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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt. |
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01.06.2016, 13:33 | #1 |
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Nationalstolz noch erlaubt?
Nationalstolz noch erlaubt? 01.06.2016
Wo ist all der Stolz geblieben auf das Deutschland, das wir lieben, - lieben vielleicht übertrieben? - Doch letztlich hab ich mich gerieben mit einem Mann aus ferner liefen, dem die Gedanken schräg verliefen. Kommt einmal Nationalstolz vor: Braun schreit man mir gleich hohl ins Ohr. Fremde sind mir stets willkommen, doch der Stolz, der soll verkommen? Sterne auf den Stoffbahnen: Blau gefärbte Deutschlandfahnen. Mögt ihr meinetwegen die Ode an die Freude geigen: Ich will nicht auf den Stiere steigen. Ich ahne ödes Vergeigen. |
01.06.2016, 14:09 | #2 | |
R.I.P.
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Zitat:
Ich bin stolz a u f Deutschland, nicht über. R Th |
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01.06.2016, 14:30 | #3 |
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Macht auch irgendwie mehr sinn
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02.06.2016, 20:09 | #4 |
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Also ich für meinen Teil gehe immer gerne Deutsch essen - also Pizza, McDonalds und Chinesisch... (Die Weißwürste sind neuerdings vergiftet und die Nürnberger mit Sauerkraut am Gendarmenmarkt kann man auch nicht essen - zumindest, wenn man, wie ich, aus Bayern kommt...)
Ich muss allerdings fragen, wo denn diese "deutsche Kultur" sein soll, die immer wieder gerne als Stützpfeiler unseres Stolzes angepriesen wird. Das, was "deutsche Kultur" ausmacht ist entweder wissenschaftliches und/oder künstlerisches Allgemeingut oder schlicht vergangene Strömung, die heute unmöglich wiederaufleben könnte, weil die Gesellschaft ganz anderen Bedingungen unterliegt. Von - ohne Zweifel doch relativ vielen - Feinheiten einmal abgesehen, ist die gesamte westliche Hemisphäre kulturell gesehen, gleich. Ich kann in New York ebenso wie in Madrid chinesische Billigware einkaufen, ich kann mich mit Kollegen auch darüber streiten, warum "Supersize" bei McDonalds noch nicht in Deutschland eingeführt wurde und ich kann mir einen Döner in Paris kaufen. Das eben ist ein - für viele sehr unangenehmer - Nebeneffekt der Globalisierung: kulturelle Gleichheit ... bis ins Mark. Fußball ist kein Kulturgut - auch wenn die missverstandenen Neros der Parkplätze, Kneipen und Stadien anderes behaupten mögen - und eine Nation über einen Sport zu definieren ist wahrscheinlich das größte Armutszeugnis unseres Jahrhunderts. Natürlich hat Deutschland eine erstaunliche Vergangenheit - im positiven wie im negativen Sinne; nur wenn ich unbedingt auf diese Vergangenheit stolz sein möchte, dann wäre eine Prise Doxomanie nicht unangebracht. Will sagen: Jeder, der mir von "unserer großartigen Vergangenheit als Land der Dichter und Denker" vorschwärmt, erscheint mir immer ein wenig wie ein Lorbeerschläfer. Denn der Wille oder zumindest das Verlangen, hieran, an das bisher Geschaffene anzuknüpfen, fehlt auch bei diesen kulturellen Grabräubern zur Gänze. Das ist natürlich nicht gegen dich gerichtet, Yuki - aber der simple Stolz erscheint mir schlicht zu wenig und, das Augenmerk nur auf das heutige Deutschland gerichtet, in dieser Hinsicht völlig unangebracht. Beste Grüße, Larks |
02.06.2016, 20:19 | #5 |
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Erlaubnis für alles erteilt!
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02.06.2016, 20:25 | #6 |
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02.06.2016, 20:50 | #7 |
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Dann schick mir dein Poesiealbum.
