppelfeld: ich glaube wir reden nicht mehr so richtig ueber dein Gedicht . Wenn die Abgrenzung gegenueber der tumben Masse die Aussage deiner Verse ist: meine Meinung dazu oben. Ich kritisiere das nicht... ein Gedicht ist eine etwas duenne Basis, um daran deine Stellung zu Politik festzumachen, es kann nur Einzelaspekte darstellen. Stained |
|||
14.02.2006, 00:52 | #15 |
gesperrt
|
Ich denke, wenn es um unschuldige Kinder im Irak, in Afghanistan - und jüngst auch Pakistan- geht, die von amerikanischen Brandbomben ermordet werden, geht es alle Menschen auf der Welt an (siehe z.B. auch Sartre/Roussel's Vietnamtribunal). Das Amerika nach links rückt, das hoffen sicher alle, aber ob
und was das bringt (man erinnere sich an Clintons machtlose Position dem konservativen Kongress gegenüber), gerade, da der oberste Gerichtshof mehrheitlich konservativ besetzt wird, steht ausserordentlich im Zweifel. Augenwischerei, der 'Machtwechsel' wenn du mich fragst. Was die hoffnungslosen Idealisten betrifft, frag mal die 100.000 Venezulaner, die die graue-Star-Operation auf Kuba umsonst bekamen und nun wieder sehen können. Die werden dir was anderes erzählen. Man vergesse auch nicht die Ärzte ohne Grenzen etc. |
14.02.2006, 20:35 | #16 |
@stained: ja es geht nicht nicht mehr primär um das was der text hergibt. mir ging es eigentlich bloß um die verschleppung bestimmter volkstümlicher mentalitäten in der geschichte. es ist sehr weitgefasst, was den geschichtswissenschaftlichen gegenstand angeht, aber in seiner bedeutung doch mehr "nur" auf deutschland fokussiert.
totalitarismusforschung ist das feld worum es meiner ansicht nach hierbei geht. es geht nicht darum, möglichst viele fakten auf ein thema -und so ziemlich jedes politische thema ist global- anzuwenden, sondern einfach bereiche der psychologie und der soziologie sollte das gedicht ansprechen. aber die dikussion ist selbstverständlich trotzdem förderlich, auch wenn sie übers ziel hinausschießt. um vielleicht trotzdem die diskussion nochmal zu nähren: ra-jah sprach gestern venezuela an, die unter anderem soziale netzwerke mit anderen lateinamerikanischen staaten aufgebaut haben. was hier der totalitarismus zu suchen hätte, ist der umstand, dass nach meinem wissen venezuela immer noch eine präsidialrepublik ist, wenn nicht sogar eine neue form der militärdiktatur mit populistischer ausrichtung. es stellt sich einfach nur die frage: darf eine diktatur bestehen, wenn sie soziale bedürfnisse der bevölkerung (scheinbar) erfüllt? ich würde gern wissen woher du diese informationen hast ra-jah, denn ich zweifele an ihrer konsequenten richtigkeit. für mich scheint das alles mehr oder weniger nur soziale demagogie zu sein. (?) |
|