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16.02.2011, 11:32 | #34 |
R.I.P.
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Aber ich.
Weil kein persönliches Interesse dahintersteht. |
16.02.2011, 11:58 | #35 |
Persönlich werde ich ihn hier auf Erden nicht mehr kennenlernen.
Seine Worte lese ich gerne. Nicht nur dies besondere Lied von ihm. |
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16.02.2011, 12:02 | #36 |
Heinzelmännchen
Das Gedicht hat mich zum schmunzeln gebracht.
Ich dachte es könnte von Dir sein. Doch Du atmest ja noch und der Dichter sei schon gestorben. Es passt hier nicht dazu. Meines vielleicht auch nicht. Ich weiss es nicht. Vom Hasen las ich gestern den Anfang dieses Liedes und es hat mich dazu gebracht es hier zu nennen. |
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16.02.2011, 12:02 | #37 |
R.I.P.
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Christian Morgenstern (1871 - 1914)
Dich ruf ich, Schmerz; mit aller deiner Macht
triff dieses Herz, dass es gemartert werde und, das ich bin, dies Häuflein arme Erde, emporhält aus der allgemeinen Nacht. Dich ruf ich, Menschenfreund der besten Art; mißtraue nicht, dass ich dich je verkennte; du Schmerz, durch den uns wohl das Größte ward, was Menschenwert von Gott und Tiere trennte. Dich ruf ich; gib mir deinen bittern Krug; und siehst du mich auch bang mich von ihm wenden; da mir das Glück allein nicht Kraft genug, so hilf denn du mein Tagwerk mir vollenden. |
16.02.2011, 16:54 | #38 |
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Fast vergessene Meisterwerke von - oder wie war das?
Marlenja,
Du bist eine unbelehrbare Nuss! Vater und Mutter zu ehren, das heißt doch nicht, einem diktatorisch herrschenden Patriarchen jeden Willen zu tun. Soviel ich weiß, ist der arme Hund verhungert. Nix von wegen Kummer wegen mangelnder Ehrung des Vaters (die Mutter, das ist ja schon geklärt, hatte eh nix zu sagen). Und wenn Du schon Alttestamentarisches als heilbringende und wortwörtlich zu übernehmende Botschaften ansiehst, dann lies auch mal ein bisschen weiter (aus dem Gedächtnis): "Lasset die Kinder zu mir kommen, denn ihrer ist das Himmelreich - und wer einem von ihnen etwas Böses antut, den möge man einen Mühlstein um den Hals hängen und ihn an der tiefsten Stelle ersäufen!" Ach, das hätte ich beinahe vergessen: Der Text des toten Dichters, das hast Du richtig erkannt, ist natürlich nicht von mir! Aber ich kriegs noch raus. Heinz |
16.02.2011, 17:21 | #39 |
R.I.P.
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Heinzelmann und Co.
Halli Hallo, Heinz -
das ist nicht alttestamentarisch, das ist berggepredigt. Da wird Dich m. rüffeln! Heinzelmann? Ich rätsele noch daran herum. Vielleicht aus der "Berg"-Predigt: Himpelchen und Pimpelchen, die saßen auf dem Berg. Himpel war ein Heinzelmann und Pimpel war ein Zwerg. |
16.02.2011, 22:26 | #40 |
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Fast vergessene Meisterwerke von - oder wie war das?