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02.06.2016, 20:54 | #8 |
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Ich kann nur mit einem schlecht geschriebenen, nach Bier stinkenden Tagebuch dienen - das kannst du aber gerne haben...
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02.06.2016, 21:05 | #9 |
R.I.P.
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Ich will nicht auf den Stiere steigen.
Da bekäme wohl selbst Zeus einen stieren Blick! |
02.06.2016, 21:08 | #10 |
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Dazu bin ich zu etepetete. Damit die Randgruppen
nicht zu verstehen brauchen wie es hier laufen würde nach richtiger Eindeutschung. |
02.06.2016, 22:35 | #11 |
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Ich weiß nicht, ob ihr das glaubt, aber:
Ich rudere nicht zurück, wenn ich sage: Ich weiß nicht, ob ich stolz auf Deutschland bin, aber es ist mir sehr wichtig, dass man stolz auf Deutschland sein kann. Es hat was mit Freiheit zu tun. Wenn jemand in dieser und anderen Freiheit beschnitten wird, schmerzt das. Und das gilt auch und sogar vor allem für Reaktionen in der Öffentlichkeit. Soll heißen: Reaktion auf Menschen, die sich pro Deutschland äußern - während sie keine Nazis sind. Das Gedicht will also sympathisieren mit stolzen Menschen, vielleicht gar einmal mit einem späteren Ich oder dem Stolz meiner Kinder... wer weiß - Vor allem hasse ich "Kappen" die man uns auf setzen möchte, u.A. eben die vorschnelle Nazi-Kappe. Des weiteren bin ich aber zu weiten Teilen Globalisierungsgegner - da sehe ich unterm Strich mehr Nachteile. ... wobei ein großer Vorteil dennoch ist: Kulturaustausch. Und das mag paradox klingen/werden. Man kann aber sich von anderen Kulturen inspiriert werden, ohne Identität einzubüßen. ... und dazu gehören für mich - unter anderem - nicht Cola und McDonalds... selbstredend. |
02.06.2016, 22:59 | #12 | |
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Ich weiß nicht, ob du's wusstest, aber ... von der "Nazi-Kappe" sprichst permanent nur du. (Zumindest in dieser Diskussion hier...) Man kann auch zwanghaft darauf bestehen, in seiner Freiheit beschnitten zu werden - nur meistens wundern sich solche Personen dann, wie tatsächliche Unfreiheit aussieht.
Inwiefern ist der Stolz auf mein Land Synonym für "Freiheit" - und wäre ich gemein, dann würde ich dir jetzt eine philosophische Diskussion über Determinismus, Indeterminismus und freiem Willen aufhalsen. Zitat:
Klagen jedenfalls ist der neue deutsche Nationalsport. Dabei wäre Praxis um ein Vielfaches angebrachter. (Aber gut, da brauche ich nun nicht großartig zu tönen, andernfalls muss ich mir noch den Vorwurf der Heuchelei gefallen lassen... ) Beste Grüße, Larks |
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02.06.2016, 23:55 | #13 | |
R.I.P.
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Marx und Coca-Cola ...
Zitat:
Wir haben als Deutsche nicht erst seit Martin Luther mit der Reformation und im Gefolge die Druckschrift, die "das Volk" unabhängig von unbezahlbaren Kopisten machte - Wir haben nicht erst seit der Aufklärung siehe den Wikipedia-Link https://de.wikipedia.org/wiki/Aufkl%C3%A4rung ein Recht darauf, stolz zu sein - nämlich zu dem Volk der Dichter und Denker zu gehören, das nach 1945 instand war, ein bei allen Mängeln bis heute tragfähiges Grundgesetz zu schaffen. Ich bin stolz darauf, zu einer Nation zu gehören, die es geschafft hat, wieder literarisch Weltgeltung zu erlangen - jaja! ich weiß: G.G. war ein Antisemit und Böll ein dahergelaufener Katholik, der es nur in Irland aushielt - wir hatten Kanzler, die dem Frieden und der Völkerversöhnung dienten - wir hatten hochrangige Diplomaten, die ihr Wirken nicht an die große Glocke hängten - ja, wirklich und doch: Ich bin stolz darauf, zu dieser Nation zu gehören. Nebenher bin ich ausgeprägt frankophil und ich liebe das Land Spanien. |
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03.06.2016, 00:06 | #14 |
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Und andere Nationen haben ebenso ihre großen Politiker, die Kriege beendeten, der Sklaverei den Garaus machten, die für ihre Überzeugung lebten und starben ...
