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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt. |
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05.03.2008, 11:43 | #1 |
Die ganz große Liebe
Eine Hosengeschichte
"Kommt ein Wunder geflogen, Zieht mich neckend an der Hos. Staunend hör ich's erzählen: Armer Mutter Lieb sei groß." Die Geschichte beginnt ohne mich, Ich war noch nicht bei meinem Mädchen Sarah. Eines seltsamen Tages sagte die Mutter zu ihr: "Du brauchst 'ne neue Hos. Geh aufs Clo und zieh Dich an! Wir fahrn gleich los. Wir sind spät dran." Das Mädchen tat all so Und sie machten sich auf den Weg Ohne vorher zu beten. "Ri ra rusch Wir fahren mit dem Bus. Wir fahren in die große Stadt, Wo man wirklich alles hat. Ri ra rusch Wir fahren mit dem Bus." Sarah war sehr aufgeregt, Also las sie während der Fahrt. Doch davon wurde ihr übel. "Musst Du brechen, ist Dir schlecht? Gehts noch? Wir sind eh gleich da. Komm an die Hand, so ist es recht. Hier steigen wir aus, der Laden ist nah." Nun gingen die Beiden in's Geschäft zu den Kinderhosen. Die Mutter suchte, ich hing gelangweilt herum. Sarah stand abseits, dann traf mich ihr begehrender Blick. "Eene meene mogeln, Jetzt nicht popeln! Viele Mark und Achtzig, Preis zu saftig! Wenger Mark und Zehn Und das muss gehn!" Sofort wusste ich, wir waren wie aus einem Stück geschnitten, Alles tat ich, um zu ihr zu gelangen. Dieser Weg führte nur über Herz, Hirn und Handtasche der Mutter. "Das ist ein schöner Stoff. Die Farbe ist gedeckt. Hält die Naht? Hm, ich hoff! Und man sieht nicht jeden Fleck." Ich kuschelte weich, da nahm sie mich. Doch dann, ich sah's am Blick des Mädchens, Brach die billige Blaue aus dem Dunkel hervor. "Blau und alt sind meiner Schwestern Kleider. Blau geflickt ist alles was ich hab. Darum hass ich alles was so blau ist Weil der Spott der Meine ist." Jetzt hieß es, alles auf ein Etikett schreiben. Ich verkaufte mich unter meinem Wert Und log, was der Stoff hielt. "Da schau mal an, ein Sonderpreis. Aber die Blaue kostet auch nicht mehr. Waschen kann ich sie sehr heiß. Die Entscheidung ist echt schwer." Schon streckte die Mutter uns Beide, Mich und die blaue Schlampe, Meiner Gewählten zur Wahl entgegen. "Schokobraune Hosen! Weich wie Aprikosen! Darf so in die Schule gehn! Alle Kinder findens schön! Juchheirassa!" Von Stund an waren wir wie Jacke und Hose. Meine Sarah erzählte mir alles. Auch von dem Rüpel, in den sie heimlich verliebt war. "Wie kannst Du Dich so in die Schule wagen," Tat er sie gern spotten. "Würden Deine Eltern nicht das ganze Geld in die Kirche tragen, Hättst Du auch nicht Scheißklamotten." Der Faden meines Wesens entfaltete sich Und bügelte die Bahn meines Mädchens. Wir ließen uns Beide selbstbewusst erstrahlen. "Schaut her, ich bin ein schönes Kind, schönes Kind, schönes Kind! Schaut her, ich bin ein schönes Kind, schönes Kind! Da kommt der schöne Prinz herein, Prinz herein, Prinz herein. Da kommt der schöne Prinz herein und spricht zu mir: Die Hose sieht echt fetzig aus, fetzig aus, fetzig aus. Die Hose sieht echt fetzig aus und Du fetzt auch!" Sarah wuchs in mir, ich dehnte mich um sie. Irgendwann ist Sarah mir entwachsen, und ich bin aus allen Nähten geplatzt. So kam ich an ihre kleine Schwester, welch Enttäuschung. "Diesen Lumpen soll ich anziehn? Den geflickten braunen Dreck? Ihr habt doch alle einen Spleen! Das Ding schmeiß ich jetzt weg." Sie zerriss mich und warf mich auf den Speicher. Da liege ich, an Zweisamkeit zerschlissen und gewaltsam geteilt. Schreibe meine Memoiren und träume, dass Liebe meine Wunden näht. "Höschen auf dem Speicher Liegt da und träumt, Liegt da und träumt. Armes Höschen bist Du krank, dass Du nicht mehr hüpfen kannst? Höschen hüpf! Höschen hüpf! Höschen hat sich ausgehüpft. Hm hm hm hm hm hm ..." |
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