Guten Abend, Thing
Du bist so nah dran. Mit dem Ausschlussverfahren beginne ich auch oft: Es ist nicht alttestamentarisch. Damit scheidet ja schon eine ungeheure Menge aus. Es ist nicht exotisch, eher europäisch und die Sprache erinnert doch arg an einen Schluchtenscheißer aus den österreichischen, deutschen oder Schweizer Alpen. Die Bergpredigt eines schwyzerdeutschen Schluchtenscheißers? Oder macht sich da etwa einer lustig über die Sprache, die man nur mit Ricola retten kann? Ich warte jetzt darauf, dass Merlenja endlich mal ein religiöses Erlebnis hat und der Geist, der nicht nur über Wassern, sondern auch über ihrem Haupt schwebt, ihr eingibt, was uns versagt ist: Wer, sag uns, Du Gebenedeite unter den Weibern, hat uns dieses epochale Werk geschenkt? Liebe Grüße, Heinz |
16.02.2011, 22:56 | #41 |
Die Seeligpreisungen
Aus der Bibel - die Bergpredigt - gesprochen von Jesus Christus
aufgeschrieben von Matthäus und übersetzt von R.G. Steinhauser Glücklich seid ihr, die ihr nach der Kraft sucht, die von Gott kommt. Euch wird das Königreich der Himmel gehören. Und herrlich seid ihr, die ihr Gottes Verheissung mit Sehnsucht erwartet. Er Selbst wird euer Herz mit Freude erfüllen. Gesegnet seit ihr, wenn eure Sanftmut aus innerster Seele kommt. Alles Land der Erde wird Gott euch zum Besitztum geben. Hoch geachtet werdet ihr sein, die ihr jetzt Hunger habt und Durst nach Wahrheit und Recht. Von Gott wird eure Sehnsucht gestillt werden. Glücklich ihr, die ihr mitfühlend seid. Auch euch wird Gott sein Mitgefühl erweisen. Und reich sind die unter euch, deren Herz rein ist. Ihr werdet die Grösse und Herrlichkeit Gottes sehen. Ein Segen seid ihr, wenn ihr für den Frieden sorgt. Gott wird euch Seine Kinder nennen. Und geehrt werdet ihr sein, wenn man euch hart zusetzt, weil ihr Seine Gebote haltet. Ihr werdet in der Macht des Himmels die Völker regieren. Starken Mutes sollt ihr sein, auch wenn man euch verspottet und falsch anklagt und Lügen über euch redet, weil ihr eure Treue zu Mir bewahrt. Ja, ihr werdet fröhlich sein und jubeln, denn herrlich ist der Lohn, der euch vom Himmel zukommt. Denkt daran, wenn man euch mit Feindschaft begegnet: Auch jene, die vor euch im Auftrag Gottes geredet haben, sind verfolgt worden. |
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17.02.2011, 02:29 | #42 |
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Fast vergessene Meisterwerke von - oder wie war das?
Hi, Marlenja,
Du hast, wie man im Bergischen Land zu sagen pflegt, ein Schoss offen. Wie kommst Du denn von "Uf'm Bergli bin i gesässe, ha de Vögle zugeschaut; hänt gesunge, hänt gesprunge, hänt's Nestli gebaut. auf die Bergpredigt? Und glaubst Du etwa, Du müsstest einigermaßen gebildeten Leuten die Bergpredigt abschreiben? Ich bin ja schon froh, dass Du sie nicht auch noch interpretierst. Heinz |
17.02.2011, 10:54 | #43 |
Wegen Deiner Stichworte:
Bergpredigt und epochale Werk geschenkt.
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17.02.2011, 11:02 | #44 |
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Eigentlich war das hier gedacht als Sammlung wirklicher vergessener literarischer Meisterwerke und nicht erneuter gegenseitiger Beschimpfung und frommer Indoktrinationsversuche. Geht es eigentlich wirklich nicht, dass man mal bei dem Thema bleibt, das der Fadenersteller sich erhofft hat?
Meine Güte... P. |
17.02.2011, 11:11 | #45 |
Du fragst...
...ich antworte Dir:
nur Werke eingestellt niemand etwas sagt keiner fragt der Faden bliebe rein |
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17.02.2011, 11:21 | #46 |
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17.02.2011, 11:41 | #47 |
Es ist Dein Faden :-)
(Bestimmt haben viele die Werke der Bibel vergessen.