Und was haben wir heute vorzuweisen, auf das es sich lohnen könnte, Stolz zu sein? Wozu soll ich mir allenthalben für die Leistungen anderer auf die Schulter klopfen*, während das mir Schutzbefohlene in Chaos und Müll versinkt?! (Und was bitte sucht Marx in deiner Überschrift - allmählich mutet es beinahe paranoid an, dass jedes meiner Worte mit dem Kommunismus gleichgesetzt wird.) Immer diese ewige Faktenhascherei "warum ich auf mein Land stolz sein darf" - und was macht die Bundesrepublik, was macht Europa aus diesen Grundpfeilern imaginärer Orden?! Darauf kann man dann wohl in Zukunft wohlweißlich verzichten, denn nichts Gutes wird aus dieser gesamten Entwicklung herauskommen - ihr "Alten" habt es gut, denn ihr werdet das Gros dieser Zustände wohl kaum noch miterleben. Aber natürlich habt ihr das "Anrecht" - warum auch immer dafür ein "Recht" benötigt werden muss, stolz zu empfinden (Oder muss ich das inzwischen auch bei einem Amt beantragen?) -, Stolz zu sein, aber das ihr mir schön daran denkt, dass nichts von alledem auf euer oder mein Konto gehen kann. Und warum muss das immer und immer wieder wie ein Stoßgebet hervorgehoben werden?! Reicht es euch insgeheim doch nicht aus, im Schatten weit Größerer stehen zu bleiben... *: Man soll sich doch nicht mit den Federn anderer schmücken?! |
03.06.2016, 00:12 | #15 |
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Catch-22-Logik
"Ich bin stolz auf mein Deutschland."
"Dann bist Du ein Neo-Nazi?" "Aber nein, ich war nie ein Neo-Nazi und denke nicht daran, einer zu werden!" "Dann kannst Du auch nicht stolz auf Deutschland sein." Jedes Land hat seine Markenzeichen: Die U.S.A. haben Coca-Cola, Cornflakes und das Sternenbanner, die Franzosen Napoleon und Baguette, die Italiener die Toskana und Pizza, die Spanier den Stierkampf, die Griechen ihren Nepotismus, die Schweizer ihre geheuchtelte Neutralität, die Schweden blonde Frauen, die Finnen ihre Schweigsamkeit, die Belgier ihre Islam-Hochburg, Monaco den großen Preis, die Türken ihren Honig, die Mexikaner ihren Sombrero, die Argentinier ihre Steaks und die Hand Gottes, die Russen ihren Wodka, die Mongolen ihre Jurte usw. usw. Aber die Deutschen sind im Besitz des einzigen Markenzeichens, das wirklich wiegt und das ihnen wie einem Rind in die Haut gebrannt ist: Das Hakenkreuz, ein Symbol, das an Kraft längst die Dornenkrone in den Boden gestampft hat und bis zum Ende des Universums seine Gültigkeit behält. Weil man es in beliebiger Funktion nutzen kann, z.B. als Melkkuh, Zapfsäule, Subventionist, Weltverbesserer usw. Das soll man den Deutschen erst einmal nachmachen! Haben die doch glatt Gottes Sohn vom Thron gestoßen und die Kompetenz an sich gerissen, die Welt zu retten. (Vorsicht: Satire) |
03.06.2016, 00:17 | #16 | |
R.I.P.
