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28.07.2016, 19:05 | #1 |
Ausbruch
Braune Suppe steht in den Schlaglöchern des Asphaltes. Heute Abend weht kein Wind, es ist still. Ich gähne und rieche meinen Atem, der nach Zigaretten und dem verwesten Fetzen Fleisch stinkt, der mir seit gestern zwischen den hinteren Backenzähnen hängt.
Funken sprühen, als ich mir die Kippe, die schief in meinem Mundwinkel hängt, anzünde. Ich blase den Rauch in den schwarzen Himmel. Kein Mond zu sehen; in den letzten Wochen hatte es beinahe unaufhörlich geregnet, die Wolken gewährten dem Licht keinen Einlass auf Gottes größtes Werk. Wenn dieser dunkle Fleck auch auf Gottes sagenhaftem Plan stand, hatte er einen sensationellen Humor; denn dieser Fleck, auf dem ich dieses Paradebeispiel von einem bedauernswerten Leben führe, ist ein Witz. Ich trotte den dunklen Weg entlang, trete auf dem Saum meiner viel zu tief sitzenden Jeans herum und versuche, die Zeit rumzukriegen. Ich will nicht in diese kleine, finstere Wohnung zurück, in der meine Frau auf mich wartet, nur um mich mit dem immer gleichen, enttäuschten Blick zu bedenken, der mir unmissverständlich klar machen soll, was für ein Verlierer ich in ihren Augen bin. Ich weiß es selbst, gottverdammt. Ich bin ein beschissener Verlierer, aber wen kümmert es? Gut für uns, dass wir keine Blagen auf die Welt gesetzt haben. Wir müssen keiner Rolle gerecht werden. In der Rolle des Ehepaares haben wir sowieso schon längst versagt. Gedankenversunken trete ich die Kippe aus und lasse den Stummel hinter mir zurück. Ich stecke die Hände in die Taschen, es ist schweinekalt, ich friere mir den Arsch ab. Kann nicht in die Wohnung zu dieser Frau, der ich nur zum Anschreien und Ficken gut genug bin. In mir flammt eine unheimliche Wut auf, von der ich Sodbrennen bekomme. Wann bin ich dieser aggressive, kleine Mann geworden, der auf alles diesen Groll hat? Wann habe ich aufgehört, meine Frau zu lieben und wann habe ich unsere Ehe zu dem werden lassen, was sie heute ist? Es ist jämmerlich. Peinlich. Der Gestank nach Gülle und nassem Gehweg und dieses verdammte Sodbrennen lassen Übelkeit in mir aufsteigen. Ich erbreche mich auf meine Schuhe. Ich würge und heule, beides gleichzeitig. Ein lautes, feuchtes Rülpsen schallt durch die Häuserreihen. Der Mensch, die Krone der Schöpfung – dass ich nicht lache. Ich brauche Alkohol und betrete die heruntergekommene Kneipe am Rande des Waldes, in der ich doch jeden Abend lande. Hier kennt man mich; noch ehe ich meine Jacke ausgezogen und mich gesetzt habe, steht der doppelte Bourbon an meinem Stammplatz auf dem Tresen. „Was gibt’s Neues?“ „Ich hau ab, Bob. Ich verpiss mich“, meine ich und kippe den Inhalt meines Glases mit einer bekannten Bewegung in meinen Schlund. „Halte es hier nicht mehr aus.“ Ich erzähle von den Erkenntnissen des Abends, von meiner Ehe, die schleichend auseinanderbricht. „Ich werde nicht hier rumsitzen und das mit ansehen.“ „Dann tu was dagegen, statt zu fliehen“, rät mir Bob und trocknet einige frisch gespülte Gläser. „Es geht nicht, mir fehlt die Kraft“, gestehe ich und schiebe ihm das leere Glas entgegen. „Machst du mir noch einen?“ Fast glaube ich, Mitleid in seinem Blick aufflackern zu sehen, doch alsbald senkt er ihn, um die goldene Flüssigkeit einzuschenken. „Na dann“, meint Bob, „Prost! Auf dass du mit deiner Entscheidung glücklich sein wirst.