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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt. |
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03.08.2017, 11:35 | #1 |
21st Century Boiii
"Unterhaltung" wurde neu geschrieben.
Ab jetzt schreibt man es rückwärts und ohne Konsonanten. Alles muss flach genug sein, um durch Glasfaserleitungen zu passen. "Internet? Gibt es den Quatsch immer noch?" Das ist nicht das nächste Tamagotchi, Hula-Hoop oder Pokemon, sondern eine verdammte Kulturrevolution! Das hier ist das neue Jahrtausend, alter Mann! Also pack deine Ideen wieder ein und film mich beim Frühstück! Ich moderiere mein eigenes Leben und mache alle anderen famegeil! Meganice! "Herr Doktor, Herr Doktor! Ich glaube ich habe Follower!" "Das ist auch kein Wunder, Sie leiden an Viralität!" Ich bin ein 21st Century Boi! Aus Stroh mache ich Geld wie Heu. Eigentlich bin ich kamerascheu, doch ich bleib den Abonnenten treu. (*Meine eigene Meinung wird unterstützt durch Produktplatzierungen*) „Haben Sie etwas zu Ihrer Verteidigung zu sagen?“ „Ich wollte nur von ihm wissen, was er werden möchte, wenn er einmal groß ist. Wissen Sie, was er antwortete? YouTube. Er sagte einfach nur YouTube… Da sind mir die Sicherungen durchgebrannt.“ Das Gericht verurteilte den Mann zu 15 Jahren mit anschließender Sicherheitsverwahrung, doch in seinem tiefsten Inneren hatte sogar der Richter Verständnis für ihn. |
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07.08.2017, 01:16 | #2 |
Gut, dass du nicht in Lyrik 4.0 abrutschst, schöne Betrachtung, gute Idee.
Sass neulich in einem Cafe, ranziges Ambiente, Revolution in Plakaten an den Wänden, tolle Musik, teurer Espresso aus grober Tasse, schrieb Gedichte; um mich herum Unterhaltung 4.0, manche digital und gesprächsweise scheinbar gleichzeitig; zumeist flogen in den Gesprächen Wortfetzen ohne Blickkontakt hin und her, cool, krass, ok und aha feierten Feste. Weitgehend unbeachtet flitzte mein Faber-Castell HB mit Aufsteckkappe übers Blatt, ab und an eine Radierung mit dem eingebauten Gummi. Lokalwechsel, Plüschcafe, bequeme, altmodische Sessel, schreckliche Musik, Landschaftsbilder an der Wand, wohlhabende Beamtenwitwen im Gespräch, etwas billigerer (!) Espresso aus eleganter Tasse, hübsche Bedienung. Zog auch hier den F-C Stärke HB. "Ah, Sie schreiben noch richtig, wie mein verstorbener Mann, das ist aber schön, oh, Gedichte, darf ich...." Nach zwei Stunden kein einziges Gedicht, gut unterhalten, zwei Telefonnummern, richtige, stationär, eine nur dreistellig! Das analoge Leben hat seine Reize. lg, th |
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07.08.2017, 08:52 | #3 |
Du kannst in der Öffentlichkeit schreiben? Das kann ich leider nicht, dazu lenkt mich die Öffentlichkeit viel zu sehr ab... Aber hey, immerhin hast du zwei Telefonnummern bekommen. Also hat es sich doch gelohnt.
LG k |
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07.08.2017, 10:01 | #4 |
Zitat: ...hat sich gelohnt.
aber hallo! sicher erkannt. In der Öffentlichkeit nicht schreiben: Ablenkung ja, immer was los, immer Reize; nehme die wahr und warte auf den Fluss von innen. Irgendwann sagt mir Schwester Innerlich: genug gefressen, jetzt muss was raus. Wehe, wenn der Flow dann nicht kommt, dann ab durch die Mitte, keine Gedichte, keine Telefonnummern, packe Bleistift und Papier weg, und schon beim Einpacken regen sich Ideen, Bilder,...pack ich's Werkzeug wieder aus, verziehen sie sich wieder, diese Mimosen. lg th |
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07.08.2017, 10:10 | #5 |
Oh ja, das kenne ich...! Kaum ist das Notizbuch in der Hand oder der leere PC-Monitor vor Augen, lösen sich all die großartigen Gedanken wieder in Luft auf. Oder klingen plötzlich wie das Gelalle eines Kleinkindes...!
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07.08.2017, 11:22 | #6 |
Du hast die Kultur des 21. Jh. bestens durchschaut. Ich musste laut lachen, lieber klaatu.
LG g |
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07.08.2017, 11:30 | #7 | |
Zitat:
LG k |
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07.08.2017, 11:43 | #8 |
Das Unverständnis scheint mir hier oft das einzig mögliche Verständnis.
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