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Zitat:
Marx und Coca-Cola war der Titel eines Films von Jean-Luc Godard, der sich genau mit diesem Themenkomplex befaßte - aber auf fransösischer Seite. "La Grande Nation" wurde in Frage gestellt. Ich klopfe mir selbst beileibe nicht auf die Schulter und das Schulterklopfen war auch nicht Thema. Wenn es dem Frieden dient: Ich bin sehr zufrieden damit, der deutschen Nation anzugehören. Das Wort "Stolz" soll hinfürder nicht mehr meinen Lippen entweichen. Im Übrigen geht es nicht um andre Nationen. Die mögen für sich selbst sprechen. |
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03.06.2016, 00:19 | #17 |
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Wenn ihr denn so unbedingt darauf erpicht seid, stets mit der Swastika gleichgestellt zu werden, bitte. Es wird nur ein wenig problematisch, wenn man sich dann darüber beklagt - da soll man noch einmal von klarem Willen sprechen.
Und wie könnte ich denn stolz auf "mein" Land sein, wenn meine Landsleute mir auch hier immer und immer wieder unter Beweis stellen, wie weit sie sich doch von jenem Land der Dichter und Denker entfernt haben - ich habe hier nie den Stolz auf irgendein Land - und sei es meinetwegen Transnistrien - geleugnet oder jemandem das "Recht" darauf abgesprochen. Aber mir muss es - unter dem geheiligten Schutzmantel der Meinungsfreiheit - gestattet sein, zu fragen a) worauf - denn ich kann nicht die Reinkarnation der wahren deutschen Kultur, des Volkes der Lyriker und Philosophen erkennen und die Bundesrepublik sehe ich in ihrem derzeitigen Stadium nicht als Lorbeerkranz - und b) wodurch - denn ich kann keine heutigen Leistungen sehen, die mit denen der Vergangenheit vergleichbar wären. Und wozu schwärmen, wenn dies am Ende doch nur Tagträumerei bleibt?! |
03.06.2016, 00:28 | #18 | |
R.I.P.
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Zitat:
Und eventuell kennst Du leider Landsleute, die der Swastika verbunden sind? Die Bundesrepublik Deutschland erhebt, soviel ich weiß, keinen Anspruch darauf, ein Lorbeerkranz zu sein - d a s ist ja ulkig! Auch schwärme ich nicht. Warum auch? |
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03.06.2016, 00:33 | #19 | ||
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Nein, ich kenne keine Swastika-Träger - aber die Verteidiger unserer Nation hier sind derart auf diese "Nazi-Keule" eingeschossen, dass es fast anmutet, als würden sie gerne damit gehauen. Ich spreche nämlich nicht davon, mir geht es um etwas anderes. (Haben wir das nun endlich verstanden? Ich bin mir nicht sicher, ob ich es noch einfacher erklären kann.)
Wenn ich mir Paraden der Nationalkonservativen und deren Rufe nach einem "Schutze der deutschen Kultur", nach einem "Wiederaufleben unserer Kultur" höre, dann kann man durchaus sowohl von einem Wunsch nach Reinkarnation als auch von Schwärmerei sprechen. Und das ist auch völlig berechtigt, ich habe damit weniger ein Problem - was mir abgeht ist die Praxis. Zitat:
Zitat:
*: Wenn zum Beispiel deutsche Studenten fragen, ob Hitler denn die DDR gegründet hat, dann wäre ich vorsichtig, unsere Gesellschaft als Ahne der Schiller, Kant und Hegel zu bezeichnen - das wäre Rufmord und unsere Denker können sich von ihrem Grabe nicht gegen derartige Beleidigungen verteidigen. |
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03.06.2016, 00:38 | #20 | |
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Zitat:
Und das gilt auch für andere Länder. Jedes Land hat eine Kultur, die in seiner Geschichte und Sprache gründet und ein eigenes Bewusstsein, eine eigene Denkart, eine eigene Psychologie und natürlich auch eine eigene Dichtung hat. Es gibt keine "wahre" Kultur, aber es gibt unterschiedliche Kulturen, die von Faktoren wie geschichtlicher Erfahrung, Geografie, Sprache, Entwicklungsstufe, Einstellung zu Ethik und Moral, Gesetz, Sozialisation und Regeln des Zusammenlebens abhängen. Und offen gesagt ist mir eine auf deutscher Kultur fußenden Witwe, die ihren Gatten beerbt, lieber, als eine Gattin in Indien, die nach dem Ableben ihres Mannes bei lebendigem Leib verbrannt wird. |
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03.06.2016, 00:41 | #21 |
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Ich nenne sie auch nicht im "Politikbetrieb" sondern ich betrachte die heutige "Kultur" Deutschlands - und entschuldige, aber da hat keiner dieser Männer seinen Stempel aufgedrückt. Und diese Unzufriedenheit mit dem Zustand unserer Gesellschaft lässt mich wundern, wie man "stolz" sein kann, insbesondere auf das, was unlängst Vergangenheit ist und die Zukunft nicht unbedingt verspricht, größere Leistungen zu gebären.