Für mich sind die Worte des Meisters Meisterwerke). Christian Fürchtegott Gellert 1715-1769 Der Blinde und der Lahme Von ungefähr muß einen Blinden Ein Lahmer auf der Straße finden, Und jener hofft schon freudenvoll, Daß ihn der andre leiten soll. Dir, spricht der Lahme, beizustehn? Ich armer Mann kann selbst nicht gehn; Doch scheints, daß du zu einer Last Noch sehr gesunde Schultern hast. Entschließe dich, mich fortzutragen: So will ich dir die Stege sagen: So wird dein starker Fuß mein Bein, Mein helles Auges deines sein. Der Lahme hängt mit seiner Krücken Sich auf des Blinden breiten Rücken. Vereint wirkt also dieses Paar, Was einzeln keinem möglich war. Du hast das nicht, was andre haben, Und andern mangeln deine Gaben; Aus dieser Unvollkommenheit Entspringet die Geselligkeit. Wenn jenem nicht die Gabe fehlte, Die die die Natur für mich erwählte: So würd er nur für sich allein, Und nicht für mich, bekümmert sein. Beschwer die Götter nicht mit Klagen! Der Vorteil, den sie dir versagen Und jenem schenken, wird gemein, Wir dürfen nur gesellig sein. |
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17.02.2011, 12:05 | #48 |
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Andreas Gryphius (1616 - 1664)
Betrachtung der Zeit Mein sind die Jahre nicht die mir die Zeit genommen / Mein sind die Jahre nicht / die etwa möchten kommen Der Augenblick ist mein / und nehm' ich den in acht So ist der mein / der Jahr und Ewigkeit gemacht. Quelle: Fünfzig Gedichte des Barock. Ausgewählt von Dietrich Bode, Reclam, Ditzingen (2001), S. 27. Unveränderte Orthografie und Interpunktion. |
17.02.2011, 12:18 | #49 |
R.I.P.
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Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau
Vergänglichkeit der Schönheit
Es wird der bleiche Tod mit seiner kalten Hand Dir endliich mit der Zeit um Deine Brüste streichen, Der liebliche Corall der Lippen wird verbleichen; Der Schultern warmer Schnee wird werden kalter Sand. Der Augen süßer Blitz, die Kräfte Deiner Hand, Für welchen solches fällt, die werden zeitlich weichen; Das Haar, das itzund kann des Goldes Glanz erreichen, Tilgt endlich Tag und Jahr als ein gemeines Band. Der wohlgesetzte Fuß, die lieblichen Gebärden, die werden teils zu Staub, teils nicht und nichtig werden. Dann opfert keiner mehr der Gottheit Deiner Pracht. Dies und noch mehr als dies muß endlich untergehen. Dein Herze kann allein zu aller Zeit bestehen, Dieweil es die Natur aus Diamant gemacht. |
17.02.2011, 12:27 | #50 |
Eindrücklich vorgetragen
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17.02.2011, 16:15 | #51 |
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Ballade von den schönen Frauen von Paris
(ich glaube, es ist eine Übersetzung von P. Zech eines Villon-Gedichts. Ich setz das mal rein, weil mir keiner sagen kann/will, von wem das Dialekt-Gedicht ist)
Schöne Frauen gibt es überall auf der weit und breiten Erdenwelt, ob am Tiber oder Senegal, im Palast und im Zigeunerzelt, ob sie braun sind oder schwarzverbrannt, ob in Flandern oder Samarkand, Japanesin oder Niggerweib, Ebenholz- und Alabasterleib: Keine Frau auf Erden küsst so süss, wie die schönen Frauen von Paris. Auch in Polen und in Wien und Rom, in der Steppe und vom Kaukasus bis zum Nil und Amazonenstrom sind die Frauen wild nach einem Kuss. Auch in Preussen, Holland und Madrid, (Eskimos und Lappen zählen mit) wird von früh bis spät geküsst. Aber dass ihr auch noch dieses wisst: Keine Frau auf Erden küsst so süss, wie die schönen Frauen von Paris. Selbst die Fraun im grauen Altertum, Königin von Saba, Niobe, Dalila, Astarte und der Ruhm der Lucinde, Sappho, Canadacé, Helena, Lacmé und Potiphar, muss verblassen und ins Nichts zergehn wie der Schnee vom vorigen Jahr; denn das Wort, das bleibt hier stehn: Keine Frau auf Erden küsst so süss, wie die schönen Frauen von Paris. Zum Geleit: Drum hab ich auch nicht lange nachgedacht und den Mädchen von Paris dies Lied gemacht: Wenn der Wind es nicht verweht, wird es sein auch euer Nachtgebet: Keine Frau auf Erden küsst so süss, wie die schönen Frauen von Paris |
17.02.2011, 17:30 | #52 |
