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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt. |
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05.12.2014, 10:08 | #1 |
Abschied
Ich schmecke deinen Namen
auf meinen Lippen. In klammer Winterluft versteckt sich unsere Umarmung in dichten Rauchschwaden. Dein schwarzes Haar vergräbt mein Gesicht, ich ahne Leder, Harz und wilde Beeren. Unsere Finger lösen ihr Flechtwerk, doch unter deinen Abschiedsworten schürfe ich ein „bleib!“. © Anouk |
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05.12.2014, 12:13 | #2 |
R.I.P.
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halo anouk
find ich sehr gelungen in s1 und s2. die kann man in meinen augen weder besser noch schöner schreiben. in s3 gibt es zwei risse: - zwischen subjekt finger und subjekt ich. - zwischen Bergbau und Rede (schürfen in Abschiedsworten) da dies den trend von s1 und s2 bricht, sehe ich es als schönheitsfehler an. dass zudem die zeilenlänge hier stark variiert, tut ihm in meinen augen auch nicht gut, zusätzlich zu den erwähnten rissen. fast perfektes stücklein. bis bald urluberlu |
05.12.2014, 12:40 | #3 |
@url
Danke fürs Lesen und Deine konstruktive Kritik. Das sind mir sehr wertvolle Hinweise. S 3 unterziehe ich dementsprechend bei Gelegenheit einer Überarbeitung. Dein Lob über S1 und S2 motiviert mich echt, mir die Zeilen noch mal vorzuknöpfen! Hat mich sehr gefreut. lG Anouk |
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05.12.2014, 22:42 | #4 | |
gesperrt
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Zitat:
Ich mag deine Poesie einfach! Sie hebt sich hier eindeutig ab. Die Rauchschwaden verstehe ich nicht? Woher kommt der Rauch? Ich sehe hier eher dichte Nebelschwaden. S2 ist einfach nur wunderbar! Ich versinke in diesem Gefühlen und rieche diesen männlichen Duft geradezu! S3 ist ebenso eindringlich, nur statt "doch" fände ich ein "und" treffender! Sehr sehr gerne gelesen! Lieben Gruß shoshin |
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06.12.2014, 07:24 | #5 | ||
Forumsleitung
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Zitat:
Zitat:
LG Ilka |
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06.12.2014, 09:36 | #6 |
@ also, ihr Lieben, Charis und Ilka-Maria
meine ursprüngliche Version der 1. Strophe, die ich nirgend gepostet habe, war Ich schmecke deinen Namen auf meinen Lippen. Unsere Umarmung hüllt sich in klamme Fahnen aus Rauch. Stellt Euch vor: Eine lang herbei gesehnte Begegnung, per Zufall, zu ungewöhnlicher Zeit, noch dazu am Straßenrand ( rein hypothetisch das alles). Er und sie dürfen sich nicht gehören (aus was für Gründen auch immer), aber sie fühlen, dass irgend etwas sie ungeheuer stark verbindet. Es soll nicht rein physisch sein, im Gegenteil: eine gehörige Portion innerer Bindung, eine immense geistige Anziehungskraft, soll in erster Linie mit hineinspielen. Er und sie kreisen seit vielen, vielen Wochen gedanklich umeinander. Sie sehen sich ab und an auf ihrem Weg, nur kurz, hier ein Blick, hier ein Gruß, ein rasches Gespräch, ein Händedruck - es bleibt ein ungeheures Sehnen. Nun aber (Thema des Gedichtes) begegnen sie sich eines Tages unverhofft, es bleibt ihnen beiden etwas mehr Zeit als gewöhnlich für einen Austausch. Wohl gemerkt, Schauplatz Straßenrand. Aufgrund ungewöhnlicher Uhrzeit ist wenig los in dieser Straße am Rande eines Wohngebietes. Sie sehen sich und vergessen alles. Sie begrüßen sich, sie halten sich, sie suchen nach all den Worten, die sie dem anderen längst hätten mitteilen wollen - doch dann verlieren sie sich im intensiven Blick und die Lippen formen keine Worte mehr, sondern begegnen sich einfach. Es ist einbrechender Winter, die Luft ist klamm, überall brennen die letzten Feuer herunter, wo Menschen in den angrenzenden Gärten sich des Holzschnittes entledigten. Und nun kommts: Diese Umarmung, diese innige, verbotene Umarmung ist froh, sich hinter diesen Rauchfahnen verstecken zu können. Nicht aus Scham, sondern aufgrund der Angst, diese