“ Ich proste ihm zu und schlucke. Werde ich das sein? Oder bin ich so geschädigt, so verkümmert, dass es hoffnungslos ist, egal wohin ich gehe? „Aber vergiss eines nicht, mein Freund: du kannst deine Depression nicht so einfach hier zurücklassen wie deine Frau. Die nimmst du mit dir“, warnt er, als hätte er meine Gedanken gelesen. Meine Kehle brennt. Nach ein paar Drinks zahle ich. An diesem Abend bleibe ich nicht lange. Hoffnungsloser als vorher schlurfe ich den Weg nach Hause. Helen ist noch wach. Sie sitzt am runden Esstisch, eine Zigarette zwischen zwei Fingern und starrt mich an. „Na, warst du wieder saufen?“ Sie kneift die Augen zusammen. „Oder hast eine andere gefickt?“ Als ich darauf nichts erwidere, lacht sie bitter und ascht in den Blumentopf neben sich. „Was frage ich überhaupt - welche Frau würde dich noch wollen?“ „Ich gehe schlafen. Bin müde“, lüge ich. Helen lacht nur und schüttelt den Kopf. Ich gehe hoch, streife die Jeans von meinen mageren Hüften und lege mich ins kalte Bett. Dieses Leben ist nicht meines. Jedenfalls nicht das, was ich mir als junger Kerl erhofft hatte. Doch mir ist klar geworden, dass ich nicht in diesem Leben gefangen bin. Weder in dieser Stadt, noch in dieser Ehe. Es ist einzig und allein die Depression, die mich gefangen hält. Ich muss nur gesund werden. Muss nur… Ich schlafe ein. Flüchte mich in den Schlaf, die einzige Möglichkeit, doch auszubrechen, und wenn es nur von kurzer Dauer ist. Daraus schöpfe ich die Kraft, die ich brauche, um morgens aufzustehen und abends in Bobs Bar zu marschieren. Und vielleicht eines Tages genug Kraft, um mich von dieser abscheulichen Person, die ich bin, loszureißen. |
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28.07.2016, 23:16 | #2 |
abgemeldet
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28.07.2016, 23:29 | #3 |
28.07.2016, 23:37 | #4 |
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Ach du mein Segel.
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29.07.2016, 19:52 | #5 |
Schön erzählt.
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30.07.2016, 12:25 | #6 |
Gestern hatte ich keine Zeit mehr, weiter zu schreiben.
Insgesamt schön flüssig erzählte Story von jemand, der sein Leben erbärmlich findet, aber nicht die Kraft hat, wirklich daraus auszubrechen. Was mich ein wenig stört, ist am Anfang der "verweste Fetzen Fleisch", der dem Protagonisten in den Backenzähnen hängt. Das macht ihn für mich eine Spur unsympathischer. Wenn ich den Schluss lese, ist dies aber vielleicht auch beabsichtigt. Wahrscheinlich Geschmackssache, aber ich habe es lieber, wenn der Protagonist von Anfang an sympathisch rüber kommt, auch, wenn er selbst sich abscheulich findet. |
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30.07.2016, 16:59 | #7 | |
Zitat:
Danke erstmal! Ja, ehrlich gesagt, habe ich da auch einen kleinen inneren Kampf mit mir geführt, ob er nun ein Sympathieträger sein soll oder nicht. Ich habe mich dann letztlich dazu entschieden, ihn als den armen Schlucker beschrieben, der keine Acht mehr auf sich selbst gibt (daher der Fetzen Fleisch -> keine Zahnhygiene usw.), aber am Ende doch vom Leser mehr bedauert als nicht gemocht wird. Ich habe versucht, mit seinem ungepflegten Erscheinen und seiner Art, seinen Abend zu verbringen, Mitleid zu erzeugen. Ich weiß nicht, vielleicht ist mir das misslungen |
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30.07.2016, 18:10 | #8 |
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Habe ich etwa das Thema verpasst und meine plumpe Zuneigung übertrieben?