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Die Lästerzungen
Francois Villon
In Kalk, noch ungelöscht, in Eisenbrei, in Salz, Salpeter, Phosphorgluten, in dem Urin von rossigen Eselsstuten, in Schlangengift und in Altweiberspei, in Hundeschiss und Wasser aus den Badewannen, in Wolfsmilch, Ochsengalle und Latrinenflut: In diesem Saft soll man die Lästerzungen schmoren. In eines Katers Hirn, der nicht mehr fischt, im Geifer, der aus den Gebissen der tollen Hunde träuft, mit Affenpiss vermischt, in Stacheln, einem Igel ausgerissen, im Regenfass, drin schon die Würmer schwimmen, krepierte Ratten und der grüne Schleim von Pilzen, die des Nachts wie Feuer glimmen, in Pferderotz und auch in heissem Leim: In diesem Saft soll man die Lästerzungen schmoren. In dem Gefäss, drin alles reingerät, was so ein Medikus herausholt aus dem schwieren Gedärm an Eiter und verpestetem Sekret, in Salben, die sie in den Schlitz sich schmieren, die Hurenmenscher, um sich kalt zu halten, in all dem Schmodder, der zurückbleibt in den Spitzen und den Spalten (wer hätte nicht durch solchen Schiet hindurchgemusst!): In diesem Saft soll man die Lästerzungen schmoren. Meine Herren, packt all die saubren Sachen (gehen sie in den verfaulten Kürbis nicht hinein) in eure Hosen, um den Bottich voll zu machen, gebt auch den Arschgeruch von einem Schwein hinein, und hat's vier Wochen lang gegoren: In diesem Saft solln eure Lästerzungen schmoren. Wahrscheinlich auch eine Übertragung von Zech. |
17.02.2011, 17:36 | #53 |
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Es gibt Aufnahmen davon, wie Klaus Kinski die Übertragungen der Gedichte Villions vorträgt. Diese Aufnahmen kann ich sehr empfehlen, da sie in Kinskis irrer, ambitionierter Art eine besondere Atmosphäre aufkommen lassen.
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17.02.2011, 17:46 | #54 |
R.I.P.
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Kann ich mir sehr gut vorstellen:
Ein Nazißt deklamiert den Verzweifelten ... (wobei deklamieren ein allzu zahmer Ausdruck ist). Thing |
17.02.2011, 18:05 | #55 |
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Ich besitze die alte Schallplatte von den Villon-Lesungen von Kinski. Hier ein Auszug:
http://www.youtube.com/watch?v=MRn1dcGDR1Y Die Texte von Villon sind wirklich meisterlich, und heute in der Tat fast vergessen... P. |
18.02.2011, 01:17 | #56 |
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Fast vergessene Meisterwerke von - oder wie war das?
Ich bin für den Hinweis auf die Rezitationen des Quartalsirren sehr dankbar. Ich habe Kinski ein einziges Mal original erlebt. Wenn es so etwas wie einen dämonischen Zauber gibt, dann hat er ihn ausgestrahlt. Viele seiner Rezitationen finde ich unübertrefflich (Die Lästerzungen gehören dazu wie "Der Kampf mit dem Drachen", Gedichte von Rimbaud und z.B. auch Oscar Wilde mit seinem selbstsüchtigen Riesen und natürlich der Erdbeermund). So mit der Stimme zu zaubern, das hätte ich mir gewünscht zu können.
Für Thing: Du hast Dich ein bisschen wegen des "Arschgewichts" mokiert gezeigt. Ich gestehe verschämt: Das Wort habe ich dem Villon geklaut. Und immer noch weiß ich nicht, wer das meisterhafte "Uf'm Bergli" verbrochen hat. Liebe Grüße, Heinz PS. Zum Akrostichon von Thing: Ich wurde in meinem Gedichtearchiv fündig. Annegret Kronenberg: Umfange mich, Nacht, mit den Flügeln deiner Dunkelheit. Hülle mich ein in die Schleier des Vergessens. Tränke mein Herz mit erquickendem Schlaf und vertreibe die bösen Träume, die mich erwürgen. Und dann, wenn du deine Schleier löst, gib mich zurück an das Licht des goldenen Morgens. |
27.02.2011, 23:01 | #57 |
Ewige Freude der Außerwehlten
Andreas Gryphius 1616