Begegnung könne von anderen (vereinzelten Passanten beispielsweise) fehlinterpretiert werden, z.B. als rein physisch-motivierter "Fehltritt". Gemischt mit der Angst, dem anderen Schaden zuzufügen, denn im Falle einer solchen Entdeckung, könnte es zu ernsthaften Problemen kommen (man bedenke, es gibt Gründe, aus denen sie sich nicht "gehören" dürden). Es gilt, 2 Existenzen zu wahren. Die Umarmung, dieser eine Kuss, sind der Ausdruck lang aufgestauter Gefühle, und sie sind ungeheuer wertvoll - und möchten sich "verhüllen". Verhüllen vor Entdeckung´, Verhüllung vor möglicher Fehldeutung, usw. All dieses habe ich versucht, in diesen paar Zeilen zu verpacken. Ob es mir gelungen ist, ich weiß es nicht. Warum habe ich nun die erste Strophe geändert: ich habe mir vor dem Posting Rat eingeholt bei einem anderen Vielleser und Vielschreiber und der setzte mir recht stimmig auseinander, das meine Formulierung "unsere Umarmung hüllt sich in klamme Fahnen aus Rauch" eine unstimmige Metapher sei. Also versuchte ich mich an einer 2. Version der 1. Stophe, die Ihr hier gelesen habt. So, nun habe ich einen ganzen Roman über dieses Gedicht geschrieben... Aber so ist es, wie ich in der Regel vorgehe. Ich denke mir eine komplette Geschichte aus und versuche, sie dann auf ein Gedicht zu reduzieren. Ich danke Euch zwei fürs Lesen, Kommentieren und Eure Einschätzung, das motiviert! lG ANOUK |
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06.12.2014, 10:43 | #7 | |
Dabei seit: 11/2014
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Beiträge: 2.583
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Hallo, liebe Anouk,
mir gefällt Dein Gedicht ebenfalls sehr; es erzeugt eine wirklich greifbare Stimmung.Und ich finde eigentlich Deine erste Version von S1 am besten. Gerade nach Deiner Erklärung ist sie für mich um so stimmiger. Denn sie beinhaltet neben dem Bild an sich zwei Aussagen, die es treffender nicht ausdrücken könnten: Zitat:
Den Rauch aus dem Ende des Herbstes in den beginnenden Winter kann ich sehr gut nachvollziehen und ich rieche ihn förmlich. Zudem meine ich, dass Charis Vorschlag mit dem "und" anstelle des "doch" für mich auch runder und schlüssiger an dieser Stelle wirkt. Tolles Gedicht, und Deine Intention ist wirklich gut ausgedrückt! Liebe Grüße aus dem Norden Zaubersee |
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06.12.2014, 10:56 | #8 |
@ Zaubersee
Danke auch Dir fürs Lesen und Deine Stellungnahme. So wenig Worte ich auch verwendet habe, um die beschriebene Situation lyrisch darzustellen, so sehr habe ich über die einzelnen Worte nachgedacht. Das "und" lässt sich runder lesen, wohl wahr, aber es trifft nicht den Gegensatz, den ich ausdrücken möchte: Die fest ineinander verflochtenen Finger lösen sich, der Abschied steht an, der Verstand sagt beiden "Wir müssen aufbrechen", jeder zurück in seine Welt: DOCH unter den gemurmelten Abschiedsworten, jenseits des Verstandes, liegt ein "bleib" verborgen. Ich werde auf Anraten und auch auf Vorschlag von Farrell hin, das "schürfen" in S3 umändern in: Unter deinen Abschiedsworten verbirgt sich ein "bleib". Oder aber ich mache es, wie ich es eigentlich vorhatte, aktiver. ICH entdecke (also, das LI...) entdecke ein "bleib", es verbirgt sich da nicht und kommt zutage, sondern ich decke es aktiv als verstecktes "lass und alles vergessen und bleiben" auf. Ungefähr so: Unsere Finger lösen ihr Geflecht und unter deinen Abschiedsworten erkenne (oder "entdecke"?) ich ein "bleib!" Ich werde wohl noch ein paar mal darüber schlafen... Danke, Zaubersee |
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06.12.2014, 11:25 | #9 |
Dabei seit: 11/2014
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… *lach* gar nicht so einfach, wenn viele unterschiedliche Meinungen auf den so sorgsam zusammengestellten Text treffen. Ich bin sicher, dass Du genau das richtige daraus machen wirst … Du hast wirklich ein gutes Gefühl für Sprache!
Alles Liebe Zaubersee |
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