Haben wir mich jetzt endlich verstanden? |
03.06.2016, 00:55 | #22 | |
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Nein, wir mich haben uns nicht verstanden.
Stolz ist immer auf die Vergangenheit gerichtet, auf das, was erreicht wurde. Auf was sonst? Zitat:
Die Feiglingstour. Na ja. Die ist dem Nationalstolz auch nicht sonderlich dienlich. Aber wir haben ja bald die EM. Da können wir alle wieder die schwarz-rot-goldenen Fahnen aus den Fenstern hängen. Und rechtzeitig dazu erscheint hoffentlich ein Artikel in der Zeitung, der die Deutschen darüber belehrt, wie rum die Fahne richtig zu hängen ist. Das wissen die meisten Deutschen nämlich nicht. |
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03.06.2016, 00:58 | #23 |
R.I.P.
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Nein, Du hast mich nicht verstanden.
Ich gehöre zu einer Generation, in deren Zeit durch Politiker wie Willy Brandt und Egon Bahr die Osterweiterung in Gang gesetzt wurde (Erfurt mit Willy Stoph - es brandete ein einziger gemeinsamer "Willy!"-Ruf auf), als Kanzler Helmut Schmidt unter größten Skrupeln der RAF nicht gestattete, den Staat zu erpressen, als Kohl und Mitterand mit einem theatralischen Händedruck die Feindschaft, die in zwei Weltkriegen gewachsen war, symbolisch begruben - also - ich bin nicht "stolz" auf eine Nation, aber war gerne und bin immer noch gerne ein Bürger unserer Republik. Und ich bin stolz darauf, daß zu diesem Land "Deutschland" immer noch die größten Dichter und Denker gehörten. Naja - Shakespeare ist ebenfalls nicht zu verachten. Auch Molière hat seinen Platz. Aber nicht in Deutschland. |
03.06.2016, 01:01 | #24 |
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Aber ich kann doch nur wirklich "stolz sein" auf das, was ich selbst erreicht habe - deshalb rede ich doch die ganze Zeit von Praxis.