O! wo bin ich! O was seh' ich / wach ich? träumt mir? wie wird mir? Jesu! welcher Wollust Meer überschwemmt mein frölich Hertz / Welt Ade! Glück zu mein Trost! Gutte Nacht Tod!/ Angst und Schmertz / Ich find alles: alles lern ich! alles schau' ich HERR in dir / Ich zuschmeltz in lauter Wonne! JEsu! JEsu. Meine Zir! O wie herrlich ists hir seyn! Erde deine Freud ist Schertz! JEsu! ewig-gläntzend Licht! (tunckel ist der Sonnen Kertz!) Ach! wie funckeln deine Schaaren! Sternen fliht! hir schimmern wir. Ihr / die ihr Glutt und Schwerdt verlacht! ob schon eur Leib würd Staub und, Aschen / Ihr / die ihr euer reines Kleid habt in dem Blutt des Lambs gewaschen / Rufft Hallelujah! Hallelujahl Freud und Leben! Dir dreymal einig Ewigkeit; die alles in allen beherschet und zihret: Sey unaußsprechlich Lob und Ruhm / und Ehre die dir nur alleine gebühret. Dir / die sich ewig / (Hallelujah!) uns wil geben. |
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28.02.2011, 19:47 | #58 |
Ludwig Uhland ( 1787 bis 1862 )
Der wackere Schwabe oder auch Schwäbische Kunde Als Kaiser Rotbart lobesam zum heilgen Land gezogen kam, da mußt er mit dem frommen Heer durch ein Gebirge wüst und leer. Daselbst erhub sich große Not, viel Steine gabs und wenig Brot, und mancher deutsche Reitersmann hat dort den Trunk sich abgetan; den Pferden wars so schwer im Magen, fast mußte der Reiter die Mähre tragen. Nun war ein Herr aus Schwabenland, von hohem Wuchs und starker Hand, des Rößlein war so krank und schwach, er zog es nur am Zaume nach; er hätt es nimmer aufgegeben, und kostets ihn das eigne Leben. So blieb er bald ein gutes Stück hinter dem Heereszug zurück; da sprengten plötzlich in die Quer fünfzig türkische Ritter daher. Die huben an auf ihn zu schießen, nach ihm zu werfen mit den Spießen. Der wackre Schwabe forcht sich nit, ging seines Weges Schritt vor Schritt, ließ sich den Schild mit Pfeilen spicken und tät nur spöttisch um sich blicken, bis einer,dem die Zeit zu lang, auf ihn den krummen Säbel schwang. Da wallt dem Deutschen auch sein Blut, er trifft des Türken Pferd so gut, er haut ihm ab mit einem Streich die beiden Vorderfüß zugleich. Als er das Tier zu Fall gebracht, da faßt er erst sein Schwert mit Macht, er schwingt es auf des Reiters Kopf, haut durch bis auf den Sattelknopf, haut auch den Sattel noch zu Stücken und tief noch in des Pferdes Rücken; zur Rechten sieht man wie zur Linken, einen halben Türken heruntersinken. Da packt die andern kalter Graus; sie fliehen in alle Welt hinaus, und jedem ists, als würd ihm mitten durch Kopf und Leib hindurchgeschnitten. Drauf kam des Wegs ne Christenschar, die auch zurückgeblieben war; die sahen nun mit gutem Bedacht, was Arbeit unser Held gemacht. Von denen hats der Kaiser vernommen. Der ließ den Schwaben vor sich kommen; er sprach: »Sag an, mein Ritter wert! Wer hat dich solche Streich gelehrt?« Der Held bedacht sich nicht zu lang: »Die Streiche sind bei uns im Schwang; sie sind bekannt im ganzen Reiche, man nennt sie halt nur Schwabenstreiche.« |
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02.03.2011, 15:51 | #59 |
Aufbruch der Jugend
Aufbruch der Jugend
Ernst Wilhelm Lotz Die flammenden Gärten des Sommers, Winde, tief und voll Samen, Wolken, dunkel gebogen, und Häuser, zerschnitten vom Licht. Müdigkeiten, die aus verwüsteten Nächten über uns kamen, Köstlich gepflegte, verwelkten wie Blumen, die man sich bricht. Also zu neuen Tagen erstarkt wir spannen die Arme, Unbegreiflichen Lachens erschüttert, wie Kraft, die sich staut, Wie Truppenkolonnen, unruhig nach Ruf der Alarme, Wenn hoch und erwartet der Tag überm Osten blaut. Grell wehen die Fahnen, wir haben uns heftig entschlossen, Ein Stoss ging durch uns, Not schrie, wir rollen geschwellt, Wie Sturmflut haben wir uns in die Strassen der Städte ergossen Und spülen vorüber die Trümmer zerborstener Welt. Wir fegen die Macht und stürzen die Throne der Alten, Vermoderte Kronen bieten wir lachend zu Kauf. Wir haben die Türen zu wimmernden Kasematten zerspalten Und stoßen die Tore verruchter Gefängnisse auf. Nun kommen die Scharen Verbannter, sie strammen die Rücken, Wir pflanzen Waffen in ihre Hand, die sich fürchterlich krampft, Von roten Tribünen lodert erzürntes Entzücken, Und türmt Barrikaden, von glühenden Rufen umdampft. Beglänzt von Morgen, wir sind die verheißnen Erhellten, Von jungen Messiaskronen das Haupthaar umzackt, Aus unsern Stirnen springen leuchtende, neue Welten, Erfüllung und Künftiges, Tage, sturmüberflaggt! |
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02.03.2011, 16:06 | #60 |
R.I.P.