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30.07.2016, 18:21 | #9 |
Liebe Taro,
du bedienst dich bei diesem Text zum Teil einer Sprache die man aus der Gosse kennt. Wenn du das schon als Stilmittel verwendest, solltest du es auch durchhalten. Von daher empfinde ich „in der meine Frau auf mich wartet“ als eher unpassend. „in der meine Alte auf mich wartet“ würde für mich hier authentischer klingen. Kleine Details können eine Geschichte glaubwürdig oder unglaubwürdig erscheinen lassen. Zwei Beispiele: Der Protagonist hat sich gerade frisch übergeben und trinkt dann einen Bourbon? Das kann sein, ist aber eher unwahrscheinlich. Er würde sich eher ein kaltes Bier bestellen und später wieder auf Bourbon wechseln. Wenn er bereits Sternhagelvoll die Kneipe betreten hätte, würde das Bild vielleicht passen. So bildet sich bei mir ein Fragezeichen und das sollte vermieden werden. Als redseliger und frustrierter Stammgast wird der Barkeeper die Probleme seines Gastes wahrscheinlich schon rückwärts sprechen können. Hier würde ich den Dialog anders gestalten. Für mich als Leser ist das Gesamtbild deines Textes nicht ganz stimmig. Vielleicht kannst du mit meinen Anmerkungen etwas anfangen. Hier lesen übrigens auch Kinder mit Liebe Grüße Gylon |
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30.07.2016, 18:58 | #10 | |
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Als Schnuller hatte ich sie noch nicht gesehen! Die Geschichte natürlich. Würde aber eher unstolzer sein als Rosendornen. Die schon deswegen wachsen, weil sie
auch mal so kommen können: Zitat:
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30.07.2016, 19:47 | #11 | |
Forumsleitung
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Zitat:
VG Ilka |
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30.07.2016, 20:16 | #12 |
abgemeldet
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Lizensierung und Peitschenhiebe.
Das neue Dokugedicht!!! |
30.07.2016, 20:28 | #13 | |
Zitat:
Danke für deine Kritik! Die kann ich nachvollziehen. Allerdings habe ich absichtlich nicht "die Alte" o.Ä. geschrieben, da der Protagonist nicht so über seine Frau denkt. Hier wird ausschließlich beschrieben, was sie von ihm hält, jedoch lasse ich zu keiner Zeit durchklingen, dass er sie nicht mehr achtet. Er fragt sich später ja auch, wie seine Ehe zu diesem Debakel werden konnte - aus Frust, weil er das so eigentlich nie gewollt hätte. Seine Ehe ist kaputt, aber das bedeutet hier nicht, dass er seine Frau als "die Alte" bezeichnen würde. Er bewahrt, was sie angeht, Anstand. Aber klar, das passt nicht zu der restlichen, wie du es richtig bezeichnest, Gossensprache, stimmt, also kein Wunder, dass das diese Frage bei dir aufgeworfen hat. Der Punkt, dass er nicht direkt einen Bourbon trinke würde, stimmt. Gibt natürlich kein Gesetz, das besagt, dass das niemand je tun würde, aber ja, das ist unwahrscheinlich. Beim letzten Punkt muss ich dir auch uneingeschränkt zustimmen. Der Wirt müsste das natürlich schon längst wissen... darüber habe ich so nicht nachgedacht. Ich werde den Text heute Abend oder morgen nochmal nachbearbeiten. Danke für die Tipps! Und ja, das stimmt... vielleicht hätte ich es in die nicht jugendfreie Spalte hochladen sollen... Denke aber, es gibt Schlimmeres, das lesen Kinder ja heutzutage überall, wenn sie wollen. Aber ja, hast schon Recht, nächstes Mal denke ich dran! Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, dich mit meinem Text auseinanderzusetzen und für die hilfreichen Anmerkungen! Viele Grüße, Taro |
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30.07.2016, 20:28 | #14 |
Ich weiß nicht, obs an mir liegt, aber manche deiner Kommentare verstehe ich einfach nicht!
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30.07.2016, 20:29 | #15 |
30.07.2016, 20:50 | #16 |
Forumsleitung
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Danke.
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30.07.2016, 20:54 | #17 | ||
abgemeldet
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Zitat:
Zitat:
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30.07.2016, 21:18 | #18 |
Dabei seit: 07/2015
Ort: Zwischen den Ostseewellen ertrunken
Alter: 41
Beiträge: 5.489
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Wäre er wirklich ein Verlierer hätte er mehr Glück... aber er ist nur Henry Zimmermann von Joint Venture.