Ich bin stolz darauf, Gemma angesprochen zu haben. Ich kann keinen Stolz dabei empfinden, zu wissen, dass de Sade das Gleiche stilvoller mit einem Dutzend Frauen gemacht hat. Ich bin stolz auf die Gewissheit, dass ich euch alle verbal ins nächste Nirvana (oder die nächste Irrenanstalt) blasen könnte. Ich kann schlecht stolz darauf sein, dass Marx das Gleiche wohl mit mir angestellt hätte. Ich bin stolz auf das Wissen, dass ich mir angelesen habe. Ich kann schlecht stolz auf mich sein, weil du, Ilka, das Gleiche getan hast. Wie kann ich dementsprechend auf die Leistungen anderer stolz sein, obwohl diese und ich nur die gleiche Sprache gesprochen haben?! Das ist meine Frage, und diese verknüpfe ich mit der Praxis, eingedenk der kulturellen Forderungen und Ansprüche in unserem Land usw. Ich habe kein Problem mit "Nationalstolz" - dieser ist aber für mich immer auch mit der Aufforderung des Nacheiferns verbunden. Deshalb spreche ich von Lorbeerschläfern. |
03.06.2016, 01:15 | #25 |
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Um mal eins klarzustellen:
Ich bin zwar in Deutschland aufgewachsen, nach deutscher Kultur unterrichtet worden, gehorche deutschen Gesetzen und gehe nach den deutschen Wahlregulatorien wählen ... ... aber vor alledem bin ich Offenbacherin. Meine Heimat ist HIER. Mit allen Konsequenzen. Mit dem Dialekt, mit den 30 bis 40 Prozent Ausländern (die es in meiner Jugendzeit noch nicht gab, aber das ist mir wurst), mit dem Main, in dem jedes Jahr ein paar Leute ertrinken, weil sie seine Unterströmungen unterschätzen, mit dem Fest der Kulturen, an dem mehr als 200 Nationen teilnehmen, und mit den Sorgen, die uns die wieder einmal insolventen Offenbacher Kickers machen. Ich bin ein Produkt aus einer bayerisch-preussischen Verbindung (au weia!!), aber das macht nichts, denn ich bin mit Leib und Seele im hessischen Offenbach zu Hause. Und dieses Offenbach ist natürlich ein Schmuddelkind ohne jede Kultur. Hier ging nur Goethe gern spazieren, wohnte seine Lili in einem hübschen Haus, das es noch immer gibt, lebte die Sophie LaRoche, verlegte das Musikhaus André als estes Mozarts Noten und erfand Sennefelder die Kalligraphie. Aber was ist das schon ... Tja, die Kultur ... |
03.06.2016, 01:22 | #26 | |
R.I.P.
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Zitat:
Häng Dich doch nicht an dem Wort "Stolz" so auf. Ich hab das doch längst relativiert in Zufriedenheit. Stolz sind immer noch die Fußballrecken, wenn ihr Verein gewonnen hat, obwohl sie selbst außer Biertrinken, Fahnenschwenken und Tröten nix getan haben. Stolz ist der Ehemann auf seine Frau, die es geschafft hat, beim Papst eine Audienz zu bekommen. Stolz ist die Mama auf den Sohn, der sich via Gürtelbombe samt vierundzwanzig unschuldigen Menschen in den Huri-Himmel gesprengt hat. Und ich behaupte leicht uns locker, daß der Terrorist stolu drauf ist, daß seine Herzendame mitschuldig an zehn Morden ist - und? Was haben die, die so stolz sind, geleistet? Du faselst, indem Du versuchst, mir das Wort zu verdrehen. Aslo: Ich bin stolz darauf, in etwa zehn Bücher z.T. sehr nette Autogramme bekommen zu haben (ein sehr kostbares von Kurt Kusenberg), ich bin stolz darauf, daß mir ein großartiger Dichter sieben Gedichte gewidmet hat (kein Poetryaner) - und? Wer von allen hat was |
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03.06.2016, 01:24 | #27 |
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Sohn einer Österreicherin und eines Bielefelders erster Generation, dessen Mutter aus Königsberg kommt. Geboren in München, prägende Jahre in Berlin. Zahlreiche Umzüge - völlig entwurzelt. Latent depressiv, Berufsalkoholiker, verkannter Frauenheld...
