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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen. |
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06.06.2018, 00:40 | #1 |
Niemand kommt zu Gott, denn durch mich.
Ich muss euch etwas beichten.
Als ich damals so dasaß, auf meinem Fischerboot, und fischte, da weinte ich heimlich. Ich weinte, weil es so viel Leid und Elend gab, und ich verstand nicht, warum. Da fasste mir mein Vater auf die Schulter und sagte: Mein Sohn, der Mensch ist erblindet durch Licht, ertaubt durch den Ton und erstummt durch die Sprache. Verzeih dem Irren, denn er wurde irregeführt. Verzeih dem Irreführenden, denn er wurde verführt. Verzeih dem Verführer, denn durch seine Lüge erkennst du die Wahrheit. Du, mein Sohn, bist nicht erblindet, nicht ertaubt und nicht verstummt. Drum gehe hin zu deinen Brüdern, die mich vergessen haben und erinnere sie daran, wie ich schmecke, rieche und wie ich mich anfühle. Da machte ich mich auf, euch zu umarmen, in meinen Händen, Brot und Wein. Doch als ich euch erzählte, was unser Vater mir sagte, da glaubtet ihr mir nicht. Und bevor ich euch alle umarmte, damit ihr fühlen könnt, und bevor ich euch das Brot und den Wein gab, damit ihr schmecken und riechen könnt, da tötetet ihr mich, ohne zu erkennen, dass ich ebenso erblindet, erstummt und ertaubt war, wie ihr. Ich glaubte es nur nicht. |
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06.06.2018, 11:59 | #2 |
R.I.P.
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Hallo, Psychopath -
die Rubruk scheint mir nicht sehr glücklch gewählt zu sein -
ich empfehle Fantasy, Magie und Religion als passender. Der letzte Vers macht mich nachdenklich - gilt er dem "Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?" Dieser Monolog ist in meinen Augen gut verfaßt, die unterschiedliche Verslänge kommt dem Inhalt sehr entgegen. Selbst mir als eingefleischtem Atheisten sagt er zu. Freundlichen Gruß von Thing |
06.06.2018, 23:39 | #3 |
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Beiträge: 697
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Hallo Psychopath,
das finde ich ganz hervorragend geschrieben. Dir gelingt auf überraschende Weise eine religiöse Idee zu verdichten, ohne dass es knirscht. Die letzten Strophe bringt mich allerdings auch zum nachdenken und mehrmals lesen. |
07.06.2018, 00:00 | #4 |
Forumsleitung
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Das passt schon in die Philosophie. Eher steht die Religion in einer unglücklichen Verbindung mit Fantasy und Magie und hätte besser mit der Philosopie-Rubrik gekoppelt werden sollen.
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07.06.2018, 01:27 | #5 | ||
Thing
Zitat:
ich hatte zunächst auch meine Bedenken, tatsächlich habe ich jedoch manchmal so meine Probleme mit dem Wort "Religion", deshalb hielt ich es für angebracht, meinen Text in die Philosophiespalte zu packen. Zitat:
Interessant. Natürlich kann sich jeder selbst eine Antwort oder ein Gefühl dafür zurechtlegen. Meine eigene Intention war viel mehr: "Als mein Vater zu mir sprach, da glaubte ich ihm. Obgleich mich all das irdische blendete, so verstand ich das Ungreifbare und mein trüber Blick wurde klar." PS: Wie kriegt man es denn hin, dass über dem Zitat "Zitat von ..." steht? (: LG |
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07.06.2018, 01:34 | #6 | |
Serpentina
Zitat:
vielen lieben Dank! Vor allem dafür, dass du dir Zeit genommen und es mehrmals gelesen hast. Schön, dass ich zum Nachdenken anregen konnte. Wahrhaftig ein sehr sensibles Thema... Ich gebe zu, die richtigen Worte zu finden fiel mir nicht sehr leicht. (: LG |
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07.06.2018, 01:36 | #7 | |
Ilka-Maria
Zitat:
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07.06.2018, 07:50 | #8 |
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Beiträge: 697
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Hallo Psychopath,
nachdem ich deine Antwort an Thing gelesen habe, ist mir jetzt deutlicher, wie das gegen Ende von dir gemeint war. Der Begriff Religion kann sehr unterschiedlich verwendet werden. Dein Blick ist, zumindest nach meinem Verständnis, aus der mystischen (zur Mystik gehörenden) Perspektive geschrieben. Oder religiös, im Sinne von "rückverbunden". Verneigende Grüsse, Serpentina |
31.07.2018, 12:17 | #9 |
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Stark!
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31.07.2018, 12:48 | #10 |
Gut gschrieben, lieber Psychopath.
Der letzte Vers straft den Glauben des LI an seine Erleuchtung (aus postmaler Einsicht) lügen. Sonst müsste es in in etwa lauten: Ich ließ es aber hinter mir. LG gummibaum |
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06.08.2018, 00:33 | #11 |
Hallo Serpentina,
Interessant, wie du meinen Blick nach deinem Verständnis beschreibst. Mit dem Begriff Religion konnte ich jedoch noch nie etwas anfangen, da hört mein Glaube dann auf... |
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06.08.2018, 00:34 | #12 |
Danke, San Fabiano
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06.08.2018, 00:46 | #13 |
Hey Gummibaum,
Vielleicht lügt er ja nicht und sie waren blind den Dingen gegenüber, die sie nicht sehen wollten. Taub dem gegenüber, der die Wahrheit sprechen wollte und stumm dem gegenüber, der die Wahrheit verlangte. |
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06.08.2018, 21:22 | #14 | |
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Beiträge: 697
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Zitat:
sorry dafür. Richtig war das nicht. Autor, Text und Leser bilden eine Dreieck und eine gewisse Sorgfalt bei der Unterscheidung ist angebracht. Vergiss also meinen Versuch, eine mystische Perspektive bei dir erkannt zu haben. Das ist mindestens gleich 2mal Quatsch. Also: 2. Versuch meine Leseart und Gedanken zu deinem Gedicht zu beschreiben: Jesus, der Mensch geworden ist und seine göttliche Herkunft vergass, rückerinnert sich mit Hilfe von Gott, dass er Gottes Sohn ist. Nun geht er zu den anderen, bekennt, dass er Mensch wurde, um nun als Gottes Sohn den anderen zu sagen, dass sie, wenn sie ihm folgen, zu Gott finden. In meiner Deutung, durch ihn erfahren, dass sie Kinder Gottes sind. Es kommt, wie es kommen muss. Wenn es Gott nur gelang, sich bei Jesus Gehör zu verschaffen und bei den anderen nicht, dann werden die meisten anderen natürlich für Jesus auch kein Verständnis haben, weil sie die unmittelbare Erfahrung "wie ich schmecke, wie ich rieche..." (mystische Erfahrung der Rückverbindung, Religio=Rückverbindung), nicht nachvollziehen können. Und sie töten ihn, weil sie nicht so wie er, erkennen konnten, eigentlich erblindet zu sein. Die letzte Strophe lässt aber offen, ob da vielleicht doch nur ein Mensch starb, der nur glaubte, wirklich sehend geworden zu sein oder ob da ein wirklich Sehender getötet wird, der Sehend wurde, weil er daran zweifelte, dass sein Erblinden als Mensch, was die anderen für Sehen halten, seine wahre Natur ist. LG, S. |
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