Das ist so ne Geschichte um sich das alleine Leben schön zu reden. Mach mal nen Roman drauß. Könnte erfolgreich werden. Er könnte ja etwas Träumen. Klingt wie der Anfang einer Heldenreise nach dem Prinzip ist auch Herr der Ringe geschrieben oder Kickass |
30.07.2016, 21:39 | #19 |
Hallo Dr.Frankenstein,
stimmt, manch einer könnte das so sehen wie "Hey, ich les jetzt ne Geschichte, in dem es jemandem dreckiger geht als mir, vielleicht fühle ich mich dann besser". Ich weiß nicht, ob ich das Durchhaltevermögen hätte, einen Roman daraus zu machen. Habe sowas schon öfter versucht, habe sogar einmal sagenhafte 384 Seiten geschafft, aber meistens gefällt es mir dann doch nicht oder ich verliere das Interesse an der Geschichte. Wie meinst du das? Herr der Ringe habe ich nie gelesen... |
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30.07.2016, 23:37 | #20 |
Dabei seit: 07/2015
Ort: Zwischen den Ostseewellen ertrunken
Alter: 41
Beiträge: 5.489
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368 Seiten und was hast damit gemacht?
Der Traum. Er schläft doch am Ende ein und träumt dann einen seltsamen Traum, der ihm einen Ort zeigt an dem er gern wäre und am ende des Traums wird er von sich selbst getötet. Dann fängt er an nach diesem Ort Ausschau zu halten, aber bleibt gleichzeitig im alten Leben. Erzählt zb. dem Barkeeper davon und der schüttelt den Kopf, aber der Protagonist weiß irgendwie tief in sich das es diesen Ort gibt und dann irgendwann trifft er einen Gefährten der ihm zeigt nen andren Weg zu gehen. Dazu muss er sich aber überwinden... eine Mutprobe und gleichzeitig muss er etwas hinter sich lassen. |
30.07.2016, 23:41 | #21 |
Lieber Gylon,.
etwas nicht Jugendfreies kann ich an der Geschichte wahrhaftig nicht finden, es sei denn, du meinst, das Wort "ficken" dürfte in einer jugendfreien Geschichte grundsätzlich nicht verwendet werden. Aber auch das würde ich dann anders sehen. |
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30.07.2016, 23:57 | #22 | |
Zitat:
Das klingt tatsächlich nach einer guten Story, die man ausbauen könnte. Sie lässt viel Spielraum, man kann das Ende nicht voraussehen... Nicht schlecht. Eine sehr gute Idee, mein Lieber! |
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31.07.2016, 08:30 | #23 | |
Zitat:
Liebe Silbermöwe, ich würde die Geschichte jedenfalls nicht am Lagerfeuer mit Eltern und ihren 8 bis 12 Jährigen Sprösslingen vorlesen. Ich bin nicht auf Stand, möglich dass das F.. Wort inzwischen gang und gebe in Jugendbüchern ist. Würde mich aber doch wundern. Wir sind hier kein Wohnzimmer sondern ein öffentliches Forum, es könnten 6 Jährige hier mitlesen, auch wenn ich das für unwahrscheinlich halte. Wo ist das Problem einen Text in die Rubrik „nicht jugendfreies“ zu stellen? Weil man weniger Klicks bekommt wahrscheinlich. Anstatt 20 nur 10, O welch Katastrophe! Liebe Grüße Gylon |
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31.07.2016, 09:50 | #24 | |
Liebe Taro,
Zitat:
Das kommt für mich als Leser nicht plausibel rüber. Der Protagonist ist ein bekannter Säufer und die Sätze: „der nach Zigaretten und dem verwesten Fetzen Fleisch stinkt, der mir seit gestern zwischen den hinteren Backenzähnen hängt. „ „Ein lautes, feuchtes Rülpsen schallt durch die Häuserreihen.“ beschreiben für mich eindeutig, dass er inzwischen im Stadium der Verwahrlosung angekommen ist. Der Gute ist zu dem Zeitpunkt wahrscheinlich noch nüchtern und hat schon sein benehmen über Bord geworfen. Um dorthin zu gelangen braucht es Zeit, das geht nicht von heute auf morgen. Der Zustand der Situation ist also schon lange anhaltend und ein aufrechterhalten der positiven Sichtweise über seine Frau schwer aufrecht zu erhalten. Im Besonderen, da du schreibst „Wann habe ich aufgehört, meine Frau zu lieben“ und vor allem, so wie seine Frau ihn behandelt! Damit der Charakter des Mannes bei mir als Leser so ankommt wie du es geplant hattest, hättest du das Präziser herausarbeiten müssen. Möglich, dass es an mir liegt und andere Leser es genauso empfinden wie von die beabsichtigt. Liebe Grüße Gylon |
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31.07.2016, 11:32 | #25 | |
Hi Gylon!