Ich hab' mir meine ganz "eigene" Kultur geschaffen. Ich suche nur nach einer Gesellschaft, die dumm genug ist, sich das aufstülpen zu lassen. ... Dafür hat mein Urgroßvater in einem Haus gelebt, in dem Napoleon geschlafen hat. Mein Taufpate wurde von einem Sondereinsatzkommando in einer Bank festgenommen und der zweite Stiefvater meiner Mutter war einer der reichsten Männer Salzburgs und bekannt dafür, den Staat zu verachten wie sonst nichts. (Er hat auch nie Steuern gezahlt und jeden Polizisten angezeigt, der seine Sirene missbraucht hat.) Ich konnte kein normales Kind werden - das zur "Familienkultur"... (Aber ich bin dankbar dafür, keine Frage...) |
03.06.2016, 01:28 | #28 | |
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Zitat:
Ich fasele nicht, denn in diesem Faden geht es um Nationalstolz. Dich habe ich seit einigen Beiträgen nicht mehr direkt angesprochen. (Auch wenn du mit "stolz" anfänglich etwas anderes meintest, als ich.) Also ganz ruhig... Sonst können wir heute Nacht nicht mehr richtig schlafen. P.S.: Die von dir genannten Beispiele hängen aber allesamt mit der Person selbst zusammen - mein Ehemann, meine Bücher usw. "Ich habe etwas, das andere nicht haben..." - "Meine Familie ist besser als andere wegen mir..." |
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03.06.2016, 06:42 | #29 |
Dabei seit: 07/2006
Ort: Mauritius, stella clavisque maris indici
Beiträge: 4.889
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Ja, das schafft wohl nur Offenbach. Ein Fest zu veranstalten, an dem mehr Nationen teilnehmen als es auf unserem Planeten überhaupt gibt. Oder je gegeben hat.
Oder die Offenbacher können einfach nicht zählen. Ich weiss nicht, was zutrifft. Corazon |
03.06.2016, 07:14 | #30 |
R.I.P.
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Wie ersichtlich, versteht fast jeder etwas anderes unter Nationalstolz
(ein sehr schwammiger Begriff!). Der IS ist stolz darauf, die Weltherrschaft anzustreben, aber eine wirkliche Nation ist er nicht, sondern ein zusammengewürfelter großer Haufen von Verbrechern aus vielen Nationen, allgemein Terroristen genannt. Ein Staat ohne Land. Der Beitrag # 11 ist lesens- und bedenkenswert. |
03.06.2016, 08:30 | #31 | |
Zitat:
stimmt, Thing. Beitrag # 11 ist tatsächlich lesenswert, aber bedenkenswert - finde ich persönlich etwas überzogen formuliert - ist zu berücksichtigen, vielleicht eher. Darüber hinaus empfinde die Diskussion weitestgehend als überflüssig, weil sie immer davon ausgeht, dass Identität ein Zustand ist und kein Prozess. Dabei sollte uns, wenn wir unsere eigene Identität betrachten, insbesondere wenn wir diese im Laufe unseres Leben betrachten, doch auffallen, dass Identität mehr Merkmale eines Prozesses hat. Warum soll es bei Nationen / Völkern anders sein? Wie könnte es sonst sein, dass "Deutschsein" noch vor drei Generationen Hitlergruß und Pogrom bedeutete und heute Döner auf'm Kotti?! (Witzigerweise ist in manchen Köpfen beides gleich verwerflich...) Wenn man zu dem Schluss kommt, den ich vertrete (der deshalb natürlich noch lange nicht richtig sein muss), dann verliert das Thema nicht vollkommen an Relevanz, aber eine ganze Menge an Brisanz. Viele Grüße Vinco |
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03.06.2016, 09:44 | #32 |
Forumsleitung
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Es gibt offiziell ca. 200 Länder, und das sind nur die als Staat anerkannten. In Wirklichkeit gibt es mehr. Allein bei den Ländern mit eigener Nationalflagge sind es über 220. Und da Offenbach seit Jahrhunderten eine Migrationsstadt ist, dürfte es nicht schwer vorstellbar sein, dass die Zuwanderer aus aller Welt kommen. Der Ausländeranteil liegt bei ca. 30% der Bevölkerung, der Anteil an Einwohnern mit Migrationshintergrund bei über 50%.
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03.06.2016, 09:55 | #33 | |
Zitat:
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