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Ja, er wurde zu Unrecht vergessen, der Frühverstorbene, an der Westfront Gefallene. (Der in seiner Jugend schon Verlaine und Rimbaud übersetzte!)
Man muß seine Gedichte im zeitlichen Kontext sehen, um nicht fehlzuinterpretieren. Und ein Ernst Jünger erfrechte sich, das "überflaggt" in seinen Machwerken immer wieder in ein "wolkenüberflakkt" - haha, ja die Flak! - zu verzerren. Schön, daß Du dieses Gedicht aus den Tiefen des Vergessens gerettet hast! |
12.03.2011, 16:11 | #61 |
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Von Ernst Jünger könnte ich aber einige Werke nennen, die man meiner Meinung nach unbedingt gelesen haben sollte. Man mag über den Mann denken, was man will, ich finde, er hat viele kluge Dinge gesagt. Ich denke, ich werde meine Abschnitte der Bücherregale mit den Jünger-Werken noch einmal überfliegen.
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08.04.2011, 09:56 | #62 |
ein ziemlich genialer romantiker!
Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren sind Schlüssel aller Kreaturen, wenn die, so singen oder küssen, mehr als die Tiefgelehrten wissen, wenn sich die Welt ins freie Leben und in die Welt wird zurückbegeben, wenn dann sich wieder Licht und Schatten zu echter Klarheit werden gatten und man in Märchen und Gedichten erkennt die wahren Weltgeschichten, dann fliegt vor einem geheimen Wort das ganze verkehrte Wesen fort. |
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08.04.2011, 10:05 | #63 |
R.I.P.
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Ja, Novalis (Freiherr von Hardenberg) war einer der ganz Großen, allzu jung verstorben.
Warum hast Du das nicht dazugeschrieben? |
08.04.2011, 10:17 | #64 |
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Wolf Graf von Kalkreuth (1887–1906)
Der Puls des Lebens ist der Nachmittag, Wann sich die Sonnenlichter seltsam färben Und wir betäubt in gelber Glut ersterben, Im schweren Gold, dem unser Herz erlag. Ein spätes Flimmern ruht auf Laub und Hag, Die langsam uns verzehren und verderben. Und wie ein edler Wein aus dunklen Scherben Rinnt unser Blut, das nichts mehr hemmen mag. O laß den Schlummer nicht die Lider schließen, Daß nicht der trunknen Klarheit stummes Fließen Dein Herz durchdringt, das fremde Wunder schaut. Die Strahlen brennen und ihr Gift ist tödlich: O harre aus, bis dämmerhaft und rötlich Der Abend auf die blassen Bäume taut. |
08.04.2011, 10:22 | #65 |
R.I.P.
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Einfach wundervoll!
Neidlos: Thing |
08.04.2011, 10:43 | #66 |
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Das finde ich auch. Ich muss gestehen, dass ich bis vor Kurzem noch nie von diesem viel zu früh verstorbenen Meistertalent gehört hatte. Ein Bekannter schickte mir eines seiner Sonette und ich war sofort begeistert von der metaphorischen Qualität und der Bedeutungsvielfalt sowie dem Feingefühl in Wortwahl und Metrik, das der Dichter besessen haben musste. Sofort habe ich mir eine alte Ausgabe seiner "Gedichte und Übertragungen" besorgt und es nicht bereut, im Gegenteil, ich bin absolut in seinen Bann gezogen. Ich überlege sogar, meine Bachelorarbeit über bestimmte Aspekte von Kalkreuths Schaffen zu verfassen.
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