Zitat:
Und ja, der Protagonist fragt sich, warum er sie nicht mehr liebt, aber allein diese Frage stellt man sich ja nur, wenn man sich noch irgendwie darum kümmert. Dass er sie nicht mehr liebt, heißt nicht, dass er ihr respektlos gegenüber tritt. Ich finde nicht, dass das unplausibel ist, das eine geht m.E. mit dem anderen nicht einher. Und wenn alle großen Autoren immer jedes kleinste Detail genau herausgearbeitet hätten, hätten die Schüler heutzutage nichts mehr zu interpretieren. Aber das ist natürlich immer Ansichtssache. Viele Grüße |
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31.07.2016, 12:48 | #26 |
Forumsleitung
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Also, in Ergänzung zu meinem obigen Kommentar und Taros wohlwollender Reaktion (11/15/6) möchte ich folgendes anmerken:
Es ist sehr mutig und geradezu innovativ, dass Taro mit dem traditionellen Bild des Helden gebrochen hat. Sie hat auch damit gebrochen, ihn eine Wandlung durchlaufen und als geläuterten Charakter auferstehen zu lassen. Im Grunde hat sie alle Regeln, die seit der Antike bestehen, missachtet, um einen völlig ungewohnten Charakter entstehen zu lassen, mit dem sich kein Leser und nicht einmal das Schwein eines Bauern identifizieren möchte: Ein heruntergekommenes, stinkendes Subjekt, ein Gossentyp und somit der Inbegriff des Anti-Helden. Das hätte sich nicht einmal Charles Bukowski getraut. Taro hat mit ihrem literarischen Juwel wahrlich Grenzen gesprengt. Mit einem solchen Anti-Helden als Vorbild ließe sich glatt das Erzählkino neu erfinden. Zur Sprache: Die impulsive, offensichtlich aus dem tiefsten Unterbewusstsein emporgestiegene und somit völlig unverfälschte Formulierungskunst passt völlig in diese Bewertung. Jeder Satz schillert vor volksnaher, eingängiger Brillanz und erfüllt die Forderungen eines hohen Niveaus, das trotzdem jeder versteht. Deshalb wundere ich mich etwas, weshalb sich jemand über Allerweltswörter aufregt, die hier und da Einzug gehalten haben, wie z.B. das Wort „ficken“. Genialität und höchstes Niveau muss sich auch mal nach unten orientieren, um die Verbindung mit der Basis zu halten. Außerdem ist das ein Jargon, der für Kinder der heutigen Zeit weder in der KITA noch in der Grundschule Anlass dazu gibt, mit dem Finger zu schnippen und dem Lehrer zu melden: „Der Dingsda hat etwas Unanständiges gesagt.“ Eher müssen die Kinderchen lernen, was „Koitus“ heißt, aber das hat noch bis zum Gymnasium Zeit. Mit dem Sprachwandel der modernen Zeit muss sich die Generation 50+ schlicht und einfach abfinden, wenn sie weiterhin mit ihren Enkeln kommunizieren will. Kurz und gut: Taros Text geht weit über das hinaus, was die Literaturgeschichte bis jetzt festgehalten hat. Sie hat eine neue Epoche eingeläutet, die begrifflich einzuordnen wir uns gedulden müssen, bis ein philosophischer Geist ihn liefert. Besten Gruß Ilka |
31.07.2016, 18:22 | #27 | |
Zitat:
Ich weiß nicht, ob du das alles so ernst meinst, aber wenn dem so ist, freue mich natürlich über deinen Kommentar! Viele